Erling Braut Haaland wechselt zum BVB: Das bedeutet der Transfer für Borussia Dortmund

Erling Haaland stürmt ab Januar für Borussia Dortmund.
© imago images / getty

Der Transfer von Erling Braut Haaland unterstreicht das hervorragende Standing von Borussia Dortmund und ist zugleich ein Statement in zwei Richtungen. Ob der Wunsch von BVB-Sportdirektor Michael Zorc jedoch Realität wird, ist fraglich.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Am 11. Dezember war Erling Haaland auf Deutschland-Reise und landete mit dem Charterflug D-CARO aus Leipzig kommend am Dortmunder Flughafen. Da dies gleich mehrere ansässige Medien berichteten, galt es als verbürgt, dass der Stürmer von RB Salzburg beim BVB vorstellig wurde und Gespräche bezüglich eines Transfers im Winter führte.

"Ich verweise auf meine diversen Interviews", sagte Sportdirektor Michael Zorc einen Tag später kopfschüttelnd, "wir werden uns zu dieser Personalie nicht äußern. Es wäre schön, wenn wir dieses Thema damit abschließen könnten."

Eine erwartbare Abwehrhaltung von einem Profi wie Zorc, doch man hätte anhand der späteren Lacher und Schmunzler von ihm sowie Trainer Lucien Favre schon damals etwas erahnen können. Denn, wie man in der Floskelwelt des Fußballs so unschön sagt: Ein Dementi klingt anders! Schließlich wurde es in der Folge um Dortmund und Haaland verdächtig ruhig, während bei den gleichermaßen interessierten RB Leipzig und Manchester United öffentlich laut und deutlich über die Personalie parliert wurde.

Haaland-Transfer belegt hervorragendes BVB-Standing

Mit der am Sonntag verkündeten Verpflichtung des Norwegers ist Borussia Dortmund nun zweifelsohne ein Coup auf dem schwierigen Winter-Transfermarkt gelungen - nach dem Transfer vor allem des begehrten Julian Brandt bereits der zweite in der laufenden Saison. Dass die Schwarzgelben den Zuschlag des 19-Jährigen erhielten, belegt einmal mehr Dortmunds in Europa hervorragendes Standing im Werben um junge Talente.

Ob Haaland dank der beim BVB im Gegensatz zu den Mitkonkurrenten deutlich wahrscheinlicheren regelmäßigen Spielpraxis eine ähnlich steile Entwicklung nehmen wird wie vor ihm beispielsweise Ousmane Dembele, Christian Pulisic oder Jadon Sancho, steht freilich auf einem anderen Blatt. Genauso wie die Antwort auf die Frage, ob die Dortmunder mit dem Haaland-Transfer den eingestandenen Fehler bei der Kaderplanung im Sommer begradigen können.

Zwar haben die Verantwortlichen die Debatten um einen fehlenden zweiten Stürmer so lange mit Unverständnis von sich gewiesen, bis Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke auf der Mitgliederversammlung im November das Offensichtliche auch offiziell zugab. Immerhin ehrt es sie, schnell auf dieses Versäumnis reagiert zu haben - mit dem umworbenen Angreifer senden sie gleichsam ein Statement aus.

Zorc nimmt bei Haaland erste Einschränkungen vor

Denn der Deal wirkt sowohl nach innen, als auch nach außen. Einerseits kann es als Signal an die Liga gewertet werden, dass man sich trotz sieben Punkten Rückstands auf Herbstmeister Leipzig im Kampf um den Titel noch nicht geschlagen gibt und sich weiterhin etwas ausrechnet. Andererseits gehört Haaland mit einem kolportierten Jahresgehalt von acht Millionen Euro aus dem Stand zu den Top-Verdienern im BVB-Team. Das deutet nicht darauf hin, dass er sich zunächst hintenanstellen und mit einem Bankplatz zufriedengeben wird.

Damit schließt sich die entscheidende Frage an: Ist Haaland auch wirklich die gewünschte sofortige Verstärkung, die einen Stammplatz auf Anhieb rechtfertigt?

Zorc hat diesbezüglich bereits erste leichte Einschränkungen vorgenommen. "Erling Haaland ist ein Rohdiamant und verfügt über wahnsinniges Potenzial, aber ich warne davor, ihm einen zu schweren Rucksack aufzuladen", sagte er im kicker. FunkeSport zitiert ihn so: "Unser Ziel ist es, ihn zu einem kompletten Stürmer zu entwickeln. Er bringt unheimlich viel mit. Aber er ist noch jung. Deshalb möchte ich nicht, dass die Erwartungshaltung zu hoch ist."

Erling Haaland: Seine Leistungsdaten bei RB Salzburg 2019/20

WettbewerbSpieleToreTorvorlagen
Bundesliga14166
Champions League681
ÖFB-Cup240

Ob Zorcs Wunsch Realität wird, ist allerdings fraglich. Der Hype um Haaland und die Erwartungen an ihn, der für Salzburg in dieser Saison 28 Tore in 22 Pflichtspielen markierte, werden wohl kaum abebben, sondern unvermindert groß sein - keine leichte und dazu noch unbekannte Situation für den Youngster. Haaland ist letztlich Stürmer, er wird nicht umhinkommen, an seiner Torquote gemessen zu werden.

Zumal ja eben eine sportliche Dringlichkeit besteht. Dem BVB fehlte es in der Hinrunde nicht nur gegen tiefstehende Gegner an der nötigen Durchschlagskraft. Damit sind nicht die erzielten Tore gemeint, denn nur Leipzig und der FC Bayern haben in der Bundesliga mehr geschossen. Es geht vielmehr um Punch und Killerinstinkt in entscheidenden Momenten und darum, die zahlreichen Torchancen sowie häufigen Führungen auch nach Hause zu bringen.

Bis vor einem Jahr lief Haaland noch für Molde FK in der norwegischen Eliteserien auf, wo er wie in Salzburg eine gewisse Anlaufzeit benötigte. Diese muss ihm auch in Dortmund zugestanden werden, Haaland wird sich an die Bundesliga und Favres Spielweise erst noch gewöhnen müssen. Zumal zu Haalands Hinrunden-Geschichte in Salzburg auch gehört, immer wieder von kleineren Wehwehchen geplagt worden zu sein (Krankheit, Knieprobleme, Bauchmuskelverletzung). Fünf Spiele fehlte er dadurch, in sechs konnte er nur eingewechselt werden.

Mit dem 1,94 Meter großen Haaland hat Favre nun die Option, zu seinem favorisierten 4-2-3-1-System zurückzukehren und Kapitän Marco Reus wieder auf seiner Lieblingsposition auf der Zehn auflaufen zu lassen. Und: Mit seiner Größe und Wucht erhöht der Norweger die Präsenz rund um den Strafraum, so dass lange Zuspiele und Flanken auf Haaland zielführender sein dürften als auf die fast 20 Zentimeter kleineren Paco Alcacer oder Mario Götze.

Haaland-Einkauf auch Beleg für Favres Wandlung

Apropos Alcacer und Götze: Deren Perspektiven haben sich durch den Haaland-Transfer zweifelsohne verschoben. Alcacer gelang seit Mitte September kein Tor mehr, seine mittlerweile ellenlange Krankenakte ist zu einem Problem geworden und hat ihm den Stammplatz gekostet. Dass Haaland mit einem Vorsprung in das Duell mit Alcacer geht, dürfte als sicher gelten.

Götze dagegen war anders als der Spanier im Laufe der Hinrunde fast durchgehend fit, kam aber dennoch nur zu sechs Startelfeinsätzen. Dem Vernehmen nach zögert er vor allem deshalb seit einem Jahr mit einer Vertragsverlängerung, weil er seine Unterschrift von einem Verbleib von Favre abhängig macht - und der wird in diesem Leben wohl nicht mehr sein Freund.

Haalands Einkauf wiederum lässt sich auch als weiterer Beleg für Favres Wandlung interpretieren. Der angezählte Coach hatte im Laufe der wackligen Hinserie seinen unterkühlten Pragmatismus zumindest teilweise zugunsten eines emotionaleren Coachings abgelegt und sich nun offenbar auch von der Notwendigkeit eines physisch starken Stürmers überzeugen lassen. Inwiefern Favre und Haaland zusammenkommen werden, wird daher zweifelsfrei zu den spannenden Beobachtungen der Rückrunde gehören.

BVB-Neuzugang Erling Braut Haaland im Steckbrief

geboren21. Juli 2000 in Leeds, England
Größe1,94 m
Gewicht87 kg
PositionSturm
starker Fußlinks
StationenBryne FK Jugend, Bryne FK, Molde FK, RB Salzburg, Borussia Dortmund
Artikel und Videos zum Thema