Mladen Petric im großen Karriere-Interview: "Das war der Moment, an dem ich ans Aufhören dachte"

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Für den BVB und den HSV spielte Mladen Petric fünf Jahre lang in der Bundesliga, in 128 Spielen gelangen dem Stürmer 51 Tore. Anschließend ging es für den kroatischen Nationalspieler nach England, ehe er 2016 seine Karriere in Griechenland beendete.

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Im ausführlichen Interview mit SPOX und Goal blickt Petric auf seine Karriere zurück und spricht über sein außergewöhnliches Hobby, das turbulente Jahr in Dortmund und den überraschenden Wechsel nach nur einer Saison zum HSV.

Der heute 40-Jährige erzählt zudem von seiner England-Enttäuschung mit Ex-HSV-Trainer Martin Jol, krasse Derbys in Griechenland und geplatzte Transfers zu Top-Klubs.

Diesmal ziehen wir es aber durch, Herr Petric!

Mladen Petric: Was meinen Sie?

Das Interview!

Petric: Selbstverständlich. Wieso auch nicht?

Sie erinnern sich bestimmt nicht mehr: Wir haben vor elf Jahren schon einmal ein Gespräch geführt - das Sie dann abrupt abbrachen. Das ist mir überhaupt noch nicht passiert!

Petric: Jetzt, wo Sie es sagen, glaube ich tatsächlich, dass ich mich erinnere. Wir sprachen über die Zauberei, oder?

Mladen Petric in jungen Jahren als Spieler vom Grashopper Club Zürich.
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Mladen Petric in jungen Jahren als Spieler vom Grashopper Club Zürich.

Genau - und dann ganz kurz über Ihre schwierige Phase beim Hamburger SV, als Sie nach dem Einkauf von Ruud van Nistelrooy auf der Bank saßen.

Petric: Stimmt, ich habe es jetzt echt wieder vor Augen. Ich dachte ohne Spaß, Sie wollten mich verarschen. Das Gespräch wurde mir thematisch ganz anders angekündigt. Dass wir so lange über mein Hobby sprachen und dann direkt die sportlichen Probleme angingen, da kam ich mir so vor, als hätten Sie nur darauf gewartet, mich in die Pfanne hauen zu können.

Nie im Leben, es hätte theoretisch das gesamte Gespräch aus dem Thema Zaubern bestehen können. Schwamm drüber!

Petric: Sowieso, Schwamm drüber! (lacht)

Dann lassen Sie uns den Faden wieder aufnehmen: Sie sind mit 14 zur Zauberei gekommen, nachdem Sie von Ihrem älteren Bruder im Anschluss an eine Blinddarm-OP ein Buch darüber geschenkt bekamen, um die Langeweile des Krankenhausaufenthalts zu vertreiben. Haben Sie sich dieses Hobby bewahrt?

Petric: Ein bisschen. Als ich noch Profi war, habe ich in meiner Freizeit regelmäßig neue Tricks geübt und auch meinen Mannschaften vorgeführt. Mittlerweile bin ich etwas eingerostet. Ich habe die ganzen Gimmicks noch zu Hause und wenn ich Besuch habe, packe ich manchmal noch ein paar Tricks aus. Die alten kriege ich noch hin, aber neue übe ich nicht mehr.

Welcher Trick geht denn immer?

Petric: Verschiedene Kartentricks zum Beispiel, aber ich kann auch kleinere Gegenstände schweben oder einen 10-Euro-Schein verschwinden lassen. Das haben mir immer die wenigsten Teamkollegen geglaubt, deshalb musste ich gerade auf dem Heimweg nach Spielen im Bus oder auch öfter im Trainingslager nachweisen, dass ich das tatsächlich kann. Bei manchen Mannschaftsanlässen stand ich auch mal kurz auf der Bühne und habe gezaubert.

Sie haben anfangs auch einen Kurs bei einem Magier belegt.

Petric: Das war mit 18 oder 19, als ich in Zürich spielte. Wir haben uns über drei Monate dreimal die Woche getroffen und er hat mit mir meine ersten Tricks einstudiert. Ich fand Zaubern schon immer cool. Richtig gepackt hat mich diese Faszination, nachdem ich eine Show von David Copperfield sah. Als ich es dann selbst konnte, hatte ich große Freude daran, in die staunenden Gesichter meiner Zuschauer zu blicken.

Sie sind damals mit 18 vom FC Baden nach Zürich zum Grasshopper Club gekommen. Dort spielten Sie fünf Jahre, wurden zweimal Meister und gingen anschließend für drei Spielzeiten zum FC Basel, wo Sie Meister, Pokalsieger und Torschützenkönig wurden. Stimmt es, dass Sie eigentlich schon deutlich früher ins Ausland wechseln wollten?

Petric: Ja, es war von klein auf mein Ziel, das ein paar Jahre früher als dann mit 26 zu schaffen. Ich hatte auch Möglichkeiten dazu, aber irgendwie war entweder nicht der richtige Verein dabei oder GC verlangte eine zu hohe Ablöse. Als ich das Angebot aus Basel bekam, war dort Christian Gross Trainer. Er hatte einen tollen Ruf, gewann zahlreiche Titel und führte den GC einst als ersten Schweizer Verein in die Champions League. Daher war das sehr attraktiv für mich.

Nach 248 Erstligaspielen und 88 Toren in der Schweiz ging es 2007 zum BVB, der soeben die große Finanzkrise abgewendet hatte und im Vorjahr Neunter der Bundesliga wurde.

Petric: Es gab zuvor lange Gespräche mit dem VfB Stuttgart, auch Klubs aus Italien oder Schachtjor Donezk klopften immer wieder an. Als aber der BVB kam, war mir sofort klar: Da will ich hin! Ich fand Dortmund schon immer extrem faszinierend, das war als kleiner Junge mein deutscher Lieblingsverein - und zwar wegen Flemming Povlsen. Dank einer Ausstiegsklausel in meinem Vertrag erfolgte die Einigung relativ schnell.

Kurios war zu Beginn, dass Sie als Zehner und nicht im Sturm spielten. Wie empfanden Sie das?

Petric: Trainer Thomas Doll hatte mir gesagt, dass er mich als hängende Spitze verpflichten möchte. Das war nicht unbedingt meine Position, aber ich hatte sie in der Schweiz und der kroatischen Nationalelf schon öfter gespielt. Ich war ja ohnehin nicht nur der Abschlussstürmer, sondern hatte auch immer Tore vorbereitet und sehr viele Freiheiten nach vorne. Ich war in Dortmund daher schon ziemlich erstaunt, als ich plötzlich im Vierer-Mittelfeld auf der Zehn hinter zwei Stürmern spielen musste und mehr Zeit am eigenen Strafraum als im Angriff verbrachte. Das war einfach nicht mein Spiel.

Das hat dann auch Doll eingesehen und Sie in den Angriff beordert. Nach der Hinrunde waren Sie mit elf Treffern gemeinsam mit Bayerns Luca Toni Führender der Torjägerliste. Der BVB kam zwar ins Pokalfinale, landete in der Liga jedoch nur auf Platz 13. Wieso?

Petric: Ich finde, dass wir mit der damaligen Mannschaft ziemlich viel herausgeholt haben.

Inwiefern?

Petric: Von den Stammspielern waren sieben oder acht wirklich richtig gut und hatten Bundesliganiveau. Doch gerade die Bank war nicht auf dem Level, das es benötigt hätte. Wir hatten sechs bis acht Spieler aus der eigenen Jugend dabei, von denen es nicht einer geschafft hat, sich dauerhaft in der Bundesliga durchzubeißen. Sobald ein oder zwei Stammspieler ausfielen, wurde es sehr eng. Es gab finanziell leider kaum eine Möglichkeit, bessere Spieler zu kaufen. Ich würde daher sagen, dass Doll beim BVB nicht viel falsch gemacht hat.

Am 23. April 2008 kam es auf einer Pressekonferenz zu Dolls legendärer Wutrede. Doll bemängelte eine in seinen Augen übertriebene Kritik an seiner Person, die Medien verhielten sich "respektlos". Wie erinnern Sie sich?

Petric: Ich weiß leider nicht mehr, wie wir seinen Auftritt als Mannschaft aufgenommen haben. Man ging ohnehin ziemlich hart mit ihm und dem Team um, da man in Dortmund andere Resultate gewohnt war. Die Erwartungen waren groß, doch hätte man den Kader einmal richtig durchleuchtet, wäre aufgefallen, dass viele nicht das Potential für mehr hatten. Ich hatte zu Doll ein super Verhältnis, er war ein richtig guter Trainer. Zu einem späteren Zeitpunkt hatte er private Probleme, die ihn belasteten - und das hat man dann auch gemerkt.

Dortmund verlängerte im Januar 2008 Dolls Vertrag um zwei Jahre, nach der Saison bot er jedoch seinen Rücktritt an. Es kam Jürgen Klopp - und Sie gingen zum HSV.

Petric: Während der EM 2008 erfuhr ich, dass Klopp übernehmen wird und war positiv darauf eingestellt. Ich wäre gerne länger geblieben!

Für den BVB absolvierte Mladen Petric 36 Pflichtspiele, in denen ihm 18 Tore und vier Vorlagen gelangen.
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Für den BVB absolvierte Mladen Petric 36 Pflichtspiele, in denen ihm 18 Tore und vier Vorlagen gelangen.

Stattdessen kamen Sie unter Klopp nur bei einem Pokalspiel in Essen zum Einsatz. Der Wechsel nach Hamburg im Tausch mit Mohamed Zidan kam sehr überraschend. Wie war es für Sie?

Petric: Es ging alles sehr plötzlich, auch wenn ich spürte, dass irgendetwas im Busch ist. Ich saß in den Testspielen meist auf der Bank, auch beim Pokalspiel wurde ich nur eingewechselt. Es ist ja mehr als komisch und hat Aussagekraft, wenn man seinen besten Torschützen des Vorjahres auf einmal draußen lässt. Der BVB bekam schließlich 4,5 Millionen Euro für mich, das war damals eine riesige Summe für den Verein.

Im Nachgang wurde jedoch schmutzige Wäsche gewaschen. Die Bild zitierte Klopp unter anderem damit, dass Sie Ihr Gehalt verdoppelt bekommen wollten.

Petric: Was soll ein Verein schon machen oder sagen, wenn er seinen besten Torschützen verkauft, der auch noch bei den Fans beliebt war? Man musste sich ja irgendwie rechtfertigen, denn die Fans haben das nicht verstanden. Daher wurde versucht, mir die Schuld in die Schuhe zu schieben. Immerhin hat Hans-Joachim Watzke acht Monate nach meinem Wechsel in einem Interview die wahren Gründe offenbart: Ich sei der einzige Spieler gewesen, für den man zu diesem Zeitpunkt gutes Geld bekam.

Mladen Petric: Die Leistungsdaten seiner Profikarriere

VereinZeitraumPflichtspieleToreVorlagen
Grashopper Club Zürich1999-2004136386
FC Basel2004-20071125017
Borussia Dortmund2007-200836184
Hamburger SV2008-20121366121
FC Fulham2012-20132452
West Ham United20134--
Panathinaikos Athen2014-2016791410