Formel 1 - Brasilien-GP: Mercedes feiert Doppelerfolg bei Red-Bull-Desaster - Vettel und Schumacher chancenlos

Von Christian Guinin
Sergio Pérez, Max Verstappen
© getty

George Russell hat den Großen Preis von Brasilien gewonnen. Der Mercedes-Pilot siegte auf dem Autodromo Jose Carlos Pace in Sao Paulo vor Teamkollege Lewis Hamilton und Carlos Sainz im Ferrari. Für den 24-jährigen Engländer war es der erste Grand-Prix-Sieg überhaupt, der erste für die Silberpfeile seit 343 Tagen - und der erste Mercedes-Doppelsieg seit dem Emilia-Romagna-GP 2020.

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"Es ist ein fantastisches Gefühl - riesiges Dankeschön an das ganze Team, das das möglich gemacht hat. Diese Woche war eine emotionale Achterbahnfahrt. Es war ein hartes Rennen, Lewis war superschnell, am Ende wurde es spannend, aber es hat gereicht", sagte der sichtlich erleichterte Sieger nach der Zieleinfahrt. Hamilton attestierte seinem Teamkollegen einen "fantastischen Job. Einen riesigen Dank auch an das ganze Team. Wir haben so hart gearbeitet und jetzt die ersten beiden Plätze zu holen, ist riesig."

Für die deutschen Piloten endete das Rennen in Sao Paulo wenig erfreulich. Nachdem Sebastian Vettel (Aston Martin) und Mick Schumacher (Haas) sich zwischenzeitlich in den Top Ten bewegten, fehlte beiden auf die Renndistanz die Pace. Sie beendeten das Rennen außerhalb der Punkteränge. Vettel wurde Elfter, Schumacher belegte Platz 14.

Max Verstappen, schon seit Wochen erneut Champion, erlaubte sich ausgerechnet gegen seinen Rivalen Hamilton einen frühen Rammstoß, dafür wurde er bestraft. Zudem hatte das Team Probleme an der Box - am Ende stand nur Platz sechs für Verstappen, Teamkollege Sergio Pérez holte Rang sieben. Zu allem Überfluss gab es nach Zieleinfahrt ordentlich Zündstoff bei den Bullen.

Verstappen wurde wenige Runden vor Rennende gebeten, Pérez vorbeizulassen, um diesem keine Punkte im Kampf um WM-Platz zwei zu nehmen, der Niederländer verweigerte die Vorgabe des Kommandostands aber vorsätzlich: "Ich habe es euch schon beim letzten Mal gesagt. Fragt mich das nicht noch einmal, okay? Ist das klar? Ich habe meine Gründe genannt. Und ich stehe dazu", fluchte Verstappen. Pérez bedankte sich bei seiner Zieldurchfahrt ironisch für das Verhalten seines Teamkollegen. "Das zeigt, wer er wirklich ist", funkte der Mexikaner.

RB-Motorsportchef Helmut Marko wollte sich im Anschluss nicht weiter zu den Gründen Verstappens äußern, versicherte aber, dass "Max alles tun wird, damit Checo in Abu Dhabi den zweiten WM-Platz absichern kann."

George Russell hat den Großen Preis von Brasilien gewonnen.
© imago images
George Russell hat den Großen Preis von Brasilien gewonnen.

Brasilien-GP: Die Analyse

An der Spitze behaupteten beide Mercedes und Red Bulls ihre Positionen, dahinter schlüpfte Lando Norris an den Ferraris vorbei. Schumacher erwischte keinen sonderlich guten Start, profitierte aber von einer Kollision zwischen Teamkollege Kevin Magnussen und Daniel Ricciardo (McLaren), welche nicht nur ein Safety Car zur Folge hatte, sondern den Deutschen auch zwei Plätze nach vorne auf Rang zehn spülte.

Ähnlich unterhaltsam sollte es nach dem Restart weitergehen. Verstappen und Hamilton wurden sich im Senna-S nicht einig und berührten sich, worauf Verstappen Teile seines Frontflügels verlor und zur Reparatur an die Box abbiegen musste. Auch Norris und Leclerc kollidierten unmittelbar nach dem Restart. Der Engländer touchierte das Heck des Monegassen, wobei sich Leclerc in die Streckenbegrenzung verabschiedete, das Rennen erstaunlicherweise aber fortsetzen konnte.

Unbeeindruckt davon fuhr Russell an der Spitze seine Kreise. Hinter dem Mercedes-Piloten folgte mit einem Sicherheitsabstand von knapp zwei Sekunden Pérez, weitere fünf Sekunden dahinter kam Hamilton, der sich nach seinem Crash mit Verstappen wieder an Norris und Vettel vorbeiarbeitete und P3 eroberte.

An dieser Konstellation änderte sich auch nach den ersten Boxenstopps nichts. Pérez wagte den Undercut gegenüber Russell, wurde aber mitten in den Verkehr zurückgeworfen und machte kaum Zeit gut. Der Mercedes-Pilot hatte daher kaum Probleme, seine Position gegenüber dem Mexikaner zu verteidigen.

Auf dem Medium-Reifen wurde die Übermacht der Mercedes gegenüber der Konkurrenz noch deutlicher. Pérez konnte dem Tempo Russells nicht mehr folgen, dahinter robbte sich Hamilton Runde für Runde an den Mexikaner heran. Der Pace des Ex-Weltmeisters konnte Pérez schließlich nichts entgegensetzen, auf der Start-und-Zielgeraden zog Hamilton problemlos vorbei.

Im letzten Stint bot sich ein ähnliches Bild. Russell verwaltete an der Spitze seine Führung, dahinter hielt sich Hamilton Pérez vom Leib. Ein spätes Safety Car brachte das Feld noch einmal zusammen, was vor allem dem Mexikaner zum Nachteil gereichte. Auf seinen gebrauchten Mediums hatte er gegenüber den Ferraris das Nachsehen und musste beide Scuderia-Piloten ziehen lassen.

Brasilien-GP: Die Reifenstrategie

Bei Red Bull reagierte man nach dem gestrigen Sprint-Rennen auf die schwache Performance auf den Mediums und wählte den Soft-Reifen für den Start. Die Mercedes taten es ihnen gleich und starteten ebenfalls auf der weichsten Mischung.

Da sich Verstappen durch seinen folgenschweren Crash schon früh aus dem Rennen um die Podestplätze verabschiedete und Ferrari die Longrun-Pace fehlte, lief es lange auf einen Dreikampf zwischen Russell, Pérez und Hamilton um den Sieg hinaus.

Der Mexikaner wagte an Position zwei liegend auch als Erster den Weg an die Box, sein Undercut verpuffte aber, da er hinter Valtteri Bottas (Alfa Romeo) und Norris auf die Strecke zurückkehrte und dementsprechend zu viel Zeit verlor. Russell antwortete nur einem Umlauf später und blieb locker an P1.

Identisch ging Red Bull auch beim zweiten Stopp - dieses Mal gegen Hamilton - vor, das Ergebnis blieb jedoch dasselbe. Pérez blieb trotz Undercut hinter den Mercedes-Piloten, da man bei den Silberpfeilen erneut umgehend reagierte und den früheren Stopp Red Bulls beantwortete.

Für Pérez sollte es gar noch schlimmer kommen. Da einige Piloten das späte SC für einen Stopp auf frische Reifen nutzten, der Mexikaner aber die Track-Position halten musste, kämpfte er in den Schlussrunden mit stumpfen Waffen und wurde durchgereicht.

Highlight des Rennens: Spektakuläre Anfangsphase

Die ersten Rennrunden auf dem Autodromo Jose Carlos Pace boten gleich an mehreren Schauplätzen spektakuläre Zweikämpfe. Zunächst sorgten Magnussen und Ricciardo nach Runde eins für eine Safety-Car-Phase, unmittelbar nach dem Restart sorgten dann Verstappen, Hamilton, Norris und Leclerc für Action.

Nach vier Umläufen war das Feld dementsprechend komplett durcheinandergewürfelt. Vettel lag zwischenzeitlich an Rang vier, auch Schumacher profitierte vom Durcheinander und katapultierte sich bis auf Rang acht nach vorne. Erst im letzten Renndrittel sortierte sich das Feld wieder.

Top des Rennens: George Russell

Sehr starke Performance des jungen Engländers. Schon im gestrigen Sprint der mit Abstand schnellste Mann ließ Russell auch im Rennen nichts anbrennen. Hielt sich im Gegensatz zur Konkurrenz aus allem Schlamassel raus und fuhr an der Spitze einen weitestgehend einsamen, aber auch absolut fehlerlosen GP.

Flop des Rennens: Max Verstappen

Die Pace für die Sieg hätte den Red Bulls wohl so oder so gefehlt - zu stark präsentierte sich der Mercedes. Dennoch warf der kommende Weltmeister ein gutes Resultat mit seinem unnötig harten Zweikampfverhalten gegen Hamilton weg. Im Verkehr steckend hatte Verstappen schließlich keine Chance mehr, in Richtung Podium zu schielen. Sehr schwach auch sein Verhalten bei der Zieleinfahrt, als er die Teamorder missachtete seinen sechsten Platz nicht an Pérez abdrückte.

Formel 1: Die verbliebenen Rennen 2022

Nr.GP von ... (Ort)StreckeZeit
22Vereinigte Arabische Emirate (Abu Dhabi)

Yas Marina Circuit

18.11. - 20.11.

Formel 1: Der WM-Stand (nach 21 von 22* Rennen)

  • Fahrerwertung:
PlatzFahrerTeamPunkte
1Max VerstappenRed Bull429
2Charles LeclercFerrari290
3Sergio PérezRed Bull290
4George RussellMercedes264
5Lewis HamiltonMercedes240
6Carlos SainzFerrari234
7Lando NorrisMcLaren113
8Esteban OconAlpine86
9Fernando AlonsoAlpine81
10Valtteri BottasAlfa Romeo49
  • Konstrukteurswertung:
PlatzTeamPunkte
1Red Bull719
2Ferrari524
3Mercedes504
4Alpine167
5McLaren148
6Alfa Romeo55
7Aston Martin50
8Haas37
9AlphaTauri35
10Williams8

*Der Russland-GP wurde aufgrund des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine ersatzlos gestrichen. Ursprünglich hatte die Formel 1 für die Saison 2022 23 Rennen eingeplant.

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