DIE NFL Predictions 2019

Football ist endlich zurück - die Regular Season steht vor der Tür. Und es ist ein besonderes Jahr: Die NFL feiert 100. Geburtstag! Aber welche Spieler werden die kommende Saison prägen? Schreibt Aaron Donald Geschichte? Wendet sich das Blatt in Cleveland? Und vor allem: Wer gewinnt den Super Bowl?

Je näher die neue Saison rückte, desto stärker manifestierte sich ein Eindruck: Wir stehen vor einer außergewöhnlich faszinierenden und womöglich wegweisenden Saison. Nicht nur wegen des 100. Geburtstags der Liga, der immer wieder eine Rolle spielen wird, und auch nicht primär wegen des Dramas um Spieler wie Melvin Gordon, Ezekiel Elliott oder Antonio Brown oder der alljährlichen Frage, wer die Patriots stoppen könnte.

Sondern aus rein sportlicher Sicht.

Football wird intelligenter, es ist förmlich zu spüren. Mehr und mehr Teams installieren Analytics-Abteilungen und beachten auch tatsächlich die Erkenntnisse, welche die Analyse der Daten ihnen liefern können. Im gleichen Schritt fällt auch auf, welche Teams mit der Zeit gehen und welche nicht - die Schere klafft zunehmend weiter auseinander.

Je nachdem, wie man die Zeichen der Zeit interpretiert, kann man zu dem Schluss kommen, dass sich das in der kommenden Saison noch deutlicher herauskristallisiert. Die Coaches, die wissen, in welchen Situationen sie werfen und in welchen sie laufen sollten, wie sie das Spiel für ihren Quarterback einfacher machen und wie sie effizienter werden, werden sich zunehmend absetzen.

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Darüber hinaus werden wir potenziell revolutionäre Offenses und auch Defenses sehen. Was enthüllen die Ravens mit Lamar Jackson? Funktioniert Arizonas Version der Air Raid Offense mit Kliff Kingsbury und Kyler Murray? Und setzen sich die Defense-Ansätze der Patriots und Ravens, die ihre Defensive maßgeblich über ihre Coverage aufbauen und Quarterbacks durch Play-Designs unter Druck setzen, fort? Ist das ein Weg für Defenses, mal wieder zumindest teilweise die Oberhand zu gewinnen?

Welche Teams und welche Spieler werden sonst die kommende Saison prägen? Für die meisten NFL-Fans in Deutschland wird es die erste Saison sein, in der die Cleveland Browns eine sportlich bedeutende Rolle spielen könnten. Ein faszinierendes Team um charismatische Charaktere wie Baker Mayfield und Odell Beckham sowie Rookie-Head-Coach Freddie Kitchens, das in der Offseason mit seinen Trades und Verpflichtungen All-In gegangen ist und ernsthafte Playoff-Ambitionen hat.

Greifen die San Francisco 49ers in diesem Jahr wirklich an? Werden die Tampa Bay Buccaneers das diesjährige Überraschungsteam, das es in jeder Saison gibt? Wie verändern sich die Los Angeles Rams, um an die spektakuläre Vorsaison anknüpfen zu können? Und wie funktioniert Aaron Rodgers mit dem neuen Packers-Coach Matt LaFleur?

Und ja, natürlich: Wer stoppt die Patriots?

Wenige Ligen sind so schwer vorherzusagen wie die NFL - vor der kommenden Saison scheint diese Wahrheit nochmals etwas größer. Teams in der NFL sind so unheimlich eng beieinander, Kleinigkeiten entscheiden jeden Sonntag und Jahr für Jahr gibt es rund sechs neue Playoff-Teams. Das macht diese Übung so schwierig und gleichzeitig so faszinierend.

Die jährlichen Award-Prognosen sind auch deshalb immer als eine Einladung zur Diskussion sowie als eine Motivation, sich im Detail mit Spielern und Dynamiken vor dem Saisonstart auseinanderzusetzen, zu verstehen.

Der Herbst steht vor der Tür, und wenn die Bäume kahler, die Tage kürzer, die Lebkuchen-Regale voller und die Klamotten dicker werden, heißt das vor allem eines: Football ist zurück.

Endlich.

Es ist Zeit

Es war ein monströser Cliff-Hanger in der Bay, der selbst leidgeprüfte Game-of-Thrones-Fans nicht kalt ließ.

Nach dem spektakulären Schlussspurt 2017, als Garoppolo infolge seines Wechsels nach San Francisco die letzten fünf Saisonspiele startete und die 49ers alle fünf Partien gewannen, gab es während der Offseason im Vorjahr um wohl kein anderes Team einen derartigen Hype. Der Trade für Garoppolo hatte die gesamte Franchise wiederbelebt, nachdem man seit der Trennung von Jim Harbaugh Ende 2014 auf der Suche nach einer neuen Identität gewesen war.

Umso ernüchternder war dann das, was in der Regular Season passierte. Eine Auftaktniederlage in Minnesota mit drei Garoppolo-Interceptions, gefolgt von einem knappen Heimsieg über Detroit, bei dem Garoppolo ebenfalls wackelig wirkte. Mehrfach versuchte er, zu viel zu machen. Zu viele Pässe in enge Fenster, zu häufig hielt er den Ball den einen Sekundenbruchteil zu lang.

Vielleicht hätte sich das im Laufe der Saison noch geregelt, natürlich werden wir das nie erfahren - am dritten Spieltag riss sich Garoppolo in Kansas City, vielleicht sein bestes Saisonspiel bis zur Verletzung, das Kreuzband. Damit war die Saison für ihn beendet.

Jetzt ist Garoppolo zurück. Dabei ist neben der nach wie vor hohen Erwartungshaltung in San Francisco zunehmend auch der Druck nach zwei sportlich erfolglosen Jahren spürbar. Somit lautet eine der ersten Fragen: Hat Garoppolo aus dem Saisonstart im letzten Jahr gelernt? Spielt er wieder mehr mit seinem eigentlich guten Timing, wie man es 2017 gesehen hat? Oder versucht er wieder, zu viel zu machen?

Um Letzteres zu unterbinden, würde eine bessere Offensive Line helfen, keine Frage - gerade im Pass-Blocking waren die Niners letztes Jahr sehr durchwachsen. Derweil war Nick Mullens in der vergangenen Saison das beste Beispiel dafür, wie gut das Scheme selbst mit einem sehr vorsichtigen Quarterback funktioniert.

Wenn man die Top-Offenses analysiert, sieht man sehr häufig Teams, die (sehr) gute Quarterbacks haben und diesen dennoch mit einfachen Reads, offenen Pass-Fenstern und designten Yards nach dem Catch die Arbeit erleichtern. Kansas City war dafür ein Musterbeispiel im letzten Jahr, die Saints kann man hier ebenfalls nennen, genau wie die Rams.

Shanahans Offense, in der das Outside Zone Blocking zu einem effizienten Play Action Passspiel führt und in der der Fullback eine zentrale Rolle bekommt, um Defenses in Base-Formationen zu halten und sie so vorhersehbarer zu machen, fällt ohne Zweifel in die gleiche Kategorie.

In Shanahans Offense gibt es für den Quarterback einfache Reads und per Design offene Receiver. Ein technisch starker Quarterback, der das richtige Maß an Aggressivität mitbringt, sollte in diesem Scheme sehr gute Zahlen auflegen.

Garoppolo, mit seinem schnellen Release, seinem Spielverständnis und seiner Fähigkeit, aus der Bewegung heraus zu passen, ist in der Theorie der ideale Quarterback, um in dieser Offense zu glänzen.

Das macht ihn zum aussichtsreichsten Comeback-Player-Award-Kandidaten. Jetzt muss er, um womöglich folgenschwere Unruhen innerhalb der Franchise zu vermeiden, es nur auch zeigen.

Es ist Zeit.

Air Raid

Running Backs haben es in der NFL heutzutage schwer, Awards zu gewinnen. Beim MVP-Titel muss man sich mit Nicht-Quarterbacks kaum ernsthaft befassen, auch der Titel des Offensive Players of the Year ist mehr und mehr eine Quarterback-Domäne. Es ist eine von Quarterbacks dominierte Liga, das bestätigen die individuellen Auszeichnungen.

Der Rookie des Jahres dagegen bietet noch echte Chancen.

Rookie Running Backs hinterlassen häufig leichter einen bleibenden Eindruck als ihre Quarterback-Gegenparts. Auf keiner Position ist der Schritt vom College in die NFL so herausfordernd wie bei den Quarterbacks. Auf keiner Position ist der gleiche Schritt so vergleichsweise einfach - Pass-Protection mal außen vor - wie für Running Backs.

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Zwei zentrale Aspekte machen es Quarterbacks schwer: Defenses in der NFL sind so viel schneller und komplexer als nahezu alles, was sie jemals im College gesehen haben. Pass-Fenster werden viel kleiner, Coverages schwerer lesbar und die Zeit in der Pocket kürzer. 

Der andere Faktor betrifft das eigene Team: Als Quarterback in die NFL zu kommen, heißt in den meisten Fällen, dass man eine komplett neue, meist deutlich schwierigere und umfangreichere Offense inklusive neuer Terminologie lernen muss. Diese beiden Aspekte multiplizieren sich gegenseitig noch, und so ist es nur sehr selten, dass ein Rookie-Quarterback wirklich glänzt.

Bei Kyler Murray könnte das anders sein. Die Offense, die Kliff Kingsbury - anhand seiner eigenen College-Schemes sowie Murrays College-Offense prognostiziert, kein Coach war so geheimnisvoll, was seine Offense angeht wie Kingsbury in den vergangenen Monaten - voraussichtlich spielen lassen wird, sollte perfekt zu Murray passen.

Es ist eine Offense, die dem Quarterback schnelle Reads und Passoptionen gibt, die hochgradig effiziente Route-Kombinationen beinhaltet, die mit Play Action und einer Vielzahl an Screen-Varianten für Yards nach dem Catch sorgt und die es dem Quarterback erlaubt, seine Athletik einzusetzen.

Der zentrale Faktor aber: Murray spielt im Prinzip seit der High School in dieser Offense.

Natürlich nicht exakt in der Offense, die das Arizona Cardinals Playbook 2019 beinhaltet. Aber in Varianten der Air Raid. Er kennt die Kern-Plays wie Mesh, Y-Cross und 4 Verts, er weiß genau, wie das Timing dieser Konzepte funktioniert, worauf er in der Coverage achten muss und wie die Read-Abläufe für ihn aussehen.

Man konnte das den ganzen Sommer über beobachten. "Ich habe es noch nie erlebt, dass ein Quarterback neu reinkommt und so schnell die Offense beherrscht", verriet Receiver Larry Fitzgerald am Rande des Training Camps. "Seit dem ersten Tag checkt er an der Line in unterschiedliche Spielzüge, verschiebt die Protections, reagiert auf Blitzer. Sein Verständnis der Offense ist enorm und ich denke, dass uns das einen Vorteil gibt."

All das bedeutet nicht, hier gilt es, den Hype zu kontrollieren, dass Murrays Rookie-Saison die 2019er Version von Patrick Mahomes' erster Saison als Starter wird.

Chiefs-Coach Andy Reid ist einer der zwei, drei besten Offense-Coaches in der NFL, und das seit Jahren. Kingsburys Offense muss sich in der NFL erst beweisen. Die Chiefs hatten eine Top-12-Offensive-Line - Arizona erhält zwar seine zahlreichen verletzten O-Liner zurück, doch bleiben Spieler wie D.J. Humphries und Justin Pugh verletzungsanfällig und waren schon im Training teilweise wieder angeschlagen. Es besteht eine reelle Chance, dass die Cardinals-O-Line wieder zu den drei, vier schlechtesten Lines der Liga gehört, während das Wide Receiver Corps nach Fitzgerald und Kirk von Rookies geprägt ist.

Doch eine Sache kann man mit Sicherheit sagen: Kyler Murray wird der Week-1-Starter sein, und Kyler Murray wird spektakuläre Momente haben. Er sollte, trotz aller zu erwartenden Rookie-Fehler und O-Line-Sorgen, nicht nur Passing-Zahlen auflegen, sondern auch als Runner explosive Szenen haben, die ihn in die Highlight-Formate bringen. Murray und die Cardinals-Offense haben zudem den Hype vor Saisonstart, um schnell in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.

Und vor allem darf man bei all der Betrachtung der Umstände nicht vergessen: Murray hat das Talent. Als Runner, aber vor allem als Passer.

Eine gute Voraussetzung, um sich als Quarterback von allen Rookie-Kollegen abzusetzen.

Die Browns sind zurück!

Es gibt in der NFL eine Art grobe Schablone, um in der NFL zum Titelkandidaten zu werden und ein Titelkandidat zu bleiben. Nachhaltig Draft-Ressourcen generieren, indem man Compensatory Picks sammelt und im Draft zurück tradet. Erfahrene Spieler, die gut in das eigene Scheme passen, für Mid- oder auch Late-Round-Picks verpflichten. Eine starke Offensive Line aufbauen.

Die Patriots, Eagles und Rams sind die drei Musterbeispiele für dieses Vorgehen. Und ja, natürlich ist es nicht so einfach: Draft-Ressourcen bringen nur etwas, wenn man die Picks auch in gute Spieler ummünzt. Erfahrene Spieler, die gerade passen, werden nicht immer verfügbar. Und wenn es so simpel wäre, eine gute Offensive Line aufzubauen, hätte hier nicht rund die Hälfte der Liga Jahr für Jahr gravierende Probleme.

Doch selbst wenn all diese Punkte zutreffen, gibt es darüber hinaus noch den Elefanten im Raum – den Quarterback. Man kann ein Team am Reißbrett so perfekt planen, wie man will. Solange man den richtigen Quarterback nicht findet, wird das trotzdem nicht zu nachhaltigem Erfolg führen.

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Das machte Clevelands vor Jahren losgetretenen Plan zu einem Ritt auf der Rasierklinge. Der totale Umbruch mit der Demontage und dem Neuaufbau des Kaders über den Draft lief wie vermeintlich erwartet, mit hohen Picks, vielen jungen Spielern und sportlich einigen sehr schwierigen Jahren. Dennoch verlor Sashi Brown, gewissermaßen der Architekt dieses Plans, seinen Job. Ohne, dass er seinen Plan mit der Auswahl des Wunsch-Quarterbacks gekrönt hätte.

Diese Ehre wurde seinem Nachfolger John Dorsey zuteil, dessen erste richtig große Entscheidung in Cleveland es war, im Draft 2018 mit dem First-Overall-Pick Baker Mayfield auszuwählen. Und nach den Jahren des Umbruchs und all den Ab- und Neuzugängen lässt sich erst mit dieser Entscheidung festhalten:

Die Browns sind zurück!

Seinen Quarterback zu finden ändert absolut alles, und Cleveland scheint genau das mit Baker Mayfield gelungen zu sein. Seine hohe Passgenauigkeit, sein glänzendes Pocket-Verhalten, seine Präzision und sein Mut bei Pässen über die Mitte des Feldes - Mayfield war als Rookie-Quarterback eine Sensation, und damit eine wahre Seltenheit. Zumindest, und das ist ein elementarer Punkt, nach dem Trainerwechsel von Hue Jackson zu Freddie Kitchens.

Gerne wird an diesem Punkt eine unsägliche Debatte losgetreten, die Debatte des "System-Quarterbacks". Wenige Ausdrücke in der NFL-Berichterstattung sind derart fehlbesetzt und haben eine derart falsche Konnotation. Ganz simpel gesagt: Jeder Quarterback ist ein System-Quarterback.

Können manche mehr über Schemes und Play-Designs kreieren als andere? Sicher. Doch unter dem Strich ist auch der Quarterback davon abhängig, dass das Play-Calling funktioniert, dass die Route-Kombinationen greifen und dass die Passing-Designs seine eigenen Stärken als Passer unterstreichen und die Schwächen bestmöglich verstecken.

Genau das passierte bei Mayfield, nachdem Kitchens für Jackson übernommen hatte und Kitchens Draht zu Mayfield einerseits, aber auch sein Verständnis dahingehend, eine Offense um Mayfields Stärken zu bauen, dürften die elementaren Argumente gewesen sein, als sich die Browns entschieden, Kitchens von der Interims-Lösung zum permanenten Head Coach zu machen.

So könnten die Browns tatsächlich zurück sein. Zurück in einer Rolle, die sie schon lange nicht mehr hatten: Ein sportlich relevantes Team, mit realistischen Ambitionen auf die Playoffs und mehr. Mayfield könnte das Gesicht dieses Umschwungs werden, als Pilot einer Offense, die bereit scheint, in der kommenden Saison zu explodieren.

Der Hattrick

Erst zwei Spieler haben in der gesamten Geschichte der NFL drei Mal die Auszeichnung zum Defensivspieler des Jahres gewonnen: Lawrence Taylor und J.J. Watt. Zwei der dominantesten Verteidiger, die dieser Sport jemals gesehen hat.

Aaron Donald könnte mit einer weiteren DPOY-Auszeichnung - es wäre sein drittes Mal, und nach 2017 und 2018 sogar ein glatter Hattrick - nicht nur statistisch mit den beiden gleichziehen. Kaum jemand würde dagegen argumentieren, wenn man Donald schon jetzt zu einem der dominantesten Verteidiger aller Zeiten erklärt.

"Schon jetzt", weil Donald - und das ist für die Konkurrenz in der NFC und vor allem der NFC West eine unschöne Aussicht - erst 28 Jahre alt ist und erst in seine sechste Saison geht.

Doch über die letzten beiden Saisons hat er 100 Tackles, 31,5 (!) Sacks und neun erzwungene Fumbles verzeichnet. Insbesondere die 20,5 Sacks des Vorjahres sind, umso mehr für einen Defensive Tackle, absolut herausragend.

Und das war keineswegs ein Zufall, oder eine Aneinanderreihung glücklicher Sacks. Donald beendete die vergangene Saison mit 106 Quarterback-Pressures in der Regular Season, nachdem er 2017 Quarterbacks 91 Mal unter Druck gesetzt hatte. Beides waren jeweils die Jahres-Topwerte, vor der Edge-Rusher-Elite um Von Miller, Khalil Mack und Co.

Absolut nichts spricht dafür, dass Donald in der kommenden Saison nachlässt. Ja, Ndamukong Suh spielt nicht mehr neben ihm in der Line - doch war es eher Suh, der von dieser Partnerschaft durch Eins-gegen-Eins-Matchups profitierte, als Donald. Dante Fowler wird ebenfalls die Aufmerksamkeit gegnerischer Blocker auf sich ziehen.

Donald ist so explosiv, so agil und gleichzeitig so stark, dass er auf dem engsten Raum, der die Duelle in der Interior Defensive und Offensive Line definiert, kaum zu stoppen ist.

Blocker können ihn nicht kontrollieren, häufig bekommen sie überhaupt keinen Zugriff auf ihn. Selbst Double-Teams, die Donald nur zu gut kennt, helfen häufig nicht. Kombiniert man das mit der aggressiven Defense von Wade Phillips, bekommt man eine sehr gefährliche Partnerschaft.

Donald selbst erwartet sogar noch mehr als in der vergangenen Saison. In den letzten beiden Jahren verpasste er große Teile der Saisonvorbereitung aufgrund der anhaltenden Vertragsgespräche. Das war in diesem Jahr anders - für den Defensive Tackle ergibt das eine klare Formel.

"Das sollte meine bislang beste Saison werden", erklärte er bei ESPN Los Angeles, "weil ich im Training Camp dabei war. Dieses Mal gibt es keine Phase, in der ich etwas eingerostet zurückkomme."

Aaron Donald ist der beste Pass-Rusher, der beste Verteidiger und der wertvollste Nicht-Quarterback, den die NFL aktuell zu bieten hat. Sollte er auch nur an seine eigene 2018er Saison herankommen, geht der Titel nur über ihn.

Ganz zu schweigen davon, falls er wirklich noch besser spielen kann.

Titelverteidigung

Je länger man versucht, Alternativen zu finden und je länger man nach Gründen sucht, warum Mahomes nicht im zweiten Jahr in Folge den MVP-Titel gewinnen könnte, desto stärker wird der Eindruck, dass diese Suche keinen Sinn ergibt. 

Mahomes hatte 2018 eine absolut spektakuläre Saison. Er war fantastisch, weil er der beste Quarterback innerhalb und außerhalb der Struktur der Plays war. Das gab ihm einerseits konstante Production, andererseits aber auch die Highlight-Momente und in der Summe monströse Statistiken.

Es wäre nicht fair, von ihm zu erwarten, dass er diese Zahlen wiederholt. Eine historische Saison wiederholt man nicht mal eben so. Dennoch ist er in der Position, eine weitere fantastische Saison zu spielen. Und das vermutlich mehr als jeder andere Quarterback.

Der offensichtliche Punkt zuerst: Patrick Mahomes ist absurd talentiert. Physisch hat das nie jemand angezweifelt, Mahomes' Arm erlaubt es ihm, Pässe aus Winkeln abzufeuern, die für die meisten Quarterbacks nicht möglich wären, sowie problemlos jeden Bereich des Feldes zu bedienen.

Überraschender waren in seiner ersten Saison als NFL-Starter seine Qualitäten vor dem Snap, wie er Defenses lesen und sezieren konnte - und wie es ihm gelang, präzise aus der Pocket innerhalb der Struktur des Plays zu agieren. Die beiden wohl größten Fragezeichen, die Mahomes als College-Prospect in die NFL begleiteten, hat er auf eindrucksvolle Art und Weise aus dem Weg geräumt.

Hätte er nur das geschafft, also mit Timing und Passgenauigkeit Pre-Draft-Zweifel beseitigt, hätte man schon von einer guten Saison gesprochen. Aber natürlich wäre es damit schwierig geworden, 5.097 Yards und 50 Touchdowns aufzulegen.

Aus einer guten wurde eine MVP-Saison, weil Mahomes ein kreierender Quarterback ist, der seine physischen Möglichkeiten dann ausschöpft, wenn es wirklich notwendig ist. Dann wird es gerne auch mal spektakulär, mit No-Look-Pässen oder Würfen aus scheinbar unmöglichen Winkeln oder um Offensive Linemen herum.

Doch die entscheidende Formel heißt wie folgt: Kreieren zu können, wenn das ursprüngliche Play gescheitert ist und innerhalb der Struktur zu bleiben, so lange es geht.

Denn es ist nicht nur Mahomes' Talent, das für den MVP-Doppelpack spricht, es sind auch die Umstände. In Andy Reid hat er einen der zwei, drei besten Offensiv-Coaches der Liga an seiner Seite. Kein Coach ist derart kreativ darin, neue Plays anzupassen und zu übernehmen. Was Game-Planning und Play-Calling angeht, stellt derzeit vielleicht kein Offense-Coach Reid in den Schatten.

Mehrere seiner Assistenten sind damit betraut, College-Tapes nach neuen Inspirationen zu durchforsten und Reid ist ein Meister darin, seinem Quarterback offene Würfe zu ermöglichen, Defenses zu verwirren und seinen Waffen vorteilhafte Matchups zu verschaffen.

Hier wurde Kansas City sogar noch gefährlicher. Da Tyreek Hill nach den Ermittlungen wegen Kindesmissbrauchs nicht gesperrt wurde und Kansas City zusätzlich Mecole Hardman in der zweiten Runde gedraftet hat, müssen gegnerische Defenses jetzt zwei der schnellsten Receiver der Liga gleichzeitig verteidigen - und beide können viel mehr, als einfach nur schnell geradeaus laufen.

Häufig war Hill der Mittelpunkt von Play-Designs, auch wenn von Anfang an klar war, dass der Ball nicht zu ihm gehen würde - doch Defenses müssen ihre Coverage zumindest zu einem Teil auf Hill ausrichten. Stehen Hill und Hardman gleichzeitig auf dem Feld, kann das zu einer Zerreißprobe für Coverage-Strukturen werden, zusätzlich haben die Chiefs, und das ist nicht zu verachten, eine solide Offensive Line.

Die Umstände sind für keinen Spieler besser. Und der gefährlichste Quarterback der Liga in nahezu idealen Umständen ist eine gute MVP-Formel.

Andy Reid Bowl

Die AFC scheint 2019 drei relative klare Titelanwärter an den Start zu bringen, mit Teams wie den Browns, Steelers und vielleicht auch Texans oder Ravens in Lauerstellung dahinter.

Die New England Patriots muss man nicht nur wegen Bill Belichick und Tom Brady auf dem Zettel haben. Die Pats sind auch ohne den zurückgetretenen Rob Gronkowski eines der gefährlichsten Teams der Liga. Rückkehrer Josh Gordon gemeinsam mit Erstrunden-Draft-Pick N'Keal Harry gibt New England jede Menge Physis auf der Receiver-Position. Michael Bennett und Chase Winovich werden den Abgang von Trey Flowers vergessen lassen und die Basis dieser Defense ist ohnehin eine exzellente Secondary.

Die Chargers haben ihrerseits einen Top-Quarterback in Philip Rivers, ein tiefes Waffenarsenal - und eine der potenziell besten Defenses der Liga. Der Verlust von Safety Derwin James aber lässt hier Zweifel aufkommen, genau wie die noch immer nicht behobenen Schwachstellen in der Offensive Line, insbesondere auf der Right-Tackle-Position.

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Die Indianapolis Colts hätten hier eigentlich auch rein gehört. Mit einer herausragenden Offensive Line, einem verbesserten Receiving-Corps und einer jungen, sich entwickelnden Defense. Sie wären das vierte Team im Contender-Quartett gewesen, doch der überraschende Rücktritt von Andrew Luck lässt eine derartige Schlussfolgerung nicht mehr zu.

Und dann sind da natürlich die Chiefs, mit all den bei Mahomes bereits angesprochenen offensiven Qualitäten. Das riesige Fragezeichen bei Kansas City ist die Passing-Defense, ganz besonders mit Blick auf die Cornerbacks. Die Chiefs werden in einige Shootouts kommen, das steht außer Frage. Aber vermutlich ist auch kein Team besser dafür gerüstet, diese auch zu gewinnen.

In der NFC stechen drei Teams ganz besonders heraus, gleichzeitig gibt es eine größere Anzahl an Teams in der zweiten Kategorie. Kann Quarterback Mitchell Trubisky den nächsten Schritt machen und die Bears nach vorne bringen? Sind die Vikings mit neuer Offense wieder ganz vorne mit dabei? Funktioniert die Dynamik zwischen Aaron Rodgers und dem neuen Head Coach Matt LaFleur in Green Bay? Wie steht es um die Offensive Line der Falcons und um die Schulter von Panthers-Quarterback Cam Newton?

All diese Teams sind mindestens Playoff-Anwärter, mit dem Potenzial für mehr. Noch einen Schritt davor stehen unter anderem die New Orleans Saints, vorausgesetzt, der Arm von Drew Brees macht mit. Eine potenziell sehr gute junge Secondary, die trotz des überragenden Marshon Lattimore noch etwas unter dem Radar fliegt, gepaart mit Cam Jordan, einem erhofften Breakout-Jahr von Marcus Davenport und im Laufe der Saison auch wieder Sheldon Rankins. Dazu die Offense mit zwei Schlüsselspielern in Alvin Kamara und Michael Thomas, Neuzugang Jared Cook sowie einer nach wie vor sehr guten Offensive Line.

Auch die Rams muss man wieder weit vorne auf dem Zettel haben, mit einem der besten Coaching Staffs der Liga, dem besten Verteidiger der Liga Aaron Donald und einem der gefährlichsten offensiven Waffenarsenale ligaweit. Trotz aller Gerüchte und potenziellen Unruhen um die Gesundheit von Star-Running-Back Todd Gurley.

Das kompletteste Team der Liga ist derzeit aber in Philadelphia zu finden. Man kann sehr gut argumentieren, dass Philadelphia Top-5-Units in der Offensive Line, der Defensive Line und dem Receiving-Corps hat. Die Secondary hatte sich schon im Laufe der vergangenen Saison stabilisiert und Rookie Miles Sanders gibt den Eagles womöglich einen echten 3-Down-Back.

Das große Fragezeichen ist Quarterback Carson Wentz, beziehungsweise dessen Gesundheit. Bleibt Wentz fit und setzt den Trend seiner eigenen Entwicklung fort, wird es sehr schwer sein, die Eagles zu stoppen.

Mein Tipp lautet deshalb, dass wir einen Andy Reid Bowl erleben werden: Chiefs-Offense-Guru Andy Reid gegen seinen einstigen Schüler und Eagles-Coach Doug Pederson, der seinem früheren Lehrmeister etwas voraus hat - einen Super-Bowl-Ring.

In dieser Kategorie zieht Reid in der kommenden Saison gleich.

Super-Bowl-Tipp