EIN KÖNIG UNTER BLAUBLÜTERN

Nur wenige Sportvereine üben so eine Strahlkraft aus wie die Los Angeles Lakers, das nach wie vor populärste Team der NBA. Nach einigen Jahren Tristesse soll nun LeBron James die Lakers „great again“ machen – und damit eine Linie fortführen, die die NBA über viele Dekaden geprägt hat. SPOX blickt zurück auf die anderen Superstars, die vor James im Lauf ihrer Karriere das große Glück in L.A. gesucht haben, und wagt einen Blick in die Glaskugel. Das Lakers-Debüt von James gegen Portland ist in der Nacht auf Freitag ab 4.30 Uhr auf DAZN zu sehen.

Nun ist es also tatsächlich so weit. Bereits während der Finals 2017 kamen Gerüchte auf, dass LeBron James 2018 zu den Lakers wechseln würde, ein Jahr später war es Realität: Der bekannteste Basketball-Star der Welt wechselt zum bekanntesten Basketball-Team der Welt. 

Natürlich tut er das. 

Je mehr man darüber nachdenkt, desto besser passt James zu dieser Franchise, die sportliche Exzellenz unvergleichlich mit Glamour verbindet. Er wird nicht der letzte Superstar sein, der den Reizen von Lila-Gold, von Hollywood, von Showtime erliegt, und er ist bei weitem nicht der erste. 

Es führen zwar nicht alle Wege nach Los Angeles – blickt man aber auf die größten Stars der Liga-Geschichte, stellt man schnell fest, dass kein Team, auch nicht die Boston Celtics, über die Jahre so viele von ihnen beschäftigt hat wie die Lakers. 

Und das schon seit ihrer Gründung, zu einer Zeit, in der sie mit Glamour, Showtime und auch Los Angeles noch überhaupt nichts zu tun hatten. 

Die Lakers, das verrät der Name, haben ihren Ursprung nicht in L.A.: Ihre ersten 13 Jahre verbrachten sie in Minneapolis, Minnesota, besser bekannt als „Land of 10.000 Lakes“, einem Ort, der kaum gegensätzlicher zu L.A. sein könnte. Minnesota ist für seine eiskalten Winter berühmt, in Kalifornien kann man im Winter meistens mit Shorts zur Arbeit fahren. 

Ein Merkmal der späteren Glamour-Franchise hatten die Lakers aber schon an ihrem Ursprung: Sie hatten den ersten Superstar des Basketballs in ihren Reihen. George Mikan hatte seine Profi-Karriere 1946 bei den Chicago American Gears begonnen, nach deren Bankrott landete er jedoch 1947 – per Losverfahren – bei den Lakers und prägte ihre erste Ära der Dominanz. 

Mit Mikan gewannen die Lakers sechs Meisterschaften, je eine in der NBL (National Basketball League) und in der BAA (Basketball Association of America) sowie vier Titel in der 1949 gegründeten NBA. Den MVP-Award gab es in seiner dominanten Zeit noch nicht, die Auszeichnung als „Greatest Player of the First Half of the Century“ verdeutlicht jedoch Mikans Stellenwert. 

Nach dem endgültigen Karriereende von “Mr. Basketball” 1956 stellte sich eine erste schwächere Phase bei den Lakers ein, die aber nicht von Dauer blieb. 1958 kam per No.1-Pick ein gewisser Elgin Baylor, zwei Jahre später folgte an Nr. 2 Jerry West und der damalige Besitzer Bob Short forcierte in selbigem Sommer 1960 den Umzug nach Los Angeles. 

West und Baylor wurden zum neuen dynamischen Duo der NBA. “The Logo” und der erste echte Highflyer der Liga waren sensationelle Scorer und insbesondere West wurde zu einem der Gesichter der noch immer jungen Liga und Sportart. Der große Wurf jedoch blieb stets aus. 

Zwischen 1959 und 1968 erreichten die Lakers sechsmal die Finals und verloren jedes Mal - immer gegen die Celtics und Bill Russell. Es fehlte ein Gegenpart für den Center. Also bemühte man sich um seinen größten Rivalen – und begründete eine Tradition, ohne es in dem Moment zu wissen.

Wilt Chamberlain ist die dominanteste Figur der NBA-Geschichte. Statistisch gesehen. Seine Zahlen verbieten jeden Vergleich, nicht einmal Shaq wirkte im Vergleich zu seinen Gegenspielern so überdimensioniert. Mit 2,16 Metern und der Physis eines Gladiatoren stach Chamberlain zu seiner Zeit heraus wie Dwayne “The Rock” Johnson in einem Fitnessklub für Grundschüler. 

Die Eckdaten sind bekannt: Chamberlain erzielte als einziger NBA-Spieler 100 Punkte in einem Spiel, er erzielte in einer Saison 50 Punkte im Schnitt, er hält 72 (!!!) Rekorde, 68 davon alleine. Nur Russell konnte ihn stoppen - aber “stoppen” war bei Wilt etwas anderes als bei anderen Spielern: In insgesamt 143 Spielen gegen Russ kam er im Schnitt auf 29 Punkte und 28 Rebounds.

Dass er in seiner Karriere nur eine einzige Playoff-Serie gegen Boston gewinnen konnte, wurde dem “Big Dipper” dennoch angelastet, schon während seiner Laufbahn. Unter seinen Zeitgenossen war Wilt keineswegs universell respektiert wie der elfmalige Champion Russell oder auch West.

Wilt galt als jemand, für den das eigene Glück und die Zahlen wichtiger waren als der Team-Erfolg oder das Wohl der Spieler. 1964 zog er Unmut auf sich, als er beim All-Star Game einen Streik verhindern wollte: Es gab keine Altersvorsorge für die Spieler, diese wollten die NBA nun dazu erpressen, indem sie zwei Stunden vor Beginn des Spiels mit Streik drohten. Wilt war dagegen - er lebte als erster Megastar der NBA finanziell in anderen Sphären und war sowieso abgesichert. Der Streik fand statt, Wilts Ruf nahm unter den Spielern dennoch Schaden. 

Womöglich spielte das ein Jahr später mit hinein, als die Lakers eine heute undenkbare Abstimmung durchführten: Als die Warriors Chamberlain 1965 loswerden wollten, fragte Besitzer Short seine Mannschaft, ob er Wilts Vertrag aufnehmen sollte. Das Team stimmte mit 9 zu 2 deutlich dagegen. 

Nur die damals Anwesenden können es wissen - es sollte sich als schlechte Entscheidung für die Lakers herausstellen, die in den Finals 1965 erneut gegen die Celtics verloren.

Wilt hingegen wurde zu den 76ers getradet, bei denen er in der Folge dreimal nacheinander MVP wurde und 1967 seinen ersten Titel holte, nach seinem ersten (und einzigen) Triumph über Russell. Die Lakers hatten ihre Chance vertan. 1966 und 1968 folgten weitere Finals-Niederlagen gegen Boston, die Celtics hatten längst eine traumatisierende Wirkung auf West und Baylor. 

Insofern war das Team um einiges aufgeschlossener, als sich im Sommer 1968 erneut die Chance bot, Chamberlain nach L.A. zu holen. 

Offiziell wurde Chamberlain am 9. Juli 1968 für Darrall Imhoff, Jerry Chambers und Archie Clark zu den Lakers getradet. Inoffiziell hatte diese (unfassbar einseitige) Transaktion wenig mit einem Trade zu tun: Es gab zwar damals keine Free Agency und somit kein echtes Druckmittel für Spieler. Für Wilt allerdings gab es andere Regeln und er hatte, nicht ganz unähnlich wie LeBron 50 Jahre später, schon öfter von seinem Status Gebrauch gemacht. 

Direkt nach seiner Rookie-Saison, in der er übrigens MVP wurde, hatte Wilt mit Rücktritt gedroht, weil er mehr Geld wollte, eine Strategie, die er über die Jahre mehrfach einsetzte. 1968 orchestrierte er dann selbst seinen Wechsel nach Los Angeles, auf eine Art und Weise, die 50 Jahre später kaum zu glauben ist. 

Man muss dafür vorerst drei Jahre zurückgehen. Als Wilt im Januar 1965 nach Philly kam, hatte das viel mit Ike Richman zu tun, seinem Anwalt und Freund, dem nebenbei 50 Prozent der Sixers gehörten. Richman versprach Wilt zum Ende seiner Karriere die Hälfte davon - eine natürlich illegale Absprache, die aus diesem Grund nur verbal getroffen wurde. 

Richman jedoch starb während eines Spiels gegen die Celtics im gleichen Jahr an einem Herzinfarkt - das Spiel wurde übrigens fortgesetzt - und mit ihm starb die Absprache. Irv Kosloff, dem die anderen 50 Prozent gehörten, wollte nichts davon wissen, also stritten er und Chamberlain in der Folge um diese Anteile, bis sie im Sommer ‘67 nach dem Gewinn der Meisterschaft zu einer Einigung kamen. 

Wilt hatte eigentlich einen Dreijahresvertrag, dieser wurde jedoch aufgelöst und stattdessen ein neuer Einjahresvertrag mitsamt einer Bonus-Zahlung geschlossen, am Ende dessen er als erster Spieler komplett selbst entscheiden durfte, wo er hinwollte. Kosloff versuchte in der Folge zwar noch etliches, um Wilt umzustimmen, unter anderem bot er ihm einen Posten als Spielertrainer an, es half aber nicht - die 67/68er Saison sollte die letzte in Philadelphia werden. 

Den Kontakt zu den Lakers hatte er schon 1967 indirekt über Journalist Merv Harris hergestellt, der Besitzer Jack Kent Cooke über seine Verfügbarkeit informieren sollte, im Sommer 1968 traf er sich dann selbst mit Cooke. Zwar nutzte er auch konkurrierende Angebote, etwa aus Seattle, um sein Gehalt hochzutreiben, Wilt wollte jedoch nach L.A. und vor allem nach Hollywood. 

Mit nun 32 Jahren liebäugelte er bereits mit einer späteren Laufbahn als Schauspieler und damit einem Leben in Los Angeles. Sobald er und Cooke sich auf einen Vertrag einigten, finalisierte letzterer den Trade mit Philly - und in L.A. war das erste “Superteam” nach moderner Bauart geboren.

Mit Chamberlain hatten die Lakers endlich ihren Mann in der Mitte, ihre Antwort auf Russell - einem Titel stand also nichts mehr im Weg. Das dachten sie zumindest. In Wirklichkeit ging es wie gewohnt weiter: 1969 gewannen die Celtics mit Russell einen letzten Titel, im siebten Spiel ausgerechnet in L.A., wo Cooke bereits Ballons für eine spätere Meisterfeier hatte aufhängen lassen.

Auch ein Jahr später verloren die Lakers in den Finals, diesmal gegen die Knicks. 1971 war in den Conference Finals Endstation. Harmonie war beim “Superteam” nicht immer gegeben - gerade Baylor und Chamberlain waren nicht auf einer Linie und Wilts divenhaftes Auftreten ging auch West bisweilen auf die Nerven. 1972 sollte sich dann aber doch alles fügen. 

Der neue Coach Bill Sharman fand einen neuen Zugang zu Chamberlain. Dazu wollte er Baylor von der Bank bringen, der daran allerdings kein Interesse hatte - nach nur neun Spielen in der Saison beendete Baylor titellos seine Karriere. Die Lakers gewannen fortan 33 Spiele am Stück, die bis heute längste Siegesserie der Geschichte. 

Und sie krönten ihre Saison. Der nun 35-jährige Wilt fokussierte sich primär auf die Defense, West und Gail Goodrich organisierten die Offense und nach 69 Siegen in der Regular Season folgten auch in den Playoffs Siege über Chicago, Milwaukee und die Knicks, mit Wilt als Finals-MVP. Die Investition hatte sich also gelohnt, die Lakers konnten endlich ihren ersten Titel der L.A.-Ära feiern. 

Die Freude blieb allerdings nicht lange. L.A. erreichte auch im Folgejahr die Finals, verlor nun aber wieder gegen New York. Wilt beendete in der Folge seine Karriere, ein Jahr später tat West es ihm gleich und 1974/75 verpassten die Lakers sogar die Playoffs. 

Es musste ein neues Gesicht her - und glücklicherweise (für die Lakers) hatte auch der nächste alles überragende Center der NBA großes Interesse daran, seine Talente nach Los Angeles zu bringen. Lange mussten die Lakers nicht auf ihren nächsten Superstar warten.

Ein Dinner im Sheraton Hotel in Downtown Milwaukee am 3. Oktober 1974 legte den Grundstein für die nächste große Ära der Lakers. Kareem Abdul-Jabbar sagte den Vertretern seines Teams, dass er weg wollte. Weg von den Bucks, vor allem aber weg aus Milwaukee - der 28-Jährige hatte realisiert, dass ihm die Bierstadt zu klein und kulturell zu irrelevant war.

Kareem stammte aus New York und hatte abseits des Courts kulturelle und religiöse Interessen, auch verdeutlicht durch seinen Namenswechsel von Lew Alcindor zu Abdul-Jabbar im Jahr 1971. Er sehnte sich nach einem interessanteren Umfeld. L.A. oder New York, das waren Städte, in denen er spielen wollte. Milwaukee war von Anfang an nur ein Ort, an dem er arbeitete. 

Die Bucks brachte das in eine missliche Lage. Kareem stellte seine Forderung respektvoll und privat, statt über die Presse zu gehen, er war jedoch fest entschlossen. Ein Jahr Zeit wollte er Milwaukee geben, um einen Trade zu finden, andernfalls würde er ein Jahr aussetzen und nach Ablauf seines Vertrags das Weite suchen. 

Die Bucks versuchten natürlich alles, um ihn noch umzustimmen.

Es half alles nichts. Die Bucks erkannten diese Realität und konzentrierten sich nun darauf, das bestmögliche Angebot zu finden. Natürlich gab es keinen angemessenen Gegenwert für den (damals) dreimaligen MVP Kareem, aber es gab die Chance auf einen Rebuild mit Starthilfe – früh konzentrierten sich die Bucks daher auf die Lakers, weil diese im kommenden Draft gleich zwei First-Rounder hatten. 

Die Verhandlungen zogen sich lange hin, kurz vor dem besagten Draft wurde man sich dann aber doch endlich einig. Die Bucks bekamen den Nr. 2-Pick (Dave Meyers) und den Nr. 8-Pick (Junior Bridgeman), die beide noch von den Lakers gedraftet werden sollten. Dazu wechselten Elmore Smith und Brian Winters nach Milwaukee. L.A. bekam dafür Walt Wesley - und den besten Spieler der Liga. 

Der Deal, der am 16. Juni 1975 endgültig bekannt gegeben wurde, galt als positiv für beide Seiten. Die Lakers hatten wieder einen Superstar, die Bucks wiederum hatten sich für die Zukunft gut aufgestellt. 

„Kareem ist 28 Jahre alt und die jungen Spieler, die wir bekommen haben, werden alle noch da sein, wenn er seine Karriere lange beendet hat“, frohlockte Embry. Diese Einschätzung war allerdings nicht ganz korrekt. 

Kareems Ausdauer hatten die Bucks unterschätzt - auch für heutige Verhältnisse blieb Abdul-Jabbar unglaublich lange dominant und relevant, er beendete seine Karriere erst im Alter von 42 Jahren, immer noch als Starting Center seines Teams, für den regelmäßig Spielzüge gelaufen wurden. 

Im vorletzten Spiel seiner Karriere kam er in den NBA Finals gegen Detroit auf 24 Punkte und 13 Rebounds. 1985 wurde er im Alter von 38 Jahren Finals-MVP. Über 20 Jahre in der NBA fand kein Team ein Gegenmittel gegen seinen Skyhook, diesen legendären Wurf, der bei Kareems Körpergröße von 2,18 Metern und beispielloser Koordination nahezu unblockbar war. 

Abdul-Jabbar gewann bei den Lakers drei weitere MVP-Awards, den ersten in seiner Debüt-Saison 1975/76 sogar, obwohl L.A. nicht die Playoffs erreichte. Überhaupt dauerte es ein wenig, bis sich signifikanter Team-Erfolg einstellte: Zwar erreichten die Lakers in Kareems zweiter Saison die Conference Finals, auf den ersten Titel warteten sie aber bis 1980. 

In Kareem ersten Jahren in L.A. glichen viele Lakers-Spiele einer One-Man-Show. Der Center war in seiner eigenen Liga, abgesehen vom Gail Goodrich fehlte es ansonsten an Star-Power. Goodrich spielte dabei nur eine Saison an Kareems Seite, 1976 wechselte er zu den Jazz und löste damit eine Transaktion aus, die den Lakers drei künftige Erstrundenpicks als Kompensation brachte. Dieser Deal war letztendlich sogar noch einseitiger als der Trade für Kareem. 

Der 1979er Pick wurde nämlich zum ersten Pick, weil die Jazz auch mit Goodrich nicht gut waren und 1978/79 nur 26 Spiele gewannen. Der erste Pick wurde Magic Johnson. Der Ursprung von „Laker Luck“? Die Franchise bekam für einen alternden Guard, den sie ein Jahr zuvor auch den Bucks im Kareem-Trade angeboten hatten, unter anderem den besten Point Guard der NBA-Geschichte - und den Spieler, der zusammen mit Kareem die beste Lakers-Ära seit Mikan einleitete. 

Fünf Titel gewannen Magic, Kareem und die „Showtime“-Lakers in den 80er Jahren. Die Rivalität mit den Celtics flammte neu auf und führte die NBA in ein neues Zeitalter - und die Lakers wurden endgültig zur populärsten Basketball-Franchise überhaupt. Woran sich bis heute nichts geändert hat. Den Glamour verkörperte dabei in erster Linie Johnson, den Grundstein für die neuerliche Dominanz jedoch hatte der Trade für Abdul-Jabbar gelegt. 

„Es hat alles besser funktioniert, als ich es hätte erwarten können“, sagte dieser im Jahr 1987 im Alter von nun 40 Jahren. „Der Trade ist in vielerlei Hinsicht sehr ironisch. Ich wurde für mehrere Spieler getradet, die Rookies waren oder ganz am Anfang ihrer Karriere standen. Jetzt sind sie alle nicht mehr in der Liga und wissen Sie was? Ich bin immer noch da." 

Abdul-Jabbar spielte bis 1989, Magic trat 1991 aufgrund einer HIV-Infektion ebenfalls zurück. Lange blieben die Lakers dennoch nicht irrelevant. Nur 93/94 verpassten sie einmal die Playoffs, schon ein Jahr später führten Spieler wie Cedric Ceballos, Nick Van Exel, Vlade Divac und Eddie Jones sie wieder in die zweite Runde. Und im Sommer 1996 wartete bereits der nächste große Coup. 

Wie schon bei Wilt und Kareem war das Prädikat „groß“ dabei wörtlich zu nehmen: Jerry West, der mittlerweile seit 1982 die Geschicke der Lakers als General Manager leitete, hatte es auf den dicksten Fisch im Ozean abgesehen. Er wollte Shaquille O’Neal, den großen Preis von 1996, obwohl in diesem Sommer auch Michael Jordan, Gary Payton, Alonzo Mourning, Reggie Miller und Dikembe Mutombo auf dem Markt waren. 

Shaq war zu diesem Zeitpunkt 24 und hatte erst vier NBA-Saisons auf dem mächtigen Buckel, in denen er allerdings schon die Finals erreicht (nach Sieg über Jordans Bulls) hatte und Liga-Topscorer sowie MVP-Zweiter gewesen war. In Orlando wuchs eine Dynastie heran, zumal die Magic neben Shaq auch mit dem 1993er Nr. 3-Pick Penny Hardaway einen Volltreffer gelandet hatten. 

Die Magic waren sich ihrer Sache allerdings etwas zu sicher, wie der damals involvierte Agent Joel Corry sich 20 Jahre später bei CBS Sports erinnerte. Nachdem Juwan Howard und Mourning Anfang Juli jeweils 100-Millionen-Dollar-Verträge unterschrieben, boten die Magic Shaq, einem besseren Spieler, 54 Millionen über vier Jahre an. Ein Angebot unter Marktwert, wobei das noch nicht das Schlimmste war: Sie kritisierten im Lauf der Verhandlungen außerdem Shaqs Defense und Rebounding, was bei diesem gar nicht gut ankam. 

Ursprünglich waren Shaq und sein Berater-Team mit der Erwartung in den Sommer gegangen, dass der Big Man in Orlando bleiben würde, da die Magic ihm aufgrund der Larry-Bird-Regel mehr Geld bieten konnten als alle anderen Teams. Nun sah man sich dagegen anderweitig um und landete nicht nur wegen der Hollywood-Nähe schnell bei den Lakers. Denn West hatte sich, wenn er auch diesen Verhandlungs-Verlauf nicht hatte absehen können, auf ein vergleichbares Szenario vorbereitet. 

Die Lakers hatten ein kompetentes, aber kein überragendes Team. Deswegen traf West am Draft-Tag eine durchaus kontroverse Entscheidung, als er den Publikumsliebling Divac für einen High-Schooler namens Kobe Bryant zu den Hornets tradete. Damit setzte er nicht nur auf Bryants Potenzial - er schaffte auch finanzielle Ressourcen, indem er das Gehalt von Divac loswurde. 

Das erste Angebot von 95,5 Mio. über sieben Jahre reichte indes nicht und wurde abgelehnt. West versuchte, auch noch George Lynch und Anthony Peeler zu traden, um mehr Geld aufzutreiben, in der Zwischenzeit konnte Orlando jedoch nachbessern. Das Team weigerte sich aber weiter, auf Shaqs Forderungen einzugehen. Dann lieferte eine Umfrage den letzten Sargnagel. 

Inmitten der Verhandlungen veröffentlichte der Orlando Sentinel eine Umfrage, ob Shaq 115 Millionen Dollar wert sei. Dazu sei gesagt: Die NBA bewegte sich damals finanziell in anderen Sphären, der Salary Cap betrug 24,3 Millionen Dollar und über 20 Mio. pro Jahr für einen Spieler waren damals beinahe unerhört. 

Insofern überraschte es nicht, dass die Leute zu über 90 Prozent mit „Nein“ votierten. Es überraschte nicht, aber es verärgerte die wichtigste Person. Und als West nach dem komplettierten Trade weiterer Gehälter sein Angebot auf 120 Millionen über sieben Jahre aufbesserte, mit Ausstiegsklausel nach Jahr drei, sagte der Center daher zu. 

Ein letztes Gegen-Angebot der Magic wurde ignoriert, da Bitterkeit mittlerweile eine große Rolle spielte. Aufgrund des Collective Bargaining Agreements gab es zwischen 1995 und 1998 zudem keine Restricted Free Agency. In fast jedem anderen Sommer hätten die Magic einfach mitziehen können - aber nicht in diesem Jahr. So wurde Shaq ein Laker.

2011 wurde der Big Diesel - passenderweise vom Orlando Sentinel - gefragt, was ihn zum Wechsel gebracht hatte. Seine Antwort: „Zu 50 Prozent war ich selbstsüchtig. Ich hatte einige Angebote, die ich nicht ausschlagen konnte … 40 Prozent waren diese Umfrage und der Fakt, dass ich in dem Alter sehr sensibel war. 10 Prozent kamen dadurch, dass die Organisation sich nicht schnell genug bewegt hat, um mit dem Angebot der Lakers gleichzuziehen.“ 

Wie man die Prozentzahlen auch deuten mag - letztendlich verbrachte Shaq die besten Jahre seiner Karriere in Lila und Gold. Bei den Lakers gewann er 2000 den MVP-Award sowie drei Titel und drei Finals-MVPs von 2000 bis 2002. Mit Bryant bildete er die wohl beste Inside-Outside-Kombo der Geschichte, obwohl sich beide Superstars mit zunehmender Zeit immer weniger ausstehen konnten. 

Shaq und Kobe haben jeweils nach ihren Karrieren ein verzerrtes Bild ihrer gemeinsamen Zeit gezeichnet und ihren Frieden gemacht, in der Realität jedoch hatten beide lange ein so giftiges Verhältnis, dass es früher oder später zur Trennung kommen musste. Streitereien wurden über die Medien ausgetragen, gerade von Shaq, und die üppigen Egos beider Stars konnte auch Zen-Meister Phil Jackson irgendwann nicht mehr auf eine Linie bringen.

Aufgrund ihrer Dominanz ist es rückblickend fast schon enttäuschend, dass die Lakers mit Shaq und Kobe „nur“ drei Titel gewinnen konnten, spätestens in der 03/04er Saison war das Tischtuch zwischen beiden aber endgültig zerschnitten und es war klar, dass einer gehen musste. Man entschied sich, den jüngeren Bryant zu behalten, was rückblickend die richtige Entscheidung war.

Zwar wurden im ersten Jahr nach Shaq die Playoffs verpasst, danach führte Bryant L.A. jedoch bis 2013 stets in die Postseason und 2009 sowie 2010 zu zwei weiteren Championships. Nicht zuletzt dank eines weiteren Trades: Am 1. Februar 2008 holte L.A. aus Memphis Pau Gasol, der zwar nicht ganz in die Wilt-Kareem-Shaq-Riege passte, für die beiden jüngsten Lakers-Titel aber ähnlich elementar war wie Kobe. 

Just als die Kobe-Ära sich langsam dem Ende zuneigte, schien es, als würde die Lakers-Dominanz trotzdem einfach immer wie gewohnt weitergehen. Denn auch im Sommer 2012 landete die Franchise wieder einmal einen riesigen Coup. 

Steve Nash (left) and Dwight Howard grace the cover of 2012 NBA preview issue. (Peter Read Miller/Sports Illustrated)

Steve Nash (left) and Dwight Howard grace the cover of 2012 NBA preview issue. (Peter Read Miller/Sports Illustrated)

2010 gewannen die Lakers ihren bisher letzten Titel, ein Jahr später wurden sie trotz Favoritenstatus in der zweiten Runde von den Dallas Mavericks mit dem Besen entfernt und Jax beendete seine Karriere als Head Coach. Ein Re-Tooling musste her, die letzten guten Jahre von Kobe sollten optimal genutzt werden. Frei nach Lakers-Tradition suchte man sich vor der 11/12er Saison also eine ambitionierte Wunsch-Neuverpflichtung: Chris Paul sollte aus New Orleans geholt werden und ein neues Superstar-Tandem mit Bryant bilden. 

Man einigte sich auch tatsächlich auf einen Trade - nur wurde dieser durch die Liga, die zu dieser Zeit interimsweise die Hornets-Franchise „besaß“, verboten. Commissioner David Stern legte ein Veto ein und machte sich damit endgültig zur Hassfigur bei den Lakers. Paul landete eine Woche später ausgerechnet bei den Clippers.  

Nur ein Jahr später starteten die Lakers ihren nächsten Angriff und gestalteten diesen erfolgreicher. Erneut holten sie den besten Center der NBA, der wie Shaq vorher in Orlando spielte: Dwight Howard kam per Trade, wofür die Lakers letztlich kaum mehr als Starting Center Andrew Bynum abgeben mussten. 

Zudem holten die Lakers Steve Nash und hatten in ihm, Howard, Bryant, Gasol, Metta World Peace und Antawn Jamison nun sechs frühere All-Stars, zwei frühere MVPs und zwei frühere Defensive Players of the Year im Kader stehen. Der Champagner wurde kaltgestellt, L.A. galt schon vor dem ersten gemeinsamen Spiel als Contender. Es wurde jedoch nichts mit der Rückkehr zum Ruhm. 

Die einzige gemeinsame Saison des vermeintlichen Superteams war ein Fiasko, geprägt von Verletzungen und Unstimmigkeiten. Dwight und Kobe konnten sich nicht leiden, es wurden drei Coaches verschlissen und am Ende gerade so die Playoffs erreicht. Dort allerdings ging nicht viel - denn kurz zuvor riss sich Bryant die Achillessehne, was seine (relevante) Karriere de facto beendete. 

Mit dieser Verletzung endete auch vorerst die Relevanz der Lakers. Howard schloss sich als Free Agent den Houston Rockets an und innerhalb von zwei Jahren waren abgesehen von Bryant auch die anderen Stars weg. In Kobes letzter Saison gewannen die Lakers 17 Spiele, Negativ-Rekord für die Franchise. Ebenso wie nun fünf Saisons in Folge ohne Playoff-Teilnahme. 

Wenn diese ganze Geschichte eines zeigt, dann ist es dieses: Garantien gibt es nicht, auch nicht bei den Lakers, die über einige Jahre sogar Schwierigkeiten hatten, mit Top-Free Agents überhaupt Meetings zu bekommen. Das allerdings hat sich nun offensichtlich wieder geändert.

Man wird nie genau wissen, wie wichtig die Tradition der Lakers war, die Präsenz von Magic, oder die jungen Talente im Team - die Tatsache, dass LeBron seit seinem Wechsel nach L.A. eine Wagenladung Film- und TV-Projekte auf den Weg gebracht hat, legt zumindest nahe, dass die Nähe zu Hollywood auch eine gewisse Rolle gespielt hat. 

James selbst betonte zuletzt mehrfach, dass er primär immer noch ein Basketball-Spieler ist, um nicht den falschen Eindruck zu erwecken. Im Prinzip ist es aber ohnehin unerheblich. Allein durch seinen Wechsel sind die Lakers relevanter als zu jedem Zeitpunkt seit 2013, Kobes zirkusartiges Abschiedsspiel ausgeklammert.  

Es wird interessant zu sehen, wie die James-Ära bei den Lakers aussehen wird. LeBron wird im Dezember 34 und ist älter als alle hier genannten Superstars bei ihrem Wechsel, allerdings hat er bisher kaum Anzeichen von Regression offenbart. Ewig wird seine Prime indes nicht mehr andauern, die Lakers werden also alles dafür tun, ihm einen weiteren Superstar an die Seite zu stellen. 

Was dabei für sie spricht: Sie haben mehr Erfahrung mit dem Recruitment von Superstars als alle anderen Franchises. Der Standort-Vorteil mag nicht mehr so eine riesige Rolle spielen wie vor der Internet-Ära - bei den Lakers ist er immer noch massiv. L.A. konnte LeBron in diesem Sommer keineswegs die beste sportliche Perspektive bieten. 

Das beste Team werden die Lakers kommende Saison nicht sein, wenn auch kein schlechtes, trotzdem sind sie nun wieder da, wo sie ihrem Selbstverständnis gemäß hingehören: Im Zentrum der Aufmerksamkeit. Nun müssen sich Magic und Co. noch um den Ausbau kümmern. Die Voraussetzungen dafür sind gut - der bekannteste Spieler und das bekannteste Team im Basketball sind miteinander vereint. 

Mal wieder.