Die Schiedsrichter der Kreisklassen

Jeder kennt sie, jeder verachtet oder liebt sie, sie unterscheiden sich zum Profi oftmals in vielerlei Hinsicht und doch sind sie gar nicht so unterschiedlich: Die Schiedsrichter der Kreisklassen. Leistungen innerhalb eines Spiels schwanken wie ein Fischerboot bei hohem Wellengang. Ob es nun verachtenswert ist, ein Schubladendenken zu entwickeln, welches den oftmals engagierten Freiwilligen nicht martialisch gegenübersteht? Ich denke nicht. Denn, bei aller Freiwilligkeit, die kriegen Geld dafür. Die kriegen Geld dafür? Ja, lieber Spoxler, auch die Schiedsrichter der Kreisklasse kriegen Geld dafür, wie ein Peter Gagelmann über den Platz zu laufen und mit der Scharfsinnigkeit des Auge Saurons Szenen zu beurteilen. Als Spieler mit einem gewissen Bildungsanspruch neigt man so immer häufiger dazu sinnbildlich folgendes zu tun: Schublade auf, Schiedsrichter rein, Schublade zu. Gibt es ein Wiedersehen läuft folgender Logikbaum natürlich leicht verändert ab: Schublade auf, Informationen holen, Schublade zu. Ich möchte euch einen kleinen Einblick in meine Schubladen geben.

Der Mittelkreisschiedsrichter

Typisierung auf die Schnelle: Mindestens älter als 45 Jahre, Ausdauerwerte eines Reiner Calmunds, Gewicht annährend identisch. Besonderes Merkmal: Wampe. Der Mittelkreisschiedsrichter, der fleischgewordene Beweis für Fehlentscheidungen. Mit stets erhobenem Haupt ist das Doppelkinn oft deutlich zu erkennen. Ungefähr so deutlich wie der Mittelkreisschiedsrichter Szenen auslegt. Ein grobes Foulspiel an der Eckfahne wird da schon mal an die Strafraumkante verschoben und bei Einwürfen und Abstoß/Ecke-Entscheidungen grundsätzlich auf das Bauchgefühl vertraut. Die Auswahl ist dann natürlich groß. Wer in einer Begegnung mit dem Mittelkreisschiedsrichter einen Elfmeter erwartet, wartet leider vergebens, denn das wären ja gute 40 Meter, die er gehen müsste.

(Laufwege des Mittelkreisschiedsrichters)

Was wirklich positiv ist, ist, dass wenn ihr als Verteidiger schlau vorgeht, euch jedes noch so kleine Tackling nicht abgepfiffen wird. Dabei spielt natürlich die Entfernung zum Auge des Saurons, ja oben erwähntes Auge Saurons besitzt nur der Mittelkreisschiedsrichter, eine große Rolle. Damit das auch meine beiden Mitschreiber verstehen, zack, ein Diagramm.

(Härte des Tacklings über den Weg - Diagramm)


Der von der Macht besessene

"Möge die Macht mit dir sein", begann seine Frau, "mein Schatz!". So oder so ähnlich spielt mir meine Fantasie beim Erblicken des angesetzten Schiedsrichters eben jene alltägliche Szene vor, wie sie in dem einen oder anderen Haushalt Deutschlands vorkommen könnte. Seit dem ersten Aufeinandertreffen meiner Wenigkeit mit einer solchen Gattung lechzt meine Schublade nach neuen Informationen. Es ist bedauerlich, dass eine solch verbreitete Spezies nicht mit mehr als reiner Fiktion gefüttert werden kann. In dem von meiner linken Gehirnhälfte erschaffenen Szenario ist er, und das ist unumstritten, beim städtischen Ordnungsamt und besitzt Frau und Kinder.

Da der meist anstrengende aber durchaus befriedigende Alltag der Arbeit nochmals von Frau und Kindern terrorisiert wird, flüchtet er sich entweder in die Sucht des Alkohols, oder in eine weitere Tätigkeit, in dem er sein persönliches Hobby ausleben kann. Aber ist ja auch logisch: Job + Schiri schlägt Familie.

Der parteiische Unparteiische

Was auf den ersten Blick paradox klingt, ist auf den zweiten ein Familienangehöriger oder ehemaliger Vereinsangehöriger. Natürlich wird der immer vom gegnerischen Heimteam gestellt, da dieser seiner Pflicht nachkommen muss. Ob ehemaliger Schiedsrichter, oder leidenschaftlicher Vater, die Rede im Stile eines Schröders ist immer gleich: "Ich will hier kein Gemecker. Von keiner Seite. Ich pfeife fair und parteiisch. Ähm unparteiisch. Bitte diskutiert nicht mit mir, oder es gibt gelb.". "Leck mich am Arsch. Das kennst du irgendwo her" denke ich dabei jedes Mal.

Der parteiische Unparteiische ist - nett formuliert - ein zwielichtiges Arschloch. In den ersten 15 Minuten versucht er durch engagiertes und faires Pfeifen ein Gefühl der Sicherheit zu generieren. Danach passiert das, was immer passiert. Gegnerische Fouls häufen sich, unsere Pfiffe bleiben aus. Es ist auf Dauer ein leidiges Spiel. Jedes Mal in dem man beginnt dem Hampel mit der Pfeife zu vertrauen, vernichtet er dein Vertrauen an die Menschheit noch in Halbzeit 1. In Halbzeit 2 schlägt er dann immer und wieder darauf ein.

Der Greis

Ein bewundernswertes Exemplar. Meist ist der Greis ein sportlicher Typ um die 65 Jahre, der es sich im Alter zum Hobby gemacht hat auf 22 asoziale, und ja hier werden jetzt alle über einen Kamm geschert, Jugendliche zu bewachen. Da bekanntlich mit steigendem Alter auch die Fähigkeit des Gehörs abnimmt (ich verzichte jetzt mal auf das Diagramm), ist er jedoch geschützt vor jeglichen Begriffen, die die Spieler als gemeine Sprachkultur bezeichnen. Er fällt meistens durch ein überdurchschnittlich hohes läuferisches Engagement auf, ist von allen Typen wohl einer der fittesten und trinkt nach dem Spiel auch gerne mal einen mit. Wie man sich das von einem Opa halt vorstellt: Ein echter Kumpeltyp, der Greis!
(Bierkonsum des Greis')

Der Dumme

Es ist schon erstaunlich, dass ein 1500 ccm großes und 1,5 kg schweres, relativ weiches, mit grauen und weißen Substanzen gespicktes Organ eine komplette Persönlichkeit aber mal so völlig degradieren können. Schön jedoch, dass sich auch Menschen mit verminderter Denkfähigkeit einem Hobby mit mäßigem Anspruch widmen können. Der Dumme glänzt zwar nicht mit erstaunlich guter Regelkunde, gar kennt er oftmals nicht den Unterschied zwischen einem indirekten und direkten Freistoß, aber er sticht mit einer unglaublichen Ruhe und Sympathie aus der Masse heraus. Der Dumme ist wie der Freund, den man privat nicht haben will. Belustigend auf dem Platz, aber es ist peinlich, sich mit ihm sehen zu lassen.

Trotzdem ein liebenswerter Geselle über den man sich als Spieler oftmals freut, da er sich im Gegensatz zu seinen Kollegen unkompliziert und fair verhält.

Der Choleriker

Ginge es nach ihm, würde der Platz nach jedem Spiel aussehen, wie Dresden `45 (ACHTUNG: SATIRE!). Vom IQ nicht viel höher als "Der Dumme" anzusiedeln legt sich der Choleriker oftmals mit den dümmsten Exemplaren beider Mannschaften an, dass diese meist auch die aggressivsten sind, stört ihn dabei nicht. Die Frage eines Normalos nach der Restspielzeit kontert er an guten Tagen mit "NOCH EIN WORT UND ES GIBT GELB!". Ich muss gestehen, ich warte sehnsüchtig auf altbewährte Klassiker wie "NOCH SON SPRUCH, KIEFERBRUCH!" oder "NOCH SON DING, AUGENRING!".

Wer vor hat ein Schiedsrichter der Gattung Choleriker zu werden, muss dabei nicht nur bürgerliche Sprachkompetenz besitzen, sondern auch die Gestik und Mimik eines hochklassigen Politikers. Der Choleriker kann das Spiel nur zu seinen Gunsten auslegen, wenn er peitschend und mit geschwollener Brust auf jedes Lebewesen im Umkreis von 500 Meter zugeht, welches droht ihm ein Wortlaut entgegen zu bringen. Da man als Spieler immer der Blöde auf dem Platz ist, hält man dann mal besser die Klappe. So als kleiner Tipp.

Fazit für euch

Man sieht, als Schiedsrichter hat man es nicht leicht. Immer mehr Spieler stempeln sie schon vor dem Spiel ab. Erst kürzlich schrieb das "Solinger Tageblatt" einen Artikel über den Schiedsrichterschwund im eigenen Kreis. Das ist sehr schade, denn all diese Freiweilligen, ob charakterloses Arschloch, oder Kumpel-Greis gehören zu diesem Sport. Schade nur, dass ich bisher keinen Schiedsrichter getroffen habe, der sich die Schublade "Streitschlichter" verdient hat.

Und wenn ihr, nach solch einer Typisierung trotzdem noch Bock habt, Schiedsrichter zu werden, habe ich eine kleine Entscheidungshilfe für euch entworfen:

DA DAS BILD SEHR KLEIN IST, HABE ICH ES FÜR EUCH BEI DIRECTUPLOAD HOCHGELADEN. DORT IST ES AUCH FÜR ALTE PERSONEN KLAR ZU ERKENNEN!