Das ganze Elend begann im April 1992. Toni Schumacher gab sein Abschiedsspiel in Köln, RTL übertrug live und ich hatte Osterferien. Eine unglückselige Mischung mit eindeutiger Konsequenz: Dieses Spiel durfte ich mir nicht entgehen lassen ich hatte ja sonst nichts zu tun. Aber trotz meines jugendlichen Alters von gerade einmal 13 Jahren begriff ich, dass der sportliche Wert eines solchen Abschiedsspiels wohl doch eher so zwischen Schaulaufen und Sackhüpfen anzusiedeln war. Einfach nur zuschauen just for fun das war mir dann doch zu wenig und ich entschied, die Torschützen dieses ach so belanglosen Matches auf einem karierten Blatt Papier festzuhalten. Für die Nachwelt, die bestimmt einmal in meinen Hinterlassenschaften kramen würde, um herauszufinden, wer denn damals die Buden geschossen hatte, als sich der Tünn von der großen Fußballbühne verabschiedete.
Zugegeben, mir ist die Motivation für meinen plötzlichen Archiverungsanfall bis heute ein Rätsel. Dass ich wirklich glaubte, ein historisches Ereignis für die Menschheit nachhalten zu wollen, ist ebenso gelogen wie die Behauptung, es wäre mir nicht möglich gewesen, ein Fußballspiel aus bloßer Spaß an der Freud zu schauen. Es war denn wohl schlicht die pure Langeweile, die mich dazu veranlasste, die Torschützen einer Partie zu notieren, deren statistische Relevanz nicht einmal unter einem Elektronenmikroskop wahrnehmbar war. Was auch immer den genauen Ausschlag gab, das Toni-Schumacher-Abschiedsspiel bildete den Startschuss für mein noch immer andauerndes Dasein als Statistik-Nerd.
So gab das karierte Blatt mit den Torschützen und Spielminuten des Abschiedsspiels ein eher klägliches Bild ab, weshalb ich entschied, es um die statistischen Daten des folgenden Bundesliga-Spieltags zu ergänzen. Und wo ich dann schon einmal dabei war, so einen Bundesliga-Spieltag datenmäßig zu erfassen, konnte ich damit doch gleich weitermachen. Das letzte Saisonviertel der Spielzeit 1991/92 hielt ich, so traurig es sich auch für meine Bayern seinerzeit gestaltete, in allen wesentlichen Einzelheiten fest und beschloss, fortan in das wenig lukrative Statistikgeschäft einzusteigen.
Die doch eher unprofessionelle handschriftliche Erfassung der Bundesliga-Torschützen wich umfangreichen Word- und Excel-Dateien, in denen alle ach so wichtige Details penibel festgehalten wurden. Doch schnell war die Bundesliga alleine nicht mehr genug das Business musste ausgedehnt werden. Tennis-Turniere, F1-Rennen, Skispringen alles, was von archivierbar war, wurde archiviert: In diversen Excel-Tabellen, deren Ausdrücke schnell ganze Leitz-Ordner füllten.
Warum das Ganze? Die Frage sollte man besser Psychologen oder notfalls Adrian Monk stellen. Ich kann es nicht beantworten, nur weiß ich, dass die Statistik-Lust mitunter auch Züge einer Sucht annehmen und dabei recht skurrile Ausmaße erreichen kann. Dass ich im Jahr 1996 die Ergebnisse sämtlicher deutschen Hallenturniere vom Sparkassencup in Riesa bis zum C-Turnier in der Kölner Sporthalle festhielt, gehört denn auch wohl auch zu den Tiefpunkten einer Leidenschaft, die mich bis heute nicht wirklich verlassen hat.
Inzwischen habe ich weder Zeit noch Lust, alle Sieger der ATP-Turniere aufzulisten oder Ski-alpin-Rennen nachzuhalten. Aber der Fußball lässt mich eben nicht los. Und so treibt mich noch immer eine innere Stimme dazu, die Partien eines jedes Bundesliga-Spieltags haarklein und in aller statistischen Ausführlichkeit zu erfassen, mit Torschützen, Spielminuten, Platzverweisen und Aufstellungen eben allem, was man wissen muss, aber eh nie wieder nachschlagen wird. Die Sinnfrage zu stellen, würde - wie paradox - denn auch keinen Sinn machen. Der Sinn an sich liegt im Archivieren als solchem. So etwas nennt man wohl Selbstzweck oder im Zweifel Schizophrenie.
Man mag es Laster, seltsame Angewohnheit oder Tic nennen. Aber es ist eben da und im Grunde nicht heilbar. Wohl auch, weil ich mich von diesem Leiden wenn man es denn so bezeichnen will letztlich gar nicht kurieren lassen will. So absonderlich es auch sein mag, ich liebe es doch irgendwie. Große Sorge bereitet mir das Phänomen denn auch nicht, wenngleich ich eine Ausprägung bei selbstkritischer Betrachtung doch ein wenig bedenklich finde.
Dass ich seit nunmehr über zehn Jahren jeden Schiedsrichter einer Bundesliga-Partie (inzwischen gar auch von Zweitligaspielen) in diversen Word- und Excel-Dokumenten festhalte, stimmt mich zuweilen doch nachdenklich. So wirklich gesund kann das eigentlich nicht sein, zumal es dabei eben nicht bleibt. Denn zwischenzeitlich habe ich auch damit begonnen, die Assistenten der jeweiligen Schiedsrichter bei ihren Bundesliga-Einsätzen nachzuhalten. Und über ein ausgeklügeltes Punktesystem versuche ich die Qualität der für einen bestimmten Spieltag eingeteilten Unparteiischen zu erfassen, um somit einen Rückschluss auf die Brisanz des Bundesligawochenendes zu erhalten.
Nein, mit den Gesetzen von Vernunft und Intelligenz ist das alles beileibe nicht mehr zu erklären. Es ist eine Leidenschaft, die mitunter groteske Ausmaße angenommen hat. Wirkliche Leiden beschert sie mir gleichwohl nicht. Denn auch wenn der Eindruck ein anderer sein mag: Ich verfüge tatsächlich noch über ein soziales Leben, gehe unter Menschen und ja, habe sogar noch Freunde. Auch wenn mich Letzteres manchmal selbst überrascht.
Doch es ist, wie es ist und wird sich so schnell wohl auch nicht mehr ändern. Eben auch weil ich es gar nicht anders haben möchte. Ich bin ein hoffnungsloser Fall. Ein Statistik-Nerd mit fragwürdigen Präferenzen. Und das alles nur wegen Toni Schumacher. Danke, Tünn!
Habe ich zumindest so gehört.
Es gibt aber auch gute "normale" Blögge auf Spox, auch wenn sie nicht so die Beachtung bekommen, wie erhofft.
Bestes Beispiel:
http://www.spox.com/myspox/blogdetail/Faszination-Sport,207581.html
Vielleicht auch ein Denkanstoß für Deinen Beitrag zum Blogpokal
Ich habe mal gegoogelt und siehe da:
"Die Massen scheinen mir nur in dreierlei Hinsicht einen Blick zu verdienen: einmal als verschwimmende Copien der grossen Männer, auf schlechtem Papier und mit abgenutzten Platten hergestellt, sodann als Widerstand gegen die Grossen und endlich als Werkzeuge der Grossen; im Uebrigen hole sie der Teufel und die Statistik!" - Friedrich Nietzsche, Unzeitgemäße Betrachtungen, Zweites Stück, Kapitel 9
Aber auch
"Die Statistik ist die wichtigste Hilfswissenschaft in der neuen Gesellschaft, sie liefert das Maß für alle gesellschaftliche Tätigkeit." - August Bebel, Die Frau und der Sozialismus
Zunächst einmal - Du bist nicht allein!
Es mag verwundern, aber es gibt tatsächlich Gründe sich für den Studiengang "Diplom-Mathematik" zu entscheiden. Nicht viele. Auch nicht wirklich tragfähige. Und an sich keine gesellschaftsfähigen. Egal. Der Schwerpunkt eines Menschen (wobei hier noch der abschließende Beweis fehlt) lag im Studium auf "Angewandter Statistik". Der genaue Fokus hieß übrigens "Mathematische Modellierung". Heute ist dieses Ungetüm SPOX-User und heißt sicher nicht ausLE.
Mein erster sportlicher Anfall von Statistik war die Vierschanzentournee 1975/76. Wusstest ihr beispielsweise, dass nicht nur Jochen Dannenberg die Wiederholung seines Gesamtsieges von 1976 am 06.01.1977 gelang - sondern dass auch Toni Innauer in beiden Jahren Vierter der Gesamtwertung wurde? Wusstet ihr nicht! Meine Klassenkameraden in der 2. Schulklasse wussten das. Nicht, dass es sie interessiert hätte ...
Mit statistischen Know-How kann man ganze Lokale leerreden oder - je nach Alterssituation - dafür sorgen, dass die Mitschüler pünktlich nach der Schulpause dem Unterrichtsbeginn entgegenfiebern, um endlich diesem dauernd-quaselnden Dings zu entfliehen.
So ist bspw. Allgemeinwissen, dass Brotherhood of Man 1976 den Eurovision Song Contest - damals noch "Grand Prix Eurovision de la Chanson" - mit "Save Your Kisses For Me" gewonnen haben. Obwohl der Song eine spätere Nummer Eins in den Charts wurde, erhielt er von der Jury aus München übrigens nur acht Punkte. Jürgen Marcus trat für Luxemburg an und die Les Humphries Singers (mit dem Ralph-Siegel-Evergreen "Sing Sang Song"...) für Deutschland - aber erst, nachdem Tony Marshall im Vorfeld disqualifiziert worden war ... Hallo? Noch einer da?
Ich verstehe den obigen Blog sehr gut. Was ich nicht verstehe, ist, dass Du ihn so unpointiert abgeliefert hast. Mit einem Faible für Statistik lassen sich so unbeschreiblich viele humoristische Facetten beschreiben, auf die Du leider verzichtet hast. Ich finde das sehr schade.
Das Duell:
P gegen P
Vorab ein Danke für das gute Duell!
Die vorherige Runde Roy gegen Chuck hat schon Massstäbe gesetzt, aber darum geht es ja nicht. Ein Pferd muss ja nur so hoch springen usw.
Und beide Duellanten versuchen mich zu ködern. Karre mit dem Allerlei, was mich an heimatliches Gemüse erinnert und der Voegi mit seinem Spiel beim Effzeh.
Ich werde mich für das Chefchen entscheiden. Gegenüber dem großen Chef. Die 3 Punkte entsprechen nicht den wahren Unterschied. Die Umsetzung von Karre fand ich, um einiges besser als die Statisiken.
Meine Stimme:
Karramba - 3 Punkte
Voegi - 0 Punkte
Meine Punkte bleiben hier. Weil ich mich in Voegis Hobby gut hineinversetzen kann.
Also meine Punkte gehen an Voegi.
Trotz meiner beinahe grenzenlosen Liebe zum Fussball kann ich mit Statistiken (und folglich auch mit Statistikern) herzlich wenig anfangen. Voegis Text hat es aber geschafft, zumindest einen Funken Verständnis für dieses Hobby bei mir zu wecken. Vor allem, dass der erzählende Statistiker sich und seine Tabellen und Register nicht allzu Ernst nimmt, hat mich aufatmen lassen!
Meine Punkte gehen deshalb ganz knapp an Voegi.
So zur Sache! Das hier will ja schließlich niemand hören!
Wieder eine Runde, die sehr schwer zu beurteilen ist! Das Achtelfinale scheint immer zwei ungefähr gleichstarke Blogs hervorzubringen!
Beide User haben in der Runde zuvor nicht die volle Punktzahl von mir bekommen! Das lag an den Blogs von den zwei Enten, die mir außerordentlich gut gefielen! Dawizzle hat mich so gut unterhalten, das war für mich die Überraschung des Turniers, das möchte ich nochmal betonen!
Auch diese Runde gefielen mir beide Blogs, Aussetzer nach unten scheint es im Achtelfinale kaum mehr zu geben, naja vielleicht mach ich ja einen am Sonntag! Zur Abwechslung! Oder mein Gegner! Das wäre cool!
So lang genug geredet, der ein oder andere User verdreht bereits die Augen!
Meine Wertung:
Karramba: 1745 von 1899 möglichen Punkten
voegi: 1740 von 1899 möglichen Punkten
Damit geht eine Stimme ganz knapp an Karrramba! Ein ganz kleiner Hauch blöst ihn vor voegi!
Voegi hat seinen Blog zwar deutlich besser geschrieben, hier sehe ich bei karramba noch leichtes Steigerungspotenzial!
Jedoch sagt mir das, was karramba uns hier erzählt dafür deutlich mehr zu!
Dasgleicht sich fast aus, am Ende war mir letzteres aber einen kleinen Deut wichtiger!
Verbessern sich beide noch etwas, werden sie im weiteren Verlauf des Pokals noch für Furore sorgen!
ENDE JETZT! WIeso muss ich immer so weit ausholen! Lieber schreibe ich mal selbst einen vernünftigen Blog!
Also meine Stimme geht, wie gesagt, leicht an karrramba!
(Wenn ich die drei Punkte aufteilen könnte, würde ich 2:1 sagen, aber das geht ja nicht^^)
Mein Lieblingssatz dazu (und ICH arbeite sogar sehr oft auf Basis von Statistiken...).
Ich habe früher kleine Parfümfläschen gesammelt und akribisch Buch darüber geführt. Das war dann die kleine-Mädchen-Version eines Statistik-Nerds....
Kann die Sache an sich also schon verstehen. Mit Referenz zu Monk sowieso...
Ein bisschen weniger sachlich, ein bisschen mehr Humor hätte dem Text aber gut getan.
Dennoch gefällt er mir von beiden am besten - meine Stimme bleibt also hier.