Die ungekrönten Champions der Modern Era

Von Maurice Kneisel/David Schmida
Scott Hall debütierte 1992 als Razor Ramon in der WWF
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Razor Ramon/Scott Hall

Schmida: Zu einer Zeit, als der Gewinn des Intercontinental Champion-Titels noch größere Bedeutung hatte als heute, konnte sich Razor Ramon das Gold insgesamt vier Mal um die Hüften schnallen und war lange Zeit Rekordhalter in diesem Bereich. Auch die United States Championship gewann Hall während seiner Zeit bei der WCW zwei Mal. An Titelregentschaften in der Midcard, welche für viele den Sprung nach ganz oben bedeuteten, haperte es also nicht. Trotz seiner großen Beliebtheit bei den Fans und seinen sehr guten, aber unterschätzen Fähigkeiten im Ring schien eine Regentschaft als World Heavyweight Champion weder bei der WWF/WWE noch bei der WCW ein Thema zu sein. Zwar forderte er relativ kurz nach seinem Debüt bei der WWF den damals amtierenden Titelträger Bret Hart beim Royal Rumble 1993 nach einer Attacke auf dessen Bruder Owen heraus, blieb aber sieglos. Mehr Chancen erhielt er bei der WCW, musste sich jedoch unter anderem bei Uncensored 1998 Sting sowie später Sid Vicious und Jeff Jarrett bei SuperBrawl X im Jahr 2000 geschlagen geben. Hall schien über die Rolle als Lückenfüller-Herausforderer nie hinauszukommen. Dennoch, oder gerade aufgrund seiner Beteiligung an einigen der wichtigsten Momente in der Geschichte des Wrestlings, wie beispielsweise dem großartigen Leitermatch gegen Shawn Michaels bei WrestleMania X oder der Gründung der NWO beim Bash at the Beach 1996, wäre ein Run mit einem der jeweiligen Titel mehr als verdient gewesen.

Rick Rude

Kneisel: Hier wird die Auswahl knifflig, denn streng genommen hat Rick Rude einen World Title gehalten. Bei WCW Fall Brawl im September 1993 besiegte der Mann mit dem unvergesslichen Hüftschwung und den nicht minder unvergesslichen Hosen Ric Flair und gewann den NWA World Heavyweight Champion-Titel. Da die WCW sich aber kurz zuvor aus der National Wrestling Alliance verabschiedet hatte, durfte sie den Titel nicht länger nutzen und führte stattdessen die WCW International World Heavyweight Championship ein. Der Titel wurde als gleichwertig mit dem WCW World Heavyweight Champion-Titel behandelt, bis man die Gürtel bei Slamboree im Mai 1994 vereinigte. Von dieser halbjährigen Grauzonen-Regentschaft abgesehen blieb der ungemein talentierte und am 20. April 1999 im Alter von gerade mal 40 Jahren verstorbene Rude ohne großen Titelgewinn. Dennoch stand er im Laufe seiner Karriere immer wieder in Main Events und Fehden mit World Title-Trägern. Unvergesslich bleibt seine Fehde mit dem Ultimate Warrior, den er bei WrestleMania V - ein Jahr vor dem legendären Sieg des Warriors gegen Hulk Hogan im Skydome von Toronto - besiegen konnte. Beim SummerSlam 1990 lieferten Rude und der Warrior sich eine verbissene Schlacht um den WWF-Titel, die der Mann aus Robbinsdale, Minnesota allerdings verlor. Kurz darauf verließ er die WWF Richtung WCW, wo er nicht nur besagten WCW International World Heavyweight Title gewann, sondern zudem auch Ron Simmons um den WCW World Heavyweight-Titel herausforderte - allerdings ohne Erfolg.

Rowdy Roddy Piper

Schmida: Jeder Held braucht einen Widersacher. Während sich Hulkamania wie ein Lauffeuer ausbreitete, stand Hulk Hogan mit Rowdy Roddy Piper ein Mann gegenüber, der ganze Arenen gegen sich aufbringen und zu gellenden Pfeifkonzerten veranlassen konnte. Der spätere Intercontinental Champion war der Zunder für besagtes Lauffeuer. In unzähligen Matches standen sich die beiden bei bedeutenden Veranstaltungen, wie z.B. dem "War To Settle The Score" im New Yorker Madison Square Garden um den WWF Titel gegenüber. In einer Zeit jedoch, als der höchste Titel der WWF um die Hüften Hulk Hogans klebte wie Tapete an der Wand, war ein Titelgewinn des Hot Rod kein Thema. Zu einer besonderen Situation kam es, als der als Schotte auftretende Kanadier beim Royal Rumble 1992 nach dem Gewinn der Intercontinental Championship die Möglichkeit hatte, auch den für vakant erklärten WWF Titel im eigentlichen Royal Rumble Match zu gewinnen und dies natürlich als Marschroute ausgab. Die Sensation blieb aus, doch eine intensive Fehde mit dem späteren Titelträger Ric Flair führte für Piper zu weiteren, hauptsächlich bei House Shows ausgefochtenen Titelchancen. Auch wenn ihm der große Titelgewinn verwehrt blieb, ist Pipers Bedeutung für das Wrestling unumstritten. Neben seinen Fehden mit Hogan und Flair bleiben vor allem seine unvergessene Schlacht mit Bret Hart bei WrestleMania VIII sowie das brutale Dog Collar Match gegen Greg Valentine bei Starrcade 83 in Erinnerung.

John Morrison

Kneisel: Seit der Zeit der Invasion werden die WWE- und World Heavyweight Champion-Titel munter herumgereicht, (fast) jeder darf mal ran. CM Punk und Dolph Ziggler erhielten erste Kurz-Titleruns auf Probe, Mark Henry bekam nach "FIFTEEN YEARS" der Bedeutungslosigkeit eine und Christian gleich zwei Regentschaften spendiert, sogar Jack Swagger wurde World Champion. Nun kann man argumentieren, dass der Prince of Parkour dem Ziel nie näher war als beispielsweise Kofi Kingston - und vergisst dabei einige zentrale Punkte: zunächst seinen ECW-Championship-Run - laut WWE seinerzeit der dritte World Title - , im Rahmen dessen John Morrison eine intensive Fehde mit CM Punk führte. Infolge der Zeit im Team mit The Miz, die nicht wenige Experten dazu verleitete, ihn als zukünftigen Champion zu bezeichnen, bewies sich das Friday Night Delight zwischen 2009 und 2010 bei SmackDown im Rahmen zahlreicher hochklassiger Matches gegen Superstars wie Chris Jericho oder Jeff Hardy, dem er am 31. Juli 2009 in seinem ersten World Heavyweight Championship-Match unterlag. Das wohl bedeutendste Match in der Karriere des Shaman of Sexy stieg bei Extreme Rules 2011, als er in einem Steel Cage Match um den WWE-Titel Miz und John Cena gegenüberstand. Hier wurde JoMo nicht nur gleichwertig dargestellt, sondern befand sich, nachdem er seine Gegner per Starship Pain vom Rand des Käfigs niedergestreckt hatte, tatsächlich auf dem Weg aus dem Käfig und zum Titelgewinn. Doch nach diversen knallharten Attacken des plötzlich aufgetauchten R-Truth lag der Guru of Greatness reglos auf der Matte, während Cena Miz entthronte.

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