Erinnerungen an Chicago 2011

Von Maurice Kneisel/Marcus Hinselmann
CM Punk trifft, wie schon bei Money in the Bank 2011, auf John Cena
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WWE-Tag-Team-Champions Kofi Kingston & R-Truth vs. Daniel Bryan & Kane

Kneisel: Millions of Dollars, Millions of D... oder auch nicht. Ursprünglich war ein Tag-Team-4-Way geplant, dann ein Match zwischen den Champs und den Prime Time Players, bevor den Verantwortlichen wohl mal auffiel, dass man noch eine wesentlich bessere Option in der Hinterhand hat. Bryan und Kane sind derzeit das MIT ABSTAND Unterhaltsamste am gesamten WWE-Produkt. Endlich mal Zwischensegmente, die nicht nur nerven, sondern tatsächlich witzig sind. Die Chemie zwischen den beiden Storyline-Psychopaten ist überragend, wer beim "Hug it out"-Segment letzte Woche nicht lachen konnte, tritt in seiner Freizeit vermutlich auch kleine, putzige Tiere.

Das Duo, das Sonntagnacht von Justin Roberts hoffentlich als "Team Friendship" angekündigt wird, erinnert an das grandiose Odd Couple MVP/Matt Hardy und hat das Potential, noch unterhaltsamer zu werden. Die beiden werden sich wieder zoffen, es wird einmal mehr hin und her gehen, aber am Ende holen Daniel Bryan und Kane die WWE-Tag-Titel und machen diese so endlich wieder interessant. Außerdem kann man die Gürtel so auch leicht zu einem späteren Zeitpunkt zu Rey Mysterio und Sin Cara weiter wandern lassen, denn die Differenzen zwischen dem Goat Face und The Devil's Favorite Demon werden ganz sicher nicht aufhören.

Hinselmann: Du lieferst aber auch immer geniale Einstiegsmöglichkeiten. "Das MIT ABSTAND Unterhaltsamste" also. Zweifelsohne ist die ganze Geschichte unglaublich unterhaltsam und großartig. Das einzige, was mir an dem Statement missfällt, ist das außer-Acht-lassen der Punk/Heyman Geschichte, aber darüber wird später ja noch ausgiebig diskutiert. Auf der einen Seite wertet ein Duo wie Bryan/Kane die Division ungemein auf, auf der anderen Seite versucht man, über einen langen Zeitraum eingespielte Tag Teams "aufzubauen" und die gewinnen dann einfach nichts. Plötzlich kommen zwei Charaktere aus Main-Event-Gefilden und erobern die Division an einem Abend. Ob das dem Zweck auf lange Sicht zuträglich ist, bezweifle ich stark.

Dennoch genieße ich die Entwicklung dieses unfassbar unterhaltsamen Tag Teams in vollen Zügen. Jedes Mal, wenn Team Friendship und/oder Dr. Shelby zu sehen sind, kann man sich sicher sein, dass es gleich großes Entertainment zu sehen gibt. Die ganze Geschichte kommt erfrischend neu rüber und ist schon so skurril, dass sie sicher zum Kult wird. So wie man sich heute DX-Clips auf YouTube anschaut, wird man sich in Jahren auch die Anger-Managment-Segment anschauen und immer noch abfeiern. Das Match wird sicher kein Wahnsinn, aber Kofi, R-Truth und Lil' Jimmy müssen sich von ihren ach so hübschen Tag-Team-Titles trennen. Neue Champs: Team Friendship

World-Heavyweight-Champion Sheamus vs. Alberto Del Rio

Hinselmann: Sheamus vs. Del Rio, die Xte. Wirklich interessant war die Fehde noch nie, was fast ausnahmslos an der Darstellung von Sheamus liegt. Dass nun noch der Brogue Kick verboten wurde, macht den ganzen Spaß auch nicht unbedingt interessanter. Jedoch muss man eindeutig sagen, dass Del Rio seit Wochen durchweg starke Leistungen erbringt. Seine Segmente sind immer sehr gut und unterhalten mich. Er wirkt aggressiver und fokussierter als noch bei seinem WWE-Titel-Run. Würde sein Gegner nicht Sheamus heißen, würde ich sagen, dass der gute Mexikaner reif für den nächsten Titel ist. Leider heißt sein Gegner aber Sheamus und scheint eine merkwürdige Art von Hooligan zu verkörpern. Ich setzte auf eine Titelverteidigung von Sheamus, wäre aber von einem Titelwechsel nicht überrascht, da es sich Del Rio durch eine in meinen Augen starke Leistungssteigerung mehr als verdient hätte. Nebenbei muss man anmerken, dass Ricardo Rodriguez wohl der lustigste Charakter in der WWE heutzutage ist. Auf Otunga könnte ich allerdings verzichten.

Kneisel: Ricardo ist überragend, auch Otunga weiß mich dank Kaffeebehälter-Running-Gag zu unterhalten. Sheamus hingegen nicht, aber das ist ja nix Neues. Wirklich interessant ist hingegen die Frage, was eigentlich passieren würde, wenn der Ire Berto via Brogue Kick umnietet. Ist der Titel dann vakant, oder wandert er an das Opfer? Bei letzterer Variante könnte man das gute Teil so natürlich Del Rio geben, nur um Ziggler anschließend seinen Koffer einlösen und den Gürtel abstauben zu lassen, ohne dabei Super-Sheamus schwach aussehen zu lassen. Sicher wird es ein paar Andeutungen geben, was den Brogue Kick angeht, letzten Endes hat man den Cloverleaf aber natürlich nicht grundlos over gebracht. Sheamus wird Alberto zur Aufgabe zwingen und so die World-Heavyweight-Championship verteidigen. Mehr als eine anschließende Cash-In-Andeutung von Dolph erwarte ich auch nicht.

WWE-Champion CM Punk vs. John Cena

Kneisel: Meine Güte, hat mich CMs Heel-Turn zwischenzeitlich genervt. Wochenlanges Rumgeplärre und -gejammere, dazu nutzlose Matches gegen Jerry Lawler... bis zur RAW-Ausgabe in Chicago. Die Anfangspromo war stark, der Walkout offensichtlich aber gut und die Schlussszene mit Paul Heyman absolut Weltklasse. In Montreal packte er dann noch mal eine Schippe drauf und selbst JohnBoy schmiss seine PG-Vorliebe über Bord, um dem Punker ein paar wenig nette Worte an den Kopf zu werfen. So hat man der Konstellation eine gewisse Intensität verliehen, die zwar nicht mit 2011 mithalten kann, aber trotzdem ein großes Match erwarten lässt. Oder, um es anders zu formulieren: der Main Event ist der einzige Grund, sich den PPV zu kaufen.

Bleibt die Frage, wie er enden wird und dabei tue ich mich schwer. Heel-Punk steht relativ am Anfang seiner aktuellen Gimmickentwicklung und Paul Heymans Rolle ist noch unklar. Sicher scheint, dass das ehemalige ECW-Meisterhirn in Boston auftauchen und Punk den ein oder anderen Versuch unternehmen wird, die Halle zu verlassen. Dennoch wird CM Punk am Ende seinen Titel verteidigen, vermutlich dank Heymans Mithilfe, und Cena muss noch etwas länger auf seine nächste Titelregentschaft warten.

Hinselmann: Chicago und insbesondere Montreal waren überragend, ja. Der Kampf ist der einzige richtige Grund, Geld für diesen PPV auszugeben, ja. Punks Heel-Turn hat auch mich genervt, ääähm...nein. Vielleicht kann ich meinen Punk-Mark-Modus auch einfach nicht abstellen und finde alles klasse, was er macht. Aber mir fallen auf Anhieb schon zwei Momente in den letzten Wochen ein, die großartig waren: beispielsweise die auf dem Kommentatorenpult sitzend vorgetragene "CM Punk has turned on the WWE Universe"-Rede oder das Nachspiel des Steel-Cage-Matches. Für mich steht Punk seit seinem Turn noch vielmehr als zuvor an der Spitze meiner wöchentlichen Highlights. Unter den unglaublich schweren Umständen haben letzten Montag John Cena und CM Punk ganz Großes geleistet.

Die letzten 15 Minuten von RAW haben schon ein wenig an die Zeit vor MitB 2011 erinnert. Natürlich kann der damalige Hype nicht wieder erreicht werden, dennoch versucht man es und kann sich für die bisherige Leistung auch durchaus auf die Schulter klopfen. Wird das Match auch nur annähernd so groß wie das letztjährige Aufeinandertreffen, lohnt sich der ganze PPV sicher. Genau wie im letzten Jahr mit Vince und Big Johnny, gibt es dieses Jahr auch wieder einen großen X-Faktor, Paul Heyman. Genau wie Maurice bin ich der Meinung, dass CM Punk mit der Hilfe seines neuen Komplizen den Sieg einfährt. Würde Punk seinen Titel nach zirka 300 Tagen verlieren, wäre das für die Entwicklung des neuen Charakters schon beinahe eine Tragödie. Außerdem rechne ich stark damit, dass er mindestens das Jahr vollmachen und wahrscheinlich den Titel sogar bis zum Royal Rumble halten wird, denn er ist ja ein "Paul-Heyman-Guy".

Fazit

Hinselmann: Eine solide Card mit einem für mich wieder großartig gehypten Match-of-the-Year-Kandidaten im Main Event. Abseits der Matches stellt sich die Frage, ob es Ryback wieder irgendwie auf die Card schafft und wer den freien Kommentatorenplatz vom King einnehmen darf. Antworten: Nein und Josh Matthews (wer sollte es sonst sein?). Weitere Schmankerl sind der Fatal-4-Way, Dolph vs. Randy, Team Friendship und Cesaros erstes richtiges PPV-Match. Unter dem Strich hat man einige Highlights für einen PPV, der die Richtung für die letzten drei Monate WWE im Jahr 2012 vorgeben wird. Es könnte um einiges schlimmer sein. Aber wo gehobelt wird, fallen auch Späne. Unter die Kategorie Späne fallen hier insbesondere die Diven und Sheamus. Aber das kennen wir ja schon.

Kneisel: Wie schon erwähnt, bietet die Card mit dem Main Event auf den ersten Blick nur ein garantiertes Highlight. Ob Punk und Cena tatsächlich noch mal einen MotY-Kandidaten raushauen, ist schwer zu sagen. Dabei könnte auch eine Rolle spielen, wie sehr Heyman involviert wird und ob man sich mehr aufs Wrestling oder auf CMs aktuelles Gimmick konzentriert. Ich persönlich freue mich daneben besonders auf Ziggler vs. Orton und das Tag-Match, da sämtliche der daran involvierten Superstars zu unterhalten wissen (bei D-Bryan eine maßlose UNTERtreibung). Sollte Team Friendship von Dr. Shelby zum Ring begleitet werden, wäre das natürlich ein wunderbarer Bonus.

Bei der Kommentatorenfrage stimme ich dir zu - erklärt Jim Ross sich nicht kurzfristig bereit, seinen guten Freund zu vertreten, ist Josh Matthews die einzige Option. Er macht seinen Job mehr als ordentlich und kann sich außerdem zwischendurch ein wenig von Kane durchkloppen lassen, passt also. Zeit für ein weiteres, unangekündigtes Match wird man vermutlich wieder finden, ich tippe dabei auf Sandow, der dringend präsenter (und weniger feige) dargestellt werden muss als in den letzten Wochen. Letzten Endes also durchaus eine Card, auf die man sich freuen darf, das WHC-Match und das zu erwartende Diven-Botch-Fest trüben die Vorfreude nur geringfügig.

WWE: Alle Champions auf einen Blick

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