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Super Bowl LVII: Chiefs vs. Eagles - Warum Head Coach Andy Reid der Vater des Erfolgs für beide ist

Andy Reid steht mit den Chiefs zum dritten Mal in im Super Bowl.
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Die Kansas City City Chiefs treffen in Super Bowl LVII auf die Philadelphia Eagles und der gemeinsame Nenner dieses Duells ist Head Coach Andy Reid. Der sympathische Coach hat maßgeblichen Anteil an diesem Matchup - auf beiden Seiten!

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In Super Bowl LVII (Nacht auf Montag, 0.30 Uhr live auf DAZN) treffen nicht nur die Kansas City Chiefs auf die Philadelphia Eagles, für Head Coach Andy Reid ist es auch ein Duell Gegenwert gegen die eigene Vergangenheit, denn bevor er seine erfolgreiche Ära in Missouri begann, war er über ein Jahrzehnt lang auf der anderen Seite in Philly tätig.

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Reid gilt nicht zu Unrecht als Vater des Erfolgs in KC, seit er die Chiefs übernahm, haben jene nur zweimal die Playoffs verpasst. Und sie gewannen seit 2016 durchweg die AFC West, nach der 2019er Saison gar erstmals seit 50 Jahren den Super Bowl.

Ein solcher Erfolg war Reid hingegen in Philly trotz einiger Anläufe verwehrt geblieben. Zu Beginn seiner Zeit dort hatte er immerhin viermal in Serie das NFC Championship Game erreicht und selbiges 2004 sogar erstmals gewonnen. Im Super Bowl war dann gegen New England Schluss.

Dennoch bleibt seine Zeit in Philly richtungsweisend für den späteren Erfolg der Franchise, die vor Reid lange Jahre eher eine Randnotiz in der NFL war.

Reid setzte Maßstäbe, er etablierte eine Erwartungshaltung, die es so vor ihm nicht unbedingt gab. Und er war seit jeher einer der innovativsten Offensiv-Coaches der Liga, was angesichts seiner Anfänge aber nicht überraschend kam.

Andy Reid: Anfänge unter Mike Holmgren in Green Bay

Reid war Teil des Coaching Staffs von Mike Holmgren im Green Bay der 90er Jahre. Er begann als Assistant Offensive Line und Tight Ends Coach, ehe er zum Quarterbacks Coach und Assistant Head Coach aufstieg. Sein Quarterback in der Zeit war natürlich der legendäre Brett Favre, einer der größten Gunslinger dieses Sports und jemand, der bei Reid großen Eindruck hinterließ. Diese Art Freigeist wurde schnell zum Ideal für Reids eigene Offense ein paar Jahre später.

Die Bedeutung eines Franchise-Quarterbacks und vor allem die Denkweise, alles dafür zu unternehmen, einen solchen zu finden, wenn man nicht schon einen hat, vermittelte Reid indes der damalige General Manager Ron Wolf, der damals auf die glorreiche Idee kam, für einen Reserve-QB der Atlanta Falcons zu traden, weil er in ihm das Potenzial für etwas Großes gesehen hatte.

Entsprechend war Reids erster Draftpick in Philadelphia trotz massivem Gegenwind seitens der Fans ein Quarterback - Donovan McNabb - statt Texas-Running-Back Ricky Williams, was sich wenig später als richtige Entscheidung herausstellte. Fast zwei Jahrzehnte später machte KC dann den Trade, der die Chiefs in Position brachte, Patrick Mahomes im Draft 2017 zu ziehen.

Eine Konstante durch all die Jahre war für Reid immer die Bereitschaft, mit jungen Spielern und auch jungen Quarterbacks zu arbeiten und sie weiterzuentwickeln. McNabb startete bereits als Rookie, Mahomes ab seinem zweiten Jahr.

Andy Reid gilt als innovativer Play-Caller.
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Andy Reid gilt als innovativer Play-Caller.

Andy Reid als Offensiv-Pionier

Zudem darf man Reid als Pionier bezeichnen. In einer Zeit, in der Running Backs noch dazu da waren, den Ball nach einem Handoff zu tragen, war Reid einer der ersten, der diese Position als zusätzliche Anspielstation im Passspiel ansah. Brian Westbrook war einer der Prototypen für diesen Typ Running Back. Er führte sein Team sogar häufiger in Targets und Receptions an. Diese Tendenz zum dominanten Passspiel war etwas völlig Neues in einer Zeit, in der viele Teams noch mit dem Run Game das Spiel kontrollieren und mit ihrer Defense gewinnen wollten und damit sogar mitunter Erfolg hatten. Visionär Reid hingegen erkannte schon früh, dass diese Art Football allmählich vom Aussterben bedroht war. Seine jüngsten Erfolge mit den Chiefs unterstreichen dies nur.

Was diesen erfahrenen Coach - neben seiner Liebe zu Cheeseburgern und Hawaii-Hemden - aber auch ausmacht, ist sein Wille zur Innovation. Stillstand gibt es mit ihm nicht. Immer neue Ideen treiben ihn und sein Team an, immer wieder sehen wir Nuancen in seiner Offense, exotische Looks wie den "Arctic Circle" gegen die Raiders oder Trickspielzüge. Die Chiefs lassen Mahomes seit seiner Knieverletzung aus dem Vorjahr nicht mehr den QB-Sneak spielen und lassen dies stattdessen einen Tight End machen. Sie haben diverse Spielzüge mit Shovel-Passes und vermutlich sind auch nicht alle von Mahomes' Sidearm-Würfen improvisiert. Andy Reids Offenses werden nie langweilig.

Zudem ist er nicht auf bestimmte Spieler angewiesen. Er kann sich anpassen. Als es mit McNabb in Philly nach zehn Jahren zu Ende ging, stellte er seine Offense auf den damals nach seiner Hundekampf-Vergangenheit in Ungnade gefallenen Michael Vick um - er war es auch, der willens war, Vick eine zweite Chance zu geben in der NFL. Eben weil er den Menschen sah, dem er helfen wollte.

2010 erreichte man zusammen noch ein letztes Mal in Philly die Playoffs.

Und letztlich ist es auch der Faktor Mensch, der Reid von vielen anderen seiner Zunft abhebt. Reid ist ein Anführer, der seine Spieler und Mitarbeiter mit Respekt behandelt. Er ist kein Diktator, sondern jemand, der den Konsens sucht. Der frühere Eagles-Präsident Joe Banner sagte gegenüber ESPN: "Du wirst unter Andy keinerlei Spaltung haben. Er gibt sich damit nicht mal für eine Sekunde ab. Selbst bei den wichtigen Entscheidungen bezieht er seine Kollegen mit ein. Wenn er sich nicht ganz sicher ist bei etwas und jemand anderes überzeugt ihn, dann nimmt er dessen Input an."

Andy Reid überzeugt Spieler auf menschlicher Ebene

Gleiches ist auch aus Kansas City zu hören. Sein Ex-Spieler, Linebacker Derrick Johnson, berichtete gegenüber ESPN, dass sich Reid von Beginn seiner Zeit an dort "auf die kleinen Dinge" konzentriert habe: Pünktlich zum Meeting erscheinen, in selbigen keine Hoodies oder Caps tragen und, dass die Uniformen richtig sitzen. "Sobald er in das Gebäude kam, konnte man das Selbstvertrauen in seiner Stimme hören."

Johnson fuhr fort: "Wir begrüßten, wie er sich uns gegenüber verhielt. Wie er alle als Männer behandelte. In unserem ersten Teammeeting legte er gleich los und schaute nicht mehr zurück. Er sprach nie über seine Zeit bei den Eagles. Es ging nur darum, was es heißt, ein Chief zu sein und was wir von da an in Zukunft machen würden."

Reid verließ die Eagles in einer schwierigen Phase - für die Franchise aber auch für ihn persönlich. Im Vorfeld der Saison 2012 verstarb sein Sohn, Garrett, an einer unverschuldeten Medikamenten-Überdosis. Ein Schicksalsschlag für ihn und seine Familie. Die Eagles legten die schlechteste Saison unter Reid (4-12) hin. Er selbst sprach anschließend davon, einen Tapetenwechsel zu brauchen.

Jenen fand er in KC, wo man selbst nicht die beste Phase hatte. Nach einer 2-14-Saison - der zweiten seit 2008 - war auch hier ein neuer Anstrich vonnöten. Reid drehte die Franchise von Beginn an auf links und erreichte mit Alex Smith als Quarterback - KC tradete für ihn mit den 49ers - direkt die Playoffs.

Fortan ging es zum einen darum, den nächsten Franchise-QB zu finden, zum anderen die Kultur im Team zu verändern. Ein Team, das selbst erst einen Schicksalsschlag erlitten hatte. In der Saison 2012 kam es zum tragischen Selbstmord von Linebacker Jovan Belcher, der erst seine Freundin erschossen hatte, dann zum Stadion fuhr, um sich vor den Augen von Coach und General Manager selbst das Leben zu nehmen. Die Franchise lag in Trümmern und erst Reid sorgte für einen dringend nötigen Wiederaufbau.

Andy Reid als Werbestar

Reid gilt als sehr zugänglicher Coach, der mittlerweile auch in Werbespots eines Versicherers zusammen mit Mahomes auftritt und dabei seine witzige Seite zeigt. Doch er kann auch ganz anders. Das bekam nicht zuletzt Cornerback Marcus Peters zu spüren. Der Defensive Rookie of the Year 2015 (8 INT als Rookie!) benahm sich mehrfach daneben und beleidigte sogar die eigenen Fans. Reid war zwar großer Fan seines Spiels, wollte dieses Verhalten aber nicht tolerieren. Daher biss er in den sauren Abfall und tradete ihn zu den Rams. Mittlerweile spielt er in Baltimore.

Reids Erfolge sprechen spätestens seit dem Super-Bowl-Triumph 2019 für sich. Doch sie gehen über seine eigenen Siege hinaus. Reid nämlich hatte seine Finger in der Entwicklung mehrerer weiterer Coaches. Wenn man so will, legte er den Grundstein für den Super-Bowl-Triumph der Eagles 2017! Head Coach Doug Pederson war sein Quarterback 1999 und begleitete ihn später als Assistant Coach von den Eagles zu den Chiefs. Matt Nagy war unter ihm in KC tätig, ehe er die Bears übernahm.

Wer weiß, ob ohne den Eagles-Triumph vor fünf Jahren der heutige Erfolg möglich gewesen wäre. Wäre etwa GM Howie Roseman, der ab 2000 als Praktikant angefangen hatte und ab 2001 unter dem Executive Vice President of Football Operations Reid, der Kaderkontrolle hatte, nach und nach in der Organisation aufgestiegen ist, immer noch im Amt, um den so imposanten Kader zusammenzustellen?

Und hieße das Matchup im Super Bowl LVII dann immer noch Eagles vs. Chiefs? Wer weiß?

Was wir aber wissen, ist, dass der Einfluss von Andy Reid auf diese beiden Franchises weitreichend ist und wohl noch lange anhalten wird.

Andy Reid: Statistik in der NFL

TeamSpieleSiegeNiederlagenRemisSiegquote
Philadelphia Eagles224130931.526
Kansas City Chiefs162117450.611
Gesamt3862471381.568
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