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NFL - Mailbag nach Woche 4: Müssen wir uns um Tua Tagovailoa, Joe Burrow und Co. Sorgen machen?

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© getty

Woche 4 ist hinter uns und wirft einige Fragen auf. Welche Konsequenzen hat die Verletzung von Tua Tagovailoa - und droht Joe Burrow und Justin Herbert ähnliches? Zudem wird die 4th-Down-Entscheidung von Ravens-Head-Coach John Harbaugh hinterfragt.

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Außerdem stellt sich die Frage, was Kenny Pickett der Offense der Steelers geben kann. Was wird jetzt aus Cooper Rush und brauchen die Lions überhaupt noch einen neuen Quarterback?

SPOX-Redakteur Marcus Blumberg beantwortet Eure Fragen nach Week 4 in Vertretung von Adrian Franke.

Vorweg sei gesagt, dass es einige Fragen zum Thema Geno Smith bei den Seahawks gab. Zu dem Thema findet Ihr einen ausführlichen Abschnitt in den Takeaways zu Woche 4!

Mailbag: Müssen wir uns Sorgen um die jungen Star-Quarterbacks machen?

ChriSchmi87: Könnte man es Tua verübeln, wenn er über ein Retirement nachdenken würde?

catDadSteffen: Könnte es hinter den Lines passieren, das Herbert und Burrow das selbe "Schicksal droht" wie Andrew Luck, unzählige Hits und Verletzungen und Karriereende nach sechs Saisons?

Diese beiden Fragen finde ich sehr interessant und würde sie gern gebündelt beantworten, schließlich ist das übergreifende Thema das Gleiche - Verletzungsrisiko in der NFL auf der Quarterback-Position und die Auswirkungen davon.

Alle drei genannten jungen Quarterbacks, die seit 2020 in der NFL aktiv sind, haben nun schon teils schwere Verletzungen einstecken müssen. Und ja, sie kennen das Gefühl, hinter löchrigen Lines zu spielen. Doch die Wahrheit ist eben auch, dass selbst gut besetzte Lines - und alle drei Teams haben in ihre Lines investiert, Miami jüngst in der vergangenen Offseason - nicht viel am Umstand ändern, dass es zu harten Hits und eben Verletzungen kommen kann.

Mit dieser Realität lebt jeder Spieler, der diesen Sport betreibt. Und die Art und Weise, wie gerade jetzt mit Tagovailoa nach dessen erster und dann zweiter Verletzung in den vergangenen Wochen umgegangen wurde, zeigt, dass die NFL noch einen langen Weg vor sich hat, um dieses Spiel nicht nur so sicher wie möglich zu machen, sondern auch die Spieler teils vor sich selbst zu schützen.

Letzten Endes bleibt vor allem eines hängen, wenn man sich über einen langen Zeitraum mit der NFL befasst: Für nahezu alle Spieler geht es Tag ein, Tag aus, auch um die Schmerztoleranz. Nahezu jeder Spieler wird zugeben, dass ihm während der Saison jeden Tag irgendwas wehtut. Und es ist die tägliche Herausforderung, dennoch wieder auf den Platz zu gehen und die Knochen hinzuhalten.

Bei Luck war es letztlich so, dass ihm diese permanenten Schmerzen irgendwann zu viel geworden sind und er eben nicht mehr weitermachen wollte. Es war damals eine Entscheidung, vor der man allergrößten Respekt haben musste, denn er hätte sicherlich noch ein paar gute Jahre vor sich gehabt, als er im Alter von nur 29 Jahren seine Karriere beendete.

Um nun Eure Fragen konkret zu beantworten: Nein, man könnte es Tagovailoa selbstverständlich nicht verübeln, wenn er tatsächlich über einen frühen Ruhestand nachdenken würde. Womöglich hat er innerhalb von fünf Tagen zwei Gehirnerschütterungen erlitten - wer weiß das schon nach der offenbar unzulänglichen Untersuchung während des Bills-Spiels genau? Es wurden seither sogar Stimmen laut, die suggerierten, dass Tua bei tatsächlichen zwei Gehirnerschütterungen innerhalb so kurzer Zeit besser in diesem Jahr gar nicht mehr spielen sollte. Hier reden wir dann von langfristiger Gesundheit, die auf dem Spiel steht und die immer Priorität haben sollte.

Und zur zweiten Frage: Ja, es könnte durchaus passieren, dass ein Burrow oder ein Herbert eines Tages zur Erkenntnis kommen, dass es zu viele Hits sind, die sie einstecken. Doch ich denke auch, dass dieser Tag noch weit weg ist. Und gerade was Burrows zahlreiche Sacks in letzter Zeit betrifft, war daran nicht immer nur die Line schuld. Teilweise hielt er auch den Ball zu lange.

Ich denke aber dennoch nicht, dass die beiden - relative Gesundheit vorausgesetzt - allzu bald abtreten werden. Beim Fall Luck muss man auch bedenken, dass jener schon einen zweiten hochdotierten Vertrag unterschrieben hatte. Er hatte also die finanzielle Freiheit, relativ früh Schluss zu machen. Und er verpasste zuvor die Saison 2017 verletzungsbedingt komplett, was schon ein Faktor in seiner Entscheidung zwei Jahre später war.

Herbert und Burrow sind davon sicherlich auch vom Kopf her noch weit weg. Zudem hängt es letztlich auch immer von der Persönlichkeit des jeweiligen Menschen ab - bei Luck hat man den Eindruck, wenn man ihn mal vor einer Kamera sieht, dass er mit seiner Entscheidung glücklich ist. Und wir wissen schlicht nicht, wie die besagten Spieler auf weitere konstante Hits und Verletzungen reagieren würden. Eine akute Gefahr baldiger Rücktritte besteht wohl nicht, aber wirklich ausschließen sollte man diese Möglichkeit bei keinem aktuellen NFL-Spieler.

Niki70781638: Ravens spielen den 4. Versuch aus! Es ging schief, aber war es trotzdem die richtige Entscheidung?

Bei diesen 4th-Down-Entscheidungen gibt es immer mehrere Ansätze. Da wäre der analytische Ansatz, der nüchtern nur nach Zahlen und Statistiken entscheidet. Und es gibt natürlich den situationsbedingten Ansatz, der dann auch so weiche Faktoren wie Bauchgefühl berücksichtigt.

Der analytische Ansatz sagte in der Situation - 4th&2 an der 2-Yard-Linie der Bills 4:15 Minuten vor dem Ende des Spiels mit 2 eigenen Timeouts und 3 beim Gegner - folgendes: Die Siegwahrscheinlichkeit stieg beim Ausspielen des vierten Versuchs um 2,1 Prozent aus Sicht der Ravens. Nach dem Modell von Ben Baldwin spricht man hier dann von einer "Medium"-Tendenz, den vierten Versuch auszuspielen. Man kann, muss aber nicht unbedingt.

Ravens-Head-Coach John Harbaugh ist bekannt dafür, auf Analytics in diesen Situationen zu setzen und traf die Entscheidung, den vierten Versuch in der Situation auszuspielen und scheiterte. Doch Letzteres ist eben das Ergebnis, was bei der Frage, ob die Entscheidung letztlich richtig war, keine Rolle spielen sollte. Denn man weiß sowas eben vorher nicht und es ist manchmal einfach Glück und Zufall, ob der Versuch gelingt oder eben nicht. Der Prozess steht hier im Mittelpunkt und sollte der einzige Maßstab sein.

Analytisch betrachtet ist die Entscheidung, den vierten Versuch auszuspielen, also schon mal nicht falsch, tendenziell sogar richtig gewesen.

Doch was, wenn man Analytics hinten anstellt? Nun, auch dann würde ich argumentieren, dass Harbaughs Entscheidung die richtige war - ich selbst hätte es auch so gemacht! Hier spielten zwei der besten Teams der Liga mit zwei der besten Offenses der Liga gegeneinander. Und was ist die Folge eines Field Goals in dieser Situation? Nun, die Ravens wären zwar mit drei Punkten in Führung gegangen, hätten Josh Allen und Co. aber den Ball mit mehr als vier Minuten zu spielen und drei Timeouts sowie klarem 4-Down-Territory zurückgegeben.

Was wäre dann wohl passiert? Die Chance wäre groß gewesen, dass es den Gästen unter den Voraussetzungen wohl gelungen wäre, noch einen Touchdown zu erzielen und auf diesem Wege zu gewinnen. Oder sie hätten zur Not noch ein Field Goal zum Ausgleich getreten.

Harbaugh aber wollte gewinnen, versuchte also auf diesem Wege seine Chancen auf einen Sieg per Touchdown an der Stelle zu erhöhen. Und selbst wenn der Versuch scheiterte, was ja letztlich passierte, hätten die Bills tief in der eigenen Hälfte den Ball zurückbekommen. Und auch das kann für den weiteren Verlauf des Spiels von Vorteil sein. Dass Lamar Jackson dann eine Interception in die Endzone für einen Touchback wirft, ist natürlich der Worst Case gewesen. Aber sowas passiert eben.

Nun kann man argumentieren, dass die Bills dadurch, dass die Ravens gänzlich leer ausgegangen waren, leichtes Spiel hatten und eben nur noch ein Field Goal und keinen TD mehr brauchten am Ende. Doch geht man eben in der NFL eher vom Best Case aus und ist eher proaktiv als konservativ.

Doch selbst mit einem Field Goal der Ravens hätten die Bills mit einem Field Goal ihrerseits den Sieg der Ravens im Anschluss relativ leicht verhindern können. Und wer weiß, was im Anschluss passiert wäre?

Das sind sehr viele Variablen und ich mache Harbaugh keinen Vorwurf dafür, dass er versuchte, das zu kontrollieren, was er kontrollieren kann, und eben versuchte, seinem Team die beste Chance auf einen Sieg zu geben. Es ging schief, doch das macht diese Entscheidung nicht falsch.

MuggelMaurice: Wird die Offense der Steelers mit Pickett merklich besser werden?

Die Offense der Steelers ist insgesamt betrachtet ziemlich durchschnittlich unterwegs dieser Tage. Sie belegt in neutralen Situationen Rang 16 mit -0,008 EPA/Play und hat eine Success Rate von 44,2 Prozent, was das Erzielen von neuen First Downs angeht. Bei Dropbacks liegt der EPA/Play-Wert bei -0,057, was Rang 23 der Liga bedeutet. Entsprechend überrascht es nicht, wenn Mitch Trubisky auf Rang 24 liegt, was Total QBR betrifft.

Doch liegt das maßgeblich an Trubisky? Ganz einfach ist das nicht zu sagen. Ich tendiere aber zu einem Ja, weil seine Pässe sehr ungenau sind und er nicht mal 60 Prozent seiner Pässe anbringt. Zudem fehlt ihm manchmal die Übersicht, um die bestmögliche Lösung zu finden. Seine Pocket-Präsenz war schlicht noch nie gut in der NFL und er wirkte auch am Sonntag mitunter zu zögerlich, was auch bei den 3 Sacks gegen ihn eine Rolle spielte.

Der generelle Tenor rundum Pittsburgh ist aber auch, dass diese Offense uninspiriert und anämisch wirkte. Seit Wochen, nicht erst seit dem Spiel gegen die Jets.

Mit der Hereinnahme von Kenny Pickett änderte sich das merklich. Pickett stellte seine Gunslinger-Qualitäten unter Beweis und führte das Team sogar zu zwei Touchdowns, die er selbst erzielte. Er warf allerdings auch drei Interceptions, die aber immerhin nicht alle auf seine Kappe gingen. Doch riss er eben sein Team und auch die Fans im Stadion mit. Etwas, was Trubisky offensichtlich nicht gelungen war.

Wird die Offense nun merklich besser? So weit würde ich auf Anhieb noch nicht gehen, denn vor allem mal ist es etwas anderes, ob man ein Spiel als Starter beginnt oder eben als Ersatzmann rein kommt. Vor allem bereitet sich der Gegner dann gezielter auf den anderen Quarterback vor, was die Jets sicher nicht getan haben, weil Trubisky der Starter war.

In einer Zeit, in der ganze Spiele vom Scouting Report entschieden werden, ist ein solcher spontaner Curveball immer schwer zu handeln für den jeweiligen Gegner. Teams sind darauf getrimmt, sich gezielt auf bestimmte Gegebenheiten vorzubereiten, ändern die sich plötzlich, dauert es mitunter, bis Anpassungen erfolgen.

Pickett zeigt aber immerhin ein gesundes Selbstvertrauen für einen Rookie. Und basierend darauf, dass es schon vor Woche 1 keinen Sinn gemacht hat, Trubisky starten zu lassen anstelle von Pickett, sollte jener nun die richtige Wahl sein, um die Chancen des Teams auf Siege zu maximieren.

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