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Third and Long: Wie gefährlich sind die Eagles - welche Coaches müssen gehen?

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt in seiner wöchentlichen Kolumne zurück auf Week 16.
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Black Monday, Dalton, Cardinals, Seahawks - eure Fragen

Jonas: Welche Head Coaches denkst du könnten noch entlassen werden, die vermeintlich offensichtlichen Kandidaten wie Jason Garrett oder Pat Shurmur mal außen vor?

Der Vollständigkeit halber werde ich diese Kandidaten mal mit einschließen - das sind meine Vermutungen für die Head-Coach-Entlassungen am Black Monday:

  • Jason Garrett, Cowboys: Selbst wenn Dallas die Division am letzten Spieltag noch mit 8-8 gewinnen sollte, gibt es hier für mich längst keinen Zweifel mehr. Garrett ist weg, ob am Black Monday oder nach einem Playoff-Aus. Jerry Jones - und das sage ich nicht häufig - lag nach dem Patriots-Spiel völlig richtig, als er sagte, dass er angesichts des Talents in diesem Team nicht so frustriert wegen der Auftritte der Mannschaft sein dürfte.
  • Anthony Lynn, Chargers: Hätte ich zur Saison-Mitte noch ausgeschlossen, mittlerweile geht mein Gefühl mehr und mehr in die Richtung. Die Entlassung von Offensive Coordinator Ken Whisenhunt wirkte auf mich schon wie ein klassischer Sündenbock-Fall und auch bedingt durch den möglichen Abschied von Philip Rivers stehen die Chargers zumindest offensiv vor einem möglichen Umbruch. Ist man in L.A. der Meinung, dass Lynn der richtige Mann dafür ist?
  • Doug Marrone, Jaguars: Stichwort Umbruch: Der sollte in Jacksonville tiefgreifend passieren. Mit der Entlassung von Tom Coughlin ist ein erster Schritt gemacht, die Franchise muss aber weiter modernisiert werden. Und das schließt für mich Marrone ganz ausdrücklich mit ein, bei dem ich einfach wenige Argumente für ihn sehe. Die Championship-Game-Saison ist schon wieder (zu) lange her; und die kam ohnehin nur durch eine ultra-dominante Defense zustande, an der Marrone selbst nur bedingten Anteil hatte.
  • Freddie Kitchens, Browns: Bei keinem Kandidat springe ich mehr hin und her. Einerseits glaube ich, dass John Dorsey unbedingt sein gerade erst selbst geschaffenes Konstrukt nicht nach einem Jahr aufgeben will; andererseits wurde auch zunehmend deutlich, dass Kitchens mit der Head-Coach-Aufgabe noch überfordert zu sein scheint. Inzwischen bin ich mehr an dem Punkt, zu prognostizieren, dass Dorsey die dann abermals mangelnde Kontinuität als das geringere Übel sieht und nach einem Jahr die Reißleine zieht.
  • Pat Shurmur, Giants: Auch wenn die Giants durchaus einige offensiv ansprechende Spiele hatten, gibt es für mich nur ein Argument, das für einen Shurmur-Verbleib sprechen würde: Die Idee, dass man Daniel Jones nicht im zweiten Jahr gleich den zweiten Head Coach und das zweite offensive Scheme vorsetzen will. Ansonsten fällt Shurmur regelmäßig mit extrem schlechtem Play-Calling und schlechten In-Game-Decisions auf und wirkt - von außen betrachtet natürlich - nicht gerade wie die Art Coach, hinter den sich ein Team geschlossen stellt und der ein Team mitreißt.

Tim: Die Bengals werden mit dem First-Overall-Pick Joe Burrow nehmen - welchen Wert hat Andy Dalton in der Offseason? Welche Rolle, bei welchem Team, traust du ihm noch zu?

Der Draft-Prozess ist natürlich noch lang und wir alle haben schon verrücktere Dinge gesehen - wäre jemand wirklich, wirklich geschockt, wenn gerade die Bengals mit Dalton weitermachen und Chase Young an 1 nehmen? Trotzdem, und das nicht nur um in den Parametern der Frage zu bleiben: Stand heute gehe ich auch davon aus, dass Cincinnati Burrow nehmen wird.

Andy Dalton ist für mich immer noch ein grundsolider Quarterback. Er ist 32 Jahre alt, sollte also noch einige gute Jahre im Tank haben, und hat für mich in Cincinnati immer und immer wieder klar gezeigt, dass er gut spielen kann - sofern die Umstände um ihn herum passen.

Das geht auch direkt in die Beantwortung der Frage über: Ich würde Dalton nicht holen, wenn ich einen tiefgreifenden Umbruch einleiten möchte und eine Übergangslösung suche; Dalton ist nicht gerade Ryan Fitzpatrick, der selbst aus so einer Situation unterhaltsamen Football liefert.

Ein Team, das gute Umstände hat, angreifen will aber dringend ein kurzfristiges Upgrade auf der Position benötigt - das wäre meine Blaupause für Dalton. Und in meinen Augen passt genau ein Team aktuell auf diese Beschreibung, und das sind die Chicago Bears. Ja, Trubisky hat sich phasenweise wieder gefangen - Dalton ist aber ohne jeden Zweifel der bessere Quarterback.

Mit den Waffen, die die Bears haben und dem "simplen" Auftrag, Matt Nagys Offense umzusetzen, würde ich Chicago deutlich stärker einschätzen, als das dieses Jahr der Fall war. Ein solches Upgrade würde sich dann womöglich auch positiv auf Nagys Play-Calling und seine generelle Herangehensweise - beides muss man dieses Jahr schon fast ähnlich deutlich kritisieren wie Trubisky - auswirken.

Kevin Penning: Denkst du, Seattle wäre mit einem anderen Head Coach vielleicht besser dran?

Ja. Und mir ist völlig klar, dass jetzt der ein oder andere Seahawks-Fan an diesem Punkt freundlich auf den Record sowie die Chance auf eine First-Round-Bye in den Playoffs hinweisen wird. Man darf aber nicht den Fehler machen, sich zu sehr davon blenden zu lassen, dass Seattle mit unfassbar vielen engen Spielen an diesen Punkt gekommen ist; enge Spiele, die eben mit einer spektakulären Häufigkeit zugunsten der Seahawks ausgingen.

Jetzt mag man darauf wiederum erwidern, dass das Team unter Carroll eben mental besonders gefestigt ist, und vielleicht ist da sogar etwas dran. Aber wenn wir dieses Team ganz nüchtern analysieren, ist auch ohne jeden Zweifel klar, dass das Spiel Carroll enteilt ist.

Ganz besonders seine Entscheidungen bei und sein genereller Umgang mit Fourth Down sind katastrophal, Carroll coacht im Spiel, als hätte er eine Top-5-Defense und einen durchschnittlichen Quarterback - was genau umgekehrt richtig ist. Und da sprechen wir noch nicht einmal davon, dass die Idee, von der Grundausrichtung defensiven Football und primär über die Defense gewinnen zu wollen, in der heutigen NFL zumindest mal fragwürdig ist.

Carroll ist glaube ich ein toller Coach was das Arbeiten mit Spielern angeht, zumindest ist das ein sehr konstantes Thema dieses Jahrzehnts gewesen. Und er hat defensiv gerade in der individuellen Arbeit mit jungen Spielern auch fantastische Resultate vorzuweisen. Aber als Head Coach, zuständig für die Grund-Philosophie des Teams sowie die Entscheidungen in den kritischen Momenten eines Spiels? Ja, ich bin mir sogar relativ sicher, dass Seattle da mit einem anderen Head Coach besser dastehen könnte.

Aber selbstredend wäre es eine komplette Überraschung und einzig durch eine Entscheidung von Carroll selbst vorstellbar, wenn er nach dieser, unter dem Strich sportlich ja soweit erfolgreichen, Saison gehen würde. Irgendwann müssen sich die Seahawks aber die auf persönlicher und menschlicher Ebene zweifellos schwierige Frage stellen, ob die extrem erfolgreiche Pete-Carroll-Ära nicht an ihrem Ende angekommen ist.

Baumfaellerjoe: Wie ist deine Meinung zum Kingsbury-Air-Raid-Experiment über die Saison gesehen? Hat die Art zu spielen deiner Meinung nach langfristig Potenzial auf diesem Level?

Davon bin ich fest überzeugt!

Man darf nicht den Fehler machen - davor hatte ich im Frühjahr ebenfalls gewarnt -, Kingsburys Air Raid einfach als simpel gehaltene Pass-Offense abzustempeln. Kingsburys Variante ist deutlich weiter fortgeschritten als das, was etwa ein Mike Leach bei Washington State spielen lässt; genau wie auch Lincoln Rileys Interpretation der Air Raid in Oklahoma deutlich davon abweicht.

Kingsbury ändert viel mehr in seinem wöchentlichen Game Plan, er passt sich viel stärker an die Stärken und Schwächen des jeweiligen Gegners an und er entwirft (oder klaut, wie es im Football ja die Regel ist) konstant neue Plays, die man so zuvor von Arizona noch nicht gesehen hatte. Auch hat er nicht nur die Bereitschaft gezeigt, wenn nötig auf das Run Game zu setzen - Kingsburys Run-Designs sind fast noch mehr als die Pass-Designs die Story dieser Cardinals-Offense und haben Arizona eines der effizientesten Run Games der Liga gegeben.

Man muss sich also zunächst klarmachen, was genau Kingsburys Air Raid ist; kurz gesagt: Eine flexible Offense mit innovativen Designs, die Air-Raid-Elemente mit NFL-Game-Planning kombiniert. Arizona ging von einer historisch schlechten Offense 2018 in den Liga-Durchschnitt 2019; ein enormer Sprung, und neben Murray ist das vor allen Dingen Kingsburys Verdienst

Und dann muss man bei Kingsbury individuell betrachtet auch erwähnen, dass er in seiner Rookie-Saison eine merkliche Entwicklung als Head Coach hingelegt hat.

Man sieht es ganz konkret etwa an Dingen wie seinem - inzwischen deutlich mehr Analytics-getriebenen - Umgang mit Fourth Down, wo er mittlerweile wesentlich fortschrittlicher denkt und ganz nebenbei Woche für Woche exzellente Play-Calls ausgepackt hat. Man sieht es auch an seinem Umgang mit Challenges, auch hier ist deutlich zu vernehmen, dass er sich beratschlagen lässt und nicht aus blinder Emotion heraus seine Challenge-Flag wirft.

Aus Cardinals-Sicht gab es für mich in dieser Saison zwei Ziele, die über allem standen: Herauszufinden, ob Kingsbury der Coach für die Zukunft ist und herauszufinden, ob Kyler Murray der Quarterback der Zukunft ist. Nach 16 Spielen steht zumindest auf meinem Notizblock zu beidem ein klares Ja.

Moe: Ist der Tannehill-Trade der beste Trade der Offseason?

Zusammen mit dem Raubüberfall, den die Seahawks mit dem Clowney-Trade vorgenommen haben, wäre Tannehill meine Nummer 1, ja. Weitere Kandidaten, inklusive In-Season-Trade:

  • Der Seahawks-Trade für Quandre Diggs
  • Der Niners-Trade für Emmanuel Sanders
  • Der Ravens-Trade für Marcus Peters

Der Trade der Steelers für Minkah Fitzpatrick hat Pittsburgh natürlich ebenfalls enorm verbessert. Hier müsste man, im Gegensatz zu den oben genannten Optionen, aber mehr über den Preis diskutieren. Ähnlich wie beim Texans-Tunsil-Trade.

Volker: Werden Jameis Winston und/oder Marcus Mariota in der kommenden Saison in Woche 1 der Starting-Quarterback sein? Wenn ja, welche Teams sind realistisch?

  • Winston: Starter bei den Buccaneers.
  • Mariota: Vorläufiger Backup in Chicago.
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