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Third and Long Week 15: So explodierte die Cowboys-Offense - und was wird aus Winston?

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt in seiner wöchentlichen Kolumne zurück auf Woche 15 in der NFL.
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So explodierten Prescott, Zeke und Co. gegen die Rams

Wer einen Nachweis dafür brauchte, dass die NFL unvorhersehbar ist - das Spiel der Cowboys gegen die Rams wäre ein guter Ansatzpunkt. Die Cowboys wirkten gegen Chicago in der Vorwoche und auch schon im Spiel davor gegen Buffalo wie ein Team, das im oberen Liga-Drittel - von der Liga-Spitze gar nicht erst zu reden - nicht konkurrenzfähig ist.

Die Rams dagegen waren seit mehreren Wochen merklich im Aufwind, die Offensive Line spielte besser, in der Folge funktionierte die Offense besser und die Defense hatte sich zuletzt ebenfalls deutlich gesteigert. Umso mehr passte es ins Bild, dass Dak Prescott durch eine falsche Wortwahl scheinbar den Münzwurf vermasselt und den Rams den Ballbesitz zu Beginn beider Halbzeiten ermöglicht hatte. Ein Fehler der Refs, der im Laufe der ersten Hälfte korrigiert wurde.

Was eine Story des Spiels hätte werden können - in den sozialen Medien war der Spott gegenüber den Cowboys und Head Coach Jason Garrett bereits in vollem Gange - wurde so im Endeffekt zu einer Fußnote, die relativ bald in Vergessenheit geraten dürfte. Zu eindrucksvoll war der Auftritt der Cowboys, zu enttäuschend der Auftritt der Rams.

Doch woran lag das? Wieso entglitt dieses Spiel den Rams so dermaßen, und wieso brachte Dallas gegen diese Defense 44 Punkte aufs Scoreboard?

Dominanz dank des Run Games - oder?

Wer einen Blick auf die Total Stats nach diesem Spiel wirft, für den ist alles vermeintlich klar: Die Cowboys liefen für 263 Yards, die Rams für 22. Eine Differenz von 241 Yards - der größte Rushing-Yard-Abstand zugunsten der Cowboys seit Dezember 1980, als man ebenfalls gegen die Rams ein Rushing-Plus von 246 Yards aufs Scoreboard brachte.

"Ich weiß nicht, was die Offensive Line zum Frühstück hatte", staunte auch Ezekiel Elliott (4,9 Yards pro Run, 2 Rushing-Touchdowns) anschließend über die Räume, die er so in den vergangenen Wochen selten hatte, "aber sie haben das fantastisch gemacht und uns Backs die Arbeit enorm erleichter. Die großen Jungs, die waren voll im Rhythmus."

Elliott mit 4,33 Yards nach Kontakt pro Run sowie Backup Tony Pollard (10,33 Yards nach Kontakt pro Run) hatten auch individuell daran keinen geringen Anteil, Dallas verzeichnete im Run Game 16 Avoided Tackles und Center Travis Frederick hatte eines seiner besten Spiele dieses Jahr.

Wie so häufig erzählen die Total Stats aber nur einen Teil der Geschichte. Es besteht kein Zweifel daran, dass Dallas im Run Game dominierte und damit insbesondere in der zweiten Hälfte mit deutlicher Führung im Rücken diese verwalten und das Spiel so sicher über die Bühne bringen konnte.

Doch sind wir damit direkt beim Thema: Der Spielverlauf ist enorm wichtig, wenn es darum geht, Partien zu analysieren - die Total Stats können dem gar nicht gerecht werden.

So sah die Verteilung aus, als Dallas mit dem ersten Drive der zweiten Hälfte per Field Goal auf 31:7 erhöhte:

PassingRushing
19 Pässe, 171 YDS, 2 TD29 Runs, 157 YDS, 2 TD

Cowboys: Die Big Plays kommen durch die Luft

Was zweifellos stimmt, ist, dass die Cowboys keinen guten Rhythmus im Passspiel hatten. Prescott hatte zu dem Zeitpunkt bei 19 Pässen neun Incompletions geworfen. Zwölf der 29 Runs derweil hatten jeweils mindestens fünf Yards Raumgewinn erzielt.

Doch die andere Seite der Medaille? Selbst wenn man die beiden kurzen Touchdown-Runs über ein beziehungsweise drei Yards ausklammert, hatten auch zehn der 29 Runs weniger als vier Yards Raumgewinn erzielt.

Und vor allem kamen die Big Plays über das Passspiel: Prescott hatte nach jenem ersten Drive der zweiten Hälfte fünf Pässe über je mindestens 19 Yards auf dem Konto. Genau ein Run der Cowboys knackte diese Marke in dem Moment, ein 25-Yarder von Pollard. Die hier dargestellte Szene zeigt den 59-Yard-Touchdown von Tavon Austin, eines jener Big Plays im Passspiel.

Die Cowboys laufen hier ein Pick-Play, die beiden Crossing-Routes gehen direkt aneinander vorbei, sodass die Rams-Verteidiger in Man Coverage umeinander herum navigieren müssen. Das geht in dem Fall schief und sie knocken sich aus, und weil der freie tiefe Safety in der Cover-1 sich nach dem Snap auf die andere Seite, wo die beiden Wide Receiver postiert waren, orientiert, gibt es auch keine tiefe Absicherung und der schnelle Tavon Austin ist erst komplett offen und dann auf und davon.

Dallas führte nach diesem Touchdown mit 14:7 früh im zweiten Viertel, ein komplett offenes Spiel zu diesem Zeitpunkt also. Es war der anschließende Touchdown-Drive, geprägt durch zwei 20-Yard-Pässe sowie Pollards 25-Yard-Run nach einem 3-and-Out der Rams-Offense, sowie anschließend die Interception von Goff mit einem weiteren, kurzen Cowboys-Touchdown unmittelbar vor der Halbzeitpause, die dieses Spiel kippen ließen.

Pass- und Laufspiel sowie Defense im Einklang

Big Plays durch die Luft, eine dominante Offensive Line, Goffs Interception und ein relativ konstantes Run Game - das waren die kombinierten Schlüssel zum Sieg für Dallas.

Dazu gehörte auch, dass Dallas wenige lange Second oder gar Third Downs hatte; die Tabelle hier zeigt die First-Down-Plays der Cowboys bis zum 37:7 mit dem Drive Anfang des vierten Viertels:

Run+7 (Zone Read)+1+8+15+1+4+8+25+2
Pass+6INC+2+9INC+20INC+11+26
Run+9+12+4-2+4+1+6+5+5
Pass

Das Run Game spielte insbesondere in der zweiten Hälfte eine Rolle, als die Cowboys mit deutlicher Führung im Rücken spielten. Das ist nicht als Kritik am Run Game zu verstehen, sondern schlicht eine Illustration dessen, wo das Run Game in der heutigen NFL einen Wert hat. In Führung zu gehen mit Big Plays sowie defensiven Turnovern, dann diese Führung am Boden verwalten. So kann man viele Spiele gewinnen, auch heute.

Und was genau machte Dallas im Run Game? Zunächst einmal, und das ist einer von vielen alarmierenden Parts für die Rams in dieser Partie, nichts sonderlich Ungewöhnliches - was die Aussage von Aaron Donald ("Wir wurden heute blamiert!") durchaus zutreffend macht.

Dallas hatte genau einen Zone Read von Prescott und blieb ansonsten weitestgehend innerhalb der Strukturen der eigenen Outside-Zone-Offense - mit ein paar Zusätzen.

Die Szene hier zeigt den bereits angesprochenen 25-Yard-Run von Pollard beim Touchdown-Drive vor Goffs Interception. Die Cowboys spielen hier auf der rechten Seite der Offensive Line einen Fold Block, bedeutet: Der außen postierte Spieler blockt nach innen, um so den neben ihm platzierten Spieler die Freiheit zu geben, nach außen zu blocken.

Normalerweise ist es ein Fold Block eine "vertauschte" Zuteilung zwischen zwei Spielern; die Cowboys fügen hier einen zusätzlichen Pull-Blocker hinzu. Pollard, der in diesem Spiel abermals explosiver aussah als Elliott, muss nur den beiden nach außen kickenden Blockern folgen und hat vor sich Platz.

Die Cowboys liefen mehrfach gezielt weg von Donald oder nutzten Donalds Explosivität gegen ihn, indem sie ihn ins Backfield kommen ließen, um ihn dann verspätet abzuschirmen. Auch konnte All-Pro-Guard Zack Martin Donald mehrfach ausschalten.

Was mit den "Strukturen der Outside-Zone-Offense" gemeint ist, zeigt dieser 44-Yard-Touchdown-Run von Pollard drei Minuten vor dem Ende:

Es ist ein Musterbeispiel für einen Outside Zone Run aus einem One-Back-Set. Die gesamte Line inklusive der beiden Tight Ends auf der linken Seite macht einheitlich einen Schritt zur Seite, während der Receiver (Nummer 10) nur einen kurzen Backside-Block setzen muss, um den Verteidiger nicht ins Backfield zu lassen.

Alles, was Pollard dann machen muss, ist die Lücke zu finden - in der Regel hat der Running Back hier drei Optionen, er kann zurück Richtung Mitte cutten, nach ganz außen laufen oder aber in die sich in dem Fall öffnende Lücke zwischen dem Zentrum und den äußeren Blocks stoßen. Die Linebacker müssen dabei etwas abwartend agieren, um Pollards Entscheidung richtig zu erkennen, und weil der dann durch einen Arm-Tackling-Versuch hindurchläuft, gibt es kein Halten mehr.

Und ja, es gab sie auch - die Szenen, in denen Dallas einfach Eins-gegen-Eins die Rams dominierte und aus dem Weg räumte.

Das hier ist der Touchdown-Run von Elliott nach Goffs Interception, unmittelbar vor der Halbzeitpause. Simples Blocking, viel Eins-gegen-Eins - und deutlich mehr Raum, als irgendeine Defense ganz besonders innerhalb der eigenen 5-Yard-Line zulassen will.

Was bedeutet dieses Spiel jetzt für die Cowboys - außer eben der Tatsache, dass die NFL Woche für Woche eine Wundertüte ist? Nächste Woche gegen die Eagles könnte Dallas mit einem Sieg die Division-Krone perfekt machen. Philadelphia hat, wie eigentlich auch die Rams, eine gute Run-Defense - und ist in der Secondary um ein Vielfaches verwundbarer.

Bedeutet: Dallas sollte, wie wir es gerade in der ersten Saisonhälfte eigentlich so häufig von dieser Offense gesehen haben, auch in diesem Spiel wieder Big Plays durch die Luft auflegen können. Und wenn das Zusammenspiel mit dem eigenen Run Game dann so klappt wie gegen die Rams, ist der Weg für den Division-Titel eigentlich frei.

Eigentlich.

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