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NFL: Nick Bosa und die Transformation der San Francisco 49ers Defense

Nick Bosa half immens bei der Verstärkung der Defense der San Francisco 49ers.
© getty

Die San Francisco 49ers spielen ihre beste Saison seit 2013 und haben dies defensiv vor allem einem Rookie zu verdanken. Edge Rusher Nick Bosa ist der Hauptgrund für einen immensen Leistungsanstieg der gesamten Defense, überzeugt aber auch außerhalb des Platzes.

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Wenn die San Francisco 49ers am Sonntagabend auf die Green Bay Packers (Nacht auf Montag ab 2.20 Uhr live auf DAZN) treffen, dann empfängt ein 9-1-Team ein 8-2-Team. Ein Zustand, der vor der Saison noch nicht abzusehen war.

Während die Packers ihre Defense generalüberholt, ihren Head Coach gewechselt, damit ein neues Offensivsystem installiert und einen widererstarkten Aaron Rodgers als Gründe für den erwartbaren Aufsprung vorweisen können, ist es bei den 49ers hauptsächlich eine Personale. Rookie-Defensive-End Nick Bosa!

Schaut man auf die Vorsaison, fällt auf, dass die Niners gar nicht mal so viel an ihrem Personal verändert haben. Speziell in der Defense stechen als Änderungen eigentlich nur Dee Ford und Positionskollege Bosa heraus.

Dennoch präsentiert sich diese Unit nun auf einem ganz anderen Level. Es ist gewissermaßen ein Unterschied wie Tag und Nacht, speziell was die Front Seven betrifft. Die Defense der 49ers ist laut Football Outsiders in dieser Saison die mit großem Abstand zweitbeste insgesamt (-25,1 Prozent DVOA). Im Vorjahr noch war sie auf Platz 23 (5,7 Prozent DVOA) angesiedelt.

San Francisco 49ers: Massive Leistungssteigerung der Pass Defense

Was aber wirklich den Unterschied ausmacht, lässt sich ganz leicht ermitteln: Während die Laufverteidigung ihr Niveau vom Vorjahr essenziell gehalten hat (2018: -11 Prozent DVOA / 2019: -6,2 Prozent DVOA), ist die Steigerung in der Passverteidigung immens: 2018 noch stellte man die sechstschlechteste Unit der Liga (19,6 Prozent DVOA), nun ist es die zweitbeste (-41,3 Prozent).

Nun kann das natürlich viele Gründe haben. Sicherlich hilft ein vollständig wiederhergestellter Cornerback Richard Sherman, der im Vorjahr noch an den Folgen seiner Achillessehnenverletzung und anderer Blessuren laborierte. Aber am Ende ist es dann doch der klar verbesserte Pass Rush. Die 49ers bringen es mit ihrer Defensive Line auf eine Adjusted Sack Rate von 11,8 Prozent - klar der beste Wert der Liga. 2018 lag dieser Wert noch bei 6,9 Prozent (Platz 18).

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass dies nur für den Pass Rush gilt. Die Laufverteidigung hat sich sogar ein klein wenig verschlechtert - aus 4,39 Adjusted Line Yards 2018 (Platz 19) wurden in dieser Saison 4,29 (Platz 18).

Doch was genau bringt Bosa zum Team, das nicht vielleicht auch vom anderen Neuzugang in dem Bereich, Dee Ford, kommt? In erster Linie Produktion. Bosa führt die Niners mit 30 Pressures und 7 Sacks nach zehn Spielen an. Ford kommt gerade mal auf die Hälfte (16) der Pressures, auch wenn er selbst 6,5 Sacks angesammelt hat.

Nick Bosa zeigt außerordentliche Reife für einen Rookie

Bosa ist zudem derjenige, der mit seiner Art das Team voranbringt: "Dafür, dass er noch so jung ist, benimmt er sich sehr reif", sagte Teamkollege Ronald Blair gegenüber The Athletic schon kurz nach Saisonstart. "Normalerweise sind Rookies ruhig und geben dir nicht wahnsinnig viel. Aber wenn er Dinge sieht, gibt er dir sogar Ratschläge. Wenn er das Gefühl hat, dass er hier und da etwas entdeckt hat, dann gibt er dir Tipps. Er ist nicht egoistisch. Wir tauschen uns stetig aus."

Diese Reife zeigt sich bei Bosa jedoch auch auf dem Platz, zumindest meistens. Bei der einzigen Niederlage der Saison gegen die Seattle Seahawks etwa, war er zuweilen etwas zu aggressiv unterwegs, was es Quarterback Russell Wilson des Öfteren ermöglichte, aus der Pocket auszubrechen. Doch Wilson ist ein spezieller Fall, der weit von der Norm abweicht.

In der Regel jedoch weiß Bosa, was er tut. So gelang ihm etwa gegen die Carolina Panthers in Woche 8 eine Interception, weil er einen Rush andeutete, dann aber blitzschnell in Coverage zurückfiel und QB Kyle Allen damit entscheidend täuschte. Ein Pick, der etwas Besonderes war: Es war seine erste Interception seit der High School! "Die Reife beim Rush wird dadurch verkörpert, dass du weißt, wo im Rush-Prozess du gerade bist", erklärte Ford: "Er hat also verstanden, wo er in seinem Rush war und hat die athletische Fähigkeit, seinen Fuß in den Boden zu stellen, zurückzugehen und ein Play zu machen. Das ist Next-Level-Stuff. Die meisten Burschen müssen lange reifen, um das zu schaffen."

Nick Bosa: Statistiken 2019

KategorieWertNFL-Platz
Sacks716.
QB-Hurrys155.
Pressures309.
QB Knockdowns813.

Bosa selbst blieb nach dem so seltenen Pick allerdings bescheiden. Er setzte eher auf falsche Bescheidenheit und sagte: "Ich weiß nicht, wie man mit diesen Handschuhen den Ball überhaupt fallen lassen kann" und elaborierte: "Diese Dinger sind wie Kleber. Wenn deine Hände nicht nass sind, weiß ich nicht, wie du ihn fallen lassen könntest."

Mit dieser Vorstellung schrieb Bosa indes Geschichte: Er ist der erste Spieler der 49ers überhaupt, der in einem Spiel mindestens drei Sacks und eine Interception zustande gebracht hat. Die 49ers, die schon fünf Lombardis in der Vitrine haben.

Nick Bosa: Bester Spieler im Draft 2019

Im Anschluss an sein Statement sorgte Bosa für Lacher mit dem Zusatz: "Nun lasse ich garantiert einen fallen", in bester Seinfeld-Manier.

Bosa verkörpert große Klasse und Qualität auf dem Platz, ist jedoch neben dem Platz äußerst locker und ein umgänglicher Typ. Einer wie Sherman etwa, der ähnliche Charakteristiken aufweist.

Dass er letztlich bei den 49ers und nicht als erster Pick insgesamt des Drafts in Arizona gelandet ist, war für Bosa freilich eine glückliche Wendung, wurde er schließlich gemeinhin als bester Spieler im Draft angesehen. Die Cardinals, die sich intensiv mit Bosa befassten und ihm sogar die Vorzüge des 2-Point-Stands vermittelten - in der 3-4-Defense wäre Bosa als Outside Linebacker anstatt als 5-Technique-Defensive-End unterwegs gewesen -, entschieden sich letztlich aber doch für Offense und Quarterback Kyler Murray.

Für Bosa super, schließlich bekundete er schon vor dem Draft, dass er die 49ers deutlich besser sah als das zweitschlechteste Team der Liga, das sie mit ihrer 4-12-Bilanz im Vorjahr auf dem Papier waren. Eine Einschätzung, mit der er offenbar richtig lag. "Ich denke, um ein volles Potenzial zu erreichen, bin ich am richtigen Ort und in der richtigen Defense."

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