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NFL: Kansas City Chiefs in der Krise - Überragende Offense und ein gravierendes Defizit

Patrick Mahomes präsentierte sich nach seiner Verletzung bereits wieder in starker Form.
© getty

Die Kansas City Chiefs waren nach der ersten vollen Saison von MVP Patrick Mahomes als eines der verheißungsvollsten Teams der AFC in die Saison 2019 gestartet. Und nach vier Spielen sah man diese Vorschusslorbeeren auch bestätigt. Alle vier Partien wurden - teils klar - gewonnen. Seither jedoch ist die Bilanz ernüchternd.

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Seit dem Colts-Spiel in Woche 5 sind die Chiefs 2-4. Vier Niederlagen kassierten sie 2018 in der kompletten Regular Season! Man kann also durchaus von einer zumindest kleinen Krise reden, die die Chiefs gerade durchlaufen.

Und das, obwohl sie einem möglichen Desaster - einer potenziell folgenschweren Knieverletzung von Mahomes, nochmal entgangen waren. Letztlich verpasste er trotz ausgerenkter Kniescheibe gegen Denver nur zweieinhalb Spiele und kehrte schon am vergangenen Wochenende gegen die Tennessee Titans zurück.

In seiner Abwesenheit gelang dennoch ein Sieg in Denver sowie etwas überraschend in Woche 10 gegen die Minnesota Vikings. Gegen die Green Bay Packers wurde freilich verloren, allerdings war das gegen einen gut aufgelegten Aaron Rodgers auch nicht weiter verwunderlich und selbst diese Partie gestaltete sich enger als gedacht.

Backup Matt Moore machte einen sehr ordentlichen Job in Mahomes' Abwesenheit, obgleich allen klar war, dass der Superstar gebraucht wird, wenn man auch in diesem Jahr nach den Sternen greifen will. Gegen die Titans erinnerte Mahomes dann prompt alle an seine Extra-Klasse. Er warf für 446 Yards (36/50) und drei Touchdowns (81,2 Total QBR). Der MVP meldete sich also eindrucksvoll zurück, auch wenn er in einigen Momenten noch etwas eingerostet wirkte.

Chiefs: Mahomes schon fast wieder der Alte

Trotzdem: Mahomes war im Prinzip der Alte im ersten Spiel seit der Verletzung. Abgesehen davon, dass er sich aufs Passspiel beschränkte und keinen einzigen Laufversuch unternahm. Eine Vorsichtsmaßnahme nach der einen oder anderen Bein- und Fußverletzung der vergangenen Wochen.

Trotz Mahomes' Galavorstellung und der seiner Receiver - Tyreek Hill (11 REC, 157 YDS, TD), Travis Kelce (7 REC, 75 YDS, TD) und Mecole Hardman (REC, 63 YDS, TD) fingen allesamt Touchdowns und trugen das Spiel der Chiefs - verlor Kansas City überraschend gegen Tennessee in einem Shootout. Ein fraglos überraschendes Resultat, das in seiner Entstehung für einige Sorgenfalten in Kansas City sorgen sollte.

Über das ganze Spiel hinweg leisteten sich die haushoch favorisierten Chiefs einen Bock nach dem anderen. Unter anderem kassierten sie neun Strafen für 80 Yards. Die Schlussphase war besonders chaotisch mit einem misslungenen Field-Goal-Versuch, bei dem Holder Dustin Colquitt den Ball ins Nichts feuerte und damit den Titans in schier aussichtsloser Situation nochmal den Ball gab. Das nutzten sie zu einem schnellen Touchdown-Drive und im Anschluss wurde sogar noch ein Field-Goal-Versuch der Chiefs geblockt.

Doch war das nun ein Ausrutscher oder eher die Bestätigung eines Trends? Die Chiefs hatten zuletzt defensiv eine klare Steigerung erkennen lassen und ihren Pass-Rush merklich in Schwung gebracht. Gegen die Broncos hatten sie neun Sacks gesammelt, gegen die Packers und Rodgers immerhin deren fünf.

Gegen die Titans - dieser Tage nicht gerade für eine Elite-Offensive-Line bekannt - war die eigene Herangehensweise das Problem, wenn man Edge-Rusher Frank Clark - seines Zeichens bisher eine ziemliche Enttäuschung seit seiner Verpflichtung aus Seattle - Glauben schenken mag: "Wir haben eher soft gespielt am Ende. Deren Offense trat sehr viel aggressiver auf als wir es defensiv getan haben. Das hat zu einem Sieg für sie geführt."

Zudem "haben wir ehrlich gesagt nicht erwartet", dass Quarterback Ryan Tannehill Plays mit seinen Füßen machen würde, räumte Clark darüber hinaus ein.

Chiefs-Passverteidigung Top 5 in der NFL

Allerdings muss konstatiert werden, dass sich die Pass-Verteidigung gar nicht mal so schlecht präsentierte in dieser Saison. Laut Football Outsiders belegt sie den fünften Rang der NFL (-8,1 Prozent DVOA). Aber die Passverteidigung war per se auch nicht das Problem gegen Tennessee.

Die Laufverteidigung dagegen schon: Tennessee lief für 225 Yards, Derrick Henry allein kam auf 188 (23 CAR) und erzielte unter anderem einen 68-Yard-Touchdown. Hier lässt sich dann auch ein roter Faden erkennen. Die Chiefs stellen die zweitschlechteste Lauf-Verteidigung der NFL (7,1 Prozent DVOA), nur die Panthers (14,2 Prozent DVOA) sind noch schlechter in dieser Saison.

Entsprechend darf man auch die vier Niederlagen zum Teil daran festmachen. Gegen die Colts (13:19) ließ man 180 Rushing-Yards zu, gegen die Texans (24:31) 192 und gegen die Packers immerhin 118 Rushing-Yards. Die Laufverteidigung ist also ein nicht unwesentlicher Faktor und ein Problem, das nicht nur in einem Spiel zu beobachten war.

Für die Pleite gegen Tennessee hatte Head Coach Andy Reid eine simple Erklärung: "Wir waren in Position, das Spiel zuzumachen, was wir nicht geschafft haben. Dafür bin ich verantwortlich. Und dann waren wir zu schlampig."

Und auch wenn die eigene Offense dieses Mal das Spiel nicht zugemacht hat, ist sie, besonders durch die Luft, weiterhin das Non-Plus-Ultra dieser Liga (53 Prozent DVOA). Dank Mahomes und zahlreicher Offensiv-Waffen, die ihresgleichen suchen.

Dennoch scheint selbst diese Unit nicht konstant in der Lage zu sein, die enormen defensiven Defizite konstant auszumerzen, und dann muss man doch wieder von einem möglicherweise schwerwiegenden Problem sprechen. Die Offense darf es sich im Prinzip nicht leisten, Punkte liegen zu lassen, was zuletzt ebenfalls einige Male vorkam. Auch gegen die Titans, wo zu viele Drives in Field Goals endeten. Abgesehen davon, dass es auch in der modernen NFL ohnehin kein gutes Rezept ist, es jede Woche auf einen Shootout ankommen zu lassen.

Kansas City Chiefs: First-Round-Bye unwahrscheinlich

Was bedeutet das nun für den weiteren Saison-Ausblick in KC? Dass Defenses deutlich anfälliger für Leistungsschwankungen sind als Offenses ist kein Geheimnis, und wenn man sich die letzten vier Partien der Chiefs anschaut, kommt man genau zu diesem Schluss. Doch ist Kansas City dieses Jahr defensiv zu so krassen Abstürzen in der Lage, dass das die Saison in Arrowhead irgendwann im Januar beenden könnte.

Wäre die Defense halbwegs konstant im unteren Mittelmaß, wäre es eine andere Diskussion. Doch die enormen Tiefs setzen die eigene Offense, so gut sie auch ist, unter immensen Druck.

In der Tabelle liegt Kansas City trotz allem immer noch vorn in einer schwachen AFC West. Sie sollten weiterhin die Playoffs erreichen, obgleich die Oakland Raiders mittlerweile nur noch ein halbes Spiel zurückliegen. Für die Los Angeles Chargers sind es ganze zwei Spiele, doch stehen hier noch zwei direkte Duelle an - das erste am kommenden Montagabend in Mexiko (live auf DAZN). Die Chiefs haben die Division-Krone weiter in der eigenen Hand und haben ihre bisherigen zwei Intra-Division-Partien gewonnen.

Anders sieht es da schon in den AFC-Playoffs aus. Mit 6-4 liegt KC schon klar hinter New England (8-1) und Baltimore (7-2). Die Ravens hat man bereits geschlagen, ein Trip nach Foxborough steht noch an. Dennoch müssen sich Reid und Co. darauf einstellen, anders als im Vorjahr die Playoffs bereits am Wildcard-Wochenende zu eröffnen.

Und die Hoffnung, die AFC-Playoffs erneut durch Arrowhead laufen zu lassen und im Idealfall die Patriots, Ravens, Texans oder wen auch immer im Championship Game in Kansas City zu empfangen, statt für ein solches Spiel auswärts ran zu müssen, darf wohl schon sehr bald endgültig begraben werden. Dafür, und diese Erkenntnis lieferte die erste Saisonhälfte, ist die Defense in ihren Ausreißern nach unten einfach zu schlecht.

NFL: Das Restprogramm der Kansas City Chiefs

WocheDatumGegner
1119. NovemberChargers (in Mexiko-Stadt)
12-BYE
131. DezemberRaiders
148. Dezember@ Patriots
1515. DezemberBroncos
1623. Dezember@ Bears
1729. DezemberChargers
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