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Third and Long: Frustrierende Coaches - und wie bereitete Cleveland den Patriots Probleme?

SPOX-Redakteur Adrian Franke blickt in seiner wöchentlichen Kolumne zurück auf Woche 8.
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Wie bereitete Cleveland der Patriots-Defense Probleme?

These: Hätten die Browns nicht mehrfach mit einer Schrotflinte auf die eigenen Füße geballert - das Duell mit den Patriots in Foxboro hätte deutlich anders ausgehen können.

Zwei Fumbles von Nick Chubb, die absurde Interception von Mayfield bei einem Shovel Pass in die Arme von Defensive Tackle Lawrence Guy - und schon war man noch vor Ende des ersten Viertels in einem 0:17-Loch.

Dazu wieder eine ganze Buntwäsche an Flaggen, der erneut merkwürdige Umgang von Freddie Kitchens mit der Challenge Flag und natürlich das Desaster bei Fourth Down an der eigenen 24-Yard-Line, als man zunächst das Punt-Team raus schickte und dann nach einem False Start Fourth-and-16 ausspielte.

Dass sich in der Folge dennoch und trotz eines vermasselten 2-Minute-Drives vor der Halbzeitpause nach dem geblockten Pats-Field-Goal-Versuch ein enges Spiel entwickelte - die Browns kamen auf 10:17 ran und bereiteten New England nach dem desolaten ersten Viertel deutlich mehr Probleme als jedes andere Team, ausgenommen die Bills - spricht für die Qualität in Clevelands Kader.

Und es wirft auch die Frage auf: Wie genau konnte Cleveland der (zurecht) hochgelobten Patriots-Defense eigentlich Probleme bereiten? Wieso kam Cleveland auf 7,2 Yards pro Run bei 6,6 Yards pro Run von Chubb? Und was sagt uns das womöglich vor New Englands Duell mit den Ravens in der kommenden Woche?

Die Browns attackieren die Patriots-Defense

Einige Punkte fielen beim Browns-Tape auf:

  • Cleveland arbeitete viel mit Pull-Blockern, und das aus allen Richtungen. Tackles, Guards, Wide Receiver - die Browns waren bemüht, New Englands Gap-Zuteilungen durcheinander zu bringen. Und das gelang auch einige Male.
  • Die Browns versuchten, ihre Play-Designs zu kombinieren und so aus identischen Formationen unterschiedliche Plays zu laufen.
  • Das Run Game war auf eine horizontale Dimension ausgelegt. Cleveland zog die Patriots-Front via Designs immer wieder in die Breite, um dann daraus vertikal zu attackieren. Das war auch der effektivste Weg, mit simplen Runs durch die Mitte hatten die Browns wenig Erfolg.
  • Möglichst klare Reads für den Quarterback sind zwingend notwendig. Die Front und der Pass-Rush sind generell extrem schwer zu lesen, wann immer man aber dem Quarterback einige klar definierte Reads - vor allem gegen die Man Coverage der Pats - geben kann, ist das ein Plus. Cleveland gelang das über seine Tight Ends mehrfach, hier sollte Baltimore ebenfalls ansetzen können.

Ein erstes sehr gutes Beispiel für einige dieser Punkte ist der lange Run von Chubb gleich beim dritten Drive, welcher in seinem zweiten Fumble endete:

Die Browns hatten direkt beim Drive davor die exakt gleiche Formation - lediglich spiegelverkehrt - gespielt, und sind dabei via Play Action auf einen Screen gegangen, um den Patriots-Blitz ins Leere laufen zu lassen.

Hier kommen sie also mit der gleichen Aufstellung raus, und Chubb kommt auf das Second Level, wo er sich dann gut durch Kontakt arbeitet und bis kurz vor die Patriots-Endzone explodiert - wo ihm Jones von hinten den Ball aus der Hand schlägt.

Das klappte vor allem, weil die Browns beide Guards direkt auf das Linebacker-Level brachten, mit zwei Receivern aus der Trips-Formation der rechten Seite nach innen schoben und dann zwei Pull-Blocker (der Right Tackle sowie Wide Receiver Jarvis Landry) vor Chubb den Weg freiräumen ließen.

Exemplarisch wäre auch dieser Run bei First Down, der in einem 16-Yard-Raumgewinn für Chubb endet:

Das Play sieht aus wie ein Zone Read, und womöglich hatte Mayfield hier auch wirklich die Option, den Ball zurückzuziehen und selbst loszulaufen: Die Blocks gehen alle nach links, sodass der Edge-Verteidiger ungeblockt bleibt. Mayfield hat die Augen auf ihm und übergibt den Ball zu Chubb, als klar ist, dass er nicht nach innen crasht, sondern abwartend agiert.

Wieder bekommt Cleveland einen Blocker - in dem Fall den Center - schnell auf das Linebacker-Level und schirmt außen sehr gut mit den Blocks das Ende der Line ab. Chubb kann so erneut mit Speed nach außen durchbrechen.

Browns-Passspiel: Endlich eine Herausforderung für New England

Im Passspiel geht es gegen die Patriots, ganz simpel gesagt, um zwei Sachen: Möglichst klare Reads für den Quarterback und gegen die beste Secondary der NFL trotzdem gute Matchups zu kreieren. Genau das gelang den Browns unter anderem beim Touchdown:

Es ist kein Geheimnis, dass die Patriots Man Coverage spielen wollen, und mit entsprechenden Pre-Snap-Motions insbesondere durch Tight Ends und Running Backs kann der Quarterback vor dem Snap schon ein gutes Gefühl dafür bekommen, ob die Defense in Man Coverage ist. Man Coverage gab es auch bei Clevelands Touchdown-Pass, und was die Browns hier machen, ist definitiv für Baltimore interessant.

Cleveland spielt im 12-Personnel (ein Running Back, zwei Tight Ends, zwei Wide Receiver) mit beiden Wide Receivern - Odell Beckham und Jarvis Landry - auf der rechten Seite der Formation.

Das bewirkt, dass die Patriots ihre beiden besten Defensive Backs, Cornerback Stephon Gilmore und Safety Devin McCourty, ebenfalls auf dieser Seite der Formation aufstellen, gemeinsam mit Nummer-3-Corner J.C. Jackson. Damit wissen die Browns bereits, dass sie auf der anderen Seite der Formation vorteilhafte Matchups kreieren können, wo die Patriots zwei Linebacker (Dont'a Hightower und Jamie Collins) sowie Safety Patrick Chung gegen die beiden Tight Ends und den Running Back aufbieten.

Und Cleveland hat - genau wie Baltimore - selbst ohne den verletzten David Njoku mit Demetrius Harris, Ricky Seals-Jones und Pharaoh Brown die Tight Ends, um solche Matchups auszunutzen. Chung übernimmt Post-Snap Brown, der nach innen zieht und gemeinsam mit Landry von der anderen Seite ein Mesh-Konzept läuft.

Das lässt Harris Downfield Eins-gegen-Eins mit Hightower ohne Safety-Hilfe; ein sehr vorteilhaftes Matchup für die Browns, die hier gewissermaßen ihre Wide Receiver als Ablenkung nutzen und die Tatsache, dass die Patriots Beckham doppeln und so der tiefe Safety fehlt, gegen sie verwenden können. So sah das dann aus, direkt bevor Mayfield den Ball wirft:

Früh in der zweiten Hälfte hatten die Browns zudem ein gutes Play-Design, um New Englands Zone Coverage vertikal zu attackieren. Wenn New England Zone spielt, ist die Gefahr für Fallen in der Coverage umso höher und oftmals weiß man noch weniger, wer sich in Coverage fallen lässt und wer angreift.

Mit Flood-Konzepten (eine Seite der Defense mit drei Routes auf verschiedener Tiefe "überladen") und Play Action kann man dem Quarterback auch dabei möglichst klare Reads geben und, unabhängig davon, was vielleicht in der Mitte des Feldes mit den Linebackern passiert, New Englands Coverage ärgern.

Hier ein Beispiel genau dafür aus dem Field-Goal-Drive direkt nach der Halbzeitpause:

Auffällig ist hier erst einmal: Die Browns kommen erneut mit zwei Wide Receivern auf der einen und den beiden eng an der Line postierten Tight Ends auf der anderen Seite raus; das ganze in einem engen Split, also alle Spieler stellen sich innerhalb der Zahlen auf dem Feld auf.

Das macht zwar die Patriots-Front schwerer lesbar, da New England mehr Verteidiger rund um die Offensive Line postieren kann - gleichzeitig öffnet es für die Routes der Browns aber das ganze Feld, da Out- genau wie In-Breaking-Routes jetzt gefährlich werden. Die Defense kann in Coverage die Seitenlinie weniger als Unterstützung nutzen.

Dieses Mal kommt New England mit Gilmore sowie einem Linebacker auf der Wide-Receiver-Seite dagegen raus - ein klarer Hinweis auf Zone Coverage. Das attackiert Cleveland vertikal, und zwar aus Play Action heraus und zwischen den Zones (hinter dem Linebacker, vor Cornerback und Safety) ergibt sich die Lücke für Landry und einen 21-Yard-Raumgewinn.

Die Browns standen sich letztlich zu extrem selbst im Weg und auch Kitchens hatte was die In-Game-Entscheidungen angeht zum wiederholten Mal einen sehr schlechten Tag. In puncto Play-Designs und Play-Calls gegen spezifische Looks der Patriots-Defense war das aber der mit Abstand beste Game Plan einer Offense gegen New England bislang in dieser Saison. Das sollte Cleveland etwas Optimismus geben - und könnte Division-Rivale Baltimore für den Kracher am kommenden Sonntag einige Hilfestellungen bieten.

Patriots: Können die Ravens von den Browns lernen?

Baltimores Running Backs werden eher seltener so eingesetzt wie Chubb am Sonntag - diese Aufgabe, und das könnte für New England das größere Problem werden, fällt in der Regel eher Lamar Jackson zu.

Viele der Ravens-Designs sind darauf ausgelegt, dass Jackson entweder per Zone Read einen Verteidiger liest und dann nach außen ziehen kann, oder aber dass er direkt nach außen losläuft, während das Base Run Game eher Inside stattfindet.

New England wird es vermutlich besser als vielen anderen Teams gelingen, Jackson beim Pass in der Pocket zu halten - doch kommen nach wie vor zwei Drittel von Jacksons Runs aus desginten Runs für den Quarterbacks, und die finden eben weitestgehend nach außen statt und auch die Ravens arbeiten dann gerne mit Pull-Blockern, mit Trap Blocks durch Tight Ends und dergleichen. Auch Motion und natürlich Play Action sind Kernelemente der Ravens-Offense.

New Englands Secondary ist ligaweit unerreicht und sollte auch gegen die Ravens klar überlegen sein; doch es wird sehr spannend sein zu sehen, wie aggressiv die Patriots Baltimores Run Game verteidigen.