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NFL: Wie viel ist ein Running Back heutzutage wirklich wert?

Ezekiel Elliott denkt laut über einen Streik nach und will einen neuen Vertrag von den Dallas Cowboys.
© getty

Stars wie Melvin Gordon oder Ezekiel Elliott wollen in diesem Sommer neue Verträge und drohen mit (potenziellen) Streiks. Doch sollten ihre Teams, die Los Angeles Chargers und Dallas Cowboys, nachgeben? Oder sind sie besser dran mit günstigeren Alternativen? Anders gefragt: Was sind Running Backs heutzutage wert in der NFL?

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Melvin Gordon streikt bereits. Ezekiel Elliott denkt zumindest laut darüber nach. Gordon geht in sein letztes, Elliott in sein vorletztes Vertragsjahr und beide wollen neue Verträge. Beide stehen aber vor dem Problem, dass die NFL immer weniger dazu neigt, Running Backs langfristig und hochklassig zu bezahlen.

Oberflächlich betrachtet ist das auch in der heutigen NFL nicht ratsam. Allein im Vorjahr zeigte sich, dass es oft keinen massiven Unterschied machte, wer genau im Backfield agiert. Die Steelers etwa mussten 2018 komplett auf Star-Back Le'Veon Bell verzichten und setzten daher auf James Conner als Starter im Backfield.

Das Ergebnis? Die Steelers produzierten im Schnitt rund 26 Yards mehr pro Spiel, zudem knapp zwei Punkte mehr. Freilich ging die Rush-Produktion runter, doch im Gesamtkonzept ist das zu vernachlässigen.

Qualitativ betrachtet ging die Produktion von 19,5 Prozent DVOA (laut Football Outsiders) im Jahr 2017 auf 15 Prozent DVOA 2018 etwas runter. Aber für Rang 6 der Liga reichte es im Endeffekt immer noch (Platz 3 2017).

Running Backs sind mehr als ihre Laufleistung

Wichtig ist hier zu betonen, dass man das Gesamtpaket betrachten muss, nicht nur die Laufleistung; denn gerade Bell ist eine veritable Pass-Option aus dem Backfield.

Noch krasser war es dann bei den Los Angeles Rams, die mit Todd Gurley den vermeintlich besten Running Back der Liga haben und diesen gerade gegen Saisonende öfters ersetzen mussten. C.J. Anderson musste ran und produzierte auf überragendem Niveau!

Von der Straße aufgelesen brachte er es letztlich auf 40,1 Prozent DVOA und 38,9 Prozent VOA - Gurley kam als Nummer eins der Liga auf 23,7 Prozent DVOA und 21,4 Prozent VOA. Anderson hatte freilich nur 67 Carries in der Regular Season, weshalb wir hier natürlich eine extrem kleine Sample Size haben.

Für die aktuelle Diskussion aber dürfte es reichen, um zu zeigen, dass Gurley zu ersetzen war. Wenn auch nur kurzfristig. Blocking-Scheme, Qualität der O-Line, das Passing Game - diese Faktoren waren richtungsweisend für den Erfolg des Run Games.

Gurley wiederum ist auch aus anderer Hinsicht ein wichtiges Beispiel, denn er ist einer der wenigen Running Backs, die tatsächlich hochdotiert entlohnt wurden. Er unterschrieb seinerzeit für vier Jahre und 57 Millionen Dollar, von denen 45 Millionen garantiert sind. Es ist gewissermaßen der Richtwert für künftige Top-Running-Back-Verträge. Wenn man sich denn danach richten will.

NFL: Todd Gurley als warnendes Beispiel

Gurley selbst nämlich zeigt ja, warum ein langfristiges und teures Investment in einen Running Back riskant ist. Gurley plagte sich bereits im Vorjahr mit Knieproblemen herum, die ihn einige Zeit gerade in den Playoffs gekostet haben. Gerüchten zufolge leidet er gar an Arthritis, was mit seinen noch jungen 24 Jahren erschreckend ist. Dem Vernehmen nach versuchen die Rams daher, die Belastung für Gurley gering zu halten. Zu diesem Zweck wurde mit Darrell Henderson auch ein recht hoher Draft-Pick (3. Runde) in einen Running Back investiert.

Was heißt dies also für Elliott und Gordon? Gerade bei Zeke wird gerne argumentiert, dass er eine transformierende Qualität für die ganze Offense mitbringe. Dass er Defenses dazu zwinge, einen zusätzlichen Verteidiger in die Tackle Box zu stellen und damit das Leben für Dak Prescott, der wiederum dann einen Cover-Guy weniger zu beachten hat, zu erleichtern. Und auch Play Action soll mit seiner Präsenz besser funktionieren.

Allerdings sind dies alles Theorien, die Steven Ruiz von USA Today widerlegt hat. Demnach stellten laut NFL Next Gen Stats Gegner gegen Elliott in 24,67 Prozent seiner Carries acht Mann in die Box. Das entspricht Platz 19 in der Liga. Direkt über ihm in dieser Statistik steht übrigens Elijah McGuire (New York Jets) - wer? Eben! Und: Als Elliott sechs Spiele im Jahr 2017 gesperrt war und Alfred Morris die Starts bekam, hatte dieser sogar bei 34 Prozent seiner Carries acht Mann in der Box.

Will heißen: Nur weil Zeke da stand, hieß das keineswegs, dass Defenses sich komplett auf ihn einstellten und konzentrierten. Defenses beobachten die offensive Formation und das offensive Personnel auf dem Feld. Das entscheidet, wie sich die Defense aufstellt. Nicht der Running Back im Backfield.

Dallas Cowboys: Elliott im Passspiel kein großer Faktor

Und auch in Sachen Passspiel ist Elliott keineswegs ein großer Faktor! Er fing zwar 77 Pässe im Vorjahr, aber damit produzierte er in Sachen EPA (Expected Points Added) pro Target nur den dreißigst besten Wert aller Running Backs. Und Play Action spielen die Cowboys darüber hinaus ohnehin vergleichsweise wenig (24,9 Prozent der Plays).

Bei Gordon verhält es sich im Übrigen ähnlich: Auch gegen ihn wird kaum mit einer Acht-Mann-Box (25,71 Prozent) gespielt. Und Play Action setzen die Chargers gar nur in 21,4 Prozent ihrer Plays ein.

Beide sind, genau wie Gurley, unzweifelhaft herausragende Spieler. Doch scheint ihre individuelle Qualität allein nicht der Grund zu sein, dass ihre Teams offensiv und insgesamt Erfolg haben. Und das, obwohl Gurley (23,7 Prozent DVOA) und Gordon (20,5 Prozent DVOA) unter Running Backs auf Platz 1 und 3 nach DVOA lagen in der abgelaufenen Spielzeit.

Vielmehr kamen ihre Teams auch ganz gut ohne sie klar, wenn sie mal ausfielen. Das zeigte sich 2017 mit der Sperre von Elliott und 2018 mit Gordons Verletzung, die ihn vier Spiele in der Regular Season kosteten, sowie dem Anderson-Phänomen in Los Angeles.

NFL: Top-Teams kommen ohne Star-Running-Backs aus

Hinzu kommt, dass die erfolgreichsten Teams der letzten Jahre, darunter vor allem die Super-Bowl-Sieger, eigentlich seit den Seahawks 2013 keine wirklichen Star-Running-Backs mehr beschäftigten. Bei den Patriots (drei Titel) brillierte allen voran James White, während es im vergangenen Februar Rookie Sony Michel war, der die meisten Carries bekam.

Die Broncos 2015 setzten auf die damals unbeschrieben Blätter Anderson und Ronnie Hillman. Und die Eagles 2017? Die hatten mit LeGarrette Blount, Jay Ajayi und Corey Clement zwar immerhin zwei etabliertere Gesichter, doch sonderlich teuer waren auch diese Backs nicht; geschweige denn, dass einer von ihnen als "Superstar Running Back" durchgehen würde.

Im Gegensatz dazu glänzte im Vorjahr ein Saquon Barkley bei den Giants und hatte ein paar der besten Running-Back-Plays überhaupt in der Saison. Sein Team dagegen war nicht konkurrenzfähig und es dürfte klar sein, dass es für New York sinnvoller gewesen wäre, einen der guten Quarterbacks, die es im Draft 2018 gab, zu ziehen, anstatt Barkley an Position 2 auszuwählen.

Denn eines ist klar: Die Liga ist immer mehr eine Passing-Liga. Das Laufspiel mag von ein paar Teams zuletzt wieder in Mode gebracht worden sein, doch ultimativ geht die Tendenz hin zu noch mehr Pässen. Besonders wenn Kliff Kingsbury mit seinem Air-Raid-Ansatz in Arizona erfolgreich sein sollte.

Running Backs können eine wichtige Rolle in einer der heutigen Offenses spielen. Als Matchup-Waffen, die mit Vielseitigkeit punkten. Aber sie zum zentralen Punkt zu machen und viel Geld in sie zu investieren, ist zu riskant und sportlich nicht mehr sinnvoll.

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