NFL

Die New Orleans Saints nach dem Championship Game: Deja Voodoo

Von Pascal De Marco
Drew Brees stellte in dieser Saison mit einer Completion-Percentage von 74,4 Prozent einen persönlichen Rekord auf.
© getty

Die Saison der New Orleans Saints ist auf dramatische Art und Weise zu Ende gegangen. Eine verheerende Fehlentscheidung verwehrte Drew Brees und Co. beim 23:26 nach Overtime gegen die Los Angeles Rams den Einzug in den Super Bowl. Bekommen der 40-Jährige und Head Coach Sean Payton im nächsten Jahr noch eine Chance?

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Im zweiten Jahr in Folge endet die Saison der New Orleans Saints tief in der Postseason und auf unfassbar bittere Art und Weise. Nachdem das Team von Sean Payton im Vorjahr das schlechtere Ende des später getauften "Minnesota Miracle" erwischte, war es in dieser Saison einer der schlechtesten No-Calls in der Geschichte der NFL-Playoffs.

Die Saison der Saints war bis zu diesem Zeitpunkt nahezu perfekt gelaufen. Im Gegensatz zum Vorjahr hatte man sich durch sportlich herausragende Leistungen sogar den Vorteil sichern können, alle NFC-Playoff-Duelle im heimischen Superdome vor einer der lautesten Kulissen der NFL auszutragen. Doch wo die Träume in letzter Saison durch den sportlichen Fehler von Marcus Williams, der Stefon Diggs nur hätte zu Boden bringen oder Out of Bounce tacklen müssen, platzten, war es diesmal kein sportlicher Fehler, sondern der von der Referee-Crew um Bill Vinovich.

Zum zweiten Mal in Folge auf derart bittere Art und Weise und so kurz vor dem großen Ziel gestoppt zu werden, hat viele Beteiligte emotional tief getroffen. Das war unter anderem Payton, Defensive End Cam Jordan und Running Back Mark Ingram in den Interviews nach dem Spiel stark anzumerken. Können sich die Saints und der inzwischen 40-jährige Drew Brees erneut von einer wahnsinnig dramatischen Niederlage erholen und einen weiteren Angriff auf den Super Bowl starten? Oder haben sich die Geister um New Orleans gegen den sportlichen Erfolg verschworen?

Pass Interference gegen Robey-Coleman hätte das Spiel entschieden

Freilich war der vielzitierte No-Call bei der offensichtlichen Pass Interference von Rams Cornerback Nickell Robey-Coleman gegen Saints Wideout Tommylee Lewis nicht der einzige ausschlaggebende Grund für das Aus der Saints. New Orleans hatte es früh im Spiel nicht geschafft, trotz drückender Dominanz davonzuziehen. In mehreren Versuchen wurde man in der Red Zone bei Field Goals gehalten. Das Playcalling vor der diskutierten Szene war fragwürdig, weil es die Uhr stoppte. Und auch in der Overtime hatte man zunächst Ballbesitz und die Chance, das Spiel zu entscheiden.

Die Saints verpassten all diese Möglichkeiten und dennoch wird das Spiel aufgrund des verpassten Calls in Erinnerung bleiben - und das vollkommen zu Recht. Während die Rams bei einem größeren Rückstand nämlich beispielsweise immer noch die Möglichkeit gehabt hätten, mit angepasstem Playcalling und höherer Aggressivität zu antworten, so wäre dies im Falle einer Strafe gegen Robey-Coleman nicht mehr der Fall gewesen. Die Saints hätten abknien und die Uhr auslaufen lassen können. Ein Chip Shot von Kicker Wil Lutz hätte definitiv den Sieg bedeutet.

So aber erhielten die Saints kein First Down an der 5-Yard-Linie der Rams. Die Zeit ist nicht weitergelaufen und Jared Goff erhielt den Ball mit 1:45 Minuten auf der Uhr zurück in die Hände. Genug Zeit, um in Field-Goal-Range zu kommen und das Spiel auszugleichen. In der Overtime wurde Brees dann bei einem Passversuch vom Pass Rush erwischt. Die Folge: Der Ball landete in den Händen von Rams-Safety John Johnson. Die Rams waren schnell wieder in Field-Goal-Reichweite. Der Rest ist Geschichte.

Payton: "Werden wohl nie darüber hinwegkommen"

"Es ist simpel", erklärte Payton, der kurz nach dem Spiel schon telefonisch Kontakt zum Vizepräsidenten des Schiedsrichterkomitees aufgenommen hatte. "Sie haben den Call verpasst. Es hätte niemals kein Foul sein sollen. Sie haben gesagt, dass es nicht nur Pass Interference gewesen ist, sondern auch Helmet to Helmet. Sie konnten es selbst nicht glauben. Das erste, was sie mir am Telefon sagten, war, 'wir haben es vermasselt'."

Fans und Medien übertreiben gerne Mal, wenn es um die Reaktion auf eine falsche Schiedsrichterentscheidung geht. In diesem Fall aber ist eine Verharmlosung nicht angebracht. Die Entscheidung kann nicht in Relation gesetzt werden. Sie war definitiv und ihre Folgen auf einer derartigen Bühne drastisch.

"Es steht zu viel auf dem Spiel", führte Payton fort. "Es ist ein schwieriger Job für sie, weil alles so schnell geht. Aber ich weiß nicht, ob es jemals eine offensichtlichere Pass Interference gegeben hat. Und das beim NFC Championship Game. Ich wünsche es keinem Team, jemals auf diese Art verlieren zu müssen. Das ist schwer hinzunehmen... wir werden wohl nie darüber hinwegkommen."

New Orleans Saints 2018 mit größter Punktedifferenz aller Teams

Dass sie schwierige Niederlagen wegstecken und nach einer Offseason stärker zurückkommen können, haben die Saints aber alleine in diesem Jahr beeindruckend bewiesen. New Orleans spielte eine fabulöse Saison und sicherte sich das Heimrecht in den Playoffs dank 13 Siegen in der Regular Season. Darunter war der beeindruckende Sieg im ersten Duell der Saison mit den Rams. Es war die erste Pleite, die der Super-Bowl-Teilnehmer in diesem Jahr einstecken musste.

Die Saints waren vor allen Dingen auf der offensiven Seite wieder einmal enorm stark. Unter einem effizienten Brees, großartigem Playcalling Paytons und einer bärenstarken O-Line schienen die Saints vor allem vor heimischem Publikum nicht aufzuhalten. Sie waren nach dem aussagekräftigen DVOA-Rating das zweitbeste Team, das viertbeste nach dem offensiven DVOA und sie hatten die höchste Punktedifferenz in der gesamten Liga.

Wide Receiver Michael Thomas fungierte bei der Hälfte seiner Snaps aus der Slot-Position heraus und steht wie kein anderer für die steigende Wichtigkeit von großen Receivern auf dieser Position. Mit 125 Catches bei 147 Targets stellte er mit 85 Prozent die beste Catch Rate seit Beginn der Messung im Jahre 1992 auf. Auch im Run Blocking konnte die Offensive Line und Multifunktionswaffe Alvin Kamara an die starke Vorsaison anknüpfen.

Defensiv hingegen stabilisierte sich das Team nach einem wackligen Start. Während auf Defensive End Cam Jordan und seine 12,5 Sacks Verlass war, hatte Rookie Marcus Davenport viel mit Verletzungen zu kämpfen und konnte dementsprechend nur vereinzelt zeigen, warum er den Saints zwei Erstrundenpicks (2018 Pos. 27, 2019 Pos. 30) wert war. Die Secondary um Marshon Lattimore zeigte sich anfangs anfällig, rehabilitierte sich dann aber zusehends. Dennoch stellt dies wohl die noch größte Baustelle in New Orleans dar.

Drew Brees: "Plane zurück zu kommen"

Am Ende hat nichts davon geholfen. Die Saints sind um eine Pass-Interference-Penalty zu kurz gekommen und verpassen den Super Bowl erneut. Soll es einfach nicht sein?

Einen weiteren Anlauf werden Brees, Payton und Co. in der nächsten Saison nehmen. Brees hat sehr viele Zeichen in Richtung einer 19. Saison in der NFL gegeben. "Ich brauche ein paar Tage, um das sacken zu lassen", sagte der 40-Jährige. "Aber ich plane, in der nächsten Saison zurück zu kommen."

Grandiose Free-Agency-Probleme wird man darüber hinaus nicht bekommen. Running Back Mark Ingram ist der vermeintlich größte Name, der für die neue Saison ohne Vertrag dasteht. Angesichts der bärenstarken Leistungen von Backfield-Partner Kamara wird der ehemalige Erstrundenpick allerdings sicher nicht zu teurem Geld gehalten werden. Backup-QB Teddy Bridgewater wird in New Orleans nicht auf die Nachfolge Brees' warten und Tight End Ben Watson mit 38 Jahren über seine Zukunft nachdenken.

Auf der defensiven Seite gilt es als vermeintlich größten potenziell bevorstehenden Abgang Cornerback P.J. Williams zu nennen. Ansonsten treten mit Corner Ken Crawley und Linebacker Manti Te'o unregelmäßig zum Zuge kommende Spieler auf den freien Markt. Bei Kicker Wil Lutz darf davon ausgegangen werden, dass die Saints weiter an ihm festhalten werden.

New Orleans: Sind aller guten Dinge drei?

Das Herz des Teams wird also auch in der kommenden Saison um den Einzug in den Super Bowl spielen. Großartige Unterstützung werden Brees und Co. angesichts der aktuell zur Verfügung stehenden 15 Millionen Dollar Cap Space für nächste Saison und der bevorstehenden Vertragsverhandlungen mit Standout-Receiver Thomas nicht bekommen, doch ist es auf diese nicht angewiesen.

Head Coach Payton ist ein genialer Game Planer, der über sein Scheme für Lücken für Thomas und Kamara sorgen wird. Darüber schafft er es immer wieder, Komplementärstücke in wichtige Rollen schlüpfen zu lassen. Zusätzlich gilt es auf der defensiven Seite die spannende Entwicklung von Davenport im Auge zu behalten und mit ein wenig Unterstützung der Secondary ist dieses Team ein sicherer Contender.

Für New Orleans gibt es dann zwar an der Regular Season kaum noch etwas zu verbessern, wohl aber den Erfolg im Januar. Genügend Motivation sollte man dafür jedenfalls haben. Denn nach mangelndem Spielglück im Vorjahr und einem katastrophalen Schiedsrichter-Call in diesem scheinen die negativen Einflussfaktoren ausgeschöpft. Es sei denn, gegen den Erfolg im Voodoo-Land haben sich tatsächlich die bösen Geister verschworen.