NFL

NFL Third and Long: Die Offense-Schemes aller 32 Teams

SPOX blickt vor dem Saisonstart auf die offensiven Grund-Schemes aller 32 Teams.
© getty

Wenn die Regular Season beginnt, wird wöchentlich wieder über Schemes und Tendenzen einzelner Teams diskutiert - doch was bedeutet das eigentlich im Einzelfall? Welches Scheme bildet den Kern für die Offenses der 32 Teams? Und was bedeutet das für die konkrete Umsetzung?

Anzeige
Cookie-Einstellungen

Week 3 der Preseason steht bevor, und dann ist es auch nur noch ein kleiner Schritt bis zur Regular Season - und schnell geht es in die tägliche Betrachtung einzelner Plays, einzelner Matchups, einzelner Spieler - Details eben.

Diese "Third and Long"-Ausgabe geht vor dem ganz normalen Regular-Season-Wahnsinn nochmals einen Schritt zurück, um ein breiteres Bild und Hintergrundwissen für die nächsten fünf Monate zu geben: Welchen offensiven Kern haben die 32 Teams eigentlich? Wie sehen die Schemes aus, was bedeutet das konkret für dieses Team, wie funktionieren die jeweiligen Schemes bei den entsprechenden Teams?

Zunächst zum allgemeinen Auffrischen nochmals die rudimentären Merkmale der drei Haupt-Offense-Schemes, welche die heutige NFL-Landschaft prägen, bevor es in die Vollen geht:

West Coast Offense - Merkmale:

  • Fokus auf kurze und mittellange Pässe - horizontales statt vertikales Passspiel.
  • Rhythmus und Timing sind von zentraler Bedeutung.
  • Dropback des Quarterbacks ist genau mit den Routes des Receivers synchronisiert.
  • Spiel soll mit einer Mischung aus (meist Zone-)Run Game und Kurzpassspiel kontrolliert werden.
  • Viele In-Breaking-Routes, viel Pre-Snap-Motion, Tight Ends und Running Backs intensiv als Receiver eingesetzt.

Air Coryell - Merkmale:

  • Fokus auf ein vertikales Passspiel, das Downfield Passing Game ist prominenter als in anderen Offenses.
  • Spread Offense, die bewusst ein viel höheres Risiko im Passspiel eingeht
  • Kombiniert in der Regel mit einem Power Run Game
  • Der Tight End übernimmt eine zentrale Rolle als Receiver

Erhardt-Perkins Offense - Merkmale:

  • Fokus auf Konzepte und Kommunikation, statt auf eine grundsätzliche Philosophie.
  • Extrem wandelbar, passt sich stark an die Spieler an.
  • Eine EP-Offense kann genauso eine Oldschool-Run-Offense wie eine vertikale Spread Offensive sein.
  • Stattdessen werden Route-Kombinationen in Konzepte unterteilt, um flexibel auf die Defense reagieren zu können.
  • So können aus unterschiedlichsten Formationen die gleichen Konzepte gespielt werden.
  • Die Offense ist dementsprechend auch beliebig erweiterbar, etwa mit Option-Plays, Option-Routes und dergleichen.

Arizona Cardinals Scheme:

Offense-Grundlage: Komplexes Hybrid-Scheme aus allen 3 Richtungen

Und wie sieht das aus? Arizonas neuer Offensive Coordinator Mike McCoy ist ein seltener Fall: Als Spieler und Coach hat er in der West Coast, der Air Coryell und der Erhardt-Perkins Offense ausführlich gearbeitet. In der Folge lässt er eine in NFL-Kreisen als äußerst komplex beschriebene Mischung aus den drei Schemes spielen: attackierend, aggressiv, aber auch ausdrücklich an die Spieler angepasst - in Denver mit Tim Tebow etwa setzte er auf Zone-Read-Konzepte. Bei den Cards hat er mit Larry Fitzgerald und David Johnson zwei Fixpunkte, in Bradford und Rosen zwei intelligente Quarterbacks, eine gute Grundvoraussetzung. Arizona könnte unter McCoy stärker Richtung Kurzpass-Offense gehen, mit einem ausgeprägten Play-Action-Passspiel insbesondere für Downfield-Shots.

Atlanta Falcons Scheme:

Offense-Grundlage: West Coast Offense.

Und wie sieht das aus? Der Übergang von Kyle Shanahan zu Steve Sarkisian war etwas härter als erwartet, dabei blieben die Grundlagen gleich: Eine West Coast Offense, ein Zone-Run-Game, im Grundsatz die gleiche Terminologie. Auffällig: Pre-Snap-Motion und Play-Action-Spielzüge gingen zurück, beides waren und sind zentrale Elemente in Shanahans West Coast Offense. Atlanta hat in Freeman und Coleman das beste Zone-Running-Back-Duo der Liga, das möglicherweise beste Wide-Receiver-Trio und einen Quarterback, der sich in Rollout-Play-Action-Konzepten wohlfühlt. So könnte auch ein Anstieg der Under-Center-Formationen (auch hier gab es von 2016 auf 2017 einen leichten Rückgang) erfolgen.

Baltimore Ravens Scheme:

Offense-Grundlage: West Coast Offense mit Option-Elementen.

Und wie sieht das aus? Baltimores Offensive Coordinator Marty Mornhinweg kommt aus der West Coast Offense, horizontale Pässe prägen seine Offense also, genau wie ein Zone Run Game. "Effizienz" ist dabei ein gerne gebrauchtes Stichwort von Mornhinweg, das Play-Action-Passspiel soll hierfür wieder besser werden - und mehr Runs aus Pass-Formationen kommen sowie umgekehrt. Das ist auch ein Grund dafür, dass Baltimore im Draft aggressiv auf Tight Ends gegangen ist: Aus 21-Personnel sind Play-Action-Fakes gut zu verkaufen. Spannend wird, wie viele Option-Elemente Baltimore einbaut, nachdem RPOs letztes Jahr kaum genutzt wurden. Mit Mornhinweg selbst sowie James Urban und Greg Roman haben die Ravens mehrere Offensiv-Coaches, die bereits erfolgreiche Zone-Read-Offenses gecoacht haben. In der Preseason sah man das bereits einige Male aufblitzen, und spätestens wenn Lamar Jackson übernimmt, wird es ein großes Thema sein.

Buffalo Bills Scheme:

Offense-Grundlage: Erhardt-Perkins Offense mit Option-Elementen.

Und wie sieht das aus? Die Bills wagen den Übergang von der West Coast in die Erhardt-Perkins Offense, dafür wurde Ex-Patriots- und Alabama-Coach Brian Daboll geholt. Buffalo geht mit der wohl schwächsten Offensive Line und einem der fragwürdigeren Wide-Receiver-Corps der ganzen Liga in die Saison, dazu womöglich mit einem Rookie-Quarterback in Josh Allen - die Erhardt-Perkins Offense könnte dabei helfen, aus weniger Talent durch die vielen verschiedenen Looks und eingebauten Aspekte, die Defenses die Reads erschweren sollen, mehr zu machen. Daboll setzte im College zudem aus der Shotgun- und der Pistol-Formation die Athletik seiner Quarterbacks gerne ein, das sollte Allen ebenfalls zugutekommen. Gleichzeitig sind die Pass-Konzepte nicht einfach zu lernen, Buffalos Offense wird in jedem Fall Zeit brauchen.

Carolina Panthers Scheme:

Offense-Grundlage: Air Coryell.

Und wie sieht das aus? Mit der Verpflichtung des neuen Offensive Coordinators Norv Turner ist der Weg in Carolina klar: Die Air Coryell Offense erhält Einzug. Turner lässt in der heutigen NFL wohl noch die klassischste Version davon spielen, und einige Bausteine passen dafür auch: Cam Newtons Stärke ist fraglos das Deep-Passing-Game, in Greg Olsen (und Rookie Ian Thomas) haben die Panthers sehr gute Receiving-Optionen auf der Tight-End-Position und das Power-Blocking ist in Carolina schon seit Jahren fest verankert. Hier hat die Preseason gezeigt, dass sich Christian McCaffrey weiterentwickelt hat und ein echter 3-Down-Back sein könnte. Eine große Frage dagegen lautet: Ist die Offensive Line, in der es bereits einige Verletzungen gab, gut genug, um bei den vielen tiefen Dropbacks standzuhalten? Vikings-Fans haben Turner (und Left Tackle Matt Kalil) in der Hinsicht in ganz schlechter Erinnerung.

Chicago Bears Scheme:

Offense-Grundlage: West Coast Offense mit Spread-Option-Elementen.

Und wie sieht das aus? In Chicago hat man sich für den kompletten Umbruch entschieden, und das nicht ohne Grund: Die Vorjahres-Offense war konservativ, nicht zeitgemäß, vorhersehbar und nahezu ohne explosive Elemente - das soll jetzt anders werden. Der neue Head Coach Matt Nagy bringt als Andy-Reid-Schüler dessen West Coast Offense mit. Um Trubiskys Qualitäten zu unterstreichen wird ein Rollout-Play-Action-Spiel genauso eine prominente Rolle einnehmen wie Screens und RPOs. Der neue Offensive Coordinator Mark Helfrich bringt aus dem College die Option-Spread-Elemente mit, auch der Tempo-No-Huddle-Ansatz, den College-Fans aus Oregon kennen, wird in Chicago zu sehen sein.

Cincinnati Bengals Scheme:

Offense-Grundlage: Hybrid aus West Coast, Air Coryell und Spread-Speed-Offense.

Und wie sieht das aus? Die Bengals allgemein haben schon seit Jahren die West Coast Offense als ihren Kern, der in der vergangenen Saison vollzogene Coordinator-Tausch hin zu Bill Lazor lässt aber auf eine Hybrid-Version schließen. Lazor hat Wurzeln in der West Coast, aber auch der Air Coryell Offense. In Miami ließ er eine Spread-Offense mit klarem Pass-Fokus spielen, Tempo ist in Lazors System ebenfalls wichtig. Spät in der vergangenen Saison sah man das einige Male, nachdem er jetzt sein Scheme und Playbook über die komplette Offseason einstudieren konnte, sollte es noch deutlicher durchkommen: In Gio Bernard und Joe Mixon haben die Bengals zwei Backs, die problemlos aus Shotgun laufen können und die beide gute Receiver sind. A.J. Green und - wenn er fit ist - Tyler Eifert sind Matchup-Probleme, John Ross bringt das Speed-Element mit. Bengals-Fans können eine schnelle, aggressive, flexible Offense erwarten, in der Dalton klare Reads bekommen und auch von der verbesserten Line profitieren sollte.

Cleveland Browns Scheme:

Offense-Grundlage: Spread/ISO Hybrid mit Zone Blocking.

Und wie sieht das aus? Zwar gibt es in Cleveland den Übergang von Hue Jackson zu Todd Haley als Schemer und Play-Caller - schematisch aber könnte sich der Unterschied in Grenzen halten. Beide setzen auf Spread-Offenses mit exzessiven Downfield-Elementen, sowohl Pittsburghs Ben Roethlisberger als auch Clevelands DeShone Kizer rangierten in der Top-10 was Intended Air Yards pro Pass angeht. Haley, der ein eher kleineres Playbook nutzt, baut allerdings mehr schnelle Pässe und Screens ein, gleichzeitig wird es aber auch 2018 in Cleveland einiges an Isolation-Routes geben. Das könnte schematisch zeitnah besser zu Baker Mayfield passen, während Tyrod Taylor Scheme-Unterstützung benötigt, um ein effizienter Passer zu sein.