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NBA Playoffs: Wie die Golden State Warriors einen (fast) nahtlosen Übergang schaffen könnten

Von Philipp Schmidt
Die Warriors stehen nach drei Jahren wieder in den Finals.
© getty

Nach drei Jahren haben es die Golden State Warriors wieder in die Finals geschafft. Ihre Kritiker haben sie damit widerlegt und gleichzeitig die Weichen für die Zukunft gestellt. Doch im Kern weht immer noch ein Hauch von 2015 durch San Francisco.

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"Heute war es anders, weil wir es schon mal getan hatten." Als Steve Kerr nach dem 120:110-Sieg in Spiel 5 der Western Conference Finals seine Erinnerungen schwelgen ließ und auf die Entwicklung seit 2015 zu sprechen kam, wurde er emotional. Kerr war damals ein Rookie-Coach, direkt in seinem ersten Jahr gewann er mit einem 4-2 in den Finals gegen die Cleveland Cavaliers seinen ersten von bisher drei Titeln.

Der erneute Einzug in die Championship Games sei "unfassbar bedeutsam, wenn man bedenkt, was die Organisation in den vergangenen Jahren durchmachen musste". Zum sechsten Mal in den vergangenen acht Jahre stehen die Warriors im Endspiel, aber zum ersten Mal seit 2019. 2020 folgte eine verheerende Saison mit nur 15 Siegen in 65 Spielen, ein Jahr später setzte es das Aus im Play-In-Turnier. Nun sind die Dubs zurück - und wie!

Geschichten, die diese Leistung beschreibt, gibt es unzählige. Verletzungen spielen in vielen davon eine Hauptrolle - angefangen mit Klay Thompson. "Ich freue mich für jeden, aber es ist schwer, sich für ihn nicht am meisten zu freuen", sagte Kerr.

"Er ist wieder so glücklich. Der Kampf, den er auf sich nehmen musste, um wieder an diesen Punkt zu gelangen, ist unglaublich." Draymond Green sprach von "dunklen Tagen", die Thompson gesehen habe. "Es gab Wochen, in denen er komplett deprimiert war."

Seit 2012 steht Green mit Thompson (und auch Stephen Curry) auf dem Feld und hat mit ihm vor allem viele Höhen, aber eben auch die schwierige Zeit seit 2019 miterlebt. Zuerst riss sich Klay das Kreuzband, später kurz vor dem Comeback auch noch die Achillessehne. Zweieinhalb Jahre lang fiel der Splash Brother aus, sodass es nicht verwunderlich war, dass sich Highlightspiele und schwächere Performances in der aktuellen Saison abwechselten.

Klay Thompson: Rechtzeitig zu den Finals bereit

Rechtzeitig zu den Finals scheint er aber bereit zu sein, wie er mit 32 Punkten und 8 verwandelten Dreiern in Spiel 5 als Warriors-Topscorer unter Beweis stellte. Als erster Spieler der NBA-Geschichte hat er in mehreren Spielen, die eine Serie beendeten, 8 Distanzwürfe versenkt (bereits in Spiel 6 gegen die Grizzlies).

"Von diesem Tag habe ich geträumt, einfach nur davon, meinen Körper wieder bewegen zu können. Ich habe über die Tage nachgedacht, als ich nicht rennen oder springen konnte, wie glücklich wir waren, als wir tun konnten, was wir wollten."

Damals, als die Warriors die Liga im Sturm eroberten und mit dem Kern um Curry, Green und Thompson seitdem 18 von 22 Playoff-Serien für sich entschieden haben (seit der Ära Kerr sogar nur mit Niederlagen in den Finals). In den ersten Phase befand sich das Trio in der Blüte ihrer Karriere, dann kam 2016 mit Kevin Durant noch ein Cheatcode dazu, der das Team an einem normalen Tag quasi unbesiegbar machte. 2019 war es gegen die Raptors aufgrund einer Vielzahl an Verletzungen doch so weit, KD verließ die Franchise nach der Finals-Pleite, ein erzwungener Mini-Rebuild begann.

"Wir wurden bereits abgeschrieben, es wurde gesagt, dass unsere Dynastie beendet wäre. Vor der Saison konnte ich nicht garantieren, dass wir eine Meisterschaft gewinnen werden, aber mit Klay, Steph und mir haben wir immer eine Chance", sagte Green nun. "Bislang hat noch niemand bewiesen, dass man uns schlagen kann, wenn wir komplett sind. Keiner hat bewiesen, dass man uns verdrängen kann. Mit dieser Mentalität sind wir die Sache angegangen."

Insbesondere die Kritiker, die davon ausgegangen sind, dass es der Franchise ohne Durant auf absehbare Zeit nicht gelingen wird, wieder an die alten Erfolge anzuknüpfen, dürften sich angesprochen fühlen. In der Saison 2019/20 war der Einbruch erklärbar, neben dem Abgang fiel Curry (fast) die gesamte Saison aus. Als Trostpreis sicherten sich die Warriors mit dem zweiten Pick James Wiseman (der diese Entscheidung bisher noch nicht rechtfertigen konnte). Im Jahr zuvor war Golden State im Draft an 28. Stelle mit Jordan Poole aber bereits ein absoluter Glücksgriff gelungen.

Noch besser wurde es 2021: Den Erstrundenpick, der im Zuge des Wiggins-Russell-Trades in der Bay Area landete, verwendeten die Dubs für Jonathan Kuminga, sieben Picks später griffen sie mit dem eigenen bei Moses Moody zu. Innerhalb von zwei Jahren hatte man mit Poole, Wiseman, Moody und Kuminga einen Grundstein für die Zukunft gelegt, ohne den sonst typischen Weg eines schier endlosen Neuaufbaus zu gehen. Und dass die alte Generation gleichzeitig immer noch liefern kann, hat sie nun unter Beweis gestellt.

Warriors: Jugend und Erfahrung in perfekter Symbiose

Zwei Fliegen wurden mit einer Klappe geschlagen. Kuminga (70 Spiele, 16,9 Minuten) und Moody (52 Spiele, 11,7 Minuten) durften in ihrer Rookie-Saison bereits in einem Gewinnerteam regelmäßig Spielpraxis sammeln und von den Stars angeleitet werden. Insbesondere Kuminga konnte auch in den Playoffs hin und wieder Akzente setzen (6,9 Punkte pro Spiel). Gleichzeitig musste sich keiner der Oldies in der Regular Season komplett auspowern, lediglich Western-Conference-Finals-MVP Curry knackte die Marke von durchschnittlich 32 Minuten, bei Thompson und Green waren es noch nicht einmal 30. Die Weichen sind auf Umbruch gestellt, doch noch ist es dann doch die alte Garde, auf die es derzeit ankommt.

Neben den üblichen Verdächtigen verfügt der Kader über eine Tiefe, die es - je nach Matchup - zulässt, dass auch andere glänzen können. Poole legte in den Serien gegen Memphis und Denver fünfmal mindestens 27 Punkte auf. Kevon Looney terrorisierte Dallas an den Brettern (12, 12 und 18 Rebounds). Gary Payton II überzeugte in kleiner Rolle bis zu seiner Verletzung. Und Andrew Wiggins verteidigte nicht nur stark gegen Luka Doncic, sondern lieferte auch am anderen Ende des Feldes beständig ab.

Und dann wäre da noch der Faktor Green, der einer der Gründe für die Einzigartigkeit der Warriors-Offense ist. Als Schütze tritt der Defensive Player of the Year von 2017 kaum noch in Erscheinung, stattdessen wird er als Blocksteller oder durch Handoffs aktiv und schafft es so durch seine Spielintelligenz, offene Würfe für seine Teamkollegen zu kreieren. Bereits für die defensiv vorher so starken Mavericks war dies eine Umstellung.

"Jede Serie ist anders", will Kerr nicht zu viele Schlüsse aus dem Geleisteten im Hinblick auf die Finals gegen Boston oder Miami ziehen. Bei den Vorbereitungen seien nun in erster Linie die Trainer gefordert. "Die Spieler kriegen jetzt eine kleine Pause. Sie sind müde. Sie verdienen es sich."

Warriors vs. Mavericks: Die Serie im Überblick

SpielDatumUhrzeitHeimAuswärtsErgebnis
119. Mai3 UhrGolden State WarriorsDallas Mavericks112:87
221. Mai3 UhrGolden State WarriorsDallas Mavericks126:117
323. Mai3 UhrDallas MavericksGolden State Warriors100:109
425. Mai3 UhrDallas MavericksGolden State Warriors119:109
527. Mai3 UhrGolden State WarriorsDallas Mavericks120:110