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NBA - Miami Heat kriseln im Saison-Endspurt: Von Beinahe-Prügeleien und echten Problemen

Jimmy Butler und Coach Erik Spoelstra waren zuletzt nicht immer einer Meinung.
© getty

Die Miami Heat laufen Gefahr, in den letzten Saisonwochen eine starke Ausgangsposition für die Playoffs zu verspielen. Dabei polarisiert nicht nur Superstar Jimmy Butler. Das Team hat fundamentale Probleme, welche vor allem in der Postseason zu Tage treten könnten.

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Platz eins im Osten ist futsch. Die Stimmung am South Beach war schon einmal besser. Nach vier teils ernüchternden Niederlagen am Stück laufen die Heat Gefahr, eine exzellente Ausgangsposition für die Postseason zu verspielen. Milwaukee, Philadelphia und vor allem Boston zeigten sich zuletzt deutlich formstärker, sogar ein Abrutschen auf Platz vier ist möglich.

"Es ist enttäuschend", sagte Guard Tyler Herro nach der Pleite gegen Brooklyn. "Zu diesem Zeitpunkt der Saison sollten wir unseren besten Basketball spielen, wir machen das aber nicht." Im Gegenteil. Monatelang beeindruckten die Heat, indem sie trotz etlicher Ausfälle Sieg an Sieg reihten und mit Rollenspielern wie Max Strus, Gabe Vincent oder Caleb Martin gar eine neue Identität entwickelten.

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Nun ist die Big Three um Kyle Lowry, Jimmy Butler und Bam Adebayo zumeist komplett, einen furiosen Endspurt bis zu den Playoffs sieht man derzeit dennoch nicht. Eine Bilanz von 20-10, wenn das Trio spielt, ist zwar weiter mehr als ordentlich, dennoch zeigten sich in den vergangenen Partien auch die Schwierigkeiten dieser Kombination.

Miami Heat: Die Ergebnisse der vergangenen Spiele

GegnerErgebnisOrt
Minnesota Timberwolves104:113H
Detroit Pistons105:98H
Oklahoma City Thunder120:108H
Philadelphia 76ers106:113A
Golden State Warriors104:118H
New York Knicks103:111H
Brooklyn Nets95:110H

Miami Heat: Stimmt die Chemie im Team?

In erster Linie lag der Fokus auf Butler, der durch seinen Streit in einer Auszeit mit Coach Erik Spoelstra ("Was, willst du jetzt gegen mich kämpfen?") beim Spiel gegen die Golden State Warriors die Heat in dieser Saison erstmals so richtig ins Rampenlicht beförderte - wenn auch nicht im positiven Sinne. Der Vorfall wurde von den Akteuren im Anschluss in klassischer #HeatCulture-Manier herunter geredet ("Das passiert im Training häufiger"), dennoch gab es auch reflektierte Stimmen wie die von Coach Spo.

"Solche Momente können dir in einer Saison Auftrieb verleihen. Du kannst Motivation aus Frustration ziehen, das kann aber in beide Richtungen gehen", meinte der Coach, der auch ergänzte, dass er sich um sein Team keine Sorgen macht. Doch auch die folgenden beiden Heimspiele gegen New York und Brooklyn gingen in die Binsen und schon nach der Pleite in Philadelphia gab es Gerüchte, dass es im Team rumort.

In jenen letzten Spielen war zunächst einmal die Verteidigung das größte Problem. Gegen das B-Team der Warriors sezierte Jordan Poole Miami im vierten Viertel mit einem Pick'n'Roll nach dem anderen, Brooklyn fand dagegen vor allem durch Isolationen Erfolg. Dabei gab es immer wieder Phasen, in denen die Heat ihr enormes defensives Potenzial andeuteten. Es ist kein Zufall, dass Miami eine Top-5-Defense stellt.

Beispiele wie diese zeigen das eindrucksvoll. Die Heat switchen oft und nehmen ihrem Gegner meist so einfache Pick'n'Rolls weg, doch besonders interessant ist das, was abseits des Balles passiert. Miami rotiert viel, vermeidet durch Kommunikation und Zurückswitchen unvorteilhafte Matchups und zeigt dem Gegner jede Menge Arme in möglichen Passwegen.

Miami Heat: Zu abhängig von Tyler Herro

Dies wird auch das Faustpfand in der Postseason sein, wenn die Heat zum Beispiel Lineups mit Lowry, Butler, Caleb Martin, P.J. Tucker und Adebayo aufbieten können. Jeder von ihnen kann switchen, jeder von ihnen ist ein überdurchschnittlicher Verteidiger. Gesehen haben wir diese Aufstellung aber noch fast gar nicht, weil so viel zu wenig Offense auf dem Feld steht. Statt Martin sehen wir meist Tyler Herro oder Duncan Robinson, die für mehr Gefahr von Downtown sorgen können.

Sie sind dann jedoch auch die Schwachpunkte am hinteren Ende und werden gnadenlos attackiert. Robinson kann dies teilweise mit seiner Länge ausgleichen, bei Herro ist es hingegen problematisch. So gesehen in Philadelphia, als er von Tyrese Maxey nach allen Regeln der Kunst hergespielt wurde. Wie in diesem Clip zu sehen, erhielt Herro kaum Hilfe. Wenn die Trauben höher hängen, werden sich die Heat hier sicher Dinge einfallen lassen.

Denn sie brauchen Herro. Der 22-Jährige ist, obwohl er nur von der Bank kommt, Miamis bester Shot-Creator und nach Butler der zweitbeste Scorer des Teams (20,8 PPG), wenn auch nur mit durchschnittlicher Effizienz. Dies ist einer der Umstände, welche an Miamis Playoff-Offense zweifeln lassen. Kann das wirklich reichen oder haben auch die Oldies noch mehr im Tank?

Miami Heat: Die Dynamik fehlt

Lowry schaltete zumindest in den vergangenen Spielen einen Gang nach oben, Druck auf die Defense übt er mit inzwischen 36 Jahren aber kaum noch aus. Adebayo verfällt immer wieder in alte Muster und schaut zeitweise nicht einmal in Richtung Korb - ein Umstand, der Miami bereits im Vorjahr in den Playoffs gegen Milwaukee schadete und die Offense stagnieren ließ. Dieses Problem besteht weiterhin.

Zu Beginn der Saison war es oft Lowry, der das Spiel mit punktgenauen Pässen schnell machte, inzwischen agieren die Heat wieder sehr langsam und erzielen deutlich weniger einfache Punkte. Über 10 Prozent aller Abschlüsse gelingen erst in den letzten vier Sekunden eines Angriffs, die Erfolgsquote seit dem All-Star Break beträgt dabei schaurige 27,5 Prozent.

"Ich muss Lösungen finden, wie wir mehr Bewegung, mehr Rhythmus und ein bisschen mehr Tempo in unsere Aktionen bringen können", sagte auch Spoelstra kürzlich. In der Bubble von Orlando war es noch Goran Dragic, der von den Guard-Positionen für mehr Bewegung und Zug in den Aktionen sorgte. Dazu spielte Butler den besten Basketball seiner Karriere, wovon er im Moment recht weit entfernt ist. Und das macht sich bemerkbar, Miamis Offensiv-Rating in der Crunchtime beträgt gerade einmal 100, was Platz 26 in der NBA bedeutet.

Miami Heat: Jimmy Butler hat abgebaut

Noch vor zwei Jahren konnte Butler im Alleingang seinen schieren Willen durchsetzen und sich Mal um Mal zum Korb durchtanken. Schon in den vergangenen Playoffs gegen die Bucks gelang dies nicht mehr, auch weil Milwaukee dem Heat-Star einen gewissen Giannis Antetokounmpo entgegen warf. Länge kann Butler ausbremsen, das haben viele Teams inzwischen gelernt.

Dazu wirkt der Forward mit nun 32 Jahren nicht mehr so spritzig wie noch zu Beginn der Saison. Schon dreimal musste Butler wegen Knöchelproblemen vorzeitig raus, zweimal folgte eine längere Pause. Die reinen Zahlen zeigen den leichten Abfall zwar nicht, doch es gibt vermehrt Phasen, in denen Butler auf dem Feld nicht "spürbar" ist, sein fehlender Dreier wird bei weniger Drives umso mehr ein Faktor.

Das kann problematisch werden, erst recht für die Zukunft, da Butlers Vertrag in Florida noch satte vier Jahre läuft. So weit braucht man in Miami aber zunächst einmal gar nicht zu schauen, schließlich wurde dieser Kader so zusammengestellt, dass in dieser Saison der Titel im Bereich des Möglichen sein soll. Inzwischen sind daran aber berechtigte Zweifel aufgekommen.

Vor allem gegen Brooklyn wurde eines deutlich: Die Heat schaffen es nicht, konstant Druck auszuüben. Sie sind kein Team, welches laufen kann, sondern können Contendern nur mit ihren Physis entgegentreten. Wenn jedoch der Gegner individuell so stark besetzt ist wie Brooklyn, fehlt ein Plan B, um die athletischen Defizite auszugleichen. In einer Serie über sieben Spiele kann dies schnell zum Verhängnis werden. Die Betonung liegt auf "Kann", trotzdem muss für Miami vieles, wenn nicht sogar alles, richtig laufen, um mit der Elite mitzuhalten. Bei keinem Contender im Osten ist der Raum für Fehler kleiner.

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