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NBA - Isaiah Hartenstein beißt sich bei den L.A. Clippers fest: Die Ochsentour macht sich bezahlt

Isaiah Hartenstein spielt seit September 2021 für die L.A. Clippers.
© getty

Isaiah Hartenstein spielt für die L.A. Clippers als zweiter Center eine starke Saison. Der Deutsche setzte im Sommer auf sich selbst und ging dabei einen Weg, auf welchem viele vor ihm scheiterten. Nun bekommt der 23-Jährige aber wieder prominente Konkurrenz. Kann er sich weiter behaupten?

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Bei den Clippers läuft es einfach im Moment, auch wenn es gegen die Chicago Bulls nach sieben Siegen in Serie mal wieder einen Dämpfer gab. Dennoch: Die Stimmung im Staples Center ist ob der niedrigeren Erwartungen ohne den verletzten Kawhi Leonard (Kreuzbandriss) so gut wie lange nicht mehr.

Einen Anteil daran hat bemerkenswerterweise auch Isaiah Hartenstein, der sich in seinen wenigen Wochen beim Clippers-Publikum äußerst beliebt gemacht hat. Bestens zu sehen beim Blowout gegen die Minnesota Timberwolves, als der Deutsche erst einen Dunk-Versuch von Jaden McDaniels abräumte und dann wenig später seinen ersten Dreier der Saison traf.

Solche Ansätze zeigte Hartenstein bereits häufiger in seiner NBA-Karriere, meist kamen solche Highlights aber erst in der Garbage Time zustande, wenn sich Hartenstein austoben durfte. Gegen die Wolves war dies auch so, dennoch wusste der inzwischen 23-Jährige auch in den Minuten zuvor zu überzeugen.

Mit 12 Punkten und ebenso vielen Rebounds in 25 Minuten (so viele wie noch nie in dieser Saison) verbuchte der Center sein erstes Double-Double der Spielzeit und stellte damit sogar Wolves-Star Karl-Anthony Towns (8 Punkte, 8 Rebounds), welcher eines seiner schlechtesten Spiele seit langem machte und dafür jede Menge Spott in den sozialen Medien zu spüren bekam, in den Schatten.

Isaiah Hartenstein: Das Risiko im Sommer zahlt sich aus

Hartenstein hat sich in L.A. festgespielt, Coach Ty Lue vertraut dem Big Man: "Er weiß, wie er sich abseits des Balles zu bewegen hat und die anderen Jungs wissen auch, wie sie sich bewegen müssen, wenn er den Ball in der Hand hält", lobte Lue zuletzt. In durchschnittlich 16,4 Minuten kommt der Center auf 7,3 Punkte, 5,4 Rebounds, 1,3 Assists sowie 1,0 Blocks - alles Bestwerte seiner Karriere.

Für große Teile der NBA-Fans ist Hartenstein auch in seiner vierten Saison ein eher unbeschriebenes Blatt, ein Borderline-NBA-Spieler. Dieser Meinung waren auch die meisten NBA-Teams, dauerte es doch bis Mitte September, bis Hartenstein schließlich bei den Clippers unterschrieb.

Es war eine Wette auf sich selbst, die Hartenstein einging. Nach seinem Trade aus Denver nach Cleveland zeigte der deutsche Nationalspieler seine Qualitäten, lehnte aber die Spieler-Option über knapp 1,8 Millionen Dollar ab, weil er sich an anderer Stelle eine größere Rolle erwünschte.

Die Clippers schlugen bekanntermaßen zu, statteten den Deutschen aber nur mit einem sogenannten Exhibit-9-Deal aus, einem Vertrag für das Training Camp ohne jegliche Garantien. Meist ist dies kein gutes Zeichen, da es von diesen Spielern in den seltensten Fällen ein Akteur in den finalen 15-Mann-Kader schafft. Hartenstein gelang aber genau das, der Deutsche setzte sich in einem Duell um den letzten Spot gegen Harry Giles durch.

Isaiah Hartenstein: Seine Statistiken in der NBA

SaisonTeamSpieleMINSPTSFG%REBASTBLK
2018/19Rockets287,91,948,81,70,50,4
2019/20Rockets2311,64,765,73,90,80,5
2020/21Nuggets/Cavs4612,25,155,03,91,20,8
2021/22Clippers1216,47,361,05,41,31,0

Isaiah Hartenstein: Der Clippers-Benchmob dominiert

Nominell ging es um den dritten Center-Spot, doch durch die anhaltenden Rückenprobleme von Serge Ibaka wurde schnell klar, dass Minuten auf dem Tisch lagen, wenn Hartenstein auch nur ansatzweise abliefern würde - und das tut er in diesen ersten 13 Saisonspielen.

Hinter Ivica Zubac macht Hartenstein seine Sache exzellent. Er reboundet, er beschützt den Korb, spielt hart, rollt entschlossen zum Korb und besitzt auch die Intelligenz, um für seine Mitspieler Plays zu kreieren. In all seinen Stationen, sei es in Houston, Denver oder zuletzt Cleveland ließ er das stets aufblitzen, nur dauerhaft wurden seine Dienste nicht benötigt.

In L.A. werden sie es, vor allem die Bank-Units verhalfen den Clippers in dieser Saison schon zu dem ein oder anderen Comeback. Hartensteins physischer Stil ist wie gemacht für die toughen und ansonsten recht flügellastigen Clippers. Das Trio aus Hartenstein, Luke Kennard und Terance Mann zählt zu den besten zehn Heavy-Minutes-Trios der bisherigen Saison (+20,5 Net-Rating in 159 gespielten Minuten). Gerade mit Kennard hat Hartenstein in kurzer Zeit eine gute Chemie entwickelt.

"Er weiß, wie man das Spiel spielen muss", lobte Kennard zuletzt. "Er trifft die richtigen Entscheidungen und ich freue mich immer wieder, wenn ich mit ihm zusammen auf dem Court stehen kann." Hartensteins Präsenz gibt dem Team eine weitere Dimension an beiden Enden des Feldes.

Isaiah Hartenstein: Ein großes Problem bleibt

Offensiv ist kaum ein Team abhängiger vom Sprungwurf als L.A., in den Playoffs war (notgedrungen) die Formel meist Zubac und dann jede Menge kleine Lineups. Über 82 Spiele einer Regular Season ist dieser aufwändige Stil hingegen kaum umsetzbar. Durch Hartenstein haben die Clippers einen weiteren großen Center, der im Zweifel auch mal einen Switch angemessen verteidigen kann.

Für den Moment stellen die Clippers die drittbeste Defense der Liga, mit Hartenstein lässt diese gemäß Cleaning the Glass noch einmal satte 13,4 Punkte pro 100 Ballbesitze weniger zu (Garbage Time herausgerechnet). Das ist kein Zufall und war auch schon ein Trend, welcher sich bei den Nuggets andeutete, als Hartenstein zumindest in der Defense seine Sache ordentlich machte.

Ein großes Problem bleibt aber weiter bestehen. "Er muss lernen, zu verteidigen, ohne zu foulen", analysierte Nuggets-TV-Experte Chris Dempsey bereits vor einigen Monaten im Interview mit SPOX. Daran hat sich wenig geändert, der Deutsche legt pro 36 Minuten noch immer sechs Fouls im Schnitt auf, zumindest macht hier der Trend ein wenig Hoffnung.

Hartenstein sucht weiter nach der Balance zwischen hartem Spiel und unnötigen Pfiffen, vermutlich ist auch dies einer der Gründe, warum viele NBA-Teams kein Interesse am Deutschen hatten - trotz seiner bekannten Stärken. Wer jedoch nicht konstant auf dem Feld bleiben kann, hat es schwer in der NBA, daran muss Hartenstein trotz seiner übrigen Skills dringend arbeiten. "Er hat ein gutes Fundament und wenn er möchte, kann er für lange Zeit ein guter NBA-Spieler sein", befand Dempsey und könnte damit Recht behalten.

Isaiah Hartenstein: Der Kampf mit Ibaka um die Minuten

Zunächst muss sich Hartenstein aber erst einmal gegen Ibaka behauptete, der vor gut einer Woche zurückkehrte, aber in seinen knapp 14 Minuten bisher beängstigend rostig wirkte (0 Punkte, 0/5 FG). Der Spanier zog die Konsequenzen und ging zunächst einmal freiwillig in die G-League. Trotzdem: Der 32-Jährige hat als Champion mit Toronto und als langjähriger Eckpfeiler der Thunder die Reputation und einen Vertrag über knapp 10 Millionen Dollar. Lue wird ihm Chancen geben, auch wenn Hartenstein für den Moment die wohl bessere Wahl ist.

Nach dem Comeback gegen Charlotte wurde von der Presse sogar schon die Frage gestellt, ob denn nicht Hartenstein und Ibaka zusammen auf dem Feld stehen könnten. "Ich weiß es nicht, aber ich hoffe nicht", hatte Lue diese Frage amüsiert beiseite geschoben.

Er wird es gerne sehen, dass Hartenstein um seine Chance auf einen festen Rotationsplatz kämpft. In Sicherheit kann der Center sich ohnehin nicht wiegen, denn auch wenn Hartenstein den Sprung in den Kader geschafft hat, ist sein Gehalt für den Rest der Saison noch immer nicht garantiert. Erst am 10. Januar müssen die Clippers eine Entscheidung treffen, Stand jetzt sollte es keine Zweifel daran geben, wie diese ausfallen wird.