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NBA: Als die Milwaukee Bucks einen Trade für Warriors-Star Stephen Curry ablehnten

Wie wäre die Karriere von Stephen Curry wohl verlaufen, wenn er zu den Bucks getradet worden wäre?
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Stephen Curry ist eine Ikone der Golden State Warriors, zweifacher MVP, vierfacher NBA-Champion und nun auch Finals-MVP. Doch 2012 hätten die Dubs ihren Point Guard fast in einem Trade nach Milwaukee abgegeben - aber die Bucks lehnten ab.

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Viele Monde vor den vier Championships in acht Jahren, vor den fünf Finals-Trips in Folge, vor der eigens proklamierten "Lichtjahre voraus"-Dynastie stand Warriors-Besitzer Joe Lacob wie ein begossener Pudel im Buh-Regen der eigenen Fans.

In seiner zitternden Hand ein Zettel mit Stichpunkten über die große Karriere des Chris Mullin, doch in dem gellenden Pfeifkonzert kam er kaum dazu, sie vorzutragen. Eigentlich wollte Lacob an diesem Montagabend im März 2012 das Vermächtnis Mullins loben, dessen Warriors-Trikot mit der Nr. 17 feierlich unter die Hallendecke der Oracle Arena gezogen wurde.

Doch als Lacob, erst zwei Jahre zuvor hatte er das Team gekauft, das Mikrofon ergriff, kippte die Stimmung und die anwesenden Fans ließen erbarmungslos ihren Unmut auf den Teambesitzer regnen. Warum? Die Dubs hatten kurz zuvor Monta Ellis in einem Trade zu den Milwaukee Bucks verfrachtet. Den Publikumsliebling. Das kam gar nicht gut an.

Letztlich mussten sogar Franchise-Ikone Rick Barry und Mullin selbst einschreiten, um die Fans zu beruhigen. "Manchmal sind Veränderungen unausweichlich, alles wird wieder gut", betonte Mully. "Diese Sache läuft in die richtige Richtung." Wie recht er hatte.

Doch damals konnte natürlich noch keiner ahnen, dass die Warriors Jahre später einen unglaublichen Lauf starten, sich dieser Trade als genau die richtige Entscheidung herausstellen würde. Doch womöglich hätte Lacob schon damals das Buh-Konzert umgehen können - wenn sich die Bucks nur für Stephen Curry anstatt Ellis entschieden hätten.

Warriors geben Stephen Curry die Schlüssel zur Franchise

Die Dubs standen vor einer richtungsweisenden Entscheidung. Ihr Backcourt bestand aus eben jenen Curry und Ellis, zwei kleine Guards, offensiv bärenstark, aber defensiv mindestens genauso anfällig. Selbst Ellis wusste damals schon, dass ein Team mit diesem Duo im Backcourt nicht gemacht ist für eine Championship. Einer musste gehen.

Es traf letztlich Ellis, der im März 2012, sechs Tage vor der Jersey-Retirement-Zeremonie von Mullin, seine Koffer packen musste. Nicht nur zum Schock der Fans, auch zur Überraschung des damaligen Dubs-Topscorers (angesprochen auf die Buh-Rufe gegen Lacob sollte Ellis später sagen: "Das hat er verdient"). Golden State gab stattdessen die Schlüssel der Franchise in die Hände von Curry.

Diese Entscheidung war mit einem großen Risiko behaftet. Im März 2012 konnte wohl kaum einer den Aufstieg vom Baby-Faced Assassin zum besten Shooter aller Zeiten und zweifachen MVP vorhersagen. Stattdessen war Curry ein junger, relativ unerprobter Guard, der zwar 2010/11 sein Potenzial mehrfach aufblitzen ließ, aber gleichzeitig große Fragezeichen hinter seiner Gesundheit mitbrachte.

In der Lockout-verkürzten Saison 2011/12 absolvierte der damals 23-Jährige nur 26 von 66 Spielen (14,7 Punkte pro Partie), kurz vor dem Ellis-Trade setzte ihn eine Knöchelverletzung außer Gefecht. Bereits im Sommer zuvor musste er unters Messer, nun folgte eine zweite OP am rechten Knöchel. "Ich habe das Gefühl, dass ich seit zwei Jahren nichts Anderes mache als Reha", sagte ein frustrierter Curry, der sogar um seine Karriere bangte.

Warriors-Bucks-Trade: Wahl zwischen Ellis und Curry?

Die Entscheidung zwischen Curry und Ellis war also bei weitem nicht so leicht, wie sie aus heutiger Sicht betrachtet erscheinen mag. Für die Warriors ging es aber um noch viel mehr als um die Frage, wer künftig im Backcourt die Franchise anführen sollte.

"Wir wussten, dass wir einen defensiven Anker brauchten", erinnerte sich Travis Schlenk, damals Assistant GM der Dubs Jahre später gegenüber CBS. "Wir wollten die Art und Weise ändern, wie wir spielten. Wir wollten größer werden, tougher. Wir wären nicht weit gekommen, wenn wir nur versucht hätten, jedes Mal mehr Punkte zu erzielen als der Gegner."

Als die Bucks also Andrew Bogut auf dem Trade-Markt verfügbar machten, wollte Golden State unbedingt zuschlagen. Der Nr.1-Pick von 2005 hatte zuvor selbst mit Verletzungssorgen zu kämpfen, die Bucks hatten in der Vorsaison zum vierten Mal in fünf Jahren die Playoffs verpasst. Milwaukee wollte eine neue Richtung einschlagen - und bekam die Wahl zwischen Curry und Ellis.

Bucks lehnen Curry-Trade ab: "Wir haben sie später gefeuert"

Zum Ablauf der Gespräche kursieren widersprüchliche Berichte. Schlenk behauptete, ein Curry-Trade sei niemals überhaupt in Betracht gezogen worden. Der ehemalige Warriors-GM Larry Riley erklärte stattdessen in einem Radio-Interview 2017, er habe Curry nur als Köder benutzt, um die Verhandlungen in Gang zu bringen.

"Ich wollte den Deal immer auf Monta umarrangieren. Am Ende des Tages hätte ich getreten und geschrien und hätte gefesselt werden müssen, bevor ich Steph Curry hätte gehen lassen", so Riley. Rückblickend auf den Erfolg der Warriors und Currys Entwicklung lässt sich das natürlich leicht sagen.

Aus anderen Quellen ist aber zu hören, dass sehr wohl sowohl Curry als auch Ellis auf dem Tisch lagen. "Ich weiß nicht, ob sie später Lichtjahre voraus gewesen wären, wenn sie Curry für Bogut getradet hätten. Das war der Deal", verriet der spätere Bucks-Besitzer Marc Lasry 2019 gegenüber The Athletic. Lasry erwarb die Franchise allerdings erst zwei Jahre nach dem Trade, in den Verhandlungen war er also noch nicht involviert.

"Der medizinische Stab der Bucks hat nicht daran geglaubt, dass Stephs Knöchel den Belastungen standhalten würden. Sie haben den Deal abgesagt. Für die Warriors war das einfach Glück", sagte Lasry. Und mit einem verschmitzten Lächeln fügte er an: "Ich glaube, wir haben den medizinischen Stab später gefeuert, als wir das Team gekauft haben."

Wie wäre die Karriere von Stephen Curry wohl verlaufen, wenn er zu den Bucks getradet worden wäre?
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Wie wäre die Karriere von Stephen Curry wohl verlaufen, wenn er zu den Bucks getradet worden wäre?

Golden State Warriors: Mit Curry zur Dynastie

Diese Version der Geschichte bestätigten auch Ethan Strauss (The Athletic) in seinem Buch "The Victory Machine" sowie Bogut 2021 in dem Podcast "All Ball". Er habe eine gute Beziehung mit dem medizinischen Stab gehabt, so der Australier. Die involvierte Person habe die Aufgabe erhalten, anhand der medizinischen Akten von Curry und Ellis eine Empfehlung abzugeben.

"Die Ansage war: 'Schaut euch die beiden Akten an und sagt uns, was besser ist.' Es gab damals große Bedenken bezüglich Stephs Knöchel und seine Verletzungshistorie wurde als schlimmer angesehen. Er hätte womöglich weniger Spiele absolvieren können als Monta. Also haben sie sich für Monta entschieden."

Ellis allein reichte den Bucks jedoch nicht, Milwaukee bekam zudem Ekpe Udoh und Kwame Brown in dem Deal für Bogut und Stephen Jackson. Die Chance auf Curry - nochmal: damals weit entfernt von dem Superstar, der er heute ist, und zu diesem Zeitpunkt kurz vor seiner zweiten Knöchel-OP stehend - lehnten die Bucks mit Verweis auf dessen Krankenakte dankend ab.

NBA: Die Statistiken von Stephen Curry und Monta Ellis nach der Saison 2011/12

NameSaisonsG / MINPunkteReboundsAssistsFG%3FG%
Stephen Curry10646 / 34,426,24,86,747,442,6
Monta Ellis5399 / 33,916,03,24,843,530,2

Golden State Warriors: Das Glück, Curry nicht zu traden

Die Fans in der Bay Area waren derweil außer sich, dass anstelle von Liebling Ellis nun gleich zwei potenziell verletzungsanfällige Spieler die Zukunft der Franchise gestalten sollten. Selbst als Curry wenige Monate später seine Vertragsverlängerung über vier Jahre und 44 Mio. Dollar unterschrieb, galt dieser Vertrag als enormes Risiko.

Ob nun bewusst oder durch pures Glück - auch ein Curry-für-Chris-Paul-Trade 2011 scheiterte wohl kurz vor dem Vollzug -, der Nicht-Trade von Curry sollte sich als goldrichtig herausstellen. Während Ellis nur eineinhalb Jahre in Milwaukee blieb und nach weiteren vier Spielzeiten aus der Liga raus war, räumten die Dubs ordentlich ab.

Currys Aufstieg ist bekannt, Klay Thompson rückte zum Starter neben seinem Splash Brother auf und wenige Jahre später startete Golden State seine Dynastie. Wahrscheinlich haben die meisten Warriors-Fans Joe Lacob mittlerweile verziehen.

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