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NBA - Das Melo-Drama: Wie Carmelo Anthony einen Trade von den Nuggets zu den New York Knicks erzwang

Carmelo Anthony erzwang in der Saison 2010/11 einen Trade nach New York - doch die Knicks zahlten einen hohen Preis.
© getty

Nachdem Nuggets-Star Carmelo Anthony im Sommer 2010 einen Trade fordert, zieht sich über sieben quälend lange Monate das "Melo-Drama" hin. Ständige Spekulationen, zähe Verhandlungen und eine denkwürdige Pressekonferenz begleiten die Saison, bis die Knicks endlich Nägel mit Köpfen machen. Doch zu einem zu hohen Preis?

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Spätestens an diesem Sommerabend im Juli 2010 dürfte Stan Kroenke ein Grauen überkommen haben vor dem, was in den kommenden Monaten auf ihn und seine Denver Nuggets zukommen sollte. Kroenke sitzt umgeben von Marmorsäulen, himmelhohen Decken und prächtigen Kronleuchtern im Herzen Manhattans, im berühmten Cipriani an der 42. Straße.

Der damalige Nuggets-Star Carmelo Anthony hat zu seiner Hochzeit geladen, genau wie zahlreiche Stars und Sternchen aus der NBA-Welt ist auch Kroenke im schmuckvoll hergerichteten Ballsaal zu Gast. Doch was der Nuggets-Eigentümer dort zu hören bekommt, gefällt ihm ganz und gar nicht.

Vor allem, als Chris Paul sein Glas zur Hochzeitsansprache erhebt. "Wir bauen unsere eigene Big Three auf", deklariert der damalige Point Guard der New Orleans Hornets und gute Kumpel von Anthony mehreren Berichten zufolge feierlich. Quasi eine Replik auf die kurz zuvor in Miami geformte Big Three um LeBron James, Dwyane Wade und Chris Bosh. Geplant von CP3, Melo und Amar'e Stoudemire, nach den Wünschen der Beteiligten hier in New York.

Dieses Kredo wird auch von STAT und Anthonys Bruder aufgegriffen. Als Kroenke dagegen seinen Toast spricht und vorschlägt, Paul könne doch nach Denver kommen, herrscht laut ESPN nur "betretenes Schweigen". Allen Gästen dürfte in diesem Moment klar gewesen sein, dass sich das Kapitel "Nuggets-Star Carmelo Anthony" auf den letzten Seiten befindet. Doch wohl kaum jemand rechnet mit einer monatelangen Hängepartie, die später als das "Melo-Drama" in die Geschichte eingehen soll.

Neuaufbau in Denver? Nicht mit Carmelo Anthony

Die Nuggets sind eigentlich gewillt, das Kapitel mit dem Nr.3-Pick des Drafts 2003 fortzusetzen. Bereits in dessen Rookie-Saison schafft es das Team aus der Mile High City erstmals nach acht Jahren Absenz in die Playoffs. Melo, bis 2010 bereits dreimal All-Star, führt Denver in jeder seiner sieben Saisons in die Postseason, sechsmal ist allerdings nach der ersten Runde Schluss.

2009 scheitern die Nuggets immerhin erst in den Conference Finals in sechs Spielen am späteren Champion, den Los Angeles Lakers. Anthony ist sich heute noch sicher, dass Denver diese Serie, diesen Titel hätte gewinnen können. Stattdessen bleibt seine Nuggets-Karriere ungekrönt und ein Jahr später, nach einem weiteren Erstrunden-Aus, sieht er sich zu einem Tapetenwechsel gezwungen.

Zwar steht Anthony noch für ein weiteres Jahr unter Vertrag und die Franchise legt eine vorzeitige Verlängerung zu maximalen Bezügen über drei Jahre und 65 Millionen Dollar auf den Tisch. Doch Melo zögert mit der Unterschrift. Die Richtung, in die sich die Franchise entwickelt, passt so gar nicht zu seinen Vorstellungen.

Gemeinsam mit Anthony wären 2011 auch die Verträge von Kenyon Martin, J.R. Smith und möglicherweise Chauncey Billups (Teamoption) ausgelaufen, allesamt wichtige Bestandteile des Kerns, der es in die West-Finals schaffte. Laut Anthony plant Denver, das Team zu verjüngen.

"Ein Jahr zuvor waren wir in den Western Conference Finals, ich wollte kein Teil eines Rebuilds sein, nicht in meiner siebten Saison in der NBA", erklärt er 2021 im Podcast mit ESPN-Reporter Adrian Wojnarwoski. "Wenn ihr einen Neuaufbau wollt, dann ist das in Ordnung. Aber dann lasst uns nach einer Lösung für mich suchen."

Bulls, Knicks, Nets und Rockets auf Melos Liste?

Statt Rebuild will Melo ein Championship-fähiges Team. Statt Denver mehr Glanz und Glamour, was wohl auch der Karriere seiner mittlerweile Ex-Frau, Schauspielerin, Reality-Star und gebürtige New Yorkerin La La Vazquez, einen Schub verpassen soll. Je länger sich Anthony weigert, die Vertragsverlängerung zu unterschreiben, je mehr Toasts auf ein potenzielles Superteam im Big Apple gesprochen werden, desto unausweichlicher erscheint der nahende Abschied.

Ab August gibt es schließlich keine Zweifel mehr: Melos Agenten Leon Rose und Worldwide Wes von CAA, heute die Macher im Front Office der Knicks, machen den Nuggets deutlich, dass sie ihren Franchise-Star lieber bald traden sollten, um ihn nicht im Sommer 2011 als Free Agent ohne Gegenwert zu verlieren. Angeblich stehen die Bulls, Knicks, Nets und Rockets auf seiner Liste der präferierten Destinationen.

Keine leichte Situation für den GM-Neuling Masai Ujiri. Der spätere Architekt des Championship-Teams der Raptors hat seinen neuen Posten in Denver erst kurz zuvor angetreten, nachdem Mark Warkentien, der angeblich eine enge Beziehung mit Melo pflegte, entlassen wurde. Doch Ujiri und das Front Office der Nuggets lassen sich von den Drohungen aus Melos Camp nicht stressen.

Trade-Gerüchte: Melo für Stephen Curry?

Erste Gespräche mit den interessierten Bulls fruchten angeblich deshalb nicht, weil Chicago sich weigert, Joakim Noah in einen Deal zu involvieren. Auch ein erstes Angebot der New Jersey Nets lehnt Denver ab. Derrick Favors (Nr.3-Pick in 2010), Troy Murphy und zwei Erstrundenpicks als Gegenwert für einen der besten Scorer der Liga? Da ist mehr drin, sind sich Ujiri und Co. sicher.

Die Saison rückt allerdings immer näher, ohne dass ein Trade über die Bühne geht. Training Camp, Preseason, Saisonstart - alles mit Melo im Nuggets-Trikot. Und mit einer nicht enden wollenden Flut an Gerüchten, neugierigen Journalisten und unruhigen Fans. "Jeden Tag wurde darüber gesprochen. Jeden Tag hat irgendjemand eine Andeutung gemacht oder ein Gerücht verbreitet", erinnert sich der damalige Nuggets-Coach George Karl 2013 gegenüber Yahoo Sports.

Mal kursieren Spekulationen über Melo für Stephen Curry, mal Melo für Andre Iguodala, mal Melo für Blake Griffin. Keines dieser Gerüchte erhärtet sich. Nur die Nets und die Knicks bleiben beständig Teil der Gerüchteküche, die sich mittlerweile schon über Wochen hinzieht und noch einige Monate andauern soll.

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