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NBA - Bill Russell vs. Wilt Chamberlain: Autorennen, legendäre Playoff-Schlachten und der verflixte eine Dollar

Bill Russell und Wilt Chamberlain waren auf dem Court Rivalen, aber abseits des Courts gute Freunde.
© getty

Bill Russell und Wilt Chamberlain lieferten sich Playoff-Schlachten am Fließband und abseits des Courts Autorennen im Lamborghini und Maserati. Die beiden Center-Legenden verband eine innige Freundschaft, bis die Finals 1969 Russell und Chamberlain fast auseinandertrieben.

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Wieder wollte Bill Russell gewinnen. Auch an diesem lauen Sommerabend im August 1965. Unzählige Duelle auf dem Court hatte der Celtics-Center, zu diesem Zeitpunkt frisch gebackener NBA-Champion, zum siebten Mal in Folge, gegen seinen Dauerrivalen der 1960er-Jahre bereits gewonnen. Nun würde er Wilt Chamberlain auch abseits des Courts ein Schnippchen schlagen.

"Red (Auerbach, legendärer Celtics-Coach und General Manager, Anm. d. Red) und ich saßen in einem Restaurant beim Abendessen", erinnerte sich Russell Jahre später in einem Interview mit NBA TV an jenen Abend. "Einer der Kellner kam vorbei und sagte: 'Habt ihr das von Wilt gehört? Er hat gerade einen Vertrag über drei Jahre und 100.000 Dollar unterschrieben.'"

"Wie schön für ihn", lautete Russells erste Reaktion. Dann wendete er sich direkt an Auerbach, um zugleich die Konditionen für den eigenen neuen Vertrag festzuzurren. "Red, du weißt, was ich will, oder? 100.001 Dollar."

Nur unter großem Protest habe Auerbach zugestimmt, berichtete Russell später mit seinem unnachahmlichen Lachen. Womöglich hatte dies auch damit zu tun, dass Russell einem ESPN-Bericht zufolge sogar mit einem vorzeitigen Karriereende oder einem Vereinswechsel gedroht habe, wenn die Celtics ihr ursprüngliches Angebot in Höhe von 75.000 Dollar nicht aufbessern würden.

Doch Boston zog mit. Als Russell am 25. August 1965 schließlich seine Unterschrift unter den neuen Dreijahresvertrag setzte, machte er sich zum bestbezahlten NBA-Spieler der damaligen Zeit - und schnappte Chamberlain diesen Titel, den dieser erst kurz zuvor für sich beansprucht hatte, umgehend wieder weg. Dank eines einzigen Dollars.

Russell und Chamberlain: Zwei Legenden auf ihre eigene Art

Auf der anschließenden Pressekonferenz versprach Russell, einen achten Titel in Serie nach Massachusetts zu bringen. Er tat natürlich genau das. Der größte Gewinner in der Geschichte der NBA machte auf dem Weg dorthin auch mit Chamberlain ein weiteres Mal kurzen Prozess, als Boston in den Division Finals Wilts Sixers mit 4-1 nach Hause schickte.

Über die Jahre der insgesamt 143 direkten Duelle der beiden dominantesten Center ihrer Ära und erst recht in den Jahrzehnten danach faszinierte diese Dauerrivalität die Massen. Insbesondere die Frage: Wer war denn nun besser?

Der mannschaftsdienliche und erfolgshungrige Russell, das Herz der Celtics, das Boston auf so vielen Wegen zu einer Championship nach der anderen verhalf? Oder der wahrscheinlich talentiertere Chamberlain, der Goliath der NBA, der Rekorde pulverisierte, 100 Punkte in einem Spiel auflegte - aber den auch den Ruf verfolgte, in wichtigen Momenten abzutauchen?

"Für Bill war jedes Spiel eine Herausforderung, ein Test seiner Männlichkeit. Er hat das Spiel so ernst genommen, dass er sich vor fast jedem Spiel übergeben musste. Ich betrachte Basketball eher als ein Spiel anstatt Leben oder Tod", schrieb Chamberlain einst in seiner Biographie "Wilt".

Bill Russell: Ein Gewinner vor dem Herrn

In Russell und Chamberlain trafen zwei denkbar unterschiedliche Charaktere aufeinander. Sie verband aber die Liebe zum Spiel und enormer gegenseitiger Respekt.

"Gewinnen ist nur dann wichtig, wenn man auch wirklich den Besten schlägt. Wilt Chamberlain war mit weitem Abstand der beste Spieler, gegen den ich je gespielt habe", sagte Russell einst. "Mit ihm waren seine Teams immer ein Titelanwärter. Du musstest ihn schlagen, um Champion zu werden." Meistens gelang das den Celtics.

Die Statistik in den direkten Duellen spricht eine eindeutige Sprache. Auch wenn Chamberlain individuelle Glanzleistungen wie beispielsweise seinen 55-Rebounds-Rekord gegen die Celtics aufstellte, gingen Boston und Russell doch deutlich häufiger als Sieger vom Parkett. 86-mal im Vergleich zu den 57 Wilt-Siegen, um genau zu sein. In den Playoffs gewann Russell sogar sieben der acht Serien gegen Chamberlain.

Das änderte aber nichts an der persönlichen Beziehung zwischen den beiden. Russell betonte immer wieder, dass er in Chamberlain keinen Rivalen sah. Vielmehr einen Wettbewerber, mit dem er sich auf höchstem Niveau messen konnte - und mit dem sich trotz der sportlichen Duelle eine jahrelange, enge Freundschaft entwickelte.

Russell und Chamberlain: Autorennen im Lamborghini

Noch bevor Wilt überhaupt in der NBA auflief, lernten sich die späteren Center-Legenden kennen. Als Russell 1956 zum einem Gastspiel in St. Louis antrat, reiste Chamberlain, damals ein Freshman an der University of Kansas, extra an, um den Celtics-Rookie zu treffen. Den Kontakt hielten sie fortan aufrecht.

Jahre später lud Chamberlain seinen Kumpel vor den traditionellen Sixers-Celtics-Matchups an den Thanksgiving-Feiertagen regelmäßig zu sich nach Hause zum Essen ein. "Bill kam in mein Haus, schlief in meinem Bett, aß mein Essen und am nächsten Tag versohlte er mir auf dem Court meinen Hintern", scherzte Wilt 1997 in einem Interview mit Bob Costas. "Meine Mutter meinte daraufhin, wir sollten Bill das nächste Mal nicht so gut durchfüttern."

Wie Russell zudem verriet, fuhren die beiden Big Man angeblich Autorennen gegeneinander durch das ganze Land. Der Celtics-Star in einem Lamborghini 400 GT, Wilt in einem Maserati Ghibli. "Fragt nicht, wer gewonnen hat, ihr kennt die Antwort", spottete Russell in einem Tweet mit der Anekdote.

NBA Finals 1969: Ein Knacks in der Männerfreundschaft

Den notorischen Gewinner Russell konnte Chamberlain nur einmal in den Playoffs bezwingen: 1967, als Wilts Sixers die Serie der Kelten nach acht Meisterschaften in Folge endlich durchbrachen und sich in den Finals schließlich selbst zum Champion krönten.

Ein Jahr später behielten aber erneut Russell und die Celtics die Oberhand, genau wie in den Finals 1969, dem letzten Aufeinandertreffen der nach Kareem Abdul-Jabbar wahrscheinlich besten Center aller Zeiten. Chamberlain wurde mittlerweile zu den Lakers getradet, in den Finals sollte erst Spiel 7 in Los Angeles das neuerliche Duell mit dem Rivalen von der Ostküste entscheiden.

Lakers-Besitzer Jack Kent Cooke ließ in überschwänglichem Optimismus schon mal ein Meer von Luftballons an der Decke der Arena anbringen, die nach den 48 Minuten auf die siegreichen Lakers herabregnen sollten. Das Problem: Russell bekam Wind von der Aktion und war alles andere als begeistert. Er sorgte dafür, dass die Ballons niemals den Boden der Arena berühren sollten.

Boston gewann letztlich mit 108:106 den elften Titel für Russell, doch seiner Freundschaft zu Chamberlain sollte die Partie, besser gesagt deren Nachwehen, einen heftigen Knacks versetzen.

Wilt Chamberlain (l.) und Bill Russell bei einem gemeinsamen Interview im Mai 1999.
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Wilt Chamberlain (l.) und Bill Russell bei einem gemeinsamen Interview im Mai 1999.

Bill Russell und Wilt Chamberlain: Freunde auf ewig

Wilt musste wenige Minuten vor dem Ende mit einer Knieverletzung vom Parkett - zwar wollte er kurze Zeit später zurückkehren, doch Coach Butch Van Breda Kolff ließ seinen Superstar nach einem Comeback mit Backup-Center Mel Counts auf der Bank. Wilt kam nicht mehr zurück, auch wenn L.A. das Spiel nicht mehr drehen konnte.

Russell legte seinem Kumpel dies als Schwäche aus. Er habe sich in Anbetracht der drohenden Pleite aus dem Staub machen wollen, anstatt seinem Freund einen sportlichen Wettkampf zu liefern - und das ausgerechnet in Russells letztem Spiel, nach den Finals 1969 beendete er seine Karriere.

"Wilts Auswechslung war wie ein falsch geschriebenes Wort am Ende eines guten Buches", schrieb die Celtics-Legende später. "Mein Ärger über ihn an diesem Abend hat später eine große Spannung zwischen uns ausgelöst."

Als Chamberlain von entsprechenden Aussagen Russells erfuhr, fühlte er sich verraten. Die beiden wechselten für mehr als 20 Jahre kein Wort miteinander, bevor sich Russell in einem persönlichen Gespräch entschuldigte und sie die Freundschaft wieder aufleben ließen.

"Er hat mich an so vielen Abenden durch die Hölle geschickt. Als wir älter wurden, haben wir uns immer mehr gemocht, denn wir haben verstanden, dass wir untrennbar miteinander verbunden sind", sagte Russell 1999 auf der Beerdigung des bereits mit 63 Jahren verstorbenen Chamberlain, um dem Buch doch noch ein versöhnliches Ende zu bereiten: "Wir werden auf Ewigkeiten Freunde bleiben."

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