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NBA Playoffs - Chris Paul erreicht mit den Phoenix Suns die Finals: Das letzte Lachen gehört dem Point God

Chris Paul führt die Suns mit einem überragenden Spiel 6 in die ersten NBA Finals seit 1993.
© getty

Chris Paul hat es endlich geschafft: Nach 16 Jahren steht der Point God erstmals in den NBA Finals, in Spiel 6 sorgt er höchstpersönlich dafür, dass den Clippers kein Comeback mehr gelingt. Die Partie steht beispielhaft dafür, wie Paul die Suns von einer Loser-Franchise in einen Titelanwärter verwandelt hat.

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Für Chris Paul war es ein ganz besonderer Moment, als er sich das schwarze Shirt mit einem knallgelb/orangen Suns-Logo überstreifte. In fetten, orangenen Lettern stand über dem Logo das geschrieben, worauf er seit 16 Jahren gewartet hat: "FINALS".

Als er das Shirt nach dem entscheidenden 130:103-Sieg in Spiel 6 der West-Finals in den Händen hielt, kamen unweigerlich die Erinnerungen zurück, welche Hürden er in diesen 16 Jahren zu meistern hatte. Und wie knapp er zuvor an seinem großen Ziel gescheitert war.

Zum Beispiel 2018 mit den Houston Rockets. Die Finals-Shirts lagen damals schon bereit, aus dem Lagerraum in den Katakomben der Rockets-Arena kamen sie aber nie heraus. "Ich erinnere mich, wir lagen 3-2 in Führung. Tone (Spitzname von Anthony Nila, dem Zeugwart in Houston, Anm. d. Red.) hatte die Shirts bereit. Ich konnte in den letzten beiden Partien aber nicht spielen. Da waren diese T-Shirts und ich bekam nie die Chance, sie anzuziehen. Das werde ich niemals vergessen", sagte Paul auf der Pressekonferenz nach Spiel 6.

"Jay (Gaspar, Anm. d. Red.), unser Zeugwart hier in Phoenix, hat mir vor ein paar Tagen eine Nachricht geschrieben: 'C, ich habe die Shirts und die Cappies. Jetzt musst du deinen Part erledigen'", offenbarte der 36-Jährige. Dieses Mal ließ er sich diese Chance nicht entgehen.

Clippers vs. Suns, Spiel 6: Hier gibt es die Highlights der Partie!

Chris Paul: Ein Closeout Game für die Geschichtsbücher

Und wie! Der Point God hatte am Ende 41 Punkte vorzuweisen, 31 davon erzielte er in der zweiten Halbzeit. Letzteres stellte ein Career-High für die meisten Punkte in einer zweiten Hälfte dar, egal ob Regular Season oder Playoffs. Auch in anderer Hinsicht war es ein Auftritt für die Geschichtsbücher: Mit 36 Jahren und 55 Tagen avancierte Paul zum ältesten Spieler der NBA-Historie, der 40+ Punkte in einem Closeout Game auflegt - und überholte damit einen gewissen Michael Jordan.

Eine der besten Playoff-Leistungen seiner Laufbahn - Paul legte zusätzlich 8 Assists und 3 Steals bei 0 Turnover auf und versenkte 16/24 aus dem Feld sowie 7/8 Dreier - sparte sich der Suns-Guard für das vielleicht wichtigste Spiel ebendieser auf. Nach 1.213 NBA-Partien in der regulären Saison und in der Postseason, nach elf All-Star- und zehn All-NBA-Nominierungen konnte Paul endlich das Stigma des besten Spielers, der nie die Finals erreichte, abstreifen.

"Ich bin echt glücklich für Chris", sagte Suns-Coach Monty Williams, der vor einer Dekade seine Karriere als Head Coach in der NBA begann - in New Orleans, mit Paul an seiner Seite. "Ich sehe, wie viel Arbeit er in die Sache steckt, wie wichtig ihm das ist, und seine Tränen nach dem Spiel. Man weiß nie, ob man es wirklich in diese Position schafft."

Phoenix Suns: Von der Loser-Franchise zum Titelanwärter

Letzteres dürften sich nicht nur die CP3-Fans, sondern vor allem auch die Suns-Fans in den vergangenen Jahren gedacht haben. Der letzte Finals-Trip liegt nun 28 Jahre in der Vergangenheit, dazwischen war man mit den legendären Seven-Seconds-or-Less-Teams immer mal wieder nah dran. Doch auch diese erfolgreiche Ära in Phoenix liegt mittlerweile elf Jahre zurück.

Seither tat die Organisation eine Menge, um sich den Ruf als Lachnummer der Liga zu verdienen. Seit 2010 traten die Suns öfters ins Fettnäpfchen, als eine Ziege ihr Geschäft im Büro des Suns-GMs machen kann. Vor nicht einmal zwei Jahren legte Phoenix die zweitschlechteste Saison der Franchise-Geschichte hin (19 Siege, 63 Niederlagen), über die letzten fünf Spielzeiten vor 2020/21 gewannen die Suns nur 30 Prozent ihrer Spiele.

"Wir haben den Tiefpunkt gesehen, und den Tiefpunkt des Tiefpunkts, und das mehrere Jahre lang", brachte Devin Booker, der bis zu dieser Saison nie die Freuden einer positiven Saisonbilanz erleben durfte, die vergangenen Jahre auf den Punkt. "Wir haben jahrelang den Kopf eingezogen und auf diesen Moment gewartet."

Der Umschwung kam mit der perfekten Bubble-Bilanz im vergangenen Jahr. Auch wenn es knapp nicht zur Qualifikation zu den Playoffs reichte, mit acht Siegen aus acht Spielen machte Phoenix endlich wieder sportliche Schlagzeilen. In der Offseason folgte der Trade für Paul, der das Kellerkind der Liga endgültig in ein Gewinnerteam verwandelte.

Chris Paul führt die Suns mit einem überragenden Spiel 6 in die ersten NBA Finals seit 1993.
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Chris Paul führt die Suns mit einem überragenden Spiel 6 in die ersten NBA Finals seit 1993.

Wie Chris Paul die Clippers-Defense sezierte

Die Franchise brauchte dringend jemanden, der ihr Dampf unter dem Kessel macht. Einen Katalysator, der Booker anleitet. Der die weiteren jungen Talente wie Deandre Ayton formt. Der gemeinsam mit Coach Williams eine gewisse Seriosität, ein gewisses Standing nach Phoenix bringt. Paul hat all das geliefert und noch viel mehr.

Bestes Beispiel dafür war die zweite Halbzeit gegen die Clippers. Im dritten Viertel lagen die Suns bereits mit 17 Zählern in Front, Zeugwart Gaspar dürfte bereits nach den Shirts gesucht haben. Doch die Clippers starteten ein Comeback, wie sie es die komplette Postseason über getan hatten. Knapp zwei Minuten vor dem Ende des dritten Viertels robbten sich die Clippers auf -7 heran, dann kam Paul, der zuvor eine Pause bekam, zurück auf den Court.

Er bestrafte sofort einen Zusammenbruch der Clippers-Defense mit einem weit offenen Dreier. Anschließend nutzte er einen Switch von DeMarcus Cousins gnadenlos mit einem Drive aus und nach einem weiteren Triple war der alte Abstand wieder hergestellt. Letztlich gingen 24 der 30 Suns-Zähler seit seiner Einwechslung gegen Ende des dritten Viertels auf Pauls Konto.

"Ich erinnere mich nur noch, dass wir mit 17 vorne lagen. Ich bin aus dem Spiel gekommen, habe hochgeschaut und auf einmal waren es nur noch 7 Punkte Vorsprung", sagte Paul. "Ich schaue jeden Tag jedes Spiel und man sieht immer die Clippers, wie sie einen Lauf machen. Es schien so, als ob es erneut passieren würde."

Chris Paul trotz allen Widrigkeiten

Paul hatte etwas dagegen und nahm bis kurz vor seiner finalen Auswechslung zwei Minuten vor dem Ende nicht mehr den Fuß vom Gas. "Ich habe ihn im vierten Viertel ständig gefragt, kannst du den Sieg schon schmecken?", berichtete Jae Crowder. "Seine Antwort war nur: 'Nein.' Fünf Minuten vor dem Ende habe ich wieder gefragt, kannst du es schmecken? Und er nur 'Nein', geht raus, nimmt einen Dreier und Bang!"

Paul stellte höchstpersönlich sicher, dass ihm niemand mehr das goldene Finals-Ticket stehlen würde, ausgerechnet gegen sein Ex-Team, mit dem er selbst einige bittere Playoff-Momente erleben musste. Und das trotz eines angerissenen Bandes in seiner rechten Hand, wie er nach der Partie verriet.

Das passt in gewisser Weise zu diesen Playoffs von Paul. In der ersten Runde trotzte er einer Schulterverletzung und half, LeBron James und den amtierenden Champion zu eliminieren. In den West-Finals trotze er einer Coronavirus-Infektion. Nachdem er die ersten beiden Duelle gegen die Clippers verpasst hatte, traf er in Spiel 3 und 4 nur 11 seiner 41 Feldwurfversuche.

Phoenix Suns: Chris Paul will das letzte Lachen

Nun reagierte er mit einer sportlichen Meisterleistung und dennoch spaltete CP3 auch in Spiel 6 die Gemüter. Mit seiner Schauspieleinlage nach einem Rempler von Cousins brachte er einige Fans in den sozialen Medien gegen sich auf. Mal wieder, denn auch das gehört zum Spieler Chris Paul.

An seinem Platz in den Geschichtsbüchern wird das aber wenig ändern, diesen hat er mit der Finals-Teilnahme ohnehin weiter zementiert - auch wenn das Booker etwas anders sieht: "Er ist einer der besten Point Guards aller Zeiten, das ist ein Fakt. Jeder weiß das. Das ist schon jetzt in Stein gemeißelt. Alles andere ab hier ist nur Bonus."

Einen Bonus, den Paul aber auf jeden Fall mitnehmen will. Und auch mitnehmen kann, so ist sich CP3 sicher: "Wenn wir weiter das machen, was wir machen sollen, dann gehört mir das letzte Lachen."

Suns vs. Clippers: Die Serie im Überblick - 4-2

SpielDatumHeimAuswärtsErgebnis
120. JuniSunsClippers120:114
223. JuniSunsClippers104:103
325. JuniClippersSuns106:92
427. JuniClippersSuns80:84
529. JuniSunsClippers102:116
61 JuliClippersSuns103:130
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