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NBA Finals - Wie Bucks-Forward P.J. Tucker in Bamberg seine Karriere rettete: "Er war wie ein wilder Stier"

P.J. Tucker kam erst kurz vor der Trade Deadline 2021 zu den Milwaukee Bucks.
© getty

Vor zehn Jahren tingelte P.J. Tucker durch Basketball-Europa, die Chance auf eine NBA-Karriere schien verflogen. In einer Saison bei Brose Bamberg erarbeitete sich der heutige Bucks-Forward aber eine neue Möglichkeit, in der Association durchzustarten - auch dank Shooting-Guru Stefan Weissenböck.

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Nach den ersten 83 P.J. Tucker-Minuten in der besten Basketballliga der Welt gab es wohl niemanden, der ernsthaft daran glaubte, dass der bullige, aber etwas zu kleine Forward etwa 15 Jahre später in den NBA Finals stehen und sogar eine wichtige Rolle spielen würde.

Diese ersten 83 Minuten verteilten sich auf 17 Spiele, die er in seiner Rookie-Saison im Trikot der Toronto Raptors absolvierte. Im Schnitt stand der 35. Pick im Draft 2006 pro Partie 4,9 Minuten auf dem Court, ohne einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Statt seinen NBA-Traum zu leben, degradierten die Kanadier ihn in die damalige D-League, wenig später wurde er entlassen.

"Schrecklich", fasste Tucker einige Jahre später seinen Einstand in der Association zusammen, "es war definitiv eine harte Zeit für mich." Seine Karriere in der NBA schien vorbei, bevor sie richtig begonnen hatte.

Ein Trugschluss, wie sich später herausstellen sollte. Heute kämpft er als Starter der Milwaukee Bucks um die Championship, er prägte gemeinsam mit James Harden eine kleine Small-Ball-Revolution in Houston und hat knapp 50 Millionen Dollar durch das orangefarbene Leder eingenommen. Doch wie hat es dieser Anthony Leon Tucker geschafft, sein basketballerisches Schicksal auf links zu drehen?

Tucker in Bamberg: "Spezialaufgabe" für den Shooting-Guru

Die Spurensuche führt nach Oberfranken, genauer gesagt nach Bamberg. Dort landete P.J., wie er genannt wird (Abkürzung für seinen Spitznamen Pops Junior), schließlich nach sechs verschiedenen Stationen in Europa. Er lief in Israel auf, wo er den MVP-Award abstaubte, heuerte bei einem Aufsteiger in der ukrainischen Liga an, der eineinhalb Jahre später Bankrott ging, wechselte innerhalb eines Jahres dreimal das Team und versuchte es mit einem Abstecher nach Puerto Rico.

Doch auch als er im Sommer 2011 bei Brose Bamberg unterschrieb, lief zunächst nicht alles nach Plan. "Die Trennung war schon so gut wie abgemacht", sagt Stefan Weissenböck, damals wie heute Teil des Trainerstabs und für die Spielerentwicklung in Bamberg zuständig, im Gespräch mit SPOX. "Er selbst war unglücklich und der Verein war ebenfalls nicht glücklich mit ihm."

Doch trotz der Anlaufschwierigkeiten bekam Tucker eine weitere Chance - und die nutzte er, auch mit der Hilfe von Weissenböck. Der Österreicher, der in seiner eigenen aktiven Karriere 34-mal für die Nationalmannschaft auflief, ist mit kurzer Unterbrechung seit 2009 als Head of Player Development bei Brose angestellt. Er bekam vom damaligen Head Coach Chris Fleming die "Spezialaufgabe", mit Tucker an dessen Spiel zu feilen.

Stefan Weissenböck ist bereits seit 2009 in Bamberg als Coach aktiv.
© imago images
Stefan Weissenböck ist bereits seit 2009 in Bamberg als Coach aktiv.

P.J. Tucker in Bamberg: Kein "Hokuspokus"

"Als er damals zu uns kam, war er wie ein wilder Stier, voller Kraft und Energie. Er war ein Ticken schneller und kräftiger als alle anderen, aber meistens gingen seine Aktionen schief", erinnert sich der heute 48-Jährige an unnötige Schrittfehler oder vergebene Korbleger seines Schützlings.

Weissenböck legte im Training den Fokus auf die Details: "Das war ihm am Anfang nicht geheuer, er war alles andere als begeistert, als ich ihn zum Korb mitgenommen und Layups mit ihm geübt habe: Finger spreizen, die Hand unter den Ball kriegen, die Füße ordentlich setzen und vor allem die Aufgaben langsamer, aber dafür extrem genau ausführen."

Der damals 26-Jährige musste zunächst zu seinem Glück gezwungen werden, aber als er merkte, wie er sich durch die Arbeit mit dem Brose-Coach weiterentwickelte, musste er nicht mehr zu zusätzlichen Individualeinheiten gedrängt werden. "So gewinnt man das Vertrauen eines Spielers. Wenn er sieht, dass du ihn weiterbringst, dann öffnet er sich", sagt Weissenböck.

Tuckers Fortschritte wurden vor allem beim Shooting offensichtlich, so etwas wie das Steckenpferd von Weissenböck. Als Shooting-Guru hat er unter anderem Maxi Kleber, Tomas Satoransky, Jakob Pöltl oder als Teilzeit-Individualcoach bei den Brooklyn Nets in den vergangenen Jahren auch Caris LeVert oder Jarrett Allen beim Wurf geholfen. Tuckers Entwicklung habe nichts mit "Hokuspokus" zu tun gehabt, vielmehr steckte eine Menge harter Arbeit dahinter. Aber: "Das Endergebnis war einfach umwerfend."

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