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NBA Playoffs - Tyler Herro lässt die Miami Heat von den Finals träumen: Er ist kein Rookie mehr

Tyler Herro zeigte in Spiel 4 der Eastern Conference Finals das bisher beste Spiel seiner Karriere.
© getty

Tyler Herro hat die Miami Heat mit einer 37-Punkte-Gala gegen die Boston Celtics ganz nah an die NBA Finals herangeführt. Für den 20-Jährigen war es die Kulmination eines ohnehin beeindruckenden Playoff-Runs - sein Team schien davon nicht überrascht zu sein. Hier geht es zu den Höhepunkten der Partie.

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"Tyler Herro scheint sich zu fühlen, als sei er noch in Kentucky!" ESPN-Experte Mark Jackson wollte dem Rookie der Heat ein Kompliment aussprechen, weil dieser sich auch auf der nächsten Stufe, unter gestandenen NBA-Profis, offensichtlich pudelwohl fühlte. Ein Kompliment war angebracht, die Aussage allerdings passte nicht so wirklich.

Als er noch am College agierte, war Tyler Herro nie so gut wie aktuell in den Playoffs. 29 Punkte war sein Career High für die Wildcats; hätte er in Kentucky mehr dieser Leistungen hingelegt und dazu auch noch ein so überlegtes Playmaking im Pick'n'Roll an den Tag gelegt, wäre er sicherlich nicht auf Platz 13 im Draft zurückgefallen. Er war am College nicht dieser Spieler.

Auch in der Regular Season war Herro noch nicht da, wo er jetzt ist. Er spielte gut, natürlich, aber er erlebte auch die typischen Höhen und Tiefen eines Rookie-Jahres. 30 Punkte erreichte er in der Regular Season einmal, war selbst in Miamis Rookie-Rangordnung nicht auf Platz eins. Kendrick Nunn wurde Dritter bei der Wahl zum Frischling des Jahres, Herro schaffte es gerade so ins All-Rookie Second Team.

Beides wirkt nun nahezu albern. Während Nunn quasi aus der Rotation verschwunden ist und die allermeisten Rookies längst Urlaub haben, entscheidet Herro Spiele der Conference Finals. Längst misst sich Herro nicht mehr mit Rookies, er ist seinem Alter entwachsen. Der 20-Jährige spielt bisher historische Playoffs. Und Game 4 gegen die Celtics war ein Spiel für die Ewigkeit (hier gibt's seine Highlights im Video).

Brad Stevens: "Herro war lächerlich gut heute"

Eine Halbzeit lang war das vierte Spiel der Eastern Conference Finals eine Art Abnutzungsschlacht, ein überwiegend hässliches Spiel, in dem beide Teams offensiv kaum einen Rhythmus fanden und vor allem Fahrkarte um Fahrkarte von der Dreierlinie produzierten. Herro war vom Zeitpunkt seiner ersten Einwechslung an die Ausnahme, erzielte 15 Zähler direkt in der ersten Halbzeit.

Er agierte offensiv mit einer Ruhe, die den diversen Veteranen um ihn herum zunächst oft abging, kreierte mit dem Ball in der Hand, beschäftigte die Celtics-Defense aber auch wie gewohnt permanent durch seine gute Bewegung abseits des Balles. Und er traf, nahezu automatisch. Dreier, Layups, Midrange-Jumper, Stepbacks, das ganze Paket.

"Herro war lächerlich gut heute. Der Ring muss für ihn heute wie der Ozean ausgesehen haben", kommentierte Celtics-Coach Brad Stevens, dem die ganze Partie über kein Gegenmittel für das großartige Shotmaking des "Baby GOAT" einfallen wollte, wen auch immer er auf ihn ansetzte.

Die NBA-Statistiken von Tyler Herro

SpielePunkteFG%3FG%FT%ReboundsAssists
Regular Season5513,542,838,9874,12,2
Playoffs1316,544,837,888,95,73,9

Tyler Herro: "Ich bin ein Bucket"

Denn Herro konnte seine starke erste Hälfte noch mit einer großartigen zweiten steigern. Die Celtics gaben nicht klein bei, der in Halbzeit eins katastrophale Jayson Tatum meldete sich mit 28 Zählern nach der Pause zurück und versuchte den 1-3-Rückstand seines Teams mit aller Macht zu verhindern. Herro konnte den All-Star jedoch nahezu Wurf für Wurf matchen, 22 Zähler folgten nach der Pause.

Heat-Coach Erik Spoelstra verließ sich auf seinen jüngsten Spieler. Fünf Minuten vor dem Ende des dritten Viertels kam Herro als Sixth Man wieder rein, danach stand er bis zum Ende des Spiels durchgehend auf dem Court und dankte es allein im letzten Viertel mit 17 Punkten. Herro traf Stepback-Dreier über Marcus Smart, 56 Sekunden vor Schluss sorgte er mit einem Layup für die Vorentscheidung, auch wenn es danach sogar noch einmal brenzlig wurde.

Und er tat es mit einem gewissen Flair. Im vierten Viertel verteilte er Luftküsschen an die Celtics, im Postgame-Interview attestierte er sich selbst, ein "Bucket" zu sein. Herro wechselte im Spiel mehrfach zwischen einem fast ungläubigen Grinsen, dass all dies wirklich gerade passierte, und diesem nach außen getragenen, überbordenden Selbstvertrauen, für das er bekannt ist.

Jimmy Butler schwärmt von Tyler Herro

"Er hat Selbstvertrauen und eine Furchtlosigkeit, die ungewöhnlich ist", sagte Spoelstra. "Aber er ist bescheiden genug, um zu arbeiten, sich coachen zu lassen und die Ratschläge von unseren Veteranen anzunehmen, die wir im Team haben. Und er gewinnt dadurch einfach immer weiter an Selbstvertrauen hinzu."

Herro bedankte sich nach dem Spiel bei ebendiesen Veteranen, insbesondere bei Butler, und sagte, dass er ohne dessen Unterstützung wohl nicht an diesem Punkt wäre. Butler wies dies jedoch von sich: "Er hat das selbst getan. Er ist derjenige, der die Arbeit investiert hat, der sich das Tape angesehen hat, der in der Halle steht. Er ist derjenige, der wie ein Veteran mit den Veteranen redet. Das alles habe weder ich getan, noch unser Coach, sondern er. Er geht einfach raus und liefert ab."

Das tut er, und das mit einer anderen Rolle als noch während der Regular Season. So wie sich Herro vom College-Jahr zur NBA gesteigert hat, erfolgte auch von der "normalen" Saison zur Bubble-Saison ein weiterer Sprung. Herro wird im Eiltempo besser, und nun hat er bereits in vielerlei Hinsicht Geschichte geschrieben.

Mehr Punkte von der Bank erzielte in den Playoffs noch nie ein Rookie, der einzige 20-Jährige, der überhaupt jemals mehr Punkte in einem Playoff-Spiel erzielte, war Magic Johnson vor stolzen 40 Jahren (42). Den Rookie-Rekord der Heat hat er einem gewissen Dwyane Wade ebenfalls schon abgenommen. "Nichts, was Tyler jetzt noch tut, überrascht mich", kommentierte Bam Adebayo.

Tyler Herro: Gala war keine Eintagsfliege

Tatsächlich ist das vielleicht eindrucksvollste an Herros überragendem Spiel, dass es keine Eintagsfliege war. In jedem Playoff-Spiel hat er mindestens 10 Punkte aufgelegt, auch hier jagt er mit nun 13 Partien am Stück einen Uralt-Rookie-Rekord von Alvan Adams (19 Spiele im Jahr 1976). In Spiel 1 dieser Serie fehlte ihm ein Assist, um zum zweitjüngsten Spieler der Geschichte mit einem Triple-Double zu werden (der jüngste ist Johnson).

Herro ist für Miami mindestens ein elitärer Sixth Man und ein so dynamischer Offensivspieler, dass Spoelstra ihn gerade am Ende des Spiels fast immer drauflässt. Auch der Coach denkt nicht mehr in der Rookie-Kategorie. "Mittlerweile haben wir das hinter uns. Er ist kein Rookie mehr", sagte Spoelstra. "Wir brauchen sein Skillset."

Herro hat das Arsenal an Würfen, die Übersicht und das Selbstvertrauen, das es braucht, um gegen ein so starkes Defensiv-Team wie Boston aus broken Plays noch Punkte zu generieren. In einer Serie, in der beide Teams über vier Spiele bisher exakt die gleiche Punktzahl aufgelegt haben, macht ihn das zu einem der großen Unterschiedsspieler.

Das war nicht abzusehen, als Miami im Draft an Position 13 dieser ungewöhnlich selbstbewusste Shooter in die Hände fiel. Einen Pick später waren übrigens die Celtics an der Reihe.

Boston Celtics vs. Miami Heat: Die Serie im Überblick

SpielDatumUhrzeitTeam 1Team 2Ergebnis
116. September0.30 UhrBoston CelticsMiami Heat114:117 OT
218. September1 UhrBoston CelticsMiami Heat101:106
320. September2.30 UhrMiami HeatBoston Celtics106:117
424. September2.30 UhrMiami HeatBoston Celtics112:109
526. September2.30 UhrBoston CelticsMiami Heat
6*28. September1.30 UhrMiami HeatBoston Celtics
7*30. SeptembertbaBoston CelticsMiami Heat