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NBA - Andre Roberson gibt sein Comeback für die OKC Thunder: 909 Tage Leidenszeit, nun Geheimwaffe

Andre Roberson fehlte insgesamt 909 Tage wegen diversen Verletzungen.
© getty

909 Tage - so lange war die Leidenszeit von Andre Roberson. Der Flügelspieler der Oklahoma City Thunder gab nach einer schier endlosen Verletzungssaga sein Comeback und gibt Dennis Schröder und Co. unerwartet eine dringend benötigte Option.

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Die ersten Testspiele beim Restart in Orlando verlaufen meist nach einem Muster. Zumeist spielen die Starter die meiste Zeit in den ersten drei Vierteln, dann wird die Bank geleert und die Youngster dürfen sich beweisen. So war es auch zwischen den Oklahoma City Thunder und den Philadelphia 76ers am Sonntag.

OKC lag nach drei Vierteln mit 11 Zählern hinten, dann kamen die Bankspieler und ein fast Vergessener. Die Thunder drehten am Ende noch das Spiel - ganz zur Freude von Dennis Schröder und Co., die fleißig mit dem Handtuch wedelten. Als dann auch noch ausgerechnet Andre Roberson zwei Dreier in Folge zum Sieg traf, stürmte das komplette Team zum Flügelspieler und klatschte euphorisch ab.

Ausgerechnet Roberson, möchte man meinen. Der Spieler, der in OKC in den Durant-Westbrook-Jahren jede Menge Kritik ob seines Shootings einstecken musste. Ausgerechnet Roberson, der über 30 Monate eine schier unmenschliche Leidenszeit hinter sich bringen musste.

Andre Roberson: Horror-Verletzung versetzt OKC Thunder in Schockzustand

Wir gehen zurück zum 28. Januar 2018. Die Thunder waren bei den Detroit Pistons zu Gast. Die neugeformte Big Three aus Russell Westbrook, Paul George und Carmelo Anthony kam langsam ins Rollen. Nach sechs Siegen in Folge hatte sich OKC auf Platz vier im Westen vorgearbeitet.

In der Motor City lagen die Thunder mit 25 Punkten in Front, als Roberson zum Alley-Oop hochstieg - oder es zumindest versuchte. Das linke Bein gab sofort nach und der Thunder-Flügel landete auf dem Hosenboden. Ein Schock, in der Halle wurde es mucksmäuschenstil.

"Ich habe einige Fälle erlebt, wo sich Spieler vor mir das Kreuzband rissen. Aber noch nie konnte ich so genau hören, wie sich jemand verletzte", erinnerte sich Langston Galloway, der damals für Detroit auf dem Feld stand, gegenüber The Athletic. "Ich hörte ein Knacken und hatte keine Ahnung, was das sein sollte."

OKC verfiel in einen Schockzustand und rettete wie benommen den Sieg über die Ziellinie. Noch konnte niemand ahnen, dass der Flügelspieler nicht nur ein Jahr, sondern fast zwei komplette Spielzeiten verpassen würde.

Andre Roberson: 909 Tage des Wartens

Roberson riss sich die Patellarsehne und wurde umgehend operiert. Die Heilung verlief jedoch nicht wie gewünscht, in der Preseason 2018 musste Roberson nach Komplikationen erneut operiert werden. Auch im folgenden Jahr wurde es nicht besser, der inzwischen 28-Jährige verspürte weiterhin Schmerzen, Rückschläge wurden zur Gewohnheit.

Nicht wenige fragten bereits, ob Roberson jemals wieder Teil eines professionellen Basketball-Spiels sein würde. Umso überraschender war die Meldung, dass er Teil des Kaders für Orlando sein würde - wenn auch womöglich nur als Motivator und gute Seele des Teams. "Er ist ein absolutes Vorbild. Wenn es für dich persönlich nicht läuft, kann man trotzdem für sein Team da sein", lobte Thunder-GM Sam Presti.

"Wenn jemand gegen ihn scort, dann erinnert er sich im nächsten Ballbesitz nicht daran. Gegen die besten Spieler der Welt kann man gut verteidigen und trotzdem scoren sie. Vergleichbar ist es mit Verletzungen. Bei Verletzungen wie diesen kann es Rückschläge geben. Das hat ihn nicht aufgehalten, auch wenn er Tiefpunkte hatte. Im Moment macht mich aber nichts glücklicher, als ihn wieder auf dem Feld zu sehen", erklärte Presti weiter.

Es dauerte 909 Tage, bis Roberson am vergangenen Freitag gegen Memphis erstmals wieder den Court betreten konnte. Der Rost war nicht von der Hand zu weisen, zunächst wirkte er ein wenig wacklig auf den Füßen. Viel wichtiger war es, dass er einfach nur wieder auf dem Feld stehen konnte.

Andre Roberson: Seine Statistiken für die Oklahoma City Thunder

SaisonSpieleMinutenPunkteFG%3P%FT%ReboundsSteals
13/144010,01,948,515,470,02,40,5
14/156719,23,445,824,747,93,80,8
15/167022,24,849,631,161,13,60,8
16/177930,16,646,424,542,35,11,2
17/183926,65,053,722,231,64,71,2

Andre Roberson: Löst er OKCs Flügelproblem?

"Die Jungs haben sich so sehr für ihn gefreut", berichtete Coach Billy Donovan. "Ich weiß, was er in den vergangenen Jahren durchgemacht hat und ich denke, man hat schon in Ansätzen gesehen, dass er mal ein elitärer Verteidiger war. Er ist so clever und weiß mit seiner Länge umzugehen."

Und so könnten die Thunder tatsächlich noch eine weitere Option für den Flügel besitzen. OKC war über die Saison die wohl große Überraschung im Westen. Das Lineup mit den drei Guards aus Chris Paul, Shai Gilgeous-Alexander und Schröder düpierte reihenweise höher eingeschätzte Teams und war obendrein das mit Abstand beste Team in der Crunchtime.

Ob das OKC auch zu einer guten Playoff-Mannschaft macht, erscheint aber fraglich. In der Postseason kommt es traditionell darauf an, wie gut sich Teams in einer Serie über sieben Spiele dem Gegner anpassen können oder hier und da Dinge verändern können. OKC fehlt diese Eigenschaft, vielmehr ist das Drei-Guard-Monster plus Danilo Gallinari und Steven Adams aufgrund der fehlenden Flügelspieler (klammern wir Gallinari mal aus) fast alternativlos.

Im Moment hat sich Luguentz Dort dank seiner Defense festgespielt, der Rookie ersetzte dabei den stagnierenden Terrance Ferguson. Doch auch Dort ist keiner, der mal selbst Offense kreieren kann, sondern ist vornehmlich athletisch.

Es ist ein traditionelles Problem in OKC: Die Flügelspieler sind immer athletisch, aber ohne Wurf oder sonstige hervorstechende Skills. Die gleiche Kritik musste sich auch Roberson über Jahre anhören, überspitzt gesagt ist er die Mutter des Flügelproblems in Loud City.

Andre Roberson könnte auch als Power Forward auflaufen

Immer wieder richtete sich der Fokus auf seine Dreier oder auf die aberwitzig schlechte Freiwurfquote (2017/18 waren es 31,6 Prozent!) und doch war Roberson wertvoll für OKC. Ohne ihn fehlte ein echter Stopper, seine Energie weckte ein oftmals lethargisches Thunder-Team. Die aktuelle Version der Thunder hat solche Probleme nicht, dennoch könnte Roberson auch ihnen helfen.

Die Athletik ist natürlich nicht mehr auf dem Level vergangener Tage, dennoch könnte Roberson immer wieder für ein paar Minuten die Guards entlasten. Donovan spielte sogar bereits mit der Idee, Roberson als Backup-Vierer hinter Gallinari einzusetzen.

In den ersten beiden Tests war auffällig, dass Roberson nicht mehr an der Spitze der Defense stand, stattdessen wurde er häufiger in den Ecken platziert, wo er mit seinen langen Armen ebenfalls ein guter Help Defender sein könnte.

Roberson wird es egal sein, wie genau seine Rolle nun aussehen wird und ob er eine Sekunde oder vielleicht 20 Minuten eingesetzt wird. Das betonte er in den Gesprächen mit den Medienvertretern mehrfach: "Es ist alles so emotional. Ich bin einfach nur dankbar, dass ich wieder auf dem Feld stehen kann."