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NBA - Die "Run TMC"-Warriors unter Don Nelson: Der verrückte Professor und das Schlaraffenland auf Zeit

Tim Hardaway, Mitch Richmond und Chris Mullin waren Run TMC.
© getty

Die Golden State Warriors sorgten mit Chris Mullin, Tim Hardaway und Mitch Richmond zu Beginn der 90er für Furore. Unter dem legendären Coach Don Nelson spielte sich "Run TMC" mit spektakulärem Offensiv-Basketball in die Herzen der Fans, auch wenn das Team nur zwei Jahre zusammenblieb. Dennoch gilt es als wegweisend im Bezug auf die aktuellen Entwicklungen in der NBA. Am 1. September feiert Hardaway seinen 55. Geburtstag.

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Es braucht nicht immer einen Titel, um große Teams in Erinnerung zu behalten. Dies mag zum Beispiel auf die Oklahoma City Thunder zutreffen, die 2012 mit einer jungen Truppe mit drei zukünftigen MVPs in Kevin Durant, James Harden und Russell Westbrook in die Finals marschierten (und gegen die Big Three der Miami Heat verloren), um wenige Monate später in Harden einen essentiellen Spieler zu traden.

Eine ähnliche Situation ereignete sich knapp 20 Jahre zuvor in Oakland, als sich Tim Hardaway, Mitch Richmond und Chris Mullin in die Herzen der Fans spielten und einer gebeutelten Franchise plötzlich wieder Leben einhauchten. Noch heute zählt "Run TMC" zu den ikonischsten Teams aller Zeiten, obwohl das Konstrukt nur zwei Jahre hielt und das Trio der Golden State Warriors nicht einmal die Conference Finals erreichte.

Der spektakuläre Offensiv-Basketball, den Coach Don Nelson, der spätere Förderer von Dirk Nowitzki, spielen ließ, suchte aber damals seinesgleichen und küsste eine Basketball-Hochburg zwischenzeitlich wieder wach.

Zwischen 1977 und 1988 gewannen die Warriors gerade einmal vier Playoff-Spiele und nur eine Runde, ansonsten machte die Franchise nur mit schlechten Deals und Drogen-Skandalen auf sich aufmerksam. Oakland galt in NBA-Kreisen in den Achtzigern als Kokain-Hotspot, teilweise übernachteten Teams aus Angst vor Vorfällen lieber in Los Angeles.

Don Nelson war der Architekt der Run-TMC-Warriors.
© imago images / Claus Bergmann
Don Nelson war der Architekt der Run-TMC-Warriors.

Run TMC: Die Erfindung des verrückten Professors

Auch Mullin erlebte noch einen Teil dieser "Ära", er kam 1985 als siebter Pick in die Bay Area. Der gebürtige New Yorker klagte jedoch unter Heimweh, suchte Zuflucht im Alkohol. Erst mit der Ankunft von Nelson konnte Mully diesem Teufelskreis entfliehen. Nelson kam 1987 eigentlich nur als Anteilshaber in die Bay, machte sich dann aber ein Jahr später selbst zum Coach und sägte den glücklosen George Karl ab.

Schon damals galt Nelson als ein innovativer Coach (andere nannten ihn einen verrückten Professor) mit einer Vorliebe für das schnelle Spiel. "Nellie war dem Spiel voraus", befand der damalige Forward Rod Higgins gegenüber SI. "Er sah, wohin sich das Spiel entwickeln würde." Diese Entwicklung war Small Ball, den die Warriors zelebrierten - in einer Zeit, als andere Teams Jahr für Jahr auf der Suche nach dem nächsten talentierten Big Man waren.

Die Warriors wählten hingegen mit ihren Erstrundenpicks 1988 und 1989 jeweils Guards aus, zunächst Richmond (fünfter Pick) und dann Hardaway (14. Pick). Nelson presste sie in kein Konzept, stattdessen sollte schnell geworfen oder der Ball viel bewegt werden.

Run TMC: Die Lieblinge der Basketball-Welt

Hardaway riss mit seinem legendären Crossover Lücken in die Defense und verteilte die Bälle, Richmond war der klassische Scorer auf der Zwei und Mullin blühte als Point Forward sowie als einer der besten Shooter aller Zeiten regelrecht auf. 120 Punkte (oder gar 50 Zähler in einem Viertel) waren keine Seltenheit, ganz zur Freude der Fans, schließlich bekamen sie bei jedem Heimspiel eine Pizza for free, wenn diese Marke geknackt wurde. Vielleicht erklärt das, warum die Warriors nach Jahren mal wieder alle Heimspiele als ausverkauft vermelden konnten.

"Sie waren so toll anzuschauen, aber es war furchtbar gegen sie zu spielen", erinnerte sich der spätere Warriors-Coach Mark Jackson. "Sie spielten absolut ohne Furcht und es war wie Folter gegen sie zu verteidigen. Jeder wusste, dass einer von den Dreien jederzeit heißlaufen konnte."

Die NBA-Welt schaute plötzlich wieder nach Oakland, auch weil die Showtime-Lakers langsam abbauten und Jordans Bulls noch nicht an den Detroit Pistons vorbeikamen, die aufgrund ihrer harten und teils dreckigen Spielweise im Land nicht besonders beliebt waren.

Golden State experimentierte dagegen mit Aufstellungen ohne Center, zeitweise ließ Nellie mit drei Guards und zwei Forwards spielen. Ein weiterer Coup machte es möglich. Nelson, der gute Kontakte nach Ost-Europa pflegte, gelang es, Sarunas Marciulionis aus der Sowjetunion loszueisen. Der Litauer war eine weitere wichtige Ergänzung für das Offensiv-Spektakel.

Run TMC: Die Statistiken in der Saison 1990/91

SpielerMinutenPunkteFG%3P%ReboundsAssistsSteals
Tim Hardaway39,222,947,638,54,09,72,6
Mitch Richmond39,323,949,434,85,93,11,6
Chris Mullin40,225,753,630,15,44,02,1

Run TMC: Freigeister auf dem Court

"Wir sind den Fastbreak immer gelaufen, wenn es ging", erinnerte sich Forward Tom Tolbert vor einigen Jahren bei SLAM. "Wenn wir dann keinen schnellen Wurf bekamen, hatte wir nur noch zwei Sets und einige Plays füreinander. Wir haben also mit nur wenig Strategie gespielt."

Zunächst reichte dies jedoch knapp nicht für die Playoffs, erste Zweifel wurden am Nellie-Ball laut. Die folgende Saison startete aber mit einem Knall. Golden State schlug zum Auftakt die Denver Nuggets mit 162:158, noch heute steht dieser Rekord für die meisten Punkte in einem Spiel, das nicht in die Verlängerung ging.

Am Ende der Saison 1990/91 standen 44 Siege und der Einzug in die Playoffs, dies jedoch nur als 7-Seed. Dort warteten die San Antonio Spurs mit Center David Robinson, die als turmhoher Favorit in die Serie gingen. Nach einem deutlichen Spurs-Sieg zum Auftakt setzte Nellie komplett auf Small Ball: In der Starting Five war nun Jim Petersen mit 2,08 Meter der größte Spieler, die anderen vier knackten nicht einmal die zwei Meter.

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