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NBA-Draft 2020: LaMelo Ball - Die bessere Version seines Bruders Lonzo?

LaMelo Ball spielt im Moment für die Illawarra Hawks in Australien.
© getty

Kaum ein Spieler im Draft 2020 polarisiert schon jetzt so sehr wie LaMelo Ball. Einige sehen ihn als möglichen Top-Pick, andere als einen fast identischen Spieler wie seinen Bruder Lonzo. Wo liegt die Wahrheit?

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Der Name Ball polarisiert - das ist keine Neuigkeit, wenn es um Lonzo geht. Der Guard der New Orleans Pelicans hat aber auch einen nicht minder talentierten, kleineren Bruder, der ähnliche Anlagen mitbringt, aber auch einen komplett anderen Weg eingeschlagen hat.

LaMelo zieht aufgrund seiner Familie bereits seit seinen Teenager-Jahren die Aufmerksamkeit auf sich. Von Los Angeles zog es Ball mit seinem zweiten Bruder LiAngelo nach Litauen, wo LaMelo bereits mit 16 Jahren erste Erfahrungen in einer Profiliga sammelte. Von dort ging es zurück in die Staaten und schließlich nach Australien zu den Illawarra Hawks, nachdem Vater LaVar ausschloss, dass sein Sohn für ein College spielen werde.

Die australische Liga ist besser als die chinesische CBA, aber auch deutlich unter der EuroLeague einzuordnen. Warum also Australien? Die NBL will sich mit dem sogenannten Next Stars Program als ernsthafte Alternative zum College etablieren. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Spieler werden bezahlt, sie messen sich auf hohem Niveau mit gestandenen Profis.

LaMelo Ball: Seine Statistiken in der australischen NBL*

SpieleMinutenPunkteFG%3P%FT%ReboundsAssists
1129,815,137,427,969,47,25,9

*Stand: 26. November 2019

LaMelo Ball: Woche für Woche gegen gestandene Profis

Dennoch ist es auch ein Risiko. Es ist weiterhin ein Wettbewerb, Teams wollen gewinnen (Illawarra steht derzeit bei 3-8), weswegen zum Beispiel ein Terrance Ferguson, der nun für die Oklahoma City Thunder spielt und 2017/18 als Erster den Weg via Down Under einschlug, nur von der Bank kam und gerade einmal 15,2 Minuten im Schnitt spielte.

Mit Ball verhält es sich anders. Nachdem sich der frühere NBA-Guard Aaron Brooks die Achillessehne riss, hält seither Ball die Schlüssel der Offense in der Hand - nicht selbstverständlich für einen 18-Jährigen. In den ersten elf Spielen der Saison legt Ball im Schnitt 15,1 Punkte, 7,2 Rebounds sowie 5,9 Assists auf, wirft jedoch nur 37 Prozent aus dem Feld.

Sein bestes Spiel machte er vor wenigen Tagen, als er gegen die Cairns Taipans 32 Zähler, 13 Dimes und 11 Boards bei einem Sieg nach Verlängerung auflegte. "Er kann das Spiel auf so vielen Ebenen beeinflussen", schwärmte sein Coach Matt Flinn nach dem Spiel. "Es gibt in unserer Liga viele gute Spieler, aber es gibt nur wenige, die auch noch ihre Mitspieler besser machen."

Doch kann Ball dies auch auf dem höchsten Niveau zeigen oder hat auch er ähnliche Limitationen wie sein Bruder?

LaMelo Ball: Stärken

  • Was sofort ins Auge sticht, sind seine Qualitäten als Spielmacher. Wie auch Lonzo gibt es gefühlt keinen Pass, den LaMelo nicht spielen kann. Da er mit 2,01 Meter sogar noch ein wenig größer ist, kann er zumeist über seine Gegenspieler hinüberblicken.

  • Bekannt sind auch seine Highlight-Pässe, die er aber auch wirklich nur spielt, wenn sie Sinn ergeben. Wie sein Bruder ist er kein Show-Spieler, sondern handelt immer im Dienste des Teams, nicht selbstverständlich nach dem Rummel um seine Person. Derzeit liegt Ball auf Platz zwei in Assists, wobei ihm auf der anderen Seite gerade einmal 2,1 Ballverluste pro Spiel unterlaufen.

  • Das liegt auch an seinem mehr als soliden Dribbling, das ihm hilft, mit durchschnittlicher Athletik seine Gegenspieler zu schlagen. Nicht immer kommt Ball dabei in direkte Ringnähe, dafür besitzt er einen respektablen Floater.

LaMelo Ball: Schwächen

  • Bedenken gibt es dagegen beim Wurf. Wie alle Ball-Brüder besitzt LaMelo keinen Sprungwurf aus dem Lehrbuch, vielmehr führt er den Ball von seiner Brust nach oben, wodurch er Platz zum Abfeuern benötigt, auch wenn die Bewegung schnell vonstatten geht. Im Moment trifft Ball knapp 28 Prozent von draußen, das ist arg wenig, wenn man bedenkt, dass in Australien mit der FIBA-Dreierlinie und nicht der weiter vom Korb entfernten NBA-Dreierlinie gespielt wird.

  • Etwas Hoffnung macht die Leistung von der Freiwurflinie, da steht Ball bei rund 70 Prozent, was nicht überragend, aber zumindest ein Anfang ist. Klar ist auch: Als Anführer des Teams nimmt Ball mehr schwierige Dreier, was seiner Quote schadet. Ball ist kein herausragender Athlet, der sich einfach Platz verschaffen kann, vielmehr definiert sich sein Spiel über Finesse.

  • Am hinteren Ende muss Ball noch versteckt werden. Er ist kein guter Eins-gegen-Eins-Verteidiger, besitzt dafür aber gute Instinkte für Steals und lauert in den Passwegen.

LaMelo Ball: Kann er der Top-Pick im NBA-Draft 2020 werden?

Die Parallelen zu seinem Bruder Lonzo sind durchaus gegeben, das muss aber nicht heißen, dass LaMelo ähnliche Probleme bekommen wird. Der Point Guard wird einer der jüngsten Spieler im Draft sein, der aber als einer von wenigen bereits Erfahrungen auf hohem internationalem Level gesammelt hat.

Das Zünglein an der Waage bleibt der Wurf. Dieser muss zumindest so gut sein, dass ihn die Gegenspieler respektieren. Geschieht dies nicht, kann Ball keine erste Option sein und wird auch als Rollenspieler Schwierigkeiten bekommen, seinen Platz zu finden.

Dennoch gibt es auch Szenarien, in denen Ball ein guter Scorer mit herausragendem Passspiel werden kann. Die kommenden Monate in Australien werden darüber ein bisschen mehr Klarheit bringen, nachdem LaMelo für viele Scouts ein Rätsel blieb, weil er eben keinen AAU-Ball, also organisierte Jugendspiele gegen andere Top-Talente, spielte.

Trotz aller berechtigter Zweifel ist LaMelo Ball einer der interessantesten Talente der vergangenen Jahre. Im Moment ist der Guard ein klarer Top-10-Pick mit deutlicher Tendenz nach oben. Selbst der Top-Spot scheint nach den Wirrungen um Top-Prospect James Wiseman offener denn je zu sein.

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