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NBA-Kolumne Above the Break: Die neue Identität der Celtics, Andrew Wiggins und das Licht, Denvers Saisonstart

Andrew Wiggins hat bei den Minnesota Timberwolves einen vielversprechenden Saisonstart hingelegt.
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Andrew Wiggins und das Licht

Wenige Spieler mit großem Profil haben über die letzten Jahre mehr Kritik einstecken müssen als Andrew Wiggins. Vollkommen zurecht, wohlgemerkt: Der Kanadier spielt mit einem Maximalvertrag, deutete aber nur alle zehn Spiele mal an, warum er diesen bekommen hatte. Scoren konnte Wiggins, wenn auch nicht besonders effizient, sonst kam aber wenig Zählbares vom einstigen "Maple Jordan". Der schwankende Energiepegel und die Wurfauswahl des Nr.1-Picks von 2014 ließen immer wieder frustrierte Fans und auch Mitspieler zurück.

Da es in den letzten Jahren immer mal wieder kurze Hochphasen gab, möchte ich noch davor warnen, Wiggins' Saisonstart so zu interpretieren, dass er dies hinter sich gelassen hat. Nüchtern betrachtet sind die jüngsten Eindrucke dennoch positiv und, sollten sie sich bewahrheiten, ein Schritt in die richtige Richtung, zu einem tatsächlich positiv beitragenden NBA-Spieler.

Was ist anders? Wiggins hat sich für den Moment ein Wurfprofil angeeignet, das an NBA-Basketball in 2019 erinnert. Er hat die Mitteldistanz nicht von sich gewiesen, aber seine Diät verringert - 4,4 Würfe pro Spiel nahm er noch vergangene Saison aus der Gegend zwischen Zone und Dreierlinie, in dieser Saison sind es bisher "nur" rund drei, bei ordentlicher Quote (40 Prozent) und erschwert dadurch, dass er oft die Notfall-Option in der Crunchtime darstellt.

Dafür nimmt er mehr Dreier denn je (6,5 pro Spiel) und attackiert vermehrt den Korb. Nachdem zuletzt alle Point Guards der Wolves ausfielen, agierte Wiggins regelmäßig als Spielmacher und lief fast zehn Pick'n'Rolls pro Spiel als ballführender Spieler, aber auch aus Isolationen oder per Cut forciert er den Weg zum Korb. Seine Aktionen wirken zumeist zielstrebig, was vielleicht der größte Unterschied ist.

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© nba.com

Die enormen physischen Vorteile - die Schnelligkeit, die Athletik, die langen Arme - geben ihm die Möglichkeit, fast immer an seinem Mann vorbeizukommen; im Gegensatz zu früheren Jahren forcierte er dies zuletzt auch recht konsequent. Wiggins nutzt dabei auch besser denn je die Aufmerksamkeit, die Karl-Anthony Towns auf sich zieht.

Es hat sich mittlerweile in der NBA herumgesprochen: Towns gehört wohl zu den zehn gefährlichsten Schützen der Liga, zumal man seinen Wurf angesichts seiner Größe kaum blocken kann. Obwohl die Timberwolves sonst keine elitären Schützen haben, schafft allein dieses Wissen Räume für einen Spieler wie Wiggins.

Auch als Ablenkung; Towns setzt unheimlich viele On- und Off-Ball-Screens und verzeichnet aktuell 5 Screen Assists pro Spiel, die sechstmeisten der Liga. Wiggins ist oft derjenige, der davon profitiert. Das Two-Man-Game der beiden Nr.1-Picks funktioniert nicht immer ideal, es gibt aber Plays, in denen das gemeinsame Potenzial klar ersichtlich wird.

Wie bei diesem Dribble Hand-Off: Wiggins streift seinen Verteidiger quasi an Towns ab, von dem man nicht absinken darf. Wiggins nutzt das, um rasend schnell das Tempo zu wechseln und einfache Punkte am Korb zu bekommen. Simpel, aber schwer zu verteidigen. Wiggins erzielt derzeit überragende 1,8 Punkte pro Play nach einem Hand-Off. Man könnte wohl sogar noch mehr herausholen, wenn die Wolves auf der ballfernen Seite mehr tatsächlich gefährliche Shooter platzieren könnten.

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© nba.com

In den vergangenen sechs Spielen verteilte Wiggins, der in seiner Karriere noch nie mehr als 2,5 Assists pro Spiel verteilt hat, außerdem 4,8 Vorlagen - darunter etliche an die Dreierschützen der Wolves. Derzeit nehmen nur vier Teams prozentual mehr Dreier als die Wolves, auch wenn sie sie nicht gut treffen.

Fast alle Spieler bei den Wolves sind aber darauf angewiesen, dass sie diese Würfe serviert bekommen, und zuletzt war Wiggins derjenige, der Jake Layman, Robert Covington und Co. in Szene zu setzen versuchte. Er ist dafür nicht der ideale Spieler, er erledigte die Aufgabe aber besser (und uneigennütziger), als man vor der Saison zu hoffen gewagt hätte.

Es bleibt zu erwähnen: Die Wolves haben defensiv wie offensiv weiter keinen optimal zusammengestellten Kader, selbst mit zurückkehrenden Point Guards. Der positive Saisonstart (6-4) war auch davon begünstigt, dass es gegen einige eher schwache Teams ging, auch wenn fünf der ersten acht Spiele auswärts stattfanden.

Dennoch: Wenn Wiggins seinen Trend einigermaßen beibehält, könnte die Situation in Minnesota doch gleich etwas rosiger aussehen als vor der Saison angenommen. Auch wenn das angesichts seiner letzten Jahre zugegebenermaßen ein großes "Wenn" ist.

Aron Baynes, Splash Volcano

Die wohl positivste Überraschung des Saisonstarts bleiben die Phoenix Suns, deren Aufstieg wir bereits in der vorigen Woche thematisiert hatten. An dieser Stelle möchte ich trotzdem noch einmal die Wirkung von Aron Baynes hervorheben, beziehungsweise von "Splash Volcano", wie er in Suns-Fankreisen mittlerweile liebevoll genannt wird.

Man kann kaum genug loben, wie Baynes in Phoenix bisher auftritt. Genau 50 Prozent seiner Dreier versenkt ein Spieler, der in seinen ersten fünf NBA-Jahren insgesamt sieben Dreier versuchte. Durch seine Hereinnahme in die Starting Five wurde außerdem die Defense legitimiert, wie es mit "Dopingsünder" Deandre Ayton wohl kaum möglich gewesen wäre.

Besonders erwähnenswert sind bei Baynes aber auch nach wie vor die Screens, die er stellt, und deren Frequenz. Es gibt Spiele, in denen es wirkt, als würde er bei jeder einzelnen Offensiv-Possession mindestens einen Block stellen, und bei ihm sind es ja keine angedeuteten Halb-Blocks a la Kevin Durant - im Gegenteil. Wer in Baynes kracht, nimmt blaue Flecken mit, wie beispielsweise Torrey Craig nach diesem Play bestätigen kann.

Niemand profitiert mehr vom australischen Felsblock als Devin Booker, dessen Verteidiger regelmäßig im Screen hängen bleibt und der dadurch offene Abschlüsse bekommt, wie er sie seit Jahren kaum gekannt hat.

Baynes kann aber auch selbst gut abschließen. In den fast vier Plays pro Spiel, in denen er nach einem Block abrollt, erzielen die Suns derzeit 1,67 Punkte pro Ballbesitz - der zweitbeste Wert der Liga nach Detroits Christian Wood, bei weitaus höherer Frequenz.

Man darf gespannt sein, wie sich Baynes' Einsatzzeiten und Rolle verändern, sobald Ayton von seiner Sperre zurückkehrt. Der Nr.1-Pick von 2018 sollte langfristig natürlich starten, hat er doch das weitaus größere Potenzial. Ein ganz wesentlicher Faktor des jüngsten Aufstiegs der Suns ist der Boomer dennoch.

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