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NBA Playoffs - Toronto Raptors gleichen Serie gegen Bucks aus: Das Ende der One-Man-Show?

Von Philipp Schmidt
Norman Powell, Kyle Lowry und Fred VanVleet zeigen in Spiel 4 gegen die Bucks starke Leistungen und springen Kawhi Leonard endlich zur Seite.
© getty

Die Toronto Raptors haben sich in Spiel 4 auf eindrucksvolle Art und Weise gegen die Milwaukee Bucks durchgesetzt und dadurch die Eastern Conference Finals in eine Best-of-Three-Serie verwandelt. Dabei konnten sie sich auf eine ganz neue Stärke verlassen.

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"Sie waren großartig. Ich glaube, sie haben über 30 Punkte gemacht." Was eigentlich als Lob an die in Spiel 3 überragende Bank der Toronto Raptors gedacht war, wurde den Reservisten nicht in Ansätzen gerecht. Immerhin legten sie nicht einfach nur, wie von Kawhi Leonard vermutet, "über 30 Punkte" auf, es waren ganze 48 Zähler.

Norman Powell: 18 Punkte, 5 Rebounds, Serge Ibaka: 17 Punkte, 13 Rebunds, Fred VanVleet: 13 Punkte, 6 Assists. Alleine diese Zahlen zeigen, wie groß der Einfluss dieser drei Spieler auf den Ausgang von Spiel 4 war, wie auch Leonard trotz seiner ungenauen Rechnung anerkannte: "Jeder hat einen Beitrag geleistet, Würfe getroffen und tolle Defense gespielt."

In der bisherigen Serie legten die drei genannten lediglich 26 Punkte im Schnitt auf (zusammengerechnet wohlgemerkt) und wurden von der Bank der Bucks um Malcolm Brogdon, George Hill und Ersan Ilyasova nach allen Regeln der Kunst dominiert (43,3 Punkte). Insbesondere VanVleet war in den Spielen 1 bis 3 mehr oder weniger nicht zu gebrauchen und traf nur 2 seiner 11 Dreierversuche.

Toronto vs. Milwaukee: Die Stats der Raptors-Bank

PunkteReboundsAssistsFG3FG
Spiel 1125333,3 Prozent25 Prozent
Spiel 239181050 Prozent45,5 Prozent
Spiel 32713933 Prozent31,3 Prozent
Spiel 448221143,9 Prozent33,3 Prozent

Raptors: Rollenspieler trumpfen in Spiel 4 groß auf

Während die überschaubare Leistung der Bank im ersten Heimspiel der Raptors beinahe zum Verhängnis wurde und nur durch Heldentaten von Leonard in der Overtime vertuscht werden konnte, waren sie zwei Tage später allesamt zur Stelle. Und das war auch bitter nötig: Der Klaue war die in Spiel 3 erlittene Beinverletzung deutlich anzumerken, auch wenn er dies selbst nach der Partie nicht zugeben wollte: "Mir geht es gut, ich werde weiter kämpfen."

Seine Teamkollegen hingegen wussten genau, wie sehr sich ihr Franchise Player quälen musste und gingen entsprechend zu Werke - angeführt von Kyle Lowry. Dieser hatte beim Overtime-Erfolg nur 11 Punkte aufgelegt und 7 Würfe genommen (bei 6 Fouls). Dieses Mal hatte er diesen Wert bereits nach fünf Minuten übertroffen und lieferte ein makelloses Spiel ab: 25 Punkte, 6 Assists, 10 von 10 von der Linie und verbissene Defense über die kompletten 34 Minuten, die er auf dem Feld stand.

"Er war an beiden Enden des Courts großartig. Er opfert seinen Körper in der Verteidigung und macht uns so viel besser, wenn er in der Offensive so aggressiv ist", war auch Marc Gasol voll des Lobes über seinen Point Guard. Der betonte allerdings auch den Wert Kawhis auf dem Parkett unabhängig von dessen Verletzung.

"Wir wussten, dass Kawhi ein bisschen limitiert ist, und deshalb mussten wir umso aggressiver sein. Das Gute ist, dass er trotzdem all die Aufmerksamkeit bekommt. Das ist der Vorteil, wenn man einen Superstar im Team hat." Leonard nahm in Halbzeit eins nur 5 Würfe für 5 Punkte, legte schießlich aber trotz aller Widrigkeiten ordentliche Zahlen auf (19 Punkte, 6/13 FG, 7 Rebounds).

Milwaukee Bucks: Fehlende Intensität - aber unbesorgt

Möglicherweise hatten die gesundheitlichen Beschwerden des angesprochenen Superstars - sowie der enttäuschende Auftritt von Pascal Siakam (7 Punkte, 3/6 FG) - einen positiven Nebenaspekt: Die weiteren Akteure waren gefordert und dieser Pflicht kamen neben Lowry endlich auch die Reservisten nach. "In den ersten beiden Spielen sind die Bucks mit einer höheren Intensität zur Sache gegangen und waren aktiver als wir. Das wollten wir in eigener Halle ändern", sagte Powell.

Eben jene Intensität war von den Bucks über weite Strecken der Partie nicht zu sehen: Milwaukee war unter den Brettern (wenn auch nur leicht) unterlegen, ließ 10 Offensiv-Rebounds zu, gab den Ball mehrere Male unbedrängt ab und patzte wie so oft an der Freiwurflinie (17/26, 65,4 Prozent), hauptsächlich in Person von Giannis Antetokounmpo (6/10 FT), der von den Zuschauern unter Anleitung von Drake bei jedem Trip an die Linie kräftig ausgebuht wurde.

"Wir müssen besser verteidigen, jeden von ihnen. Sie haben alles bekommen, was sie wollten. Alles war einfach", sagte mit Khris Middleton ausgerechnet der Spieler der Bucks, der mit 30 Punkten bei starken Quoten der mit Abstand beste Akteur der Gäste war.

Giannis wurde im Laufe des Spiels immer besser von den Raptors kontrolliert - auch Kawhis starke Defense war genau wie in Spiel 3 dabei ein wichtiger Faktor - und die bisher überlegene Bank war ein Totalausfall, insbesondere Malcolm Brogdon (4, 2/11 FG) und George Hill (5, 3/5 FG).

Antetokounmpo vor Spiel 5: Müssen unseren Job machen

Dies ist für Antetokounmpo jedoch kein Grund, in Panik zu verfallen. "Wir haben das ganze Jahre über großartig gespielt. Wenn du ein oder zwei Spiele verlierst, ist es nicht das Ende der Welt. Wir verlieren nicht unser Selbstvertrauen, behalten unsere Gewohnheiten bei und vertrauen einander. Es wird sich alles von selbst lösen, wenn wir die richtigen Dinge machen. Sie haben ihren Homecourt verteidigt und jetzt müssen wir unseren Job machen."

Im Fiserv Forum in Milwaukee müssen die Raptors mindestens ein Spiel gewinnen, um die Bucks auszuschalten. Klar ist, dass dies Toronto ohne einen gesunden (und folglich auch verbesserten) Leonard nicht gelingen wird. Aber möglicherweise war dieses Spiel 4 mehr als nur der Ausgleich in der Serie, sondern ebenso ein Weckruf an die Rollenspieler. Auch ein fitter Kawhi wird nicht alles im Alleingang regeln können.

Coach Nick Nurse jedenfalls macht sich keine Sorgen um den Zustand seines Top-Stars: "Er war sicherlich müde, wie viele andere auch. Er macht einen guten Eindruck. Ich wollte ihm einmal eine längere Pause geben, aber er wollte es nicht, also muss er okay sein." Bereits in der Nacht von Donnerstag auf Freitag (ab 2.30 Uhr live auf DAZN) wird sich in Spiel 5 in Milwaukee zeigen, wie es wirklich um Kawhi steht. Und ob die Reservisten ein weiters Mal abliefern können.

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