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NBA – Raptors und Bucks vor Spiel 4: Das Duell zwischen Kawhi Leonard und Giannis Antetokounmpo

Kawhi Leonard und Giannis Antetokounmpo duellieren sich um den Titel der Eastern Conference.
© getty

Die Toronto Raptors wendeten in Spiel 3 das fast sichere Aus ab und sicherten sich gegen die Milwaukee Bucks nach zweifacher Verlängerung das 1-2 in der best-of-7-Serie der Eastern Conference Finals. Kawhi Leonard war dabei nicht nur offensiv der Schlüsselspieler: Auch seine Defense gegen Giannis Antetokounmpo war essenziell. Wie kann der Grieche kontern?

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Kawhi Leonard steht nicht im Verdacht, besonders emotional zu sein oder überhaupt menschliche Regungen zu zeigen. Sein bisweilen roboterhaftes Auftreten hat ihm eher den Ruf eines Androiden eingebracht, sein Ausstatter New Balance vermarktet den selbsternannten "Fun Guy" explizit mit seiner Mentalität, so wenig wie möglich zu sagen oder preiszugeben.

Auch am Montag sagte Leonard nichts, beim Medientermin zwischen den Spielen 3 und 4 mussten wieder einmal die übrigen Raptors das Reden übernehmen. In diesem Fall verstand das aber jeder: Leonard musste in Game 3 52 Minuten ran, mehr als je zuvor in seiner Karriere. Und er wirkte dabei mitnichten wie ein Roboter, eher sah man ihm nach einer krummen Landung im ersten Viertel immer wieder Schmerzen an, in Sachen Explosivität war er sichtlich limitiert.

Leonard beendete die Partie trotzdem mit 36 Punkten. Mehr noch als seine Offense war es aber die Defense gegen Giannis Antetokounmpo, die das Duell nach zwei Overtimes zugunsten Torontos entschied. Die Frage, die man dem Forward nach der vielleicht aufreibendsten Energieleistung seiner Karriere am Montag gerne stellen wollte, lautete daher: Geht das auch nochmal?

Kawhi Leonard macht Giannis zur Chefsache

Die wichtigste Frage bei jedem Spiel gegen die Bucks lautet nicht erst seit dieser Saison, wie man Antetokounmpo stoppen oder einschränken kann. Die Celtics schafften es in der vorigen Runde im ersten Spiel gut, danach löste der Grieche das Rätsel und Milwaukee sweepte die nächsten vier Spiele.

Gegen Toronto gewannen die Bucks die ersten beiden Spiele, wobei das insbesondere in Spiel 1 nicht nur an Giannis lag. Dennoch: Viele andere Spieler der Bucks sind ein Stück weit von seiner Kreation abhängig, insofern lag die Vermutung bei den Raptors nach Spiel 2 (30 Punkte, 17 Rebounds, 5 Assists) nahe, dass man etwas anderes gegen ihn ausprobieren müsste.

Das wurde in Spiel 3 dann umgesetzt. Nachdem zuvor fast immer Pascal Siakam als primärer Verteidiger gegen Giannis eingesetzt worden war, übernahm nun Leonard diesen Job: Bei 41 Ballbesitzen verteidigte er den MVP-Favoriten, in den beiden vorigen Partien waren es zusammengerechnet nur 19 Ballbesitze. Und diese Maßnahme trug Früchte.

Torontos verbesserte Defense gegen Giannis Antetokounmpo

Antetokounmpo schnappte sich in Spiel 3 zwar mit 23 Rebounds ein Career High und verteidigte gewohnt bissig, er erzielte allerdings auch nur 12 Punkte (5/16 FG) und leistete sich gleich acht Ballverluste. Gegen Leonard traf er sogar lediglich einen von neun Würfen. "Kawhis Defense gegen Giannis war heute vermutlich der wichtigste Schlüssel zum Sieg", analysierte Raptors-Coach Nick Nurse.

Torontos Defense gegen Giannis Antetokounmpo

VerteidigerBallbesitzePunkteAssistsTurnoverFG
Pascal Siakam8718897/16
Kawhi Leonard609234/16
Serge Ibaka4017314/10
Marc Gasol1710123/4

Leonard war dabei nicht ganz auf sich allein gestellt. Toronto mischte seine Defense verstärkt durch und schickte beispielsweise häufiger Double-Teams gegen Giannis, wenn dieser im Post den Ball bekam - die Maßnahme schien den Griechen zu verwundern, in jedem Fall leistete er sich mehrere seiner Turnover gegen diese Coverage. Dazu zeigte Gasol seine ganze Klasse als Help-Defender und räumte Giannis mehrfach in Ringnähe ab.

Der Greek Freak wirkte offensiv generell oft überhastet und mit zunehmender Zeit auch frustriert - dass er am Ende ausfoulte, passte zu diesem gebrauchten Abend. Leonard ist zwar etwas kleiner, aber ebenso schnell und ebenso kräftig wie Giannis - zudem hat er unglaublich schnelle und große Hände. So kann er auf Steals spekulieren, ohne dabei viele Fouls zu begehen oder seine Position zu opfern.

Es erreichte noch nicht die Ausmaße der 2014er Finals, als LeBron James im Lauf der Serie schon frustriert den Kopf schüttelte, sobald Leonard eingewechselt wurde, aber auch Giannis wurde vom nach wie vor wohl besten Flügelverteidiger der NBA effektiv aus seiner Komfortzone gebracht.

giannis-turnover
© nba.com

Nick Nurse: Kawhi Leonard "ist ein bisschen müde"

Nun verhält sich die Situation natürlich etwas anders als 2014. Leonard wurde damals zwar Finals-MVP, es lag aber vor allem an seiner Defense. Für die konnte er deshalb alle Energie aufbringen, weil er vorne "nur" ein (wichtiger) Teil des Spurs-Systems war. In Toronto ist seine Offensivlast ungleich höher.

In Game 3 trafen zwar endlich auch zuvor in der Serie schwache Spieler wie Siakam oder Marc Gasol wichtige Würfe, dennoch richten sich, wann immer das Geld auf dem Tisch liegt, fast alle Augenpaare auf Leonard. Deswegen ist er der Superstar, deswegen wurden in der Regular Season stolze 22 Spiele dem "Load Management" geopfert. Und trotzdem gibt es eine Grenze.

"Ich denke, wir stimmen alle darin überein, dass er heute müde ist", sagte Nurse am Montag. "Aber er hat jetzt zwei Tage und dann wird er bereit sein, das hat er mir so gesagt. Er ist ein bisschen müde, aber er wird seine Pause bekommen."

Die Raptors müssen ihre Saison noch einmal retten

Toronto muss darauf hoffen. Im Prinzip haben sie in Spiel 3 "ihre Saison gerettet" - blickt man aber auf die Bilanz von Teams nach 1-3-Rückstand, müssen sie ihre Saison in Spiel 4 gleich noch einmal retten. Und wenn man auf die Bilanz der Bucks in dieser Saison blickt, werden sie es dabei mit einem weitaus besseren Team zu tun bekommen als am Sonntag.

Milwaukee verlor in der gesamten Saison nie drei Spiele am Stück und nur ein einziges Mal zwei in Serie. Giannis hat nicht zuletzt gegen Boston gezeigt, dass er nach schlechten Spielen schnell Lösungen findet und sich dominant zurückmelden kann. Mike Budenholzer könnte etwa durch mehr Off-Ball-Screens stärker forcieren, dass der Grieche andere Matchups als Leonard vor die Flinte bekommt. Und dieser kann auch Leonard anders attackieren.

"Was ich tun muss, ist aggressiver sein", sagte Antetokounmpo zu The Athletic. "Ich muss zielstrebiger attackieren. Ich war teilweise eine halbe Sekunde zu langsam mit meinen Entscheidungen. Wenn sie in Spiel 4 Kawhi gegen mich stellen, muss ich ihn zum Arbeiten zwingen, damit er defensiv die Energie investiert, die ihm dann vorne fehlt."

Eric Bledsoe und Khris Middleton enttäuschen

Die Bucks können zudem nicht nur auf eine Verbesserung ihres besten Spielers hoffen. Auch die Optionen 2 und 3 stehen in der Bringschuld: Khris Middleton legt gegen Toronto bisher 10,7 Punkte auf (Kawhi verteidigen macht müde!), Eric Bledsoe steht bei 9,3 Punkten. Beide müssen effektiver spielen, um die Aufmerksamkeit ein wenig von Giannis wegzulenken.

"Sie machen Giannis da draußen das Leben zur Hölle", sagte Middleton nach Spiel 3. "Wir haben uns davon ein wenig beeinflussen lassen und versucht, Mismatches zu attackieren, was eigentlich nicht unser Spiel ist. Wir müssen bei unserem Stil bleiben. Dann sind wir als Team gut darin, Antworten zu finden."

Auch Antetokounmpo zeigte sich am Montag selbstbewusst. Aus gutem Grund: Obwohl die drei besten Spieler der Bucks kombiniert 11 von 48 Würfen trafen, brauchte es zwei Overtimes und eine Herkules-artige Leistung von Kawhi, um dieses Spiel zu gewinnen. Die Bucks haben noch immer mehr Tiefe, insbesondere im Backcourt scheinen sie mit George Hill und Malcolm Brodgon auf der Bank klare Vorteile zu haben.

Wird Spiel 4 zum Schlüsselspiel?

Die Raptors allerdings haben eine verdammt starke Defense, die in Spiel 3 auch das Transition-Game der Bucks überragend einschränkte. Und sie haben den Typen in ihren Reihen, der, sollte es eine Wahl zum Playoff-MVP geben (warum eigentlich nicht?), aktuell der Topfavorit auf diesen Award wäre.

Die Zeiten von Load Management sind lange vorbei. Toronto wird nur dann eine Chance auf die Finals haben, wenn Leonard der beste Spieler dieser Serie bleibt. Man darf gespannt sein, ob Giannis ihm diesen Titel in Spiel 4 wieder streitig macht - oder ob Kawhi sein Two-Way-Meisterwerk wiederholen kann.

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