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NBA Legenden-Serie: Ben Wallace - Die zu klein geratene Abrissbirne

Ben Wallace ist bis heute eine absolute Kultfigur in Motor City
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Defense! Defense! Defense!

Wallace und "Deeeetroiiiit Basketbaaaall!" - es sollte eine Kombo werden, die wie das Hinterteil auf den berühmten Eimer passte. Wallace war zwar nach damaliger Ansicht mit seinen zwei Metern und den paar Zerquetschten - der Afro ist da wohl mit eingerechnet - deutlich zu klein, um die Rolle des Centers zu spielen, doch die Pistons schenkten ihm das Vertrauen und entwickelten sich auch dank ihm zu einer der besten Verteidigungen aller Zeiten.

Der Big Man führte die Liga 2002 und 2003 im Rebounding an und blockte auch noch die meisten Würfe. Diese Form von Dominanz erreichten vor ihm nur Legenden wie Kareem Abdul-Jabbar, Bill Walton und Hakeem Olajuwon.

"Fear the Fro" war die Devise für die gegnerischen Offensiven. Wallace verankerte sein Team nicht nur, er zementierte es mit unglaublicher Intensität und schierem Willen. Die 9,1 Defensive Win Shares, die Wallace 2004 erzielte, sind bis heute in der modernen NBA-Zeitrechnung unerreicht. Zum Vergleich: Ein Dwight Howard erzielte in seinen besten Zeiten grade einmal 7. Folgerichtig räumte Big Ben zwischen 2002 und 2006 viermal den Titel als bester Verteidiger ab, nur Ron Artest konnte seine Dominanz einmal durchbrechen.

Ben Wallace: Zentrales Teil im Titel-Puzzle

All-Star-Games und All-NBA-Teams waren die Folge. Jerry Stackhouse sah in Wallace gar einen der größten Spieler aller Zeiten: "Ich habe mit vielen großartigen Spielern gespielt: Michael Jordan, Allen Iverson, Grant Hill. Ben Wallace gehört auch auf diese Liste." Auch der damalige GM Joe Dumars erklärte Big Ben zum wichtigsten Puzzlestück der Franchise: "Alles, was wir tun, beginnt mit Ben. Wir bauen das Team um ihn."

2004 war das besagte Puzzle dann perfekt. Mit der Inthronisation von Larry Brown und den Additionen von Rasheed Wallace und zuvor Billups entwickelten sich die Pistons zu einer Macht im Osten, die vor allem über ihre Defense Spiele gewann. Damit stand das Team den legendären Bad Boys um Isaiah Thomas aus den späten 80er Jahren in nichts nach. Die New Jersey Nets um Jason Kidd hielten Wallace und Co. in den Playoffs bei gerade einmal 56 Zählern. Einen Monat später konnte die Larry O'Brien-Trophy in die Höhe gestreckt werden.

Dass im Anschluss die NBA die Regeln änderte und das Hand-Checking verbot, geschah auch aufgrund der Dominanz der von Wallace verankerten Defensive. Ein größeres Kompliment kann man wahrscheinlich nicht erhalten.

Speziell in Erinnerung blieben die erbitterten Duelle, die er sich mit Shaquille O'Neal in den Playoffs lieferte. Shaq war nach der Finals-Pleite der Lakers in den Osten gewechselt, und so trafen sich die beiden auch in den folgenden drei Jahren jeweils in der Postseason. Legendär dabei war der Block gegen Shaq in den Eastern Conference Finals von 2006, als Big Ben den wesentlich größeren Aristotle mit perfektem Timing abräumte und dieser zu Boden ging und nicht wusste, wie ihm eigentlich geschah.

Ben Wallace: Prügelei, dann Wanderschaft

Doch ein leidenschaftlicher und aggressiver Spielstil ist oft ein schmaler Grad. Es war kein Zufall, dass Wallace am Malice at the Palace seinen Anteil hatte, als er Artest nach einem Foul wegschubste und die Schande zwischen den Pistons und Indiana Pacers erst ins Rollen brachte. Sechs Spiele wurde er dafür gesperrt.

Mit 31 Jahren folgte Big Ben 2006 dann noch einmal dem großen Geld und unterschrieb für vier Jahre und 60 Millionen Dollar in Chicago - und das, obwohl die Pistons im Vorjahr 64 Spiele gewinnen konnten. Doch dieses Kapitel war schnell beendet - es passte einfach nicht so gut wie am Lake Michigan. Auf das gleiche Problem stieß er bei den Cleveland Cavaliers, als Wallace zur Deadline 2008 von den Bulls weggetradet wurde.

Als der Center nach Phoenix weitergereicht und prompt entlassen wurde, schloss sich der Kreis: Wallace trug 2009 noch einmal das Trikot der Pistons. Aber es war mehr emotionale als sportliche Heimkehr: Detroit war auf dem besten Weg in die Bedeutungslosigkeit, Wallace mittlerweile stolze 35 Jahre alt. Drei Jahre in Serie verpasste das Team die Postseason, dann hängte er seine Sneaker endgültig an den Nagel.

Vorbild für die nächste Generation

Die Erinnerung an seine Glanzzeiten überwiegen. Für die Pistons war er ein Glücksfall, ein Spieler, der mit seiner Attitüde eine ganze Stadt aus der Depression holte. Draymond Green, gebürtig aus Michigan, veröffentlichte einen offenen Brief, als das Trikot von Big Ben im Januar 2016 unter die Hallendecke in Auburn Hills gezogen wurde. Er würdigte Wallace als Vorbild: "Ben hatte eine wahnsinnige Arbeitsmoral. Er arbeitete jeden Tag. Und nicht nur das: Er hatte das Herz eines Löwen."

So machte er fehlende Größe wett, wie es heute auch Green tut, wenn er als Center agiert: Wallace war auch der Wegbereiter für die Spieler nach ihm. Undrafted, weggesschickt, und dann ein Star. Es ist die Geschichte des Underdogs, die gerade in einer Stadt wie Detroit so wunderbar funktionierte.

Auf 1.088 Spiele brachte es Wallace in der NBA - Rekord für einen nicht gedrafteten Spieler. 2021 wird er zudem als erster Undrafted Spieler aller Zeiten in die Hall of Fame aufgenommen. Kein Wunder, dass die Fans ihre geliebte Abrissbirne mit dem riesigen Afro so schnell nicht vergessen werden.

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