NBA

NBA - Kobe Bryants letztes Spiel für die Los Angeles Lakers: "Ein Ende wie im Märchen"

In seinem letzten Spiel für die Lakers legte Kobe Bryant 2016 60 Punkte gegen die Jazz auf.
© getty

Heute vor sechs Jahren zeigte Kobe Bryant im letzten NBA-Spiel seiner Karriere noch einmal eine nicht für möglich gehaltene Vorstellung: 60 Punkte gelangen der mittlerweile verstorbenen Lakers-Legende beim Erfolg seiner Los Angeles Lakers über die Utah Jazz. SPOX wirft nochmals einen Blick auf den finalen Auftritt der "Black Mamba" und das letzte Kapitel einer legendären Laufbahn.

Cookie-Einstellungen

Dieser Artikel erschien erstmals am 14. April 2016.

13. April 2016. Staples Center. Game 82. Abschied nehmen von Kobe Bean Bryant. Zum 1346. und allerletzten Mal wird er an diesem Abend die Basketball-Sneaker für die Los Angeles Lakers schnüren. Spezialanfertigung natürlich, die schwarz-goldenen Kobe 11 "Black Mamba" von Nike. Noch einmal 48 Minuten. Gegen die Utah Jazz, aber für die ganze Welt. #MambaDay.

Vor dem Tip-Off ehren die Lakers ihren scheidenden Superstar mit einem Video. Man sieht Bryant auf der Bank, hin und wieder schielt er auf die Highlights, die auf eine kreisrunde Leinwand in der Mitte des Courts geworfen werden.

Ob Kobe Bean Bryant in diesem Augenblick an seine größten Erfolge dachte?

Fünf NBA-Titel (2000-2002, 2009, 2010). Zweimal Finals-MVP (2009, 2010). MVP 2008. 18-facher All-Star (1998, 2000-2016), viermaliger All-Star-MVP. Zweifacher Scoring-Champion (2006, 2007). Weltmeister 2007. Olympiasieger 2008 und 2012. 15 Mal All-NBA. 12 Mal All-Defense. Und und und.

Um es mit niemand Geringerem als Magic Johnson zu sagen: "Er ist nicht nur eine großartige und unglaubliche Ikone des Sports, sondern auch der größte Spieler, der jemals purple and gold getragen hat." Jerry. Wilt. Kareem. Magic. Shaq. Kobe.

"60 Punkte von Kobe Bryant in seinem letzten Spiel ist die größte Abschiedsvorstellung, die ich im Sport je gesehen habe." (Magic Johnson)

13. April 2016. Staples Center. Game 82. Kobe nimmt seinen ersten Wurf des Abends - der Dreier gerät zu kurz. Ein Midrange-Jumper verpasst den Ring komplett. Danach ein Driving Layup, in and out. Ein kurzer Jumper, auch der fällt nicht. Stöhnen im Publikum. Wird es einer dieser Abende sein, die es in diesem Jahr zu oft gab? Einer der Abende, die letztlich zu Kobes Entscheidung führten: Nach dieser Saison ist Schluss?

Ob Kobe Bean Bryant in diesem Moment an seine schwersten Stunden dachte?

Die verhängnisvolle Nacht 2003 in Colorado. Die völlig überraschende Finals-Niederlage 2004, als man mit Karl Malone und Gary Payton gegen die Detroit Pistons verlor. Die Fehde mit Shaq, die die "Dynasty" in Tinseltown schließlich zerstörte. Anschließende Jahre an der Seite großer Namen wie Kwame Brown, Von Wafer, Chris Mihm, Smush Parker. Jahre mit vielen Punkten, aber wenigen Erfolgen. Eine weitere Finals-Niederlage 2008. Der Sweep durch die Dallas Mavericks 2011. Und natürlich sein Achillessehnenriss 2013 - der Anfang vom Ende.

Um es mit Kobe selbst zu sagen: "Ich wurde mit Smush Parker und Kwame Brown in meinem Team beinahe zum MVP. Ich nahm jedes Spiel 45 Würfe. Was hätte ich auch machen sollen? Zu Chris Mihm oder Kwame Brown passen? Smush Parker hatte in der NBA nichts verloren, aber wir waren zu geizig für einen Point Guard."

"Worte können diesen letzten Tag von Kobe Bryant nicht beschreiben. Pure Größe." (Pau Gasol)

13. April 2016. Staples Center. Game 82. Kobes sechster Wurf des Abends, ein Jumper von der Grundlinie. Swish! Sein erster NBA-Korb überhaupt ist genau 7099 Tage her: ein langer Dreier am 6. November 1996, top of the key, bei den Charlotte Hornets - dem Team, welches ihn ursprünglich gedraftet und dann zu den Lakers getradet hatte. Fade-away. Reverse Layup, and-one! Long two. Und dann der Dreier! Fünf Würfe in Folge finden den Weg durch den Nylon, die Fans flippen aus, "Wie in alten Zeiten!" jubelt Kommentator Hubie Brown - und der 82-Jährige muss es wissen.

Ob Kobe Bean Bryant in diesem Moment an diese alten Zeiten dachte?

Damals, als er einmal zwölf Dreier in einer Partie versenkte - lange Zeit NBA-Rekord. Als er zuvor 25 Mal über 50 Punkte aufgelegt hatte. Fünfmal gar über 60 Punkte, einmal in nur drei Vierteln gegen völlig hilflose Mavs. Und dann natürlich sein Meisterstück. 81 Punkte am 22. Januar 2006 gegen die Toronto Raptors. Am Ende werden es 33.643 Punkte sein, Platz vier der ewigen Bestenliste.

Um es mit Kobe selbst zu sagen: "Viele Spieler heutzutage halten 80 Punkte nicht für möglich. 50 vielleicht, und wenn man richtig heiß ist vielleicht 60. Dieses Limit hatte ich nie. Niemals."

"Deshalb ist Kobe der Beste überhaupt." (Nick Young)

13. April 2016. Staples Center. Game 82. Ein Limit kennt Kobe auch an diesem Abend nicht. Er nimmt Wurf um Wurf, angefeuert von tollwütigen Fans und Superstars wie Jay-Z, Snoop, Kanye und natürlich Jack. Viele fallen nicht - aber viele fallen eben auch. 30 Punkte. "Kobe!" 40 Punkte. "Kobe! Kobe!" 50 Punkte. "Kobe! Kobe! Kobe!"

Spielen da nicht gleichzeitig irgendwo die Warriors um Sieg Nummer 73? Wen interessiert das! Hier wächst eine lebende Legende noch einmal über sich hinaus!

Es ist die letzte Spielminute. Kobe sprintet um einen Pick von Julius Randle. Ein Schritt hinein in die Dreierlinie, dann steigt er zum Jumper hoch. "HE GOT IT!" Wahnsinn! Ausnahmezustand! Irrenhaus! Die letzten 15 Punkte hat er für die Lakers markiert, einen 10-Punkte-Rückstand in den letzten drei Minuten aufgeholt. Die Lakers führen. Es geht um nichts mehr, und doch geht es um so viel. Die Kameras fangen Jack Nicholson ein, Jay-Z, einen ungläubig lächelnden Shaq. Und einen völlig erschöpften Protagonisten, der den Kampf gegen den eigenen Körper noch einmal gewonnen hat.

Es sollte der letzte Korb seiner Karriere sein.

Ob Kobe Bean Bryant in diesem Moment an die größten Würfe seiner Karriere dachte?

Seine Poster-Dunks gegen Steve Nash, gegen Dwight Howard vielleicht. Seine zwei Dreier gegen Portland. Das unvergessene "Kobe Bryant has hit a shot at the buzzer!" gegen die Phoenix Suns. Insgesamt 36 Game-Winner in seiner Karriere. Und auflegen konnte er auch, man denke nur an den Alley-Oop auf Shaq in Spiel 7 der Western Conference Finals 2000. Mit einem Crossover beförderte er zunächst Scottie Pippen aus dem Bild und bediente den Big Diesel dann mit einem perfekten Pass. Dagger! Es sollte die erste Championship folgen.

Dass auch eine ganze Menge Würfe nicht ins Ziel gingen? Um es mit Kobe selbst zu sagen: "Ich würde lieber 0/30 werfen als 0/9. Null von neun bedeutet, dass du dich selbst besiegt, dich selbst aus dem Spiel genommen hast. Und den Glauben an dich selbst verloren hast."

"Mit 37 Jahren - der Typ ist doch nicht normal." (DeAndre Jordan)

13. April 2016. Staples Center. Game 82. 14,8 Sekunden noch zu spielen. Kobe geht an die Linie, er hat die Chance auf seine Punkte Nummer 59 und 60. Zu diesem Zeitpunkt hat sich das Netz längst überschlagen mit Liebeserklärungen an die Black Mamba, der Twitter-Account der Lakers ist zwischenzeitlich in Rauch aufgegangen.

In der Halle sitzt sowieso seit Stunden niemand mehr. Der erste Freiwurf wie aus dem Bilderbuch - Pling! Der zweite sitzt selbstverständlich auch. 60 Punkte. Sechzig (!) Punkte. "MVP! MVP! MVP!" regnet es von den Rängen.

Ob Kobe Bean Bryant in diesem Moment an die wertvollsten Menschen in seinem Leben dachte?

Vielleicht an die Eltern Pamela und Joe Bryant, den früheren NBA-Spieler, der ihm die Liebe zum Sport in die Wiege gelegt hatte. An langjährige Weggefährten wie Lamar Odom oder Pau Gasol. Vielleicht an sein großes Vorbild Michael Jordan, an dessen Thron er immer kratzen wollte - und dem er verdammt nahe kam.

Ganz sicher aber an seine Frau Vanessa und die Töchter, die an der Seitenlinie zuschauten. Wenn er an diesem Abend sein Pokerface brach, dann für die liebsten Menschen in seinem Leben. Die nun noch wichtiger werden, jetzt da er sich von einer anderen Liebe verabschieden muss.

Um es mit Kobe selbst zu sagen: "Meine Eltern sind mein Rückgrat. Bis heute. Sie werden dich als einzige immer unterstützen, egal ob du 0 oder 40 Punkte machst."

"Bean, du bist ein Monster. Wir werden dich vermissen. Ein Ende wie im Märchen." (James Harden)

13. April 2016. Staples Center. Game 82. 4,1 Sekunden zu spielen, das Spiel ist entschieden. Es ist an der Zeit. Niemand hat je in seinem letzten NBA-Spiel mehr Punkte gemacht, niemand hat je mehr Würfe genommen. Die 48.638. und letzte Spielminute von Kobe Bryants Karriere ist Geschichte, nein, sie ist mehr als das, sie ist unsterblich.

Als die Sirene zum letzten Mal erklungen ist, wendet sich die Black Mamba noch einmal an die Fans, die sie zwei Jahrzehnte lang treu begleitet hatten. Immer wieder war von Abschied die Rede, diverse Trades sollen nur knapp gescheitert sein. Gut so. So fühlt es sich richtig an - Kobe und die Lakers gehören einfach zusammen. "Ich kann gar nicht fassen, wie schnell diese 20 Jahre vorbeigegangen sind", sagt er. "Danke für die Jahre der Unterstützung, die Motivation, die Inspiration. Aus tiefstem Herzen danke. Ich liebe euch." Und dann ist es vorbei. "Mamba out."

Irgendwann, sehr viel später. Als die letzte Frage beantwortet, die letzte Umarmung gelöst, das letzte Autogramm gekritzelt, die letzte Sporttasche gepackt war. Da verlässt die Nummer 24 zum allerletzten Mal in ihrer 20-jährigen NBA-Karriere die ganz große Bühne.

Woran Kobe Bean Bryant in diesem Augenblick wohl dachte?

Artikel und Videos zum Thema