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NBA Legendenserie: Arvydas Sabonis - Opfer, Mysterium, Revoluzzer

Arvydas Sabonis begegnete Shaquille O'Neal bei jedem Duell auf Augenhöhe
© getty
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Als Blazers-Arzt Don Roberts die Krankenakte des 31-Jährigen zu Gesicht bekam, rief er umgehend bei GM Bob Whitsitt an: "Allein Sabonis' Röntgenaufnahmen würden ausreichen, um einen Behindertenparkplatz zu beantragen", so der besorgte Doc: "Sein Fuß sieht so böse aus, es kann sein, dass er nicht laufen kann. Geschweige denn Basketball spielen." Doch Whitsitt antwortete nur: "Oh, er kann spielen." Denn so war Sabas.

"Jeden Tag spielte er mit Schmerzen", sagte der ehemalige Athletic Trainer Jay Jensen: "Nur dass sie von Tag zu Tag variierten. Aber er ist ein Kämpfer, ein unglaublicher Beißer." Und der Mann weiß, wovon er spricht: Direkt vor dem wichtigen Spiel 3 der 2000er Western Conference Semifinals renkte sich Sabonis den Knöchel aus und humpelte in die Kabine. "Plötzlich machte es klonk, er grunzte einmal und dann stand er auf und ging aufs Spielfeld", schildert Jensen die unglaubliche Szene.

Jeden anderen Spieler hätte wohl eine wochenlange Pause erwartet. Nicht Sabas. Als wäre nichts gewesen, führte er seine Blazers mit 22 Punkten und 8 Rebounds zum vorentscheidenden 3:0 gegen die Utah Jazz. Was für ein harter Hund.

Die Revolution

Im Rose Garden war Sabonis vom ersten Tag an Publikumsliebling - bei seiner Einstellung kein Wunder. Doch noch etwas machte das Mysterium von jenseits des Eisernen Vorhangs, von dem außer Livebildern der großen internationalen Events lediglich eine Handvoll Scouting-Tapes in die USA gelangt waren, besonders: Es war seine Art, zu spielen. Sie glich einer Revolution.

Nicht nur, dass er sich im Face-up ebenso wohl fühlte wie mit dem Rücken zum Korb - nein, der 2,21-Meter-Center hatte schon einen hochprozentigen Dreier als Dirk Nowitzki noch mit der Trommel um den Tannenbaum rannte. Und erst seine Pässe! Behind the back, hinter dem Kopf, No look - Sabonis fand immer einen Weg, das Anspiel außergewöhnlich zu gestalten. Er war der erste Point Center der Geschichte.

Der Oldie rockt

Das Risiko der Blazers zahlte sich direkt aus und als 31-jähriger Rookie legte Sabas 14,5 Punkte (38 Prozent Dreierquote) und 8,1 Rebounds auf - nur um sich in den Playoffs auf 23,6 Zähler (56 Prozent Dreierquote) und 10,2 Boards zu steigern. Bei der Wahl zum Rookie of the Year landete er hinter Damon Stoudamire auf Rang zwei, auch beim Voting des besten sechsten Mannes musste er sich mit dem zweiten Platz (hinter Toni Kukoc) begnügen.

In jedem Jahr erreichte Sabonis mit den Blazers die Playoffs, 2000 bot sich ihnen die eine große Chance. In den Conference Finals lag Portland bereits mit 1:3 gegen die von Kobe Bryant und Shaquille O'Neal angeführten Lakers zurück, doch Sabas und Co. kämpften sich bis zu einer 15-Punkte-Führung im vierten Viertel von Spiel 7. Dann brachen sie ein.

Es war die einzige - und zugegeben ziemlich gute - Möglichkeit für Sabonis, seine unvergleichliche Laufbahn mit einem NBA-Ring zu krönen. In den Finals warteten die schwächer eingeschätzten Indiana Pacers, die Shaq und Kobe mit 4:2 nach Hause schickten und sich den Titel sicherten.

Im zweiten Anlauf

Die erste Rückkehr nach Litauen, mit dessen neu gegründetem Nationalteam Sabonis während seiner NBA-Zeit noch zwei olympische Bronzemedaillen und WM-Silber gewonnen hatte, scheiterte 2001 an mehreren Verletzungen - er konnte kein einziges Spiel für Zalgiris Kaunas bestreiten. Nach einer letzten Reservisten-Saison in Portland folgte dann die dem Ruhestand vorgelagerte Ehrenrunde durch die Heimat.

Mit Kaunas holte Sabas einen letzten Liga-Titel und krönte sich mit 39 Jahren(!) erneut zum Euroleague-MVP (16,7 Punkte, 10,7 Rebounds, 2,4 Assists und 1,6 Steals in 28 Minuten). Es war der perfekte Abschluss von Sabonis' langer und erfolgreicher Karriere, der mit der Aufnahme in die Naismith Memorial Basketball Hall of Fame im Jahr 2011 die mehr als verdiente Würdigung erfuhr.

Der wahre G.O.A.T.?

Lobeshymnen auf Arvydas Sabonis werden nicht nur in Litauen gesungen. Und auch nicht nur von Margot and the Nucelar So and So's - sondern zum Beispiel auch von Donnie Nelson, GM der Dallas Mavericks und langjähriger Assistant Coach des litauischen Nationalteams.

"Arvydas war Dirk Nowitzki, nur in 2,21 Meter", so Nelson: "Ich glaube nicht, dass es einen anderen Spieler in der Geschichte gegeben hat, der konnte, wozu Sabonis in der Lage war. Er ist einer der Besten, die jemals ein Basketball-Trikot getragen haben."

Und mit dieser Meinung ist Nelson nicht allein: "Ich habe gegen Sabonis gespielt seit ich 16 Jahre alt war", sagte Detlef Schrempf vor einigen Jahren in einem Interview: "Wenn er früher in die NBA gegangen wäre, wäre er vielleicht der beste Spieler aller Zeiten geworden."

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