NBA

"Ich sehe überall Regenbögen"

Tibor Pleiß spielt in der kommenden Saison für die Utah Jazz
© getty/imago

Es fing an als Top-Secret-Mission - und auf eine Hängepartie folgte die extreme Erleichterung: Tibor Pleiß, der vom FC Barcelona in die NBA zu den Utah Jazz wechselt, spricht im SPOX-Interview über die verrückten drei Wochen und den Start in sein neues Leben. Und: Wie er in Utah mit einer Dreier-Show für Erstaunen sorgte und wer der nächste Deutsche in der NBA sein könnte.

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SPOX: Tibor, wie viele Glückwünsche haben Sie in den letzten Stunden erhalten?

Tibor Pleiß: Sehr, sehr viele. Es geht ja schon seit Tagen so, dass die Nachricht in der Luft waberte, wobei es noch nicht bestätigt werden konnte. Daher gab es immer wieder Nachfragen und Glückwünsche - und ich durfte nie etwas antworten, weil es noch nicht offiziell war. Umso erleichterter bin ich, dass ich jetzt darüber sprechen darf und der Welt verkünden kann, dass ich ein Spieler der Utah Jazz bin.

SPOX: Was löst der Satz in Ihnen aus: "Tibor Pleiß ist NBA-Profi"?

Pleiß: Die NBA war immer mein Traum - und jetzt bin ich ein Teil davon. Das ist etwas Wundervolles für mich, wobei ich es bis jetzt nicht realisiert habe, weil es eine komplett neue Situation ist. Ich kann das Gefühl gar nicht beschreiben. Ich war die ganze Zeit eigentlich locker drauf. Ich wollte mir selbst bewusst nicht so viel Vorfreude gestatten, um am Ende nicht enttäuscht zu werden. In den letzten Jahren hieß es ja immer, dass es rüber in die NBA geht, und dann kam es doch nie dazu. Daher habe ich versucht, mit einer positiven Gelassenheit die Dinge auf mich zukommen zu lassen. Jetzt mit dem heutigen Tag und der Bestätigung, dass auch Utah den Vertrag unterzeichnet hat, sehe ich allerdings überall Regenbögen. (lacht) Ich bin extrem erleichtert und extrem motiviert, den Jazz das Vertrauen zurückzuzahlen.

SPOX: Wie verliefen die vergangenen drei Wochen? Ihre Reise in die USA wurde streng geheim gehalten, und selbst als die ersten Bilder von Ihnen im Jazz-Camp auftauchten, gab es keinen Kommentar.

Pleiß: Ich wollte es nicht an die große Glocke hängen, vor allem, weil ich Rücksicht auf den FC Barcelona nehmen wollte. Sie wussten natürlich, dass ich mit den Jazz rede, aber wenn ich zu offensiv über die NBA gesprochen hätte, obwohl ich einen laufenden Vertrag mit Barca besaß, wäre der Respekt nicht gewahrt gewesen, den Barcelona verdient. Daher bin ich ohne Trara am 28. Juni nach Salt Lake City geflogen und blieb dort bis zum 4. Juli. Ich lernte den Coachingstaff und einige Spieler wie Rudy Gobert und Dante Exum kennen und absolvierte fünf Trainingseinheiten sowie den Medizincheck und die Leistungsdiagnostik.

SPOX: Offenbar hinterließen die Trainingseinheiten blendenden Eindruck. Vor allem die Quote von 66 verwandelten Dreiern bei 90 Versuchen soll die Jazz begeistert haben.

Pleiß: Ich wusste vorher gar nicht, dass mich Shooting Sessions erwarten. Zumal die europäische Dreierlinie ja näher am Korb ist und ich mich umgewöhnen musste. Trotzdem habe ich über die fünf Tage immer um die 60 Prozent der Dreier von der NBA-Distanz getroffen. Das war ein super Gefühl, wieder ein paar Dreier reinzuballern, weil in den letzten Jahren in Spanien immer eine andere Rolle für mich vorgesehen war und ich nicht so oft von außen schießen und stattdessen vor allem am Korb agieren sollte. Als ich den Jazz-Coaches davon erzählte, konnten sie das nicht glauben, weil sie meine Quoten von früher kannten und ich in den Einheiten so hochprozentig getroffen habe.

Utah-Coach Alex Jensen im Interview: "Perfekte Situation für Tibor"

SPOX: Es klingt, als ob Sie sich mit Ihrem Skill-Set und Wurf ideal mit dem athletischen Franzosen Rudy Gobert ergänzen, mit dem Sie sich wohl die Minuten auf der Center-Position teilen werden.

Pleiß: Absolut! Rudy ist mehr der Center, der unter dem Korb spielt, den Ball dunkt und Blöcke setzt. Und ich könnte der sein, der etwas mehr von außen agiert. Zumal wir uns persönlich verstehen. Als ich in Utah war, haben wir uns häufig unterhalten: über die anstehende EM, über unsere Nationalmannschaften und über Fabien Causeur sowie Thomas Heurtel, mit denen Rudy für Frankreich spielt und die meine Teamkollegen in Vitoria waren. Rudy ist ein sehr netter Typ.

SPOX: Gobert entwickelte sich bei den Jazz innerhalb von zwei Jahren zu einem der hoffnungsvollsten NBA-Center überhaupt. Lässt das Rückschlüsse auf Sie zu?

Pleiß: Ich hoffe doch. (lacht) Rudy hat bewiesen, wie man das nächste Level erreicht. Und ich glaube, dass Utah die perfekten Voraussetzungen für mich bietet. Die Jazz sind sehr international ausgerichtet, was mir entgegenkommt. Rudy und ich sind aus Europa, dazu mit Dante und Joe Ingles zwei Australier: Diese Mischung aus NBA- und internationaler Basketball ist ideal.

SPOX: Das entspricht der Philosophie von Headcoach Quin Snyder, der unter anderem in Europa als Assistantcoach von ZSKA Moskau tätig war.

Pleiß: Er ist ein sehr professioneller und kompetenter Coach, das merkt man sofort. Er hat mich gleich zur Seite genommen und Tipps gegeben, wie einzelne Laufwege verbessert werden können oder wie ich effektiver poste. Ich bin sehr gespannt, was er mir noch beibringt. Und mir gefällt natürlich, dass er schon in Europa war und unter Ettore Messina in Moskau gearbeitet hat. Offenbar haben wir damals in der Euroleague sogar gegeneinander gespielt, als ich noch in Bamberg war. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, aber er erzählte mir, dass ich damals wohl ganz gut gespielt habe.

Seite 1: Pleiß über die Hängepartie, seine Dreier-Show und Vorbild Gobert

Seite 2: Pleiß über die schwierigste Umstellung und Klebers Perspektiven

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