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Dem Murmeltier entkommen

Dennis Schröder und die Atlanta Hawks stehen in den Conference Finals
© getty

Die Atlanta Hawks stehen erstmals seit 1970 wieder in den Conference Finals. Das Team hat zurück zu seiner Identität gefunden und mit Team-Basketball und etwas Glück die Washington Wizards eliminiert. Die Hauptstädter müssen sich neben dem Aus auf einen weiteren Rückschlag einstellen.

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Jedes Kind kennt diese Szene. Ein Hotelzimmer in der amerikanischen Provinz. Der Wecker klingelt und ein verschlafener Bill Murray haut auf den Wecker - immer und immer wieder. Der Reporter erlebt den Murmeltier-Tag in Endlosschleife. Der Filmtitel "Und täglich grüßt das Murmeltier" ist längst zu einer geflügelten Redewendung in unserem Sprachgebrauch geworden und wird gerne zur Hand genommen, wenn sich Dinge einfach wiederholen.

Das wird auch den Atlanta Hawks direkt nach dem Buzzer in den Sinn gekommen sein. "Ich war kurz davor, zu heulen. Ich sagte mir: 'Nicht schon wieder'", beschrieb DeMarre Carroll seine Gefühle direkt nach Spielende.

Dem Murmeltier entkommen

Paul Pierce hatte wieder zugeschlagen - wie in Spiel 3. Swish! Buzzerbeater! Overtime! The Truth hob die Arme nach oben, ließ sich von den Fans feiern und auch die Hawks hatten sich bereits innerlich auf eine Verlängerung eingestellt.

Auch Kyle Korver, der direkt an Pierce dran war, aber seinen Wurf nicht verhindern konnte: "Ich dachte, er hat ihn rechtzeitig losbekommen, ich hatte mich bereits auf die Overtime vorbereitet. Und dann..." Und dann kam das mittlerweile obligatorische Review.

Die drei Referees ließen sich mit dem Replay Center in New Jersey verbinden, schauten sich den Wurf aus allen Winkeln an und dann gab Referee Monty McCutchen das Zeichen "kein Korb". Keine Overtime. Die Hawks stehen in den Conference Finals. Zum ersten Mal überhaupt im Osten und zum ersten Mal seit 1970.

Sie waren noch einmal davon gekommen. Vor dem Murmeltier, vor Paul Pierce. Es war das zweite Spiel in Serie, in der die Hawks am Ende einfach das Glück auf ihrer Seite hatten. In Spiel 5 fiel Al Horford der Ball nach Dennis Schröders geblockten Wurf in die Hände und der Center brachte die Partie nach Hause. Nun war es eine Zehntelsekunde, die zwischen dem Einzug in die Conference Finals und einer Verlängerung entschied.

Zurück zu alter Stärke

Und doch ist es der verdiente Lohn einer grandiosen Regular Season und die Wiederlegung der These, dass es ohne Superstar eben nicht weit gehen kann. Atlanta ist noch nicht am Ziel, aber das Team vertraut wieder seiner Stärke, dem Team-Basketball. Sie vertrauen darauf, einen guten Wurf mit einem Pass gegen einen sehr guten Wurf einzutauschen.

Dieses selbstlose Spiel lässt es zu, dass Carroll die Playoffs seines Lebens spielt, dass Atlanta nicht in die Abhängigkeit von Korver gerät und, dass Schröder in seinem zweiten Jahr in der Crunchtime zum Teilzeit-Go-to-Guy avancieren kann.

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Nun war es wieder Jeff Teague, der in Spiel 5 noch dem Deutschen den Vorzug ließ, der in der entscheidenden Phase die Zügel in der Hand hielt und mit zwei traumhaften Anspielen Carroll zwei einfache und umso wichtigere Korbleger bescherte. Teague entschied sich gegen den Drive zum Korb, gegen den Hero Ball. Er entschied sich für den sehr guten Wurf des Teamkollegen.

"Es war ein Pick-and-Roll mit Horford, aber ich wusste die ganze Zeit, dass DeMarre immer zum Korb ziehen konnte. Ich entschied also an Wall vorbeizugehen, umzuschauen, ob er mir folgt, weil er das ganze Spiel immer aushalf und als ich sah, dass DeMarre den Cut macht, habe ich ihn direkt bedient", schilderte Teague die Szene.

"Wir sind eben keine Superstars"

"Die Philosophie ist ein wenig anders, aber letztlich ist es egal, welche Philosophie du hast, so lange alle ihr folgen und an sie glauben", erklärte Paul Millsap. Diese Philosophie schien zwischenzeitlich ein wenig abhandengekommen zu sein. Der Spielfluss war in den Playoffs nicht mehr vorhanden, die Hawks waren scheinbar entschlüsselt. "Wir sind eben keine Superstars. Wir müssen alle gut spielen. Wir müssen alle ein Teil des Puzzles sein und wirklich darauf fokussiert sein, das bestmögliche Puzzleteil zu sein", weiß auch Korver, der in den Conference Finals nun selbst in der Bringschuld ist, nachdem ihn die Wizards in der Serie komplett kaltgestellt hatten.

Gegen die Cavaliers wird es wichtig sein, dass der Scharfschütze wieder zu seinem Spiel findet und eben auch eine Option ist - eine von fünf Optionen. "Wir gewinnen nur, wenn wir uns selbst treu bleiben. Wir werden nicht gewinnen, wenn wir ein anderes Team sein wollen. Wir werden uns nicht über Nacht verändern. Wir müssen die bleiben, die wir sind, bei unseren Basics und Prinzipien bleiben", schwört Millsap die Truppe ein.

Das Ende von Pierce?

Washington schaffte es zeitweise Atlanta von diesen Prinzipien abzubringen, aber am Ende mussten sie sich ihnen doch beugen und dafür vielleicht einen hohen Preis bezahlen. "Ich weiß es wirklich noch nicht. Ich weiß noch nicht einmal, ob ich jemals wieder Basketball spielen werde", deutete Paul Pierce ein Karriereende an. Seit 17 Spielzeiten sorgt er für die Highlights, für solche Clutch-Momente wie in Spiel 3.

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Es war sicher auch die Enttäuschung über das Ausscheiden, die aus ihm sprach. Doch die NBA-Fans sollten sich mit dem Gedanken anfreunden, dass es auch eine Liga ohne den 37-Jährigen geben kann. So sehr diese Wahrheit auch schmerzt.

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