NBA

"Lakers jagen die größten Superstars"

Von Haruka Gruber, Florian Regelmann und Philipp Dornhegge
Machen die Lakers im Sommer Jagd auf LeBron James oder Carmelo Anthony?
© getty

Verschwinden die Lakers nach Kobe Bryants Vertragsverlängerung im Mittelmaß? Sind die Miami Heat und Indiana Pacers (am Sonntag ab 21.30 Uhr im LIVE-STREAM bei SPOX gegen die L.A. Clippers) die einzigen brauchbaren Teams im Osten? Hat Dallas mit der Verpflichtung von Monta Ellis statt Dwight Howard sogar Glück gehabt? Brauchen die Chicago Bulls einen Rebuild? Und wie schlecht ist Anthony Bennett wirklich? Die SPOX-Redakteure Philipp Dornhegge, Florian Regelmann und Haruka Gruber diskutieren diese Fragen mit dem US-Deutschen Tony DiLeo, ehemaliger General Manager der Philadelphia 76ers und aktuell Scout der Washington Wizards.

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These: Der Osten ist schwächer als je zuvor.

Florian Regelmann: Zwei Championship-Teams und sonst nur Grütze - wir könnten die East Finals Heat vs. Pacers sofort beginnen lassen. Seit der Rose-Verletzung ist der Ist-Zustand ja leicht zusammenzufassen. Als ich das letzte Mal auf die Standings der "Leastern Conference" geschaut habe, waren die Charlotte Bobcats das viertbeste Team. Das allein reicht, um die These mit einem sehr deutlichen Ja zu beantworten. Die Diskussion um die Schwäche des Ostens ist ja nicht neu, wir haben seit über zehn Jahren jede Saison immer wieder den Fall, dass das letzte Playoff-Team im Osten - trotz eines leichteren Schedules - eine schlechtere Bilanz aufweist als die Nummer 9 im Westen. Das an sich ist schon mal ein Unding, weil in der Theorie doch die 16 besten Mannschaften um den Titel spielen sollten, oder nicht? Wobei: Mit einer negativen-Bilanz in die Playoffs kommen, ist eine Sache. Aber mit einer negativen Bilanz potenziell zum ersten Mal in der Geschichte eine Division gewinnen und einen Top 4 Seed abstauben? Spätestens dann ist es an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten. Oder wenn Mike Conley nicht beim All-Star-Game dabei sein kann, dafür aber Kemba Walker. Allerdings, bei aller Peinlichkeit: Es ist kein Zufall, dass der Champion in 13 der letzten 25 Jahre aus dem Osten kam. Raptors-Coach Dwane Casey hat letztens vollkommen richtig erklärt, was der große Vorteil des Ostens gegenüber dem Westen ist: die physische Spielweise, die in den Playoffs dann den Unterschied macht. Da ist der Osten klar besser als der Westen. Es ist nicht so, als ob im Westen alles super wäre. Mal abgesehen von den Spurs, die jedes Tempo spielen können, laufen im Westen viele Teams rum, die super-flashy sind, die aber in den Playoffs Probleme kriegen. So schlecht der Osten in der Breite gerade ist: Zwei der drei besten Teams der Liga spielen im Osten. Und, jetzt werden viele lachen, ich glaube auch nach wie vor, dass man die Nets nicht abschreiben darf.

Haruka Gruber: Naja Flo, dass 13 der letzten 25 Meister aus dem Osten kamen, könnte auch einen ganz anderen Grund haben. Nämlich, dass es für die Top-Teams der Eastern Conference ungleich einfacher und kräfteschonender ist als für die der Western Conference, sich für die Finals zu qualifizieren. Stand jetzt müsste San Antonio erst Golden State ausschalten, dann die L.A. Clippers oder die Rockets, nur um sich in den Conference Finals womöglich mit den Thunder zu prügeln. Auf Miami hingegen könnte in den Conference Finals zwar Indiana warten, aber davor wäre es ein Spaziergang angesichts von Gegnern wie den Bobcats, den Raptors oder den Wizards. Das ist einfach nicht fair! Und mittlerweile muss man auch nachdenken, ob die grundsätzliche Aufteilung nach West und Ost noch Sinn macht für die NBA. Flo spricht das All-Star-Game im Februar an. "ESPN" hat nicht von ungefähr spekuliert, dass der Starting-Backcourt der Eastern Conference aus Arron Afflalo und Jeff Teague bestehen könnte. AFFLALO! TEAGUE! Da wunderst es einen nicht, dass in dieser Saison die Ost-Teams im direkten Duell gegen die West-Teams zwei Drittel aller Spiele verlieren. Das ist ein historischer Tiefpunkt, der die These bestätigt, dass der Osten so schwach ist wie nie zuvor. Wenn sich die Management-Skills im Front Office der Ost-Teams nicht deutlich verbessern, wird das Ungleichgewicht noch größer werden. Selbst die Lakers schaffen es im Rebuild, eine ausgeglichene Bilanz aufzuweisen. Die Dichte im Westen ist so groß, dass die Hornets aktuell nur 13. in der Conference sind. Mit der gleichen 6-8-Bilanz würde Toronto im Osten als Vierter in die Playoffs gehen. Ein Witz!

Tony DiLeo: Zurzeit ist der Osten in der Breite eindeutig schwächer als der Westen, das stimmt. Aber ich würde es relativieren. Die Nets und die Knicks sind die großen Enttäuschungen bisher, trotzdem verfügen sie über sehr gute Mannschaften und werden sich im Laufe der Saison berappeln. Außerdem darf man den Faktor Zufall nicht unterschätzen. Diese Saison ist es nun mal so, dass im Osten mehr Teams als üblich im Rebuilding-Prozess stecken: Boston, Cleveland, Philadelphia, Orlando, Detroit, Washington, Toronto, Atlanta - sie alle haben die Kader teils drastisch umstrukturiert. Dennoch muss ich Haruka widersprechen, dass es für die Heat ein Spaziergang sein wird und sie deutlich ausgeruhter in die Finals gehen können. Im Ost-Finale werden die Indiana Pacers den Heat eine echte Schlacht liefern und Miami wird alles geben müssen, um in die Finals zu kommen (Clippers vs Pacers, am Sonntag ab 21.30 Uhr im LIVE-STREAM bei SPOX). Dort werden die Karten dann neu gemischt. Deswegen ist es auch übertrieben, das grundsätzliche Ost/West-System in der NBA zu hinterfragen. Die Conference-Aufteilung ist tief verwurzelt in der US-Sportgeschichte und die Tradition sollte man nicht einfach so aufgeben.

Philipp Dornhegge: Eine Tradition, die man allerdings aufgeben könnte, wäre die Einteilung in Divisionen. Du hast den möglichen Sieg der Raptors in der Atlantic Division angesprochen, Flo. Zach Lowe von Grantland hat kürzlich einen sehr interessanten und richtigen Beitrag darüber geschrieben, dass man verhindern muss, dass solche Sachen passieren. Die Einteilung in Divisionen macht tatsächlich keinen großen Sinn mehr, führt dafür aber zu allerlei Problemen. Den Vergleich Ost gegen West beeinflusst das freilich nicht, aber da würde ich ähnlich vorsichtig sein wie Tony: In der Breite ist der Westen seit Jahren stärker, das aktuelle Ungleichgewicht jedoch ist nicht mehr als eine Momentaufnahme. Vom Potenzial müssten die Knicks und Nets eine deutlich positive Bilanz haben, die Bulls sowieso und auch die Wizards, die von Haruka völlig zu Unrecht als Fallobst verlacht werden. John Wall ist auf dem Weg zum Superstar und ein Anführer erster Güte, die Truppe darf man nicht unterschätzen. Und die Hawks haben zwar keine grandiose Mannschaft, spielen aber äußerst effektiv. Zusammen mit Miami und Indiana hätten wir schon sechs Mannschaften, die eigentlich zu den besseren der NBA zählen sollten. Aber schauen wir doch mal auf die Verletztenliste mit Chandler, Rose, Lopez/Williams, Milwaukees Larry Sanders, Bostons Rajon Rondo, Washingtons Rookie Otto Porter: Das sind mit Ausnahme von Porter alles namhafte Spieler, die man nicht einfach ersetzen kann. Im Westen fallen mir Gallinari und Bryant ein, bei OKC war Westbrook schnell wieder da. Und wie Golden State ohne Iguodala auskommt oder Memphis ohne Gasol, müssen wir mal schauen. Kurzum: Der Osten ist nicht nur schlechter, sondern hat darüber hinaus auch mehr Pech gehabt und - wie Tony - sagt, mehr Teams im Rebuild als der Westen. Hinzu kommt, dass es dieses Jahr mehr Tradegerüchte gibt als in den letzten Jahren. Da könnte in den kommenden Monaten einiges passieren, was die Verhältnisse in die eine oder andere Richtung verändert. Der aktuelle Stand hat für mich relativ wenig Bedeutung.

These 1: Der Osten ist schwächer als je zuvor

These 2: Chicago sollte einen Umbruch einleiten

These 3: Die Lakers werden auf Jahre nur Mittelmaß sein

These 4: Ellis passt besser zu Dallas als Howard

These 5: Bennett ist der schlechteste Nr.-1-Pick aller Zeiten

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