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NBA Legenden-Serie: Oscar Robertson - Der Superstar, den niemand wollte

Von Jan Dafeld
Mit den Milwaukee Bucks gewann Oscar Robertson seinen einzigen Titel in der NBA
© getty
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Oscar Robertson: Die Triple-Double-Saison

Auf dem Feld scheint Robertson weiterhin eine Klasse besser als (fast) jeder seiner Gegenspieler zu sein. Er gewinnt olympisches Gold und schon in seiner ersten NBA-Saison erreicht er für die Cincinnati Royals unglaubliche 30,5 Punkte, 10,1 Rebounds und 9,7 Assists pro Spiel.

"Er war wie ein Oktopus am Ball", erklärt Pete Newell, sein Coach beim US-amerikanischen Nationalteam. "Es schien, als hätte er sechs Hände. Er dribbelte und hielt gleichzeitig die Gegenspieler auf Abstand. Du hast den Ball einfach nicht von ihm gekriegt."

Nur ein Jahr später gelingt Oscar Robertson ein Kunststück, welches erst Russell Westbrook 2016/2017 wiederholen konnte. Der Guard der Washington Wizards schaffte es inzwischen viermal in Folge. "Er hatte im Schnitt ein Triple-Double über eine komplette Saison. Damit kann ich mich niemals vergleichen", sagt Magic Johnson, der Robertsons Marke 1982 mit 18,6 Punkten, 9,6 Rebounds und 9,5 Assists pro Spiel sehr nahe kam. "Ich fand erst heraus, wie gut Oscar wirklich war, als ich versuchte dasselbe zu erreichen wie er."

Oscar Robertson: Einzelkämpfer ohne Teamerfolg

Robertsons Statistiken erscheinen nahezu surreal. Neunmal in Folge schafft er es ins All-NBA First Team und hält über seine ersten fünf Jahre gesehen ein Triple-Double im Schnitt, mehr als 30 Punkte, 10 Rebounds und 10 Assists legt er pro Partie auf. Zum MVP wird er allerdings nur einmal gekürt.

Ihm fehlt auf dem Feld das Flair. Er zeigt keine krachenden Dunkings oder No-Look-Pässe. Er besticht allein durch Effizienz. "Es war schrecklich, gegen ihn zu spielen", erinnert sich Walt Frazier. "Er hat dich mit dem Rücken dahin gedrückt, wo er dich haben wollte und dann einfach über dich hinweg geworfen."

Darüber hinaus bleibt der Teamerfolg aus. Die Kritik am Point Guard wächst, sowohl in den Medien als auch im eigenen Team. Der Superstar fordert den Ball für sich. Häufig schreit er Teamkollegen an, dass sie zu ihm passen sollen. Die Zeitungen schreiben, dass Robertson zu viel auf eigene Faust versuche, viel zu viel dribble. Noch heute zeigt sich The Big O uneinsichtig: "Ich kannte das Spiel besser als jeder andere. Wer sollte denn sonst den Ball haben?"

Oscar Robertson: Machtkampf mit Cousy

1969 entschließen sich die Royals zu einer Veränderung ihrer Philosophie und verpflichten Bob Cousy als neuen Coach. Der ehemalige Celtics-Star steht für Siege und Teamerfolg, ändert aber auch die Spielweise des Teams und fordert mehr Ball Movement von seinen Spielern.

Dass das Verhältnis zwischen dem neuen Trainer und dem Star des Teams kein gutes ist, verwundert niemanden. "Es war keine Sache des Egos", erklärt Cousy, "ich hätte Oscar natürlich so weiterspielen lassen können wie bisher, aber das war nicht der Plan, den wir verfolgten."

Als die großen Siege auch in diesem Jahr ausbleiben, kommt es zum Machtkampf, den Cousy gewinnt. In den Augen der Medien ist Robertson ein Verlierer, mit dem die Royals keine Erfolge feiern würden. "Plötzlich gab es da eine Kampagne, nach der ich in meiner Karriere nichts erreicht hätte", erinnert sich Robertson. "Ich war im All-NBA First Team. Jedes Jahr! Jedes Jahr, das muss man sich mal vorstellen."

Oscar Robertson: Erster Titel nach zehn Jahren

Trotz allem scheint ein Umdenken beim Einzelgänger stattgefunden zu haben. Nach seinem Trade zu Milwaukee ist er zwar weiterhin der Leader des Teams, allerdings nicht mehr die erste Option im Angriff. Plötzlich sagt er Würfe an, anstatt sie zu nehmen.

Mit Big Man Lew Alcindor (später bekannt als Kareem Abdul-Jabbar) harmoniert der Point Guard nahezu perfekt. Gleich in ihrer ersten Saison gewinnen sie 66 Spiele, in den Finals benötigen sie nur vier Spiele gegen klar unterlegene Bullets. Nach zehn Jahren gewinnt Oscar Robertson endlich seinen Ring.

Oscar Robertson: Kampf für mehr Spielerrechte

Der Höhepunkt seiner Karriere als Basketballer ist aus historischer Sicht jedoch nicht sein größter Beitrag zur Geschichte der NBA. Als Vorsitzender der NBA's Players Association kämpft Robertson in den Jahren nach dem Gewinn seines Meistertitels für mehr Rechte der Spieler in der Liga. 1976, zwei Jahre, nachdem er seine Karriere als aktiver Spieler bereits beendet hat, tritt die "Oscar Robertson Suit" tatsächlich in Kraft. Nach der Fusion der NBA mit der ABA wird der Grundstein für die heutigen Free Agency-Regeln in der Liga gelegt.

Es ist der Abschluss seines Kampfes gegen Ungerechtigkeiten im amerikanischen Basketball. Oscar Robertson nimmt im Basketball nicht dieselbe Rolle wie Jackie Robinson im Baseball ein, der als erster schwarzer Baseballer in der Geschichte der MLB zu einer Symbolfigur für die Rassenintegration im amerikanischen Profisport und der amerikanischen Gesellschaft wurde. Im Kampf gegen den Rassismus ist er stets ein Einzelkämpfer und verweigert seine Teilnahme an Gemeinschaftsprojekten der afroamerikanischen Spielergemeinde.

Doch es ist sein Wirken, das zur wohl größten Veränderung im System fühlt. Ein System, in dem die Teams ihre Spieler laut Robertson ein Leben lang besitzen. Ein System der modernen Sklaverei. Ein System, das für ihn ein Produkt einer früheren Ideologie ist. Eine Ideologie, die ihn sein Leben lang belastete.

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