American League
Seattle Mariners
Ganz leise hört man im Bundesstaat Washington die Playoff-Glocken läuten. Zum ersten Mal seit 2001, als man mit Rookie-MVP Ichiro Suzuki die American League aufmischte und mit 116 Siegen einen American-League-Rekord aufstellte. Danach war es, auch aufgrund der nicht gerade tiefen Taschen der japanischen Besitzer, nicht weit her mit den Ansprüchen der Mariners.
Ein Jahr nach dem anderen: Starkes Pitching, aber desaströses Hitting. Das soll nun vorbei sein: Mit Robinson Cano stattete man vor der letzten Saison einen Superstar mit einem Mega-Vertrag aus und nun kommt auch noch Homerun-King Nelson Cruz dazu. Zusammen mit talentierten Youngstern und King Felix an der Spitze der Rotation soll endlich der Pfad in die Postseason gebahnt werden. Im letzten Jahr fehlte schließlich nur ein mickriger Sieg zur Wild Card.
Stärken: Safeco Field ist dank der luftigen Bedingungen an der Pazifikküste der USA seit Jahr und Tag ein Paradies für Pitcher - und das, obwohl vor kurzer Zeit die Outfield-Zäune hereingerückt wurden. Aus guten Pitchern werden in Seattle so oft sehr gute und mit Felix Hernandez hat man den vielleicht besten Hurler der AL in seinen Reihen. King Felix ist einfach immer für einen Cy-Young-Award gut und hinter ihm hat sich in den letzten Jahren der japanische Pfiffikus Hisashi Iwakuma zu einer verlässlichen Nummer zwei entwickelt.
Nachwuchsmann Tajuan Walker hat ein bärenstarkes Spring Training hingelegt und dahinter wartet der im letzten Jahr beste Bullpen der Major Leagues. Auch im Hitting hat sich einiges getan: Cano, dann Cruz und dahinter mit Kyle Seager einer der besten jungen Third Baseman der Liga, frisch mit einem neuen Vertrag ausgestattet - das könnte für das eine oder andere Souvenir auf den Rängen sorgen. Also Homeruns.
Schwächen: Der passende Slogan für die Heimstätte der Mariners wäre wohl: "Safeco - where power goes to die". Nirgends stirbt die Homerun-Power der Hitter so schnell und vollkommen wie in Seattle. Es ist kein Zufall, dass sich die Zahl der Jacks von Cano im letzten Jahr quasi halbiert hat (von 27 auf 14). Der frühere Doping-Sünder Cruz ist mittlerweile 34 - ob er die in ihn gesteckten Erwartungen erfüllen kann, bleibt fraglich.
Außerdem sind die letzten Jahre gepflastert mit vielversprechenden Talenten, deren Druchbruch nie kam - wer weiß also, wie sich die Mike Zuninos, Dustin Ackleys oder Brad Millers in diesem Jahr entwickeln werden. Die Superstars wie Hernandez oder Cano sind nicht mehr die jüngsten. Und ein Leadoff-Hitter wird seit Ichiros Abgang vor ein paar Jahren immer noch verzweifelt gesucht.
Los Angeles Angels
Bei manchen Wettanbietern traut man den Engeln aus Anaheim tatsächlich die meisten Siege in der American League zu. Das mag überraschen, hatten die Angels doch in der Offseason vor allem durch den erneuten Rückfall des suchtkranken Sluggers Josh Hamilton Schlagzeilen gemacht. Teure Stars oder kubanische Mega-Talente wie andernorts wurden dagegen nicht verpflichtet: Howard Kendrick musste sogar gehen - wohl auch, um etwas Geld zu sparen.
Trotzdem will der AL-West-Champ seinen Titel nicht kampflos ablegen. Schließlich sind immer noch ein paar Superstars vorhanden, allen voran Mike Trout, seines Zeichens MVP und bester Spieler auf diesem Erdball. Der hatte 2014 36 Bälle ins Publikum geschlagen und ist erst 23. Wer weiß, was da noch kommt!
Stärken: Es gibt derzeit kein so sicheres Meal Ticket im Baseball wie Mike Trout. Der junge Superstar macht das Team auf einen Schlag um so viel gefährlicher und hatte in der Offseason auch noch Zeit, an seinen kaum vorhandenen Schwächen (hoher Fastball) zu arbeiten. Wer soll ihn stoppen? Daneben wartet mit Albert Pujols eine lebende Legende auf, auch wenn dessen besten Tage vorbei sind. Selbst wenn Hamilton eine längere Pause/Sperre droht: Das gesamte Lineup ist so ziemlich überall überdurchschnittlich.
Das Team mit dem besten Hitting 2014 sollte auch heuer wieder gut aussehen. Die Rotation strotzt zwar nicht vor Superstars, aber im schwer zu bespielenden Angel Stadium sind die Flyball-Pitcher gut aufgehoben, schließlich findet der Ball nur ganz selten den Weg nach draußen. Wenn Ace Garrett Richards zurückkehrt, macht das Starting Pitching noch einmal einen Sprung und Closer Houston Street wertet den Bullpen auf.
Schwächen: Das Knie von Richards sollte ihn zwar nicht allzu lang außer Gefecht setzen, aber ohne ihn muss man eigentlich vor niemandem wirklich Angst in der Rotation haben - Veteran Jered Weaver ist da noch das höchste der Gefühle. Da fehlt Tyler Skaggs (Tommy John) wirklich an allen Ecken und Enden. Der Bullpen wird weiterhin keine große Stärke sein, Pujols und Hamilton werden langsam - und teilweise auch schneller - alt.
Howie Kendrick hinterlässt an der Second Base eine große Lücke und auch in Sachen Fielding gibt es locker mindestens 25 bessere Teams in den Ligen, Mike Trout mit eingerechnet. Hamiltons öffentlichkeitswirksame Story könnte sich aufs Clubhouse auswirken und GM Mike Dipotos Beziehung zu Coach Mike Scioscia soll bekanntermaßen nicht die beste sein. Könnte hin und wieder schwer werden, sich rein auf das Sportliche zu konzentrieren.
Detroit Tigers
Man kann darüber streiten, ob die Tigers noch immer eine unumstrittene Favoritenrolle in der AL einnehmen. Die Zeiten, in denen Motor City die World-Series-Favoriten stellte, sind wohl erst einmal vorbei. Aber einerseits hat sich kein anderes Team zweifelsfrei besser als die Tigers postiert und andererseits ging die AL Central nicht umsonst viermal in Serie an die Truppe von GM Dave Dombrowski. Der ließ sich im Winter auf das Wettbieten um Max Scherzer nicht ein.
Dafür wurde mit Yoenis Cespedes ein elektrisierender Big Man nach Michigan geholt, der sowohl an der Platte als auch mit dem Arm Highlight-Plays abliefern kann. Übrigens: Ähnlich wie in Washington sitzt bei den Tigers ein nicht gerade taufrischer Besitzer am Ruder. Mike Ilitch, Besitzer der Pizza-Kette Little Caesar's, ist mittlerweile 86.
Stärken: Es ist nicht mehr die Über-Rotation, die das Team stellt. Aber mit David Price hat man einen Number-one-Starter der Kategorie "astreines Ass" zu bieten und Anibal Sanchez hat die AL vor einigen Jahren schon mal in Sachen ERA angeführt. So weit, so gut. Richten werden es aber vor allem die abgerundeten Holzprügel: Miguel Cabrera, zweifacher MVP, kann das Teil nämlich immer noch schwingen wie kaum ein Zweiter und neben ihm warten Victor Martinez, J.D. Martinez und Ian Kinsler (zusammen 72 Homeruns in der letzten Saison).
Nicht umsonst erzielte nur ein Team 2014 mehr Runs als die Tigers - die mit Kinsler und Shortstop Jose Iglesias eine schnittige Double-Play-Kombi aufweisen. Der Bullpen sollte mit Joakim Soria und der Rückkehr von Fireballer Brucen Rondon (Tommy John) auch etwas besser sein als bisher.
Schwächen: Derer gibt es am Lake Erie auch einige: Price und Sanchez sind klasse, aber Justin Verlander, man muss es so hart sagen, ist derzeit nur noch Durchschnitt. Seine besten Tage sind wohl vorüber und das bedeutet: Hinten ist die Rotation mit Alfredo Simon und Shane Greene eher nur Mittelmaß. Die wichtigsten Schlägertypen haben die 30 fast schon allesamt geknackt, dürften also eher nachlassen oder auch hin und wieder ein Päuschen auf der DL einlegen.
Und der Bullpen wurde nach dem desaströsen letzten Jahr vor allem nach dem Prinzip "so schlimm kann's ja nicht schon wieder werden" gestaltet. Noch ist Detroit oben dran in der AL Central, aber die Konkurrenz aus Cleveland oder Kansas City schläft nicht - die Wachablösung ist wohl nur eine Frage der Zeit. Und vielleicht ist die auch schon gekommen.
Außenseiter
"Tür zu, es zieht!" Jawoll, die American League ist gaaanz weit offen, der Unterschied zwischen den fünf Playoff-Teams und dem Rest dürfte extrem klein ausfallen. Ein gutes Zeichen für die Kansas City Royals, die sich im letzten Jahr über die Wild Card bis in die World Series spielten. Die Chance besteht natürlich auch dieses Mal, aber geht erneut alles gut? Die Abgänge von James Shields und Billy Butler tun weh, und auch diesmal ist kaum mehr Power als die 95 Homeruns von 2014 zu erwarten.
Hoffen darf so auch wieder der Champion von 2013. Wir erinnern uns: 2012 verpassten die Boston Red Sox die Postseason, nur um ein Jahr später eine Parade zu veranstalten. Wiederholt sich die Geschichte? Nun ja, David Ortiz scheint nicht zu altern und die Neuzugänge Pablo Sandoval und Hanley Ramirez sind vielversprechend, wenn sie denn gesund bleiben. Aber die Rotation, um Himmels Willen! Da fehlt nicht nur das Ass an der Spitze, sogar die Nummer zwei dahinter findet man unter Namen wie Clay Buchholz oder Rick Porcello nur mit viel gutem Willen.
Bleiben die Cleveland Indians. Die dürften in Anbetracht der alternden Tigers um ihre Division mitspielen. Slugger Brandon Moss von den A's ist eine echte Verstärkung und mit Cy-Young-Gewinner Corey Kluber steht der beste Pitcher der AL am Opening Day auf dem Mound. Ein noch teilweise unerfahrenes Team, aber dafür ohne große Löcher und mit enormem Potenzial. So könnte man auch die Fans wieder ins Progressive Field locken: Kein AL-Team hatte in der letzten Saison weniger Zuschauer zu verzeichnen.
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