Olympische Spiele in Tokio: IOC kauft Impfstoff in China

SID
Thomas Bach und das IOC haben beschlossen, Impfstoff in China zu kaufen.
© getty

Thomas Bach hat angekündigt, Impfstoff für die olympischen Athleten aus China zu kaufen. In der EU sind die Impfstoffe aus dem Reich der Mitte allerdings noch nicht zugelassen - und damit auch kein Thema für den DOSB.

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Im Wettlauf mit der Corona-Pandemie erhöht Sportfunktionär Thomas Bach das Tempo und schließt einen Deal mit China ab. Während einige nationale Impfprogramme viereinhalb Monate vor den Sommerspielen nicht einmal angelaufen sind, ordert der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees Impfstoff aus dem Reich der Mitte, der den Athletinnen und Athleten bei den Olympischen und Paralympischen Spielen in Tokio und Peking zugutekommen soll.

Deutsche Sportler werden aber wohl nicht profitieren. DOSB-Präsident Alfons Hörmann hofft zwar, dass durch das chinesische Angebot "Athlet*innen weltweit sicher und mit besserer Chancengleichheit nach Tokio und Peking reisen" können, er setzt jedoch auf "die aktive Unterstützung" der nationalen Politik "bei der rechtzeitigen Impfung (...) aus Impfstoffkontingenten, die in Deutschland zugelassen sind." Noch hat kein Vakzin aus China eine EU-Zulassung.

Wieviele Dosen das IOC zu welchem Preis kaufen wird, ließ Bach offen. Dennoch zeigte er sich hochzufrieden. "Diese Initiative ist ein weiterer Meilenstein für die Sicherheit der Olympischen und Paralympischen Spiele", sagte er. Das Nationale Olympische Komitee Chinas stelle die Impfdosen zur Verfügung. Das Angebot "entspricht dem olympischen Geist der Solidarität", jubelte Bach, der am zweiten Tag der Session sichtlich bemüht war, das zuletzt extrem gesunkene Vertrauen in die Pandemie-Spiele von Tokio zu stärken.

Dafür nahm er das Angebot aus China, dem umstrittenen Ausrichter der kommenden Winterspiele, gerne an und verkündete, dass nicht nur die Athleten in den Genuss der privat finanzierten Impfungen kommen. Auch die Bevölkerung in den Ausrichterländern Japan und China soll profitieren. Das IOC wolle für jede Impfdosis pro Athlet je zwei weitere Dosen finanzieren, die zur freien Verfügung stehen sollen.

69 Entwicklungsländer mit Vakzinen aus China versorgt

In der Europäischen Union gibt es derweil nicht einmal einen Antrag der drei möglichen Impfstoffkandidaten bei der Arzneimittelbehörde EMA. Doch das kann sich schnell ändern. Serbien soll schon aus China Zusagen für zwei Millionen Impfdosen erhalten haben, Montenegro immerhin 30.000 Dosen. Ungarn hat offenbar fünf Millionen Dosen bestellt.

Außenminister Wang Yi bestätigte jüngst, dass bereits 69 Entwicklungsländer mit Vakzinen aus China versorgt worden seien. Impfstoffe seien ein öffentliches Gut, sagte er, das habe China als eines der ersten Länder deutlich gemacht. Experten glauben allerdings nicht an den philanthropischen Ansatz, sie vermuten strategische Überlegungen hinter dem Angebot.

"Für China ist die Impfdiplomatie ein ganz gezielter Weg, Satelliten- und Nachbarstaaten zu binden und mit günstigen Verkäufen an Schwellenländer das Hegemoniebestreben zu intensivieren", sagte Dr. Gerd Boesken, Sinologe und Dozent für Interkulturelles Management an der Hamburg School of Business Administration, dem SID: "Das Angebot an das IOC ist für die Chinesen ein weiterer wunderbarer Schachzug, eine weitere gute Gelegenheit zu zeigen, dass ihr System geeigneter ist."

Lässt sich das IOC vor den Karren spannen?

Die Kernfrage laute für Boesken: "Lässt man sich vor den Karren spannen?" Immerhin gibt es zahlreiche Belege für Menschenrechtsverletzungen in China, die Haftlager für die Minderheit der Uiguren sind gut dokumentiert und erschreckend, in Hongkong geht die Regierung hart gegen die Demokratiebewegung vor. Auch gegenüber Taiwan tritt China wieder aggressiver auf.

Zuletzt hatte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) in einem offenen Brief an Thomas Bach geschrieben: "Die Spiele 2022 werden unter Menschenrechtsbedingungen stattfinden, die signifikant schlechter sind als bei den Spielen in Peking 2008."

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