Wimbledon, Tag 10: Unfassbarer Nadal macht Mega-Duell mit Kygios perfekt - Halep erneut überragend

Von SID/SPOX
Rafael Nadal bejubelt nach vier Stunden und 20 Minuten seinen Sieg über Taylor Fritz.
© getty

Trotz offensichtlicher Schmerzen quält sich Rafael Nadal in einem epischen Wimbledon-Drama ins Halbfinale. Dort wartet Nick Kyrgios. In der Damenkonkurrenz zauberte Ex-Siegerin Simona Halep eine erneute Meisterleistung auf den Rasen.

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Rafael Nadal biss die Zähne zusammen, die Qualen beim Aufschlag verzerrten seine Gesichtszüge. Doch niemand kann Leid auf einem Tenniscourt so gut ertragen wie der Spanier.

In einem Wimbledon-Drama über 4:20 Stunden gewann Nadal den Kampf gegen sich selbst und den US-Amerikaner Taylor Fritz. Nach dem 3:6, 7:5, 3:6, 7:5, 7:6 (10:4) darf er weiter von historischen Taten träumen.

"In den Bauchmuskeln ist irgendetwas nicht in Ordnung", sagte Nadal unmittelbar nach dem Spiel beim Siegerinterview auf dem Court: "Es gab Momente, in denen ich gedacht habe, dass ich das Match nicht beenden kann." Er hoffe, dass er im Halbfinale "bereit ist zu spielen".

Doch das scheint keineswegs sicher zu sein. Nadal gab auf der Pressekonferenz anschließend zu verstehen, dass er sich seit Tagen mit Schmerzen plage und die Intensität kontinuierlich steige. "Heute war der schlimmste Tag", sagte Nadal. "Die Schmerzen waren deutlich stärker und damit die Einschränkung für mich größer. Morgen werde ich weitere Tests haben."

Wie die BBC berichtet, wird sich der 36-Jährige einem Scan unterziehen, der weitere Aufschlüsse über die Schwere der Verletzung erbringen soll. Im Duell mit Fritz sorgten Schmerzmittel, die er bei der Behandlungspause im zweiten Satz verabreicht bekam, und sein eiserner Wille dafür, dass er die Partie durchstand. Dabei ignorierte er die Zurufe seines Vaters und seiner Schwester, die ihm zur Aufgabe rieten.

"Ich hasse es aufzugeben", lautete Nadals simple Erklärung dafür. Er sagte aber auch: "Es gibt etwas Wichtigeres als einen Wimbledon-Sieg und das ist Gesundheit."

Nadal: Der Traum vom Grand Slam lebt weiter

Noch zwei Siege fehlen Nadal (36) zum dritten Majortitel der Saison, der historische Kalender-Grand-Slam rückte trotz aller Bedenken um seine Fitness ein Stück näher. Doch frei von Beschwerden war er auch bei seinen Siegen in Melbourne und Paris nicht gewesen. Da plagten ihn seine chronischen Fußprobleme, jetzt ist es eben die Bauchmuskulatur.

m ersten Satz krümmte sich Nadal vor Schmerzen, nahm im zweiten eine Behandlungspause - und glich aus. Dabei hatten seine Aufschläge 30 km/h Geschwindigkeit verloren. Das Drama setzte sich fort, Nadal quälte sich mit all seiner Erfahrung in den fünften Satz - und behielt die Nerven. In der Royal Box des Centre Courts beobachtete Rod Laver das Spektakel.

Der Australier hat bislang als einziger Tennisprofi die vier wichtigsten Turniere in einem Jahr gewonnen (1969). Nadal hat weiterhin die Chance dazu. Er revanchierte sich gegen Fritz für die Niederlage im Frühjahr in Indian Wells. Damals hatte er nach 20 Siegen in Serie im Finale verloren, geplagt von einem Rippenbruch, der ihn zu einer Pause von sechs Wochen zwang. Erst in der Sandplatzsaison kam Nadal zurück.

Kyrgios: "Dachte, der Zug wäre abgefahren"

Doch der nächste Gegner hat es auch ungeachtet von Nadals Gesundheitszustand in sich: Nick Kyrgios (27), der Nadal im All England Club schon einmal eine schmerzhafte Niederlage zugefügt hatte, erfüllt endlich das Versprechen seines einzigartigen Talents.

"Ich hätte nie gedacht, dass ich es in ein Grand-Slam-Halbfinale schaffe, ich dachte, der Zug wäre abgefahren", sagte Kyrgios nach dem 6:4, 6:3, 7:6 (7:5) über Cristian Garin (Chile). Der Wirbel um die juristische Auseinandersetzung in seiner Heimat Australien habe ihn dabei nicht belastet, sagte er. Mehr wollte er nicht dazu sagen - oder er durfte es auf Anraten seiner Anwälte nicht.

Wie am Dienstag bekannt geworden war, wird Kyrgios wegen des Verdachts eines tätlichen Angriffs in einer "privaten Beziehung" vor Gericht geladen. Vorher spielt er in Wimbledon am Freitag um den Finaleinzug gegen Nadal. Wie 2014, als er sich sensationell im Achtelfinale durchsetzte. Oder wie 2019, als Nadal die Revanche schaffte.

In diesem Jahr scheint Kyrgios gerüstet zu sein für den Blockbuster, auf den die Fans in Wimbledon hingefiebert hatten und von dem Kyrgios behauptet, er würde "das am meisten gesehene Match aller Zeiten" werden.

Ex-Siegerin Halep marschiert unbeirrt weiter

Simona Halep ließ der US-Amerikanerin Amanda Anisimova beim 6:2, 6:4 kaum eine Chance und steht zum dritten Mal nach ihrem Triumph 2019 und 2014 in der Runde der besten Vier.

Dort trifft sie am Donnerstag auf die 23 Jahre alte Kasachin Jelena Rybakina, die mit dem 4:6, 6:2, 6:3 über Ajla Tomljanovic (Australien) den bislang größten Erfolg ihrer Karriere feierte. Das zweite Halbfinale bestreiten die Weltranglistenzweite Jabeur und die deutsche Turnierüberraschung Tatjana Maria.

"Es ist großartig, zurück im Halbfinale zu sein. Das ist für mich sehr emotional", sagte Halep, die nur am Ende des Matches ein wenig ins Wanken geraten war: "Ich habe aber weiter an mich geglaubt, und meine Beine haben mir heute geholfen."

Halep hatte nach einer hartnäckigen Wadenverletzung lange nicht zu alter Form gefunden. In dieser Saison suchte sie Hilfe beim Franzosen Patrick Mouratoglou, früher Erfolgstrainer der 23-maligen Grand-Slam-Siegerin Serena Williams (USA). Die Zusammenarbeit funktioniert, auch wenn Halep beim ersten gemeinsamen Grand Slam Schrecksekunden erlebte.

Bei den French Open erlitt sie in ihrem Zweitrundenmatch eine Panikattacke. Die Gewinnerin in Roland Garros 2018 und von Wimbledon im Jahr darauf erklärte, die vergangenen 18 Monate seien "körperlich und mental sehr hart" für sie gewesen, Halep stand nach eigener Aussage kurz vor dem Karriereende.

Wimbledon: Die Vierterfinal-Matches am Mittwoch

  • Frauen:
Spielerin 1Spielerin 2Ergebnis
Ajla Tomlanovic (AUS)Elena Rybakina (KAZ/17)6:4, 2:6, 3:6
Simona Halep (ROU/16)Amanda Anisimova (USA/20)6:2, 6:4
  • Männer:
Spieler 1Spieler 2Ergebnis
Taylor Fritz (USA/11)Rafael Nadal (ESP/2)6:3, 5:7, 6:3, 5:7, 6:7 (4)
Cristian Garin (CHI)Nick Kyrgios (AUS)4:6, 3:6, 6:7 (5)
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