Tennis - "Donut" Boris Becker vs. "Ratte" Nick Kyrgios: Schlagabtausch via Twitter

SID
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© imago images/Paul Zimmer

Boris Becker mag keine Ratten, Nick Kyrgios keine Donuts. Angestachelt durch Alexander Zverevs Eskapaden liefern sie sich via Twitter eine bemerkenswerte Auseinandersetzung, die zeigt: Die Nerven in der Tenniswelt liegen blank.

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Vielleicht war Boris Becker wehmütig, immerhin jährte sich der Tag, an dem er 1999 in Wimbledon endgültig Abschied vom Tennis genommen hatte. Vielleicht war ihm auch langweilig nach Monaten der Corona-Pandemie. Auf jeden Fall war Becker sauer an diesem Dienstagmorgen, sauer auf Nick Kyrgios, der Beckers Landsmann Alexander Zverev unentwegt für dessen Dummheiten kritisiert. So verhalte sich eine Ratte, urteilte Becker auf seiner Lieblingsplattform Twitter, und schrieb: "Ich mag keine Ratten."

Kyrgios' Konter ließ nicht lange auf sich warten, für Fans des Popcorn-Tennis bahnte sich der erste große Schlagabtausch seit dem Australian-Open-Finale im Januar an. "Er kann einen Volley schlagen, ist aber offensichtlich nicht das schärfste Werkzeug im Schuppen", schleuderte Kyrgios "Donut" Becker entgegen.

In der Nacht auf Mittwoch legte Kyrgios auf Twitter noch einmal nach. Nachdem Becker ein Zitat der serbischen Premierministerin Ana Brnabic retweetet und ihr zugestimmt hatte (Zitat Brnabic: "Es ist meine Schuld, nicht die von Novak Djokovic, lasst den Mann in Ruhe. Er wollte nur etwas Gutes für die Region tun."), meldete sich Kyrgios zu Wort: "Ohne Shirt in einem Klub stehen. Ich verstehe nicht ganz, wie sich das positiv auf eine Region auswirkt."

Becker und Kyrgios, das schien einmal wie eine vielversprechende Kombination. Noch im vergangenen Jahr hatte der dreimalige Wimbledonsieger damit geliebäugelt, den australischen Bad Boy irgendwann einmal zu trainieren. Heute heißt es: "Jeder, der andere Sportler beschimpft, ist kein Freund von mir! Wenn Du in den Spiegel schaust, glaubst Du dann, Du bist besser als wir?" Später deutete Becker auch noch an, der 25-Jährige solle seinen Fokus darauf legen, sein großes Potenzial auf dem Platz zu nutzen.

Kyrgios hatte sich zuletzt zum Chefkritiker seines deutschen Kontrahenten Zverev aufgeschwungen. Der hatte nach dem Abbruch der Adria-Tour, die mit Partyvideos und mehreren Corona-Fällen in die Schlagzeilen geraten war, versichert, sich in Isolation zu begeben. Stattdessen feierte er sechs Tage später offensichtlich in einem Club in Südfrankreich in großer Gesellschaft. Videos waren am Sonntagabend bei Instagram aufgetaucht, geäußert hat sich Zverev bislang nicht.

Kyrgios kritisiert Zverevs Umgang mit Corona

Die Reaktionen fielen umso heftiger aus - quer durch die Tenniswelt. Kyrgios warf Zverev, der schon bei Novak Djokovics Adria-Tour wie viele seiner Kollegen auf Vorsichtsmaßnahmen gepfiffen hatte, Egoismus vor. Nun legte er im "Gespräch" mit Becker nach. "Um Himmels Willen, Boris. Es geht mir nicht um einen Wettkampf oder darum, jemanden den Haien zum Fraß vorzuwerfen", schrieb Kyrgios: "Wir haben eine globale Pandemie, und wenn jemand so dämlich ist, das zu tun, was Alex getan hat, dann werde ich es benennen. So einfach."

So einfach, für Becker aber absolut unverständlich. Er bemühte das "unausgesprochene Verständnis" zwischen Athleten: "Was auch immer auf dem Court oder in der Umkleidekabine passiert, bleibt auch dort!" Dumm nur: Zverevs Eskapaden fanden dort gar nicht statt. Die Party-Bilder aus Belgrad oder dem Strandclub in der Nähe von Monte Carlo, veröffentlicht von Bekannten oder gar vermeintlichen Freunden, zeigten ihn beim Privatvergnügen und vermittelten den Eindruck, dass sich Zverev wenig um die Probleme der restlichen Welt kümmert.

Im Deutschen Tennis Bund (DTB) gehen die Meinungen anscheinend auseinander, ob und wie der Nummer eins zur Seite gesprungen werden muss. Vizepräsident Dirk Hordorff, der Djokovic wegen dessen "Ringelpiez mit Anfassen" zuletzt noch angegangen war, unterstützte Becker nun im Streit mit Kyrgios. Der solle doch gefälligst vor seiner eigenen Haustüre kehren, anstatt sich zu Zverev zu äußern. Überhaupt, schrieb Hordorff bei Twitter, stimme er Becker, seinem "Head of Men's Tennis", voll und ganz zu.

Barbara Rittner dagegen, "Head of Women's Tennis" im DTB, ist anderer Meinung. Dem SID sagte sie bereits am Montag: "Ich sehe da kein Gefühl für Verantwortung oder seine Vorbildfunktion." Im Spiegel legte sie nach und bezeichnete Zverevs Auftreten als "unverantwortlich, respektlos, ignorant und arrogant". Die Tenniswelt ist in der Corona-Pause ungemütlich geworden. Alexander Zverev und Boris Becker haben ihren Anteil daran.

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