Hoffnungsträger, Absteiger und ein Geläuterter

Stefan Bradl fährt dieses Jahr in der Superbike-WM
© getty

Deutschland hat mit Stefan Bradl, Jonas Folger, Sandro Cortese und Co. gleich mehrere Motorradsport-Asse in seinen Reihen. Doch in welchen Klassen fahren die Piloten mittlerweile? Wie ist ihre derzeitige Situation? Und welche Aussichten haben sie? SPOX gibt einen Überblick.

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Jonas Folger (MotoGP):

Ob ihm der Moto2-Titel oder ein Startplatz in der MotoGP lieber sei, fragte SPOX Jonas Folger im März 2016. "Ich würde sagen, der Titel. Denn dann bekomme ich auch einen Startplatz", antwortete er mit einer Prise Humor. Aus dem Titel wurde nichts, einen Platz in der MotoGP hat der Mühldorfer zur neuen Saison aber trotzdem gefunden.

Folger geht 2017 für das französische Tech3-Yamaha-Team an den Start. Ein Schritt, der für viele Experten überraschend - und zu früh - kommt. In der Vorsaison wurde er lediglich Siebter, mit dem Meisterschaftskampf in der Moto2 hatte er herzlich wenig zu tun. Dem 23-Jährigen wird dabei nachgesagt, in seinen Leistungen zu unbeständig zu sein. Und nur dann schnell zu sein, wenn er keinen Druck verspürt.

Druck, dem wird Folger in der MotoGP nicht enfliehen können. Trotzdem glaubt sein neuer Teamchef Herve Poncharal an ihn. "Auf dem MotoGP-Bike kann er sein volles Potenzial zeigen, was auf der Moto2-Maschine wegen einiger Eigenheiten dieser Bikes nicht richtig möglich war", erklärte der Franzose gegenüber Speedweek.com.

Dass dem tatsächlich so ist, bewies Folger bei den jüngsten Testfahrten. Er fuhr konstant gute Rundenzeiten, platzierte sich in den Top 10 und reihte sich sogar vor Weltmeister Marc Marquez ein. "Wir sind mit den Ergebnissen dieses Tests natürlich hochzufrieden. Wir haben von A bis Z alles durchprobiert und abgearbeitet, was wir uns vorgenommen hatten. Am Ende haben wir jeden Punkt erfolgreich gemeistert", frohlockte er anschließend.

Crewchef Nicolas Goyon zeigte sich dabei positiv überrascht, dass der Rookie "auf einem so hohen Level unterwegs" sei. Denn klar ist auch: Wunderdinge erwartet niemand von Folger. Er fährt für einen Privatrennstall, die Werkteams haben von Grund auf einen besseren Speed. Top-10-Platzierungen wären daher sicher schon ein Erfolg. Zudem gilt es, Teamkollege und Moto2-Champion Johann Zarco zu schlagen.

Sandro Cortese (Moto2):

Pleiten, Pech und Pannen - mit diesen plakativen Worten lässt sich die letzte Moto2-Saison von Sandro Cortese wohl am besten beschreiben. Bis auf ein Top-3-Ergebnis ging für den Schwaben nicht viel. Um genau zu sein, ging sogar ziemlich wenig.

"Noch schlimmer als 2016 kann es nicht werden. Das war die schlimmste Saison, die ich in meiner Laufbahn gehabt habe. Ergebnistechnisch und mental", gab Cortese unumwunden bei Speedweek.com zu. Magere 61 WM-Punkte und Platz 15 standen am Ende zu Buche. Stürze und ein angerissenes Kreuzband machten das Fiasko perfekt.

Nachdem Cortese in der Folge lange auf eine Vertragsverlängerung warten musste, hofft er nun auf bessere Zeiten. Diese sollen mit einer neuen Crew kommen: Zwar bleibt der Sohn eines Italieners im Intact-Team, sitzt aber künftig auf einer Suter-Maschine (zuvor Kalex).

Ausgezahlt hat sich dieser Wechsel bislang noch nicht. Bei den Testfahrten war vordergründig Enttäuschung angesagt. "Wir sind noch weit davon entfernt, ganz vorne dabei zu sein. Natürlich ist jeder davon ausgegangen, dass es nicht so hart sein wird. Wir müssen jetzt einfach geduldig sein", konstatierte Cortese. Trotzdem ist er sich sicher: "Der Schritt zu Suter war auf jeden Fall der Richtige."

Man kann dem 27-Jährigen nur wünschen, das er Recht behält. Nach dürftigen drei Podestplatzierungen in vier Jahren Moto2 gilt es für den Moto3-Weltmeister von 2012 den nächsten Schritt zu machen. "Die letzten drei Jahren waren nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte", gestand Cortese, der sich mit Kampfansagen zurückhält, bei Eurosport ein: "Es gibt keine Prognose, keine Zielsetzung."

Stefan Bradl (Superbike):

Fünf Jahre war Stefan Bradl in der MotoGP aktiv. Einmal reichte es in dieser Zeit zur Pole, einmal fürs Podest. Doch in den letzten Saisons kam der Moto2-Champion von 2011 nicht mehr in Schwung, die Ergebnisse ließen mehr und mehr nach. Das Resultat: der Abstieg in die Superbike-Weltmeisterschaft.

"Ich wollte nicht um jeden Preis in der MotoGP bleiben, denn ich muss ja auch Leistung bringen. Damit muss ich nun leben, ich suche da auch keine Ausreden. Ich war bei manchen Rennen einfach nicht gut genug", gab Bradl in der FAZ zu. Trotzdem hält er große Stücke auf die WM, in der seriennahe Motorräder zum Einsatz kommen: "Es ist nicht so, dass ich von der MotoGP absteige und die Serie mal eben so ein bisschen aufräume. Die Superbike-WM ist hochprofessionell, die Rundenzeiten sind beinahe auf dem Niveau der MotoGP."

Dass ein Bradl in der für ihn neuen Serie nicht einfach mal vorne weg fährt, haben die ersten Saisonläufe gezeigt. Zwei 15. Plätze in Philip Island/Australien sowie Rang zehn und ein Sturz im thailändischen Buriram machen den Augsburger zum 17. des Gesamtklassements. Es könnte besser laufen. Zumal Bradl vor der Saison die Parole ausgab, "auf jeden Fall unter die ersten Fünf" kommen zu wollen.

Dafür muss in Zukunft mehr vom Honda-Piloten kommen. Erst recht, wenn sein Langzeitziel erfüllt werden soll: "Die Zeit in der MotoGP möchte ich nicht missen. Ich hoffe, dass es dort vielleicht ein Comeback geben wird."

Marcel Schrötter (Moto2), Philipp Öttl (Moto3) und Markus Reiterberger (Superbike):

"Ich bin noch zu langsam", resümierte Marcel Schrötter nach den ersten offiziellen Winter-Testfahrten bei Eurosport. Tatsächlich fiel der neue Moto2-Teamkollege von Sandro Cortese mehr durch Stürze als mit schnellen Rundenzeiten auf. Vom AGR-Team gekommen, muss sich Schrötter auf viele Neuerungen einstellen und braucht "dieses Jahr etwas mehr Zeit", wie er klarstellte. Nichtsdestotrotz visiert der 24-Jährige früher oder später Top-3-Ergebnisse an: "Ich denke, dass Podiumsplatzierungen realistisch sind."

Große Ambitionen hat Philipp Öttl. Der 20-Jährige wurde trotz Verletzungspause in der vergangenen Moto3-Saison Zwölfter und verpasste zweimal nur haarscharf das Podium. In diesem Jahr soll es konstant weit nach vorne gehen. Siege sind das Ziel. "Philipp ist bereit dafür", prophezeite Christian Korntner, Projektleiter von Öttls Rennstall KTM: "Wir zählen voll auf ihn. Wir setzen das eigentlich auch voraus, dass er vorne dabei ist." Hält Öttl dem Druck Stand, könnten also gute Ergebnisse an der Tagesordnung sein - und die Moto2 im nächsten Jahr winken.

Bradl ist nicht der einzige deutsche Starter in der Superbike-WM. Mit Markus Reiterberger hat der Neuankömmling einen Landsmann an seiner Seite, der schon vier Saisons in dieser Serie bestritten hat. Der BMW-Pilot wurde 2016 Gesamt-16., in diesem Jahr soll es trotz schwachem Saisonstart etwas weiter nach vorne gehen. Messlatte ist Teamkollege Jordi Torres, der aktuell auf einem starken siebten Platz rangiert.

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