Darts-WM, Finale: Achtung, MvG! Michael Smith ist Andersons Rache

Michael Smith trifft im Finale der Darts-WM auf Michael van Gerwen.
© getty

Am 1. Januar steigt das Finale der Darts-Weltmeisterschaft in London zwischen Michael van Gerwen und Michael Smith (21 Uhr im LIVETICKER und LIVE auf DAZN). Für den 28-jährigen "Bully Boy" ist es das erste WM-Endspiel überhaupt. Ein Fahrradunfall und Gary Anderson haben ihn bis hierher gebracht.

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Manchmal finden Menschen durch ein Unglück ihren Weg ins Glück. Bei Michael Smith handelte es sich dabei um einen Fahrradunfall auf dem Weg zur Schule, bei dem er sich beide Beine brach.

Der damals 15-Jährige aus der im Nordwesten Englands zwischen Liverpool und Manchester gelegenen Stadt St Helens schleppte sich auf Krücken durch sein Elternhaus. Wochenlang war er zum Nichtstun verdammt.

Als die Langeweile kaum mehr auszuhalten war, ging Smith mit seinem Vater in einen Jugendklub, in dem dieser so etwas wie ein Betreuer war. Er nahm erstmals in seinem Leben Dartpfeile in die Hand und begann, auf eine der beiden Gehhilfen gestützt, auf die Scheibe zu werfen.

Das Resultat war verblüffend: Schnell hatte der Rechtshänder stabile, runde Bewegungsabläufe verinnerlicht. Noch bevor er die Krücken endlich wieder zur Seite legen konnte, warf Smith seine erste 180.

Smith: "Von diesem Moment an war Anderson mein Held"

In der Folgezeit räumte Smith in und rund um St Helens diverse lokale Titel ab - und verfolgte 2007 das Finale der World Darts Trophy im Fernsehen, das Gary Anderson mit 7:3 gegen Phil Taylor gewann.

"Das war meine erste Berührung mit dem professionellen Darts-Sport", sagte Smith einmal in einem Interview: "Von diesem Moment an war Gary mein Held. Ich habe mir nur seine Matches angeschaut, sonst nichts."

Smith fasste daraufhin den Plan, selbst Profi zu werden. Das Problem: Er hatte zwar unglaubliches Talent, war aber ein fauler Hund, wenn es ums Training ging. So stagnierte er auf hohem Freizeitniveau.

Wieder musste dem Mann von der Insel ein Unglück den richtigen Weg weisen: An Heiligabend 2009 rutschte er aus und brach sich beide Handgelenke. "Ich dachte, meine Karriere wäre vorbei, bevor sie angefangen hat", erinnert sich Smith an diese Zeit zurück.

Smith: Darts-Turnier statt Abschlussprüfung

Die Erfahrung, wie schnell alles vorbei sein kann, ließ ihn ernsthafter trainieren. Smith wurde klar, wie wichtig ihm sein Sport mittlerweile geworden war. Dennoch belegte er nebenbei einen Schreinerkurs. Am Tag der letzten, fehlenden Prüfung warf er aber alles hin und fuhr stattdessen zu einem Darts-Turnier.

Es lohnte sich: Ab 2010 nahm seine Karriere Fahrt auf, als er die Runde der letzten 32 der UK Open erreichte. 2011 gewann der "Bully Boy" mit dem UK Open Qualifier 2 sein erstes PDC Pro Tour Event, 2012 qualifizierte er sich erstmals für die Weltmeisterschaft.

Zu diesem Zeitpunkt hatte der Vater zweier Söhne längst die Aufmerksamkeit von seinem "Helden" Anderson geweckt. Der "Flying Scotsman" hatte selten zuvor so ein Talent gesehen, wurde Smiths Mentor und Manager und half ihm sogar dabei, Fahrten und Übernachtungen bei verschiedenen Turnieren zu finanzieren.

Michael Smiths Weg ins Finale der Darts-WM

RundeGegnerErgebnis
1. RundeFreilos
2. RundeRon Meulenkamp (NED)3:1
3. RundeJohn Henderson (SCO)4:2
AchtelfinaleRyan Searle (ENG)4:1
ViertelfinaleLuke Humphries (ENG)5:1
HalbfinaleNathan Aspinall (ENG)6:3

Anderson: "Smith ist wie ein Adoptivsohn"

"Wenn er das, was er im Training spielt, eines Tages auf die Bühne bringt, dann ist er besser als jeder andere", sagte Anderson schon zu einer Zeit, als Smith erst ganz am Anfang seiner Profilaufbahn stand.

Heute ist Smith für Anderson so etwas "wie ein Adoptivsohn". Er habe ihm alles beigebracht, was man im professionellen Darts-Sport wissen muss, sagt er. Mit einer Ausnahme: "Wie man mich schlägt, habe ich ihm nie verraten", so der zweimalige Weltmeister mit einem Augenzwinkern.

Das allerdings fand Smith, der vor der WM die Nummer 10 der Welt war und nun weiter im Ranking klettern wird, von ganz alleine heraus. Mittlerweile hat es der Shanghai-Masters-Champion der abgelaufenen Saison längst geschafft, seinen "großartigen Mentor, dem ich sehr dankbar bin", auch bei bedeutenden Events in die Knie zu zwingen.

Van Gerwen: "Das wird ein phänomenales Finale"

Im Finale am Neujahrstag könnte Smith nun sein Idol rächen. Schließlich war Anderson im Halbfinale mit 1:6 gegen Michael van Gerwen untergegangen.

Wenn man das unglaubliche Scoring des "Bully Boys" sieht und er seine starke Doppelquote von 50 Prozent beim 6:3-Sieg in der Runde der letzten Vier gegen Nathan Aspinall auch beim Showdown im Ally Pally zeigen kann, ist ihm ein Sieg gegen "Mighty Mike" durchaus zuzutrauen.

"Das wird ein phänomenales Finale gegen Smith. Mein Job ist noch nicht erledigt", sagte MvG, der die Nummer 1 der Welt ist und Smith in diesem Jahr beim Grand Slam of Darts in der zweiten Runde (10:8) und im Finale der Premier League (11:4) schlug.

Smith, der gegen Aspinall 17 Mal die 180 warf und damit so häufig wie nie ein Spieler zuvor in einem WM-Halbfinale, wird sich dem Favoriten allerdings nicht kampflos ergeben: "Ich bin nur noch einen Schritt davon entfernt, mir meinen großen Traum zu erfüllen."

Michael van Gerwens Weg ins Finale der Darts-WM

RundeGegnerErgebnis
1. RundeFreilos
2. RundeAlan Tabern (ENG)3:1
3. RundeMax Hopp (GER)4:1
AchtelfinaleAdrian Lewis (ENG)4:1
ViertelfinaleRyan Joyce (ENG)5:1
HalbfinaleGary Anderson (SCO)6:1

Smiths kurioser Hochzeits-Traum

Apropos Traum: Smith wird am 5. Januar seine polnische Verlobte Dagmara heiraten. Und wie dieser Moment aussehen soll, weiß der Engländer schon seit Wochen ganz genau: "Mein Traum ist es, dass Sie am Ende des Ganges auf mich wartet und ich mit der Trophäe in der Hand und von meinem Walk-On-Song begleitet auf sie zugehe", sagte Smith, der immer zu "Shut Up And Dance" einläuft: "Die Person, die uns trauen wird, wird dann fragen: 'Willst du den amtierenden Weltmeister Michael Smith zu deinem Ehemann nehmen?'"

Wie könnte Dagmara da schon Nein sagen?

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