Marko Pesic im Interview: "Darin ist Matthias Sammer ein Meister"

Marko Pesic hat seinen Vertrag als Geschäftsführer bei den Bayern bis 2022 verlängert.
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Marko Pesic ist seit 2013 Geschäftsführer beim FC Bayern Basketball und hat seinen Vertrag erst kürzlich um weitere drei Jahre bis zum Ende der Saison 2021/2022 verlängert. Im SPOX-Interview spricht der 42-Jährige über den Rückzug von Uli Hoeneß, den 70. Geburtstag von Vater Svetislav und Inspiration von Matthias Sammer.

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Außerdem gibt Pesic Einblicke in den "Coutinho"-Transfer der Basketballer und erklärt die Entwicklungsstufen auf dem Weg in Europas Spitze. Weitere Themen: Die anstehende WM in China und DBB-Schlüsselspieler Dennis Schröder.

Herr Pesic, Uli Hoeneß hat jetzt offiziell bestätigt, dass er im Herbst nicht mehr als Präsident des FC Bayern kandidieren und damit auch seinen Posten als Aufsichtsratschef aufgeben wird. Was bedeutet sein Rückzug für Sie persönlich und für den FC Bayern Basketball insgesamt?

Marko Pesic: Es gibt zwei Ebenen dieser Entscheidung. Über allem steht, dass niemand von uns so egoistisch sein sollte, dem Rückzug von Uli Hoeneß mit Unverständnis zu begegnen. Uli Hoeneß ist 67 Jahre alt, er hat unglaublich lange hart gearbeitet und es sich verdient, den Zeitpunkt für sich zu wählen, an dem er sich um andere Sachen kümmern und sich zurückziehen will. Das gönne ich ihm von Herzen. Auf der anderen Seite ist völlig klar, dass er dem FC Bayern Basketball fehlen wird. Allerdings bin ich auch überzeugt davon, dass wir besser vorbereitet sind als beim letzten Mal, als er eine Zeit lang weg war. Außerdem weiß ich, dass Uli Hoeneß immer für einen Rat oder ein gutes Gespräch zur Verfügung stehen wird, unabhängig von seinem Amt.

Der FC Bayern Basketball war immer eine besondere Herzensangelegenheit für Uli Hoeneß.

Pesic: Ich glaube, dass sich das bei ihm entwickelt hat. Am Anfang hat er sich sicher das ein oder andere Mal gefragt, was sie sich mit der Basketballabteilung angetan haben. (lacht) Er hat sich genau angeschaut, was wir aus der Chance machen und als er sah, dass das Ding fliegen kann, hat er sich unglaublich eingesetzt und war endgültig Feuer und Flamme.

Was würden Sie denn als die größte Stärke von Uli Hoeneß bezeichnen?

Pesic: Am meisten hat mich immer beeindruckt, wie lösungsorientiert er ist. Ich habe das oft erlebt, wenn wir bei ihm im Büro saßen. Herr Hoeneß ist keiner, der Probleme vertagt. Uli Hoeneß ist jemand, der sofort handelt, der sofort den Hörer in die Hand nimmt und nach Lösungen sucht. Er packt an und will nicht unnötig Zeit verlieren. Das habe ich von ihm gelernt. Man kann mit ihm auch wunderbar kontrovers diskutieren. In all den Jahren hat er nicht einmal die Stimme erhoben, wenn Dinge nicht so gut gelaufen sind. Es war immer sehr respektvoll und konstruktiv. Gibt es ein Problem, muss es eben gelöst werden. So hat er immer gedacht.

Marko Pesic mit Vater Svetislav, der am Mittwoch 70 Jahre alt wurde.
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Marko Pesic mit Vater Svetislav, der am Mittwoch 70 Jahre alt wurde.

Marko Pesic: "Herr Hainer ist auf jeden Fall ein Basketball-Fan"

Herbert Hainer soll ihm in seinen Ämtern folgen. Wie gut kennen Sie ihn?

Pesic: Als ich Ende 2012, Anfang 2013 Geschäftsführer geworden bin, habe ich einen Anruf aus Herzogenaurach bekommen. Es war Herr Hainer, der mich kennenlernen wollte und zu einem Gespräch eingeladen hat. Wir saßen bei ihm im Büro und haben uns über alles Mögliche unterhalten. Er mag natürlich nicht als Sportler in der Champions League gespielt haben oder Weltmeister geworden sein, aber seine große Sport-Affinität steht außer jeder Frage. Er ist auf jeden Fall ein Basketball-Fan und auch immer wieder mal bei uns im Audi Dome. Er ist eine Persönlichkeit und auch jemand, der immer fragt, ob er irgendwie helfen kann. Insofern würde ich mich sehr freuen, wenn sich unser Austausch intensivieren würde.

Während Uli Hoeneß aufhört, ist Ihr Vater Svetislav am Mittwoch 70 geworden. Aber bei ihm scheint kein Ende in Sicht, er befindet sich aktuell mit dem FC Barcelona wieder in der Vorbereitung.

Pesic: Ich habe inzwischen verstanden, dass meine Mutter Recht hat. Sie sagt immer: "Lass ihn arbeiten, dann ist er schon nicht zuhause." (lacht) Es macht ihm einfach Spaß. Ich habe wirklich gedacht, dass er sich nach seinen Problemen an der Hüfte und am Knie - er hatte ja große Schmerzen und innerhalb von nur sechs Monaten zwei schwere Operationen -, kürzer tritt. Aber denkste! Es hat ihn unglaublich motiviert, schnell wieder gesund zu werden und jetzt steht er wieder auf dem Court, als wäre nichts gewesen. Er ist ein im positiven Sinne Getriebener, er braucht das. Solange er mit dem Krückstock irgendwie das Feld rauf und runter laufen kann, wird er arbeiten. Das steht fest.

Sie selbst haben Ihren Vertrag bei den Bayern um drei weitere Jahre bis 2022 verlängert und vom spannendsten Basketball-Projekt in Europa gesprochen. Was kann denn für Sie eigentlich noch kommen?

Pesic: Ich weiß es nicht. Wegen mir muss gar nichts kommen. Es ist witzig, weil ich genau darüber letztens auch mit meiner Frau gesprochen habe. Sie hat mich auch gefragt, ob wir denn nicht noch einmal etwas anderes machen wollen und warum ich denn gleich für drei Jahre verlängern will. Dann habe ich sie an das Ende meiner Spielerkarriere erinnert. Ich weiß es noch genau, wie ich eines Tages im Dezember aufgewacht bin und gemerkt habe, dass ich keinen Bock mehr habe, zum Training zu gehen. Es ging mir überhaupt nicht mehr um den Wettbewerb, es ging nur darum, den Vertrag zu erfüllen. Also bin ich ins Büro gegangen und habe gesagt: "Leute, mein Berater meldet sich bei Euch, ich bin raus." Wir haben unsere Sachen gepackt und sind nach Hause gefahren.

Marko Pesic: "Darin ist Matthias Sammer ein Meister"

Weil der Spaß komplett weg war?

Pesic: Genau. Wenn ich keinen Spaß mehr habe, dann mache ich etwas anderes. Aber im Moment macht mir das Projekt FC Bayern Basketball immer noch extrem viel Spaß. Meine Aufgabe ist es, die Abteilung so aufzustellen, dass es sie auch in 50 Jahren noch gibt. Und dass es vor allem personenunabhängig läuft. Wir werden später vielleicht noch über den Transfer von Greg Monroe sprechen, aber in meiner Position geht es mir inzwischen um das große Ganze. Ich will daran arbeiten, dass in fünf Jahren kein Verein in Europa so gut aufgestellt ist wie wir, in allen Facetten. Das ist ein stetiger Prozess und es sich lässt sich auch nicht in allen Bereichen messen, aber das ist die Herausforderung. Alles andere interessiert mich auch nicht. Sollte ich eines Tages keine Lust mehr darauf haben, wird etwas Neues kommen, aber was genau? Keine Ahnung.

Wer inspiriert Sie auf diesem Weg? Von wem schauen Sie sich Dinge ab?

Pesic: Da gibt es einige Menschen. Ich spreche zum Beispiel viel mit Gersson Rosas, dem Präsidenten der Timberwolves in der NBA. Auch Matthias Sammer war jemand, mit dem ich viele gute Gespräche hatte. Ich habe erst vor relativ kurzer Zeit entdeckt, was für tolle Podcasts es gibt. Wie funktioniert Rugby in Neuseeland? Wie funktioniert Cricket in Indien? Ich beschäftige mich mit ganz verschiedenen Themen und versuche, Zusammenhänge besser zu verstehen. Darin ist Matthias Sammer ein Meister. Er hat die Gabe, komplexe Themen in einer Knappheit und Klarheit zusammenzufassen und auf den Punkt zu bringen, dass er mich damit schon ein paar Mal ins Staunen gebracht hat. In meinem Kopf war es etwas wirr, ich konnte es nicht so genau definieren, aber dann kam Matthias und hat es mir klar gemacht. Ich habe viel von diesen Gesprächen profitiert. Auch zu Niko Kovac habe ich einen guten Kontakt. Seine menschlichen Fähigkeiten sind eine Eins mit Sternchen. Niko ist ein unglaublicher Kämpfer, er steht dem FC Bayern gut zu Gesicht.

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