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NBA - Trade-Szenarien um Kyrie Irving: Wie stehen die Chancen für einen Mavs-Blockbuster?

Von Philipp Jakob
Kyrie Irving, Kevin Durant
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Weniger als eine Woche vor der Trade Deadline hat Kyrie Irving mit seiner Trade-Forderung für das erste große Beben gesorgt. Doch die Trade-Optionen sind begrenzt, nur drei Teams sollen ernsthaft interessiert sein. Wie könnte ein Deal für den Nets-Star aussehen?

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Gut zweieinhalb Monate war es ruhig um Kyrie Irving. Zweieinhalb Monate, in denen die Brooklyn Nets endlich mal wieder sportlich für Schlagzeilen sorgten, zwischenzeitlich sogar wie ein veritabler Titelkandidat aussahen. Böse Zungen behaupteten allerdings schon in dieser Phase, es sei nur eine Frage der Zeit, bis dieses fragile Konstrukt implodiert. Sie sollten Recht behalten.

Irving torpediert ein weiteres Mal alle Titelhoffnungen der Nets, indem er übereinstimmenden Medienberichten zufolge einen Trade noch vor der Deadline am kommenden Donnerstag (9. Februar) gefordert hat. Irving will weg. Doch warum? Und wer könnte das Risiko eines Irving-Trades eingehen?

Kyrie Irving
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Kyrie Irving fordert Trade: Warum der Nets-Star nun weg will

31 Siege, 20 Niederlagen, Platz vier in der Eastern Conference. Bis zur Verletzung von Kevin Durant waren die Nets eins der heißesten Teams der Liga, daran hatte auch Irving einen Anteil, der sogar zum All-Star Starter gewählt wurde.

Mitte Januar antwortete Irving auf die Frage, warum die Nets diese Saison den KD-Ausfall besser verkraften können als im Vergleich zum Vorjahr: "Naja, ich bin regelmäßig auf dem Court. Das hilft. Und wir haben niemanden in der Kabine, der nur 50 Prozent gibt." Manche vermuteten damit einen Seitenhieb gegen James Harden, er könnte aber auch genauso gut sich selbst gemeint haben.

Irving war zu diesem Zeitpunkt sogar bereit, sich langfristig an die Nets zu binden. Seine Agentin und Stiefmutter Shetellia Riley-Irving veröffentlichte Ende Januar ein Statement, in dem sie den "Wunsch" angab, "dass Brooklyn die Heimat bleibt, mit der richtigen Vertragsverlängerung."

Die "richtige Vertragsverlängerung" bewege sich nach den Vorstellungen Irvings, der im Sommer Unrestricted Free Agent wird, laut ESPN im Bereich von der Max-Verlängerung in Höhe von vier Jahren und 198,5 Millionen Dollar. Die Nets waren aber nicht bereit, dem 30 Jahre alten, skandalumwitterten Point Guard so viele Garantien zu geben.

Stattdessen habe das Gegenangebot eine deutlich kürzere Vertragslaufzeit vorgesehen, das laut Chris Haynes (Bleacher Report) zudem verschiedene Leistungsboni wie den Gewinn einer Championship beinhaltet haben soll. Dieses Angebot kam beim Camp von Irving allerdings nicht gut an. Stattdessen sei er mittlerweile nicht mal mehr bereit, ein Max-Angebot der Nets anzunehmen. Wie Shams Charania (The Athletic) vermeldet, will er die Nets im Sommer als Free Agent verlassen, wenn er keinen Trade bekommt.

Kyrie Irving
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Kyrie Irving: Wiederholung des Sommer-Dramas?

Bei dieser Drohung könnte es sich allerdings auch nur um eine Taktik handeln, um die Nets in den Vertragsverhandlungen unter Druck zu setzen, davon gehen zumindest einige rivalisierende Teams aus.

Eine ähnliche Taktik war auch schon im Sommer erfolgslos. Irving war bekanntermaßen in der Offseason auf der Suche nach einem Sign-and-Trade und einem neuen Team, das ihm einen langfristigen Vertrag anbieten würde. Allerdings gab es kaum ein Team, das sich in Anbetracht der Unzuverlässigkeit Irvings nach ihm die Finger leckte.

Also entschied sich Irving doch, seine Spieleroption in Brooklyn zu ziehen und (vorerst) bei den Nets zu bleiben. In der laufenden Saison verdient er damit in seinem letzten Vertragsjahr 36,5 Millionen Dollar, im Sommer wird er Free Agent.

Irving soll den Nets nun keine Liste mit präferierten Destinationen vorgelegt haben. Dennoch hoffe er laut ESPN darauf, dass ein Team mit dem Hintergedanken einer langfristigen Zusammenarbeit (und einer für ihn lukrativen Verlängerung) für ihn tradet. Doch ein Großteil der interessierten Teams sollen genau wie die Nets eher vorsichtig sein, was ein langfristiges Arbeitspapier angeht.

Die wenigen Teams, die im Sommer über finanziellen Spielraum unter dem Salary Cap verfügen und damit Irving als Free Agent unter Vertrag nehmen könnten, sind derweil für den Star-Guard kaum interessant (voraussichtlich Detroit, Houston, Indiana, OKC, Orlando, San Antonio).

Kyrie Irving
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Wie groß ist der Trade-Wert von Kyrie Irving?

Nach seinem Teilzeit-Dasein als Basketball-Profi in 2021/22, den Offseason-Turbulenzen, dem Antisemitismus-Skandal zu Saisonbeginn und einer insgesamt recht langen Skandalakte bei all seinen vorherigen Arbeitgebern, ist das Interesse an Irving begrenzt, sein Trade-Wert sowieso.

Marc J. Spears (ESPN) gab an, mit sechs verschiedenen General Managern gesprochen zu haben. Vier davon erklärten, Irving habe nur einen geringen Trade-Wert, die Nets könnten höchstens auslaufende Verträge und ein paar Rollenspieler zurückbekommen.

Letztlich wiegt auch der angesprochene Antisemitismus-Skandal schwer. Zu Saisonbeginn hatte Irving einen Link zu einem antisemitischen Film geteilt und sich zunächst geweigert, sich dafür zu entschuldigen. Sein Sponsor Nike beendete anschließend die Zusammenarbeit mit ihm. Diese Aspekte abseits des Sportlichen muss jedes Team bei einem Trade für Irving berücksichtigen.

Welche Optionen gibt es also für einen Kyrie-Trade?

Kyrie Irving, LeBron James
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LOS ANGELES LAKERS

Viele gibt es nicht, so viel schon mal vorweg. Kaum jemand will sich eine wandelnde Ablenkung wie Irving - trotz dessen unbestrittenen sportlichen Qualitäten - ans Bein binden. Im vergangenen Sommer waren die Lakers die einzige und sie gehören auch jetzt wieder zu den wenigen, realistischen Optionen.

LeBron James gewann mit Irving 2016 die Championship, einer Reunion war er bereits im Sommer nicht abgeneigt. In der Nacht auf Samstag postete er zwei mysteriöse Emojis, die Twitter-Gemeinde wähnte "LeGM" bereits in Aktion. Lakers-Legende Magic Johnson sprach sich ebenfalls auf Twitter für einen Irving-Trade nach Hollywood aus. Rein sportlich wäre Irving ein veritabler dritter Star an der Seite von James und Anthony Davis und der erhoffte elitäre Ballhandler neben James, was die Lakers-Chancen auf einen Titel zumindest mal erhöhen würde - auch wenn weitere Löcher im Kader natürlich bleiben.

Mehrere Medien berichteten schon am Freitagabend, dass L.A. Interesse an Irving bekundet habe. Die Lakers haben bislang an ihren einzigen, wirklich interessanten Trade-Assets festgehalten - die zwei Erstrundenpicks in 2027 und 2029 -, General Manager Rob Pelinka wird sich nun auf die Schulter klopfen und sagen: Auf genau solch einen Superstar, der verfügbar wird, habe ich gewartet.

Laut The Athletic würde sich ein potenzieller Deal um Russell Westbrook (47,1 Mio.) sowie diese beiden First Rounder für Irving (36,5 Mio.) und Joe Harris (18,6 Mio.) als Eckpfeiler drehen, ganz ähnlich wie die Pakete, die im Sommer angeblich besprochen wurden. Die Lakers würden demnach mindestens einen der beiden Picks für die Lottery schützen wollen.

Kyrie Irving, Russell Westbrook
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Los Angeles Lakers: Liegen wirklich beide Picks für Irving auf dem Tisch?

Nun gibt es da aber einen Haken: Stand jetzt darf angezweifelt werden, ob die Lakers wirklich beide Erstrundenpicks auf den Tisch legen. Es wäre wohl ziemlich fahrlässig, die komplette Zukunft des Teams zu opfern, um einen unzuverlässigen Point Guard ins Team zu holen, der jederzeit für Unruhe sorgen kann. Zumal auch die Lakers Medienberichten zufolge nicht unbedingt gewillt sind, Irving den neuen Vertrag über vier Jahre auf den Tisch zu legen, den er sich wünscht.

Kleine Randnotiz: In der Theorie könnten die Lakers bis zum Sommer warten und Irving dann unter Vertrag nehmen, da er offenbar einen Wechsel nach L.A. präferiert. Doch nach dem Trade für Restricted Free Agent Rui Hachimura werden die Lakers wohl nicht als Cap-Space-Team agieren. Bei einem Trade für Irving zum jetzigen Zeitpunkt würden sie dagegen dessen Bird-Rights bekommen und könnten unabhängig vom Salary Cap mit ihm verlängern.

Nun aber zurück zu einem potenziellen Deal mit den Nets. Warum sollte sich Brooklyn mit nur einem Pick plus Westbrook zufriedengeben? Dieser Deal macht sie sportlich in dieser Saison nicht besser, eher im Gegenteil. Brooklyn würde also auf beide Picks pochen oder einen Drei-Team-Trade anpeilen, um weitere Spieler zu bekommen, die den Kader weiterbringen. Das macht es nicht einfacher.

Kyrie Irving, Luka Doncic
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DALLAS MAVERICKS

Zu den drei interessierten Teams gehören auch die Mavs. Vielleicht habt Ihr davon gehört, aber Dallas sucht relativ dringend einen zweiten Star und Ballhandler, der Last von Luka Doncic' Schultern nehmen kann. Könnte Irving dieser zweite Star sein?

Laut Jake Fischer (Yahoo Sports) soll Head Coach Jason Kidd ein Befürworter eines Irving-Trades sein. Marc Stein (Substack) fügte hinzu, dass es Stimmen innerhalb der Organisation gebe, die "Vertrauen in Kidds Coaching-Fähigkeiten" hätten und darauf vertrauen würden, dass Kidd eine Beziehung mit dem Point Guard aufbauen könne. GM Nico Harrison hat aus seiner Zeit bei Nike zudem bereits eine Beziehung zu Irving.

Gleichzeitig soll es aber auch andere Meinungen innerhalb des Front Office geben, wie Tim Cato (The Athletic) berichtet. Manche würden demnach den langfristigen Fit von Irving an der Seite von Doncic anzweifeln, vor allem wie das Duo in der Kabine miteinander klarkomme. Beide werden in dem Bericht als "radikal unterschiedliche Off-Court-Persönlichkeiten" beschrieben. Zudem schwebe die Frage über einem potenziellen Trade, ob Irving überhaupt bereit wäre, sich langfristig an die Mavs zu binden.

Tim Hardaway Jr., Christian Wood
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Wie könnte ein Trade der Dallas Mavericks für Kyrie Irving aussehen?

Zusammengefasst lässt sich sagen: Die Mavs würden das Irving-Experiment wohl eingehen, sofern der Preis stimmt. Nach Steins Informationen sollen die Nets an einer Rückholaktion von Spencer Dinwiddie plus Dorian Finney-Smith interessiert sein.

Die Mavs dagegen würden sicherlich gerne die Verträge von Tim Hardaway Jr. (19,6 Mio., Vertrag bis 2025) und Davis Bertans (16 Mio., bis 2025) loswerden. Ein Paket könnte auch Hardaway Jr. und Christian Wood (14,3 Mio., auslaufender Vertrag) umfassen. Laut Adrian Wojnarowski (ESPN) soll Dallas derweil genau wie die Lakers zögern, "signifikante" Trade-Assets in einen Deal zu inkludieren.

Auch hier bleibt die Frage: Macht ein Trade mit den Mavs Brooklyn wirklich besser? Dinwiddie als Ballhandler und Scorer sowie Finney-Smith als 3-and-D-Flügel wären für die Nets sicherlich interessant, aber so viel wird Dallas wohl nicht anbieten. THJ und ein auslaufender Wood-Vertrag bringt Brooklyn dagegen wohl eher nicht weiter.

Kyrie Irving, Chris Paul
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PHOENIX SUNS

Das dritte und bislang letzte Team, das Interesse an Irving angemeldet haben soll, sind die Suns. Die Franchise hat einen neuen Besitzer (der Verkauf soll laut ESPN in den kommenden Tagen final werden), Mat Ishbia hätte gegen einen großen Knall zu Beginn seiner Amtszeit sicherlich nichts einzuwenden. Phoenix kann zudem wohl das interessanteste Paket der drei Interessenten schnüren.

Mögliche Trade-Kandidaten der Suns sind Jae Crowder, der das Team ohnehin verlassen soll, Deandre Ayton, dessen Beziehung zur Organisation schon länger Risse hat, oder auch Chris Paul. Beim 37-Jährigen klopft immer öfter Gevatter Zeit an die Tür und auch die Suns sollen sich schon über die Zeit nach CP3 Gedanken gemacht haben. Irving könnte ihn auf der Eins ersetzen.

In der Theorie haben die Suns zudem all ihre eigenen Erstrundenpicks der nächsten sieben Jahre, um einen Deal zusätzlich schmackhaft zu machen. Ayton besitzt aufgrund seiner Vertragsverlängerung aus dem Sommer zwar ein Veto-Recht für einen Trade, würde dieses aber wohl in den meisten Fällen verstreichen lassen. Am ehesten wäre aber ein Deal CP3 plus Crowder für Irving eine Option.

Mit Ishbia als neuem Federführer sollte Phoenix endlich mal bereitwillig die Luxussteuer in Kauf nehmen, um langfristig mit dem Kern um Devin Booker um Titel mitzuspielen. Eine Vertragsverlängerung mit Irving wäre in dieser Hinsicht also wohl kein Problem im Gegensatz zu den Vorjahren unter Robert Sarver.

Kyrie Irving, Kawhi Leonard
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L.A. CLIPPERS

Kommen wir nun zu ein paar weiteren Teams, die in der Theorie ihre Fühler nach Irving ausstrecken könnten. Die Clippers sind beispielsweise auf der Suche nach Verstärkung auf der Point-Guard-Position, sie wurden zuletzt mit Kyle Lowry, Fred VanVleet oder Mike Conley in Verbindung gebracht.

Irving wäre rein sportlich die bessere Option, allerdings darf der Fit mit Kawhi Leonard auf charakterlicher Ebene angezweifelt werden. Zudem würde Brooklyn wohl auf Terance Mann in einem Trade-Paket pochen, der soll aber nicht zu haben sein. Ansonsten hätte LAC abgesehen von Rollenspielern kaum etwas zu bieten, laut Zach Lowe (ESPN) sind die Clippers eh nicht interessiert.

Kyrie Irving, Kyle Lowry
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MIAMI HEAT

Wie Jake Fischer (Yahoo Sports) berichtet, zirkulieren Gerüchte über einen potenziellen Tausch von Kyle Lowry für Irving schon seit Dezember durch die Liga. Miami sei wohl bereit, den zuletzt schwächelnden Point Guard, der ab und an auch im vierten Viertel zusehen musste, für das richtige Paket abzugeben.

Doch ist Irving Teil dieses "richtigen Pakets"? Immerhin würde #HeatCulture vor solch einem Problemfall wohl nicht zurückschrecken, aber für Brooklyn ist der 36 Jahre alte Lowry wohl keine besonders reizvolle Option.

Kyrie Irving, Anthony Edwards
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MINNESOTA TIMBERWOLVES

Auch die Wolves waren in der ersten Gerüchte-Runde zu hören. Eine Rückkehr von D'Angelo Russell an alte Wirkungsstätte hätte irgendwie was. Aber Kyrie in Minnesota? Die Franchise sollte und muss Anthony Edwards gehören, Irving wäre für das junge Team womöglich nur eine weitere Ablenkung in einer ohnehin nicht ganz einfachen Saison.

Kyrie Irving, Kevin Durant
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Brooklyn Nets: Wie geht es mit Kevin Durant weiter?

Manche Executives in der Liga hoffen darauf, dass Irvings Trade-Forderung ein weiteres, noch viel größeres Beben nach sich zieht. Abgesehen von einem Kyrie-Trade schwebt die fast noch wichtigere Frage über den Nets: Was sagt Kevin Durant zu all dem Drama? Will er womöglich ebenfalls weg?

Auch für einen Irving-Trade könnte entscheidend sein, welche Signale KD an das Front Office sendet. Wenn er dem Team Loyalität verspricht, wird Brooklyn in Gesprächen mit den interessierten Teams entsprechend Spieler als Gegenwert verlangen, die die Nets auch ohne Kyrie im Rennen um die Ost-Krone halten. Tendiert aber auch Durant zu einem Ende der Zusammenarbeit, könnte Brooklyn einen radikalen Umbruch anstoßen und damit den Fokus auf Picks legen.

Durants erste Trade-Forderung haben die Nets im vergangenen Sommer erfolgreich ausgesessen, dies ist in der Theorie auch mit Irving möglich. Wie gesagt, dessen Trade-Wert ist überschaubar, spektakuläre Angebote wird es für ihn nicht geben. Viele Insider vermuten deshalb, dass der Point Guard auch nach der Trade Deadline ein Teil der Nets ist.

Wird Irving dann streiken? Oder sich noch einmal zusammenraufen? Vielleicht kann ihm sein Buddy KD gut zureden? Das Potenzial für weitere Reibereien im Verlauf der restlichen Saison wäre aber enorm. Problematisch könnte dann zudem der Sommer werden, wenn Irving wirklich abwandert und Brooklyn keinen Cap Space hat, um ihn zu ersetzen.

So oder so: Die Trade Deadline hat nochmal richtig an Spannung gewonnen.

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