Yann Sommer beim FC Bayern München: Ein Monat Sommer

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Blitz-Debüt, drei enttäuschende Remis, drei verschiedene Torwarttrainer und der Trubel um Manuel Neuer sowie Toni Tapalovic: Yann Sommer (34) erlebte beim FC Bayern München einen turbulenten Start. Nun steht seine erste große Prüfung an.

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Am Dienstag (21 Uhr im LIVETICKER) steigt das Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen die Star-Auswahl von Paris Saint-Germain um Lionel Messi. Grund genug für einen kleinen Rückblick auf Sommers bisherige rund vier Wochen beim FC Bayern.

Nur 1,83 Meter groß, aber mit einer ordentlichen Sprungkraft ausgestattet: Yann Sommer vor seinem Debüt für den FC Bayern München beim Rückrundenauftakt gegen RB Leipzig.
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FC Bayern: Wie lief es für Sommer bisher sportlich?

Es waren noch längst nicht alle Wortwitze über Sommers Winter-Wechsel erzählt, da stand Bayerns Neuer bereits erstmals im Münchner Tor: Nur einen Tag nach seiner Vertragsunterschrift debütierte Yann Sommer beim Rückrundenauftakt gegen RB Leipzig. Der FC Bayern hatte sich mit Borussia Mönchengladbach im letzten Moment auf eine Ablösesumme in Höhe von acht Millionen Euro plus 1,5 Millionen möglicher Boni geeinigt.

Die Eingewöhnungszeit für so einen routinierten Keeper wie den 34-jährigen Schweizer dauert laut Julian Nagelsmann ohnehin nur "15 Minuten" und sei "definitiv kein Hexenwerk". Sein Trainer hatte keine Bedenken und tatsächlich machte Sommer bei seinem Debüt einen souveränen Eindruck: Er bekam wenig zu tun, beim Gegentor zum 1:1-Endstand war er machtlos.

Solch ein Keeper-Debüt ist beim FC Bayern übrigens nicht selbstverständlich: Jean-Marie Pfaff schupfte sich bei seinem ersten Bundesligaspiel 1982 beispielsweise einen Einwurf des Bremer Uwe Reinders ins eigene Tor. Manuel Neuer verschuldete 2011 mit einem Patzer eine Pleite gegen Gladbach, womöglich etwas irritiert von der wütenden Koan-Neuer-Kampagne.

Sommers Debüt steht dagegen exemplarisch für seine bisherige Zeit im Tor des FC Bayern: Bei seinen fünf weiteren Einsätzen änderte sich an den ersten Eindrücken grundsätzlich nichts. Sommer zeigte noch keine außergewöhnlichen Traumreflexe und leistete sich noch keine üblen Patzer. Doch was verbirgt sich hinter dem Offensichtlichen?

Manuel Neuer und Yann Sommer kennen sich von etlichen Aufeinandertreffen zwischen ihren Klubs und Nationalmannschaften.
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Neuer und Sommer im Vergleich beim FC Bayern 2022/23

Wie kaum ein anderer Keeper in den vergangenen Jahren beteiligte sich Neuer proaktiv am Aufbauspiel seiner Mannschaft. Diesbezüglich steht ihm Sommer beim FC Bayern bisher statistisch gesehen kaum nach. Er kommt zwar auf marginal weniger Ballaktionen, jedoch eine etwas bessere Passquote als Neuer bei dessen 16 Einsätzen in der Hinrunde (wegen einer Schultereckgelenksprellung verpasste er bereits vor der WM sieben Pflichtspiele).

Auffällig ist dagegen: Neuer zeigte im Vergleich deutlich mehr Paraden als Sommer und parierte auch prozentual mehr Schüsse. Sommer wurde beim FC Bayern bisher aber auch nur äußerst sporadisch geprüft: In seinen sechs Spielen bekam er lediglich zwölf Schüsse aufs Tor - fünf davon waren drinnen.

KategorieNeuerSommer
Pflichtspiele166
Gegentore145
Gegentore pro Spiel0,8750,83
Ballaktionen pro Spiel46,3845,33
Passquote86,07 Prozent87,23 Prozent
Paraden pro Spiel2,691,16
Parierte Schüsse75,44 Prozent58,33 Prozent
Kein Bundesliga-Torwart parierte in der Hinrunde prozentual mehr Torschüsse als Yann Sommer.
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Sommer: Vergleich zwischen Gladbach und FC Bayern 2022/23

Im Gladbacher Tor hatte Sommer in der Hinrunde naturgemäß deutlich mehr zu tun als jetzt beim FC Bayern: Damals kam er auf 4,36 Paraden pro Spiel und hielt im Schnitt 77,42 Prozent aller Schüsse - Spitzenwert unter den Bundesliga-Stammkeepern. Ausgerechnet beim Spiel gegen den FC Bayern (1:1) stellte er mit 19 Paraden sogar einen Bundesligarekord auf. Auffällig ist seit seinem Wechsel ein deutlicher Rückgang an Ballaktionen bei einer gleichzeitigen Verbesserung der Passquote.

Wie Neuer verpasste übrigens auch Sommer einige Hinrundenspiele: Ziemlich zeitgleich mit seinem womöglich künftigen Rivalen musste er kurz vor der WM passen, bei ihm lag es an einem Bänderriss im Sprunggelenk.

KategorieSommer (Hinrunde)Sommer (Rückrunde)
Pflichtspiele116
Gegentore145
Gegentore pro Spiel1,270,83
Ballaktionen pro Spiel62,7245,33
Passquote79,96 Prozent87,23 Prozent
Paraden pro Spiel4,361,16
Parierte Schüsse77,42 Prozent58,33 Prozent
Trainer Julian Nagelsmann ist eineinhalb Jahre älter und sieben Zentimeter größer als sein neuer Keeper.
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Yann Sommer beim FC Bayern: Was sagen die anderen?

Bei seinem Debüt stand Sommer selbstverständlich im Fokus der Aufmerksamkeit. Nagelsmann sah einen "sehr guten und mutigen" Auftritt mit "guter Präsenz" seines neuen Keepers: "Er hat drei, vier Flanken abgefangen und mit dem Ball gut gespielt. Zum Halten hat er ehrlicherweise nicht so viel gehabt. Es wirkte nicht so, als wenn er das erste Spiel für uns macht."

Thomas Müller tadelte mit Blick auf vereinzelte Abspielfehler unterdessen: "Ein, zwei Mal am Ball hat man ihm schon angemerkt, dass es sein erstes Spiel für Bayern ist. Aber das ist auch legitim, er wird da gut reinwachsen in diese Rolle."

Anschließend waren Sommers sportlichen Leistungen kaum mehr Thema, ehe Nagelsmann bei der Pressekonferenz vor dem PSG-Spiel ein erstes Zwischenfazit zog. "Sehr gut", fand der Trainer seinen neuen Keeper bisher: "Er versteht das Spiel. Man hat immer das Gefühl, man kann ihn bei Rückpässen anspielen. Es ist nicht so, dass man anfängt zu zittern, wenn er den Ball am Fuß hat." Darüber hinaus beobachtete Nagelsmann bei Sommer eine gute Ausstrahlung: "Er ist ein sehr smarter, cleverer Typ. Er hat einen Führungsanspruch, den er auch erfüllt."

Nur beim Rückrundenauftakt arbeitete Yann Sommer mit Toni Tapalovic zusammen - seitdem fungiert Tom Starke interimistisch als Torwart-Trainer.
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Inwiefern betrifft Sommer der Trubel um Neuer und Tapalovic?

In seiner erst kurzen Amtszeit in München arbeitete Sommer bereits mit drei verschiedenen Torwarttrainern zusammen. Toni Tapalovic habe ihn nach eigener Auskunft "toll empfangen". Bereits nach einem Spiel mussten sie sich aber schon wieder verabschieden. Tapalovic ist einer der besten Freunde Neuers, seine Entlassung dürfte auch als Retourkutsche für dessen leichtsinnigen Skiunfall gewertet werden.

Interimistisch sprang anschließend Tom Starke ein, ehe vergangene Woche Michael Rechner übernahm. Nagelsmann kennt den 42-Jährigen aus gemeinsamen Zeiten bei der TSG Hoffenheim, zuletzt arbeitete Rechner gleichzeitig auch als Torwarttrainer unter Stefan Kunz für die türkische Nationalmannschaft.

Gerade als sich der Wirbel um Tapalovics Entlassung etwas gelegt hatte, attackierte Neuer den FC Bayern für diese Entscheidung in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung und The Athletic scharf. Auch über Sommer sprach er darin kurz, nannte ihn einen "guten Typen und guten Torwart sowieso".

Sommer äußerte sich zu dem Interview naturgemäß nicht. Seine eigenen Aussichten auf eine längerfristige Zukunft im Tor des FC Bayern dürften sich durch Neuers unerhörtes Vorgehen aber verbessert haben. Offen ist nun nämlich nicht nur, inwiefern sich der langjährige Stammkeeper von seiner Verletzung erholt. Sondern auch, ob ihn die Bosse nach seinen harten Worten überhaupt noch im Tor des FC Bayern sehen wollen.

Sommer ist fast drei Jahre jünger als Neuer und bis 2025 gebunden. Genau so lange wie Alexander Nübel, der aktuell an die AS Monaco verliehen ist.

Tadelloser Reklamierarm: Yann Sommer hat vor Marcel Halstenbergs Leipziger Ausgleich ein Fouslspiel gesehen - der Schiedsrichter aber nicht.
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Yann Sommer beim FC Bayern: Und sonst so?

Gleich bei seinem ersten Spiel gegen Leipzig erinnerte Sommer an Neuer - aber nicht wegen einer tollen Parade, eines riskanten Klärungsmanövers oder eines nicht autorisierten Interviews. Nein, er reagierte auf Marcel Halstenbergs Ausgleichstor in bester Neuer-Manier mit ausgestrecktem Reklamierarm und fragendem Blick in Richtung Schiedsrichter.

"Ich dachte zu 100 Prozent, es wäre ein Foul", erklärte Sommer nach dem Spiel, es ging um einen Szene mit Joshua Kimmich. "Ich war mir sehr sicher. Der Schiedsrichter hat anders entschieden. Ich habe probiert zu reklamieren." Die vier weiteren Gegentore nahm er dann dagegen ohne Beschwerden beim Schiedsrichter hin.